Höllenreiter kommen! Dreimal Geister Fantasy (eBook)
500 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7941-1 (ISBN)
5
Professor Leonhard Kilmister, der wissenschaftliche Leiter des IPA – Institute of paranormal Activities – bewegte ein Messer in seinen Händen und blickte abwechselnd von dieser Waffe zu mir und meinem Kollegen Stefan Crenz hinüber; wir saßen auf der anderen Seite des Schreibtisches und machten wohl einen etwas linkischen Eindruck, denn der Professor schenkte uns ein kleines Lächeln, das sein Gesicht in eine Fläche aus zahllosen Falten verwandelte. Dann wandte er sich wieder seinem Objekt der Begierde zuwandte.
»Ich bin einigermaßen verwirrt, meine Herren«, sagte er, und wir, die beiden Besucher aus Deutschland, merkten, wie unangenehm ihm diese Offenbarung war. »Meine Leute und ich haben nun etliche Untersuchungen durchgeführt, doch dieses Messer entzieht sich jeglicher Analyse. Die Klinge sieht aus, als sei sie aus Stahl, aber sie ist es nicht; viel eher scheint sie aus einem Material hergestellt, das … nun, das nicht von dieser Welt stammt.«
Ich, der das Messer bei meinem ersten Einsatz für die geheimnisvolle Organisation IPA an mich genommen hatte, meldete mich zu Wort. »Es handelt sich ja auch um ein Mitbringsel aus dem Jenseits. Mit dieser Waffe hat Lutz Bürger vor vielen Jahrzehnten Menschen getötet – und das tat sein Totengeist nach seiner Heraufbeschwörung erneut. Dazu nutzte er dieses Messer. Aus welchem Material es hergestellt ist, interessiert mich nur am Rande. Viel lieber würde ich herausfinden, ob es möglicherweise gewisse Fähigkeiten aufweist, die ein Messer in der Regel nicht hat. Können Sie mir hierzu etwas sagen? Immerhin materialisierte es zusammen mit dem Mörder und verschwand nach getaner Gräueltat wieder wie ein Spuk.«
So beiläufig über diese Geschehnisse zu reden, fiel mir alles andere leicht. Nur zu gut entsann ich mich an jenes Gefühl, als ich das Messer aus der Brust meiner Lebensgefährtin Stephanie gezogen hatte, die, besessen vom Totengeist Lutz Bürgers, sich für mich geopfert hatte. Es war mir gewesen, als ströme allein durch die Berührung des Messers eine unbekannte Kraft in meinen Körper, sodass ich nach wenigen Sekunden befürchtete, mein Schädel müsse bersten, und ich vernahm ferne Stimmen, ohne sie zu verstehen. Dieses Gefühl war schnell wieder verschwunden und auch nicht wieder aufgetreten, aber ich wusste, dass ich keiner Täuschung erlegen war. Dieses Messer war etwas Besonderes – auch abgesehen von der Tatsache, dass Stephanie sich damit das Leben genommen hatte.
Noch immer schmerzte ihr Tod mich sehr, und nicht selten schreckte ich nachts aus verstörenden Träumen auf, in welchen ich ihren Tod immer wieder aufs Neue erlebte. Die Tage waren immer noch unfassbar leer, seit sie an meiner Seite fehlte, und so war ich in den letzten Wochen oft in Köln gewesen und besuchte Stefan Crenz, einen ehemaligen Kriminalhauptkommissar, den ich bei der Jagd auf den Totengeist kennengelernt hatte. Nun arbeitete auch Crenz bei dem IPA, nicht unbedingt zur Freude seiner Frau Judith. Zwar hatte sie Stephanie nie kennengelernt, dennoch ging ihr Tod Judith sehr nah, weil gleich der erste Fall, den ihr Mann und ich gemeinsam bearbeiteten, ein solch tragisches Ende genommen hatte. In den wenigen Wochen unserer Bekanntschaft war durchaus so etwas wie eine Freundschaft entstanden, die auch Crenz' Familie umschloss, Judith und ihre Tochter Melanie, die viel lieber Mel genannt werden wollte und trotz ihrer zehn Jahre hin und wieder bezaubernd altklug daherkam.
»Nicht viel, Ben«, antwortete Kilmister und warf einen intensiven Blick auf mich, und scheinbar spürte er, dass ich mit meinen Gedanken erneut bei meinem letzten Fall war. Ein wenig lauter als zuvor fuhr Kilmister fort: »Bei einem Menschen angewendet, scheint es keinerlei Unterschied mit einem ganz gewöhnlichen Messer aufzuweisen; es ist in der Lage zu verletzen und zu töten, wenn sie nun aber die Hoffnung hatten, es würde ein Feuerwerk veranstalten, einen Menschen geradezu pulverisieren, dann muss ich Sie enttäuschen.«
»Diese Hoffnung hatte ich nicht, Professor«, entgegnete ich, »es wäre eher eine Befürchtung gewesen. Ich stelle mir allerdings die Frage, an welchem Objekt Sie ein solches Experiment vorgenommen haben. Es dürfte nicht viele Freiwillige gegeben haben, nehme ich an.«
Die großen Augen hinter der randlosen Brille strahlten wie Leuchtfeuer, als Professor Kilmister sagte: »Viele Freiwillige gab es in der Tat nicht. Genau genommen nur einen einzigen.«
»Und der waren Sie!«, entfuhr es Stefan Crenz und verzog das Gesicht; ob er damit Tadel oder eher Bewunderung ausdrücken wollte, wurde nicht klar.
»Im Dienste der Wissenschaft. Aber die Gefahr war überschaubar. Soweit ich mit der eigenartigen Geschichte der Waffe vertraut bin, hat es seine bedauernswerten Opfer schließlich nur erstochen, ganz dem Rang einer Stichwaffe entsprechend. Meine Überlegung entsprach also einer gewissen Logik, als ich davon ausging, dass somit auch ein kleines Experiment keinerlei Gefahr für mich bedeuten würde.« Der Professor legte seinen rechten Zeigefinger an die Lippen und lächelte entwaffnend. »Aber dies bleibt unser Geheimnis, meine Herren, nicht wahr?«
»Natürlich«, antwortete ich und nahm das Messer entgegen, das Kilmister über den Tisch schob.
»Bevor Sie gehen, schauen Sie doch beim Chef hinein. Er erwartet Sie.«
Der Chef hieß Jules Vernon, und ich war keineswegs überrascht, in dessen Büro auch auf Albert Armstrong zu treffen, der sich wie ein Kastenteufel im Hintergrund hielt. Ich konnte nicht verhehlen, große Vorbehalte ihm gegenüber zu haben. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass Armstrong eine gewichtige Rolle im Gefüge von Phenomena spielte. Im Geiste verdrehte ich die Augen, doch dann rang ich mir ein Lächeln ab und reichte den beiden Männern die Hand. Armstrong schien mit seinen Gedanken woanders zu sein, er blickte mir nicht in die Augen und sagte kein Wort zur Begrüßung. Ich konnte mir vorstellen, welche Gedanken ihm durch den Kopf spukten. Er stammte aus einem alten Londoner Familiengeschlecht, somit musste der beschlossene Austritt Großbritanniens aus der EU für ihn wie ein Schlag ins Gesicht sein. Ich überlegte, ob ich eine Bemerkung darüber machen sollte, ersparte es mir jedoch.
»Setzen Sie sich, meine Herren«, sagte Vernon mit dröhnender Stimme. »Neuigkeiten bezüglich Ihres Messers, Ben?«
Ich schüttelte den Kopf. »Es ist absolut nicht klar, welche Bewandtnis es damit hat, und auch seine Wirkung konnte nicht eindeutig geklärt werden.«
»Das dachte ich mir beinah. Ich hatte mich bereits mit Kilmister darüber unterhalten, und der Professor berichtete mir von seinen Schwierigkeiten, eine eindeutige Analyse zu erstellen.«
»Wir werden schon irgendwann die Fragen klären können«, meinte ich.
»Unter Umständen schneller, als Sie zu träumen wagen.«
Crenz und ich blickten uns kurz an, dann ging unser Blick zum Franzosen hinüber, der uns lächelnd eine Akte hinüberschob. »Ein neuer Fall, meine Herren.«
Wie hätte es auch anders sein können, dachte ich und nahm die Akte entgegen, die nur wenige Seiten enthielt; darin enthalten waren auch Fotos eines Mannes und einer Frau, Ralf und Elke Josten.
»Der Mann«, sagte Vernon, »ist vor einigen Tagen auf mysteriöse Weise verschwunden, und er ist nicht der erste in der Gegend, dem dies widerfahren ist; wenngleich die älteren Fälle bereits Monate oder noch länger zurückliegen. Es scheint, als sei Josten, und die anderen Personen möglicherweise ebenfalls, von einem Wesen verschleppt worden, das sich ihm von unten näherte.«
Stichwortartig erzählte Vernon die kargen Fakten. »Alle Vermisstenfälle spielen sich in der Nähe von Trier ab, inmitten eines ehemaligen Bergbaugebietes. Die Zeugin, Elke Josten, erzählte der örtlichen Polizei von dem unterirdischen Gang, der fraglos künstlich geschaffen wurde, aber eindeutig nichts mit der Bergbauvergangenheit zu tun haben kann. Dort machte sie schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Bewohner und Entführer. Da es natürlich vollkommen dunkel dort unten war, konnte sie keine präzise Beschreibung abgeben. Es kam zu einer Auseinandersetzung, an deren Ende Frau Jostens Bewusstlosigkeit stand, die jedoch nicht lange anhielt.«
»Immerhin hat sie überlebt«, warf Stefan Crenz ein, »ist dies nicht eine seltsame Haltung des Entführers? Ihm muss doch klar gewesen sein, dass die Frau die Behörden informiert.«
Vernon bewegte seinen Kopf hin und her, was an eine auf dem Wasser hüpfenden Boje erinnerte. »Vollkommen richtig, zunächst stellt sich allerdings nach wie vor die Frage, was mit ihrem Ehemann geschah. Von ihm verliert sich jede Spur. Man inspizierte den Gang, stellte jedoch fest, dass er hochgradig einsturzgefährdet ist. Ein längerer Aufenthalt ist lebensgefährlich. Wahrscheinlich ist dies einer der Gründe, warum wir so schnell Wind von dem mysteriösen Ereignis bekamen. Seither ist es unser Fall. Und wenn ich sage, es sei unser Fall, dann meine ich, es ist Ihr Fall. Ihre Aufgabe ist es nun, unverzüglich in die betreffende Gegend zu fahren und dort nach dem Rechten zu sehen. Versuchen Sie das Schicksal Jostens zu klären. Werden Sie in der Polizeiinspektion Schweich vorstellig und sprechen Sie mit dem dortigen Leiter, Hauptkommissar Fechner. Er ist über Ihr Kommen informiert.« Vernon lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und blickte uns mit ernstem Blick an. »Da es hier möglicherweise um das Leben Herrn Jostens...
Erscheint lt. Verlag | 17.6.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
ISBN-10 | 3-7389-7941-7 / 3738979417 |
ISBN-13 | 978-3-7389-7941-1 / 9783738979411 |
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