Das Musikhaus an der Alster - Klang des Schicksals (eBook)

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2023 | 1. Auflage
328 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-2389-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Musikhaus an der Alster - Klang des Schicksals -  Katja Dörr
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Musik heilt alle Wunden ...

London, 1952: Bei der Beerdigung von Ines' Großvater, dem Gründer des Hamburger Musikhauses, taucht plötzlich eine fremde Frau auf. Sie behauptet, mit der Familie Albers verwandt zu sein. Ines muss herausfinden, ob diese Geschichte wahr ist. Denn sollte die Fremde ihren Anteil am Erbe einfordern, könnte das den Ruin für das finanziell angeschlagene Musikhaus bedeuten.
Ihre Nachforschungen führen Ines gemeinsam mit ihrem Kollegen Malcom zurück nach Hamburg. Dort stoßen sie auf dunkle Geheimnisse, die nie hätten ans Licht kommen sollen. Was bedeuten die Enthüllungen für die Zukunft des Musikhauses? Und haben die zarten Gefühle zwischen Ines und Malcom eine Chance?

Der dritte Band der emotionalen und mitreißenden Familiensaga um das Musikhaus an der Alster in Hamburg. Ein Lesegenuss für alle Fans von Miriam Georg, Modehaus Haynbach und Grandhotel Schwarzenberg.



<p><strong>Katja Dörr</strong> kommt aus dem beschaulichen Saarland, von wo sie ihre Figuren gern quer durch Deutschland oder gleich um die halbe Welt streifen lässt. Sie studierte in Trier und Nottingham Jura und arbeitet als Juristin für ein großes Handelsunternehmen. Katja lebt in der Nähe von Neunkirchen/Saar. Neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin spielt sie am liebsten Gitarre und Bass, besucht Konzerte oder macht lange Spaziergänge mit ihrem Hund Lenny.</p>

1.


Friedhof Abney Park, London, 17. Januar 1952

Ganz still und mit geschlossenen Augen lauschte Lena dem gleichmäßigen Prasseln der Regentropfen auf ihrem Schirm. Es war schon zwei Tage her, seit der graue Himmel über London seine Schleusen geöffnet hatte, und mittlerweile hätte man meinen können, es nähme kein Ende mehr mit den kalten Schauern, die sämtliche Straßen überschwemmten und dabei den letzten Rest der grauen Schneemassen in den Rinnstein spülten. Und als wäre das alles noch nicht genug, fegte auch noch ein eisiger Wind durch die Gassen, der einen selbst im dicksten Mantel noch widerwillig mit den Zähnen klappern ließ. Wehmütig dachte Lena an den vergangenen Sommer zurück. Schon seit Kindertagen liebte sie die Hitze und die Sonne und konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als laue Nachmittage mit einem Buch im Schatten eines Baumes oder am Ufer eines kühlen Sees zu verbringen. Umso mehr verabscheute sie dafür das feuchte, graue Einerlei, das Jahr für Jahr von Oktober bis Februar herrschte. In diesen Tagen, wenn die Sonne nie richtig aufzugehen schien und die kurzen Abende schneller und schneller vom Dunkel der Nacht verschlungen wurden, wünschte sie sich, einfach in eine Art Winterschlaf fallen zu können, um dann erst wieder mit dem lebensfrohen Grün des Frühlings zu erwachen.

Als Lena wenige Momente später ihre Augen öffnete und mit ihren schwarz behandschuhten Händen ihren ebenso schwarzen langen Wollmantel glatt strich, wurde sie schmerzhaft daran erinnert, dass der Winter aktuell nicht das war, was ihr am meisten Sorgen und Kummer bereitete. Instinktiv griff sie nach Harrys Arm, sodass dieser sich ihr halb zuwandte und ihr einen liebevollen Blick zuwarf. Auch er war in Trauerkleidung und trug neben einem eleganten Jackett einen modischen Hut und eine Krawatte, die ihm fast bis zum Bauchnabel reichte. Seit einigen Wochen bedeckte ein rotbrauner Bart sein Kinn und seine Wangen, der ihn auf seine ganz eigene Art weltmännisch wirken ließ.

»Alles in Ordnung?«, hauchte er ihr zu.

»Nein«, erwiderte sie. »Aber es wird schon irgendwie gehen. Bitte bleib genau hier an meiner Seite, hörst du? Tust du das für mich?«

Harry nickte stumm und strich zärtlich über Lenas Hand, die immer noch auf seinem Arm lag. Sie konnte spüren, wie seine Stärke ihr Halt gab. Obwohl sie von so vielen Bekannten und Freunden umgeben waren, fühlte es sich für sie schon den ganzen Tag lang so an, als sei sie mit einem Mal ganz allein auf der Welt. All die Menschen, die ansonsten um sie herum auf der nassen Wiese und dem schmalen Schotterweg herumstanden, verschwommen im Regen zu einer einzigen blassen Nebelwand. Irgendwo weiter vorn durchbrachen Worte, die in einem monotonen Tonfall gesprochen wurden, die Stille. Doch Lena hätte nicht einmal sagen können, ob die Stimme, die sie hörte, dem Pfarrer oder einem der Gäste gehörte. Im Grunde war es ihr auch egal. Nichts, was irgendjemand sagte, könnte diesen Tag auch nur ein klein wenig besser machen, ihren Schmerz lindern oder gar den Tod gegen das Leben austauschen. Was geschehen war, war geschehen und hatte die kleine heile Welt der Familie in ihren Grundfesten erschüttert. Gerade als Lena damit begann, hastig in ihrer Manteltasche zu kramen, weil sie spürte, dass sie die Tränen nicht mehr länger zurückhalten konnte, zupfte jemand von hinten an ihrem Ärmel.

»Lena.« Die Stimme klang aufgeregt und ein wenig zu laut für den gegebenen Ort und Anlass. »Gott sei Dank bist du da. Ich dachte schon, ich hätte mich verlaufen.«

Sie drehte sich um und blickte in das vertraute Gesicht ihrer Mutter. Theresa trug ein schwarzes Kopftuch, unter dem ein paar lockige Strähnen ihres ergrauten Haares hervorlugten. Sie sah kurz an Lena vorbei zu Harry und hakte sich dann bei ihrer Tochter unter. Ihr Blick war immer noch leicht irritiert und sorgenvoll, und sie stieß einen leisen Seufzer aus.

»Schon gut, Mama«, flüsterte Lena. »Jetzt bist du ja bei uns. Hier, komm noch ein bisschen näher, dann passen wir beide zusammen unter den Regenschirm.«

Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, dass auch ihre Tochter Ines nun hinter ihr stand. Diese nickte ihr kaum merklich zu. Eigentlich hatten Theresa und Ines sich zusammen etwas abseits positioniert, da Erstere auf größere Menschenansammlungen in letzter Zeit ängstlich reagierte. Lena war froh, dass ihre Tochter offensichtlich gut aufgepasst hatte und dicht bei Theresa geblieben war. Sie drehte ihren Kopf leicht zur Seite und betrachtete das Gesicht ihrer Mutter, die mit gesenktem Kopf dastand und anscheinend den Worten lauschte, die weiter vorn gesprochen wurden.

Theresa Albers war alt geworden, das war nicht zu bestreiten. Insbesondere die Jahre des Zweiten Weltkriegs hatten sie gezeichnet. Lena konnte sich noch gut an das Sinnbild erinnern, das Harry in einem Gespräch gezeichnet hatte, das sie kurz vor ihrer endgültigen Abreise von Hamburg nach London geführt hatten. Als ein Pulverfass hatte er das Deutsche Reich im Jahre 1930 beschrieben, und sie hatte erst viel zu spät erkannt, wie recht er damit gehabt hatte. Zwar war die Familie gerade noch zur rechten Zeit aus dem Zentrum der Explosion geflüchtet, aber diese war dennoch überaus spürbar gewesen. Nicht nur, dass Theresa, Georg und Lena durch Radio und Zeitungen miterleben mussten, wie sich ihre geliebte Heimat in den Schrecken des gesamten Kontinents verwandelte.

Nein, im August 1940 war The Blitz, wie die Briten die Angriffe der Luftwaffe nannten, über die Stadt hereingebrochen, und es fielen deutsche Bomben auf London. Lena dachte mit einer Mischung aus Entsetzen und Scham an diese Zeit zurück. Wie erstarrt hatten ihre Mutter und sie sich in dem schlecht beleuchteten, stickigen U-Bahn-Schacht aneinandergeklammert, ständig betend und hoffend, dass der nächste Einschlag, dessen dröhnender Zorn den Boden erzittern ließ, der letzte in dieser Nacht sein möge. Und gleichzeitig hatten die beiden Frauen die Blicke der anderen Schutzsuchenden auf sich gespürt, manche schüchtern, andere ganz unverhohlen. Sie, die sie in der Dunkelheit am Boden kauerten, waren schließlich selbst Deutsche. Trugen sie etwa keine Mitschuld an dem Terror und dem Elend, die dort oben an der Oberfläche über das Land schwappten?

Nicht wenige Briten hegten jedenfalls auch nach dem Krieg noch eine Abneigung gegen die Deutschen, was sich unter anderem auch an den sinkenden Zahlen der englischen Kunden im Musikhaus bemerkbar gemacht hatte. Wenn Lena an die schwarz verkohlten, rauchenden Ruinen zurückdachte, durch die sie in dieser Zeit gewandert war, konnte sie es wahrlich keinem von ihnen verdenken. Dabei war es nicht einmal der Krieg selbst gewesen, sondern diese folgenden Jahre, die Jahre der Not, des Kummers und der Ablehnung, die Theresa Albers letztlich am meisten zugesetzt hatten. Heutzutage war das lebendige, aufmerksame Funkeln aus ihren Pupillen gewichen und hatte einer matten, sorgenvollen Schwere Platz gemacht, die ihre Mundwinkel nach unten zog und ihre früher rosigen Wangen zunehmend verblassen ließ.

»Helen.« Harrys Stimme riss sie aus ihren Gedanken wie aus einem unangenehmen Traum, der sich im Halbschlaf in ihr Bewusstsein geschlichen hatte. »Möchtest du etwas sagen?«

Erschreckt bemerkte Lena, wie sich die Menschenmenge vor ihr teilte und der Pfarrer ihr einen ernsten, aber erwartungsvollen Blick zuwarf. Etwas sagen? Nein, das war das Letzte, was sie wollte. Viel lieber hätte sie sich einfach umgedreht, wäre nach Hause gelaufen und hätte sich für die nächsten zwei oder drei Tage bei geschlossenen Vorhängen in ihrem Schlafzimmer verkrochen. Aber das ging natürlich nicht.

»Ich ... ich möchte nichts sagen, Harry«, brachte sie mit brüchiger Stimme hervor. »Ich kann nicht.«

»Schon gut«, sagte er beruhigend und legte ihr seinen Arm um die Schultern. »Das musst du auch nicht. Lass uns gemeinsam nach vorn gehen. Ein Schritt nach dem anderen. Zusammen kriegen wir das schon hin.«

»Geh ruhig, Mama«, flüsterte Ines hinter ihr. »Ich bleibe so lange bei Oma. Du schaffst das. «

Widerwillig folgte Lena Harry unter den Blicken der Trauergäste ein Stück den Weg entlang, bis die beiden vor einem frisch ausgehobenen Grab stehen blieben. Die sorgfältig aufgeschichtete rotbraune Erde hatte sich unter dem ständigen Regen in einen einzigen unförmigen Berg aus Schlamm verwandelt, aus dem kleine, schmutzige Rinnsale über die durchnässte Wiese flossen.

»Ich kann das nicht, Harry.« Ihre Stimme war kaum hörbar. »Bitte ... ich will einfach nur weg von hier.«

»Wir gehen auch gleich, Helen, versprochen. Aber zuerst werden wir ihm die letzte Ehre erweisen. Nur für ein paar Sekunden. Ganz still und leise.«

Sie spürte, wie die Tränen in ihre Augen schossen und ihr Oberkörper von einem heftigen Schluchzen geschüttelt wurde. Obwohl sie selbst nicht wusste, woher sie die Kraft dafür nahm, hob sie langsam den Kopf und sah auf das schlichte Holzkreuz, hinter der finsteren Grube in der Erde. Wieder und wieder las sie schweigend den Namen darauf, bis sich tief in ihrem Herzen die Gewissheit einstellte, dass das, was dort stand, kein Albtraum war, sondern...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2023
Reihe/Serie Die Musikhaus-Familiensaga in Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-7517-2389-7 / 3751723897
ISBN-13 978-3-7517-2389-3 / 9783751723893
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