Der Bastard von Tolosa (eBook)

Ein Kreuzritter, der seinen Glauben verliert. Eine tödliche Intrige um seine Herkunft.

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7517-5504-7 (ISBN)

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Der Bastard von Tolosa -  Ulf Schiewe
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Das Jahr 1096: Der junge Edelmann Jaufré Montalban folgt dem Ruf des Papstes und schließt sich dem Kreuzzug an. Wie Tausende 'Soldaten Christi' will auch er Jerusalem von den Ungläubigen befreien. Zugleich flieht Jaufré vor einer nur widerwillig eingegangen Ehe.

14 Jahre und viele grausame Schlachten später kommen in Jaufré immer stärke Zweifel am Sinn des Krieges auf, in dem zwischen Gut und Böse kaum zu unterscheiden ist. Als seine Geliebte brutal niedergemetzelt wird und er einen geheimnisvollen Brief erhält, kehrt er in seine Heimat zurück. Nahe dem heutigen Toulouse will er sich auf seine Burg zurückziehen. Doch hier erwartet ihn nicht nur die ihm zwangsverheiratete Gattin - sondern auch eine tödliche Intrige um das Rätsel seiner Herkunft.

Ein hervorragend recherchierter historischer Roman und zugleich großartiges Kopfkino! Dieses Meisterwerk vereint epische Schlachten, eine fesselnde Nähe zu den Figuren, tödliche Machenschaften und ungeahnt spannende Wendungen.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.


Hinterhalt im Libanon


Maria Annunziata, die Verkündigung des Herrn
Sexta Feria, vormittags, 25. Tag des Monats März

Wir waren müde und in gedrückter Stimmung. Mehr als eine Woche hatten wir im Sattel verbracht und doch nichts vorzuweisen. Die Karawane war entkommen, die Männer darüber enttäuscht und verärgert. Vielleicht waren wir deshalb unvorsichtig und dachten weder an Feind noch Gefahr.

Selbst die Pferde bewegten sich erschöpft und lustlos auf dem steinigen Pfad von den verschneiten Höhen des Libanon hinab. Ihr Atem dampfte in der eisigen Bergluft. Außer dem Klappern der Hufe und dem leisen Klirren des Zaumzeugs war es sehr still hier oben im Gebirge. Einige der Männer trugen gefütterte Handschuhe oder hatten sich den Mantel eng um die Schultern und halb über das Gesicht gezogen. Mein junger, syrischer Knecht Alexis trug die Stiefel mit Stroh ausgestopft und blies schlecht gelaunt auf seine starren Finger.

Unser Trupp bestand aus hundert bewaffneten Reitern. Dazu ein Dutzend Reitknechte auf Ersatzpferden sowie zwanzig Maultiere mit Mundvorrat und Ausrüstung. Keine große Streitmacht, aber ausgesuchte Kerle der Besatzung von Mons Pelegrinus, der Burg unseres Herrn vor Tripolis. Wir befanden uns auf dem Rückweg, in unsicherem Gebiet, weshalb die Reiter volle Kampfausrüstung trugen. Kettenpanzer, langer Normannenschild, Helm, Schwert und Lanze.

Es war schon Ende März, und heute feierten wir Mariä Verkündigung und Beginn des Frühlings. Aus diesem Grund hatte Kyriacos, unser einheimischer Führer, vorgeschlagen, den kürzeren Weg zurück durch die Berge zu nehmen. Eine gewagte Entscheidung, denn trotz der Jahreszeit lag tiefer Schnee in den Pässen.

Nebelfetzen behinderten die Sicht. An schwierigen Stellen saßen wir ab und führten die Pferde am Zaum. Oft war die verschneite Straße schlecht zu erkennen, und einmal mussten wir uns mit Hilfe unserer Schilde den Weg durch Schneewehen graben. Später rutschte eines der Packtiere ab und riss ein zweites in einer Wolke aus Schnee und Geröll in die Tiefe. Beide Tiere lagen verletzt und jämmerlich schreiend auf den scharfkantigen Felsen, eines mit gebrochenem Rückgrat. Der Anblick verschlug uns den Atem, als sähe man sich selbst dort unten liegen.

Ich schickte Knechte mit Seilen hinunter, um das Wichtigste an Ausrüstung zu bergen. Die Schreie der Tiere dauerten uns, und so schnitten die Männer ihnen die Kehle durch. Ihr Blut spritzte in zuckenden Fontänen und hinterließ dampfende, grellrot leuchtende Flecken im Schnee. Ich musste lange gebannt darauf starren, und später, wenn ich an diesen Tag zurückdachte, war mir das Blut im Schnee immer wie ein dunkles Omen erschienen, das ich damals nicht zu deuten gewusst hatte.

Dann waren die Männer mühevoll mit ihrer Last auf dem Rücken zu uns heraufgeklettert. Halb stiegen sie, halb zerrten wir sie an den Seilen hoch. Durchgefroren und übel gelaunt setzte sich unsere Kolonne vorsichtig wieder in Bewegung.

Graf Bertran fluchte über die Kälte, doch er wies die Pferdedecke zurück, die ihm sein Schildträger umhängen wollte. Palmen und Wüsten habe er erwartet, knurrte er missmutig, während er sich die Hände gegen die Oberarme schlug, aber nicht, dass einem die Eingeweide einfrören. Sein Atem dampfte in der eisigen Luft. Dabei sah er mich an, als sei ich für das Wetter zuständig.

Bertran war erst seit Mitte letzten Jahres in Outremer. So nannten wir das für die Christenheit gewonnene Land entlang der levantinischen Küste. Nun war er Heermeister und dominus über die Eroberungen seines Vaters und bereits der dritte Kriegsherr, unter dem ich hier zu dienen hatte. Vierzehn Jahre war es her, seit ich als Grünschnabel ausgezogen war, und elf Jahre seit der Befreiung Jerusalems. Inzwischen war ich an das Leben hier gewöhnt, aber für Bertran, frisch aus der Heimat, musste alles noch sehr befremdlich wirken.

Meine Gedanken wanderten zu jenen Gegenden am anderen Ende der Welt, die wir Provenzalen Heimat nennen. Grüne Wälder, silberklare Bäche in den Wiesen. Auf den Gebirgsspitzen läge jetzt noch Schnee, aber die Bauern würden schon die Pflüge ausbessern und das Saatgut prüfen. Und ich sah die Burg meiner Familie vor mir, im Licht der untergehenden Sonne, so wie ich sie in Erinnerung hatte. Eigentlich hätte ich schon vor langer Zeit heimkehren sollen, wie andere auch. Aber Gott hatte es anders beschieden, und inzwischen hatte ich Familie in Outremer und war schon halb verwurzelt. Ich sage halb, denn als Fremder in einem feindlichen Land ... Aber darüber wollte ich nicht grübeln.

Was die Seele zusammenhält, besonders in der Fremde, ist die Gemeinschaft der alten Gefährten, die Verbundenheit von Männern, auf die man sich blind verlassen kann. Unter den Reitern war mein Kriegskamerad Guilhem lo Galinier, so genannt, weil er, schlimmer als ein Gockel seinen Hühnern, jedem losem Weibsbild nachsetzte, gleichwohl ob hübsch oder hässlich. Im Schlachtgetümmel gab es keinen Besseren, um einem den Rücken zu decken, außer vielleicht Hamid, mein arabischer Freund, der sich wie immer an meiner Seite befand. Er hatte den Umhang weit über das Kinn gezogen, die Gesichtshaut war grau und nicht von seiner üblichen mattbraunen Farbe.

»Wir sehen nicht wie Ritter aus, eher wie vermummte Derwische«, lachte ich, bekam jedoch nur ein mürrisches Knurren zur Antwort.

Hamid war Muslim, schien seinen Glauben aber eher leicht zu tragen, denn ich sah ihn nur gelegentlich beten. Vielleicht weil er als entflohener Sklave keine Gnade von seinen muslimischen Brüdern zu erwarten hatte. Ursprünglich war er aus Damaskus, doch das Schicksal hatte aus dem Sohn einer reichen Kaufmannsfamilie einen gebrandmarkten Galeerensklaven gemacht, eine Geschichte, über die er nicht gerne sprach. Tiefer als alle Narben auf seinem Rücken war jedoch die Wunde in seinem Herzen. Neben den zwiespältigen Gefühlen für die ummah, die Gemeinschaft der Gläubigen, die ihn verstoßen hatte, verband Hamid noch weniger mit den seldschukischen Eroberern seiner Heimatstadt. Unsere Wege hatten sich gekreuzt, als ich vor Jahren Gelegenheit hatte, ihn vor plünderndem Pöbel zu retten. Seitdem waren wir unzertrennlich. Er hatte sich der militia christi angeschlossen und war einer ihrer besten Kämpfer geworden, was ihm Achtung und Ansehen unter den christlichen Mitstreitern eingebracht hatte.

Die dunkle Haut und die kräftigen weißen Zähne hatte er seiner nubischen Mutter zu verdanken, wie er behauptete. Die hatte sein Vater auf einem Sklavenmarkt in Ägypten erstanden, und der Alte war ihr so zugetan gewesen, dass er sie zur zweiten Frau erhoben hatte. Vom Vater stammten vermutlich die scharfe Nase, die schwarzen Augenbrauen und der durchdringende Blick, der Hamid manchmal einschüchternd wirken ließ. Er trug die gleiche Ausrüstung wie jeder unserer Reiter. Einzig ein um den Helm geschlungenes Beduinentuch und die Abwesenheit des Kreuzes auf dem Mantel unterschieden ihn von den anderen. Diese Eigenart ließ er sich nicht nehmen.

Hamid redete nicht viel. Dafür war er ein umso besserer Zuhörer und Beobachter. Nichts entging ihm, und wenn er sprach, dann konnte man sicher sein, dass er jedes Wort sorgfältig erwogen hatte. Ich schätzte seine Treue wie seinen Rat, auch wenn er manchmal den Finger tiefer in die Wunde legte, als einem lieb war.

»Ein Beutezug ohne verdammte Beute«, knurrte ich missmutig.

»Es gibt immer ein nächstes Mal.« Hamid zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Geduld ist der Schlüssel zur Freude, wie der Prophet sagt.«

Schon vor Wochen hatte Bertran von einem Beutezug geredet, den er hatte unternehmen wollen. Gegenwärtig sah es nicht nach größeren Feindeshandlungen aus, aber Überfälle auf beiden Seiten waren an der Tagesordnung. Oft wagten sich unsere Spähtrupps bis weit ins Land der Muslime, um den Feind zu beobachten und bei Gelegenheit zu plündern, Pferde oder Vieh zu stehlen. Manchmal ging ihnen ein hochgestellter Muslim ins Netz, den man gegen gutes Gold auslösen konnte. Trotz der Gefahren solcher Streifzüge war es nicht schwer, Freiwillige zu finden.

Vor etwa zehn Tagen hatten Spione von einer großen Karawane berichtet, die angeblich von Norden her auf dem alten Handelsweg in Richtung Damaskus ziehen sollte. Von mehr als zweihundert Kamelen war die Rede gewesen, von Ballen von Seide, Säcken von Gewürzen und Truhen voller Gold, Steuereinnahmen für Toghtekin, dem türkischen Herrscher von Homs und Damaskus. Sicher hatten die Späher übertrieben, aber Bertran war immer aufgeregter geworden, je mehr er davon hörte, und entschlossen, diese fette Gans eigenhändig zu rupfen.

Als castelan der Festung Pilgersberg hatte ich den Trupp eilig zusammengestellt. Hauptsächlich hartgesottene Kriegsknechte und Glücksritter aus allen provenzalischen Grafschaften. Wir konnten nicht wählerisch sein. Wer sich in Outremer als waffenfähig und willig zeigte, den nahmen wir in unsere Reihen auf.

Mit von der Partie waren Ricard de Peyregoux, ein junger Vetter Bertrans. Der schien mir ein hochnäsiger Dummkopf zu sein, den ich am liebsten daheim gelassen...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2023
Sprache deutsch
Original-Titel Der Bastard von Tolosa
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Brutal • Christen • episch:Religion • Frankreich • grausam • Historische Romane • Historischer Roman • Intrigen • Israel • Jerusalem • Kreuzritter • Kreuzzüge • meisterwer • Mittelalter • Moslems • Muslime • Palästina • Releigionskrieg • Ritter • Schlachten
ISBN-10 3-7517-5504-7 / 3751755047
ISBN-13 978-3-7517-5504-7 / 9783751755047
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