Das Herz schwer! -

Das Herz schwer! (eBook)

Als junge Mutter alleine in Nachkriegsdeutschland, 1944-47

Stefan Heikens (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
280 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-2281-2 (ISBN)
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"Und Du bist so weit weg von mir. Du bist aus der mir bekannten Umwelt wieder in andere Bezirke geraten, in die ich Dir nicht folgen kann. Ich suche Dich immer, aber immer nur finde ich meinen Gerdl wie ich ihn kenne, der andere, der tapfere Soldat, der verbirgt sich vor mir. Warum tust Du denn das? Warum?" - Waldtraut (1944) Waldtraut Bernd ist gerade erst volljährig, als ihr Mann 1944 in britische Gefangenschaft gerät und sie mit dem gemeinsamen Sohn Detlef alleine in Deutschland zurücklassen muss. Ein halbes Jahr lang weiß sie nicht, ob er lebt oder nicht, dann die Gewissheit: Sie ist allein! Denn auch wenn ihr Gerd noch lebt, beim täglichen Kampf um das Überleben in Berlin kann er seiner Frau eben doch nicht helfen. Und so schreibt sie ihm über Jahre hinweg die hier vorliegenden authentischen Briefe, erzählt darin von kleinen und großen Sorgen und davon, wie Detlef langsam ohne seinen Vater aufwachsen muss.

Heiligensee, d. 4.1.1944

Mein geliebter Gerhard!

Bin eben an der Post und gebe das Telegramm für Dich auf. Es ist bei uns alles in Ordnung. Es waren zwei Alarme schon wieder, vom 1. zum 2., und vom 2. zum 3. Januar. Hier draußen ging es allerdings. Deti erzählt jetzt immer, die Nachtjäger jagen den ollen Tommy1 weg. Ich möchte nur wissen, was er sich unter Nachtjäger vorstellen mag. Sonst geht es uns allen gut. Vielleicht schreibe ich Dir noch heute Abend einen ausführlichen Brief. Ach, gestern habe ich auch mit herzlicher Freude Deinen lieben Brief aus Berlin noch erhalten. Habe mich ja riesig dazu gefreut, Süsser. Beantworten werde ich ihn Dir dann heute Abend.

Ich will noch versuchen Deine Uhr jetzt loszuwerden. Also viele herzliche Grüsse und Küsse in Liebe, Dein

Mucki und Deti

Heiligensee, d. 4.1.1944

Mein geliebter Gerhard!

Wie versprochen, will ich Dir heute Abend noch einen Brief schreiben. Hast Du das Telegramm schon erhalten? Und auch den Kartenbrief von heute?

Nun will ich Dir alles der Reihe nach erzählen. Also in der Nacht vom 2. auf den 3. Januar war wieder Alarm von 1-3:30 Uhr ungefähr. Wir waren alle im Keller. Es war aber Gott sei Dank nicht doll bei uns, das heisst geschossen haben sie sehr. Von Deti und den Nachtjägern habe ich Dir ja schon geschrieben. Gestern waren Mutti und Deti und ich in Berlin bei Schuster Leiser. Denk nur Süsser, alle drei Paar Schuhe sind mitverbrannt. Ich habe Bescheinigungen dafür bekommen, und Gutscheine für Vergütungen bei Neukauf. Musste damit heute zur Kartenstelle und Anträge für Bezugsscheine2 stellen. Bin ja gespannt, was daraus wird.

Bei Trautchen waren wir auch mit ran. Sie hatte doch Scharlach, nun ist sie wieder gesund. Mit ihrem Haus ist es wohl endgültig aus. Dein Buch lebt noch, ich werde es bald mal holen. Ich soll Dich auch grüssen von ihr. Berger, in Tegel der Uhrmacher, hatte gestern und heute zu. Werde die Uhr aber bald erledigen. Gestern hat es fast den ganzen Tag geregnet. Heute ist es aber wieder kalt und windig. Vormittags waren Mutti, Deti und ich auf dem Markt und zur Kartenstelle. Als Deti schlief bin ich nach Tegel wegen dem Telegramm. Mutti brachte es mir heute früh gleich, ich war ja sehr erstaunt. Mach Dir doch nicht so viel Sorgen, es wird schon alles gut gehen bei uns. Und zu Deinem lieben Brief aus Berlin noch, den ich gestern erhielt, habe ich mich ja sehr gefreut. Süsser, Du machst schon Sachen, lässt den Zug mit Absicht wegfahren und nachher musst Du doch auf den nächsten warten und kannst nicht erst nach Hause noch. In der Zeitung stand gerade am 30.12., dass Züge vom Anhalter und Potsdamer Bahnhof vorverlegt werden. Da dachte ich an Dich und nahm es schon an, dass Du nicht mehr kommst. Ich hatte mich auch so sehr gefreut, und war nachher sehr enttäuscht. Ja mein Süsser, das glaube ich und weiss es auch, dass Du mich sehr lieb hast. Und ich habe Dich auch sehr lieb.

Trotz Muttis Arm war dieser Urlaub schön? Gefällt Dir denn Deine Frau so, wie in diesem Urlaub? Nein Süsser, ich bin Dir schon nicht böse. Im Gegenteil, ich war mit Dir sehr zufrieden. Du warst immer so lieb und hast mir so schön geholfen. Ich merke es jetzt erst so richtig, wo ich alles alleine machen muss. So möchte ich Dir jetzt noch recht herzlich für Deine liebe Hilfe danken. Ja, ich möchte ganz gerne nach Wien zu Dir kommen, na, vielleicht bald. Nein mein Süsser, Deine kleine Frau macht schon keine Dummheiten. Und von Dir hoffe ich ja auch dasselbe.

Für heute werde ich nun schliessen, ich bin müde. Gute Nacht. Viele liebe Grüsse und Küsse auch von den Eltern und Deti, in Liebe, Deine

Mucki

Heiligensee, d. 28.1.44

Mein geliebter Gerhard!

Schnell einen kurzen Kartengruss. Wollte gestern Abend noch schreiben, bin aber beim Stopfen eingeschlafen. Gestern war wieder mal Alarm3, von 20-21:30 Uhr ungefähr. Eine Stunde waren wir auch so im Keller wieder. Als ich dann alles aufgeräumt hatte und Deti schlief wollte ich nur noch den einen Strumpf fertig stopfen, bin aber auf dem Chaiselongue eingeschlafen, um Mitternacht bin ich dann aber schnell ins Bett. Gestern habe ich gebacken. Und Deti hat sich gefreut, Detis Kuchen, Papis Kuchen und unser grosser Kuchen. Ja, für Dich habe ich auch einen gebacken. Mache dann heute Abend das Paket für Dich zurecht. Nun viele liebe Grüsse und Küsse und gute Besserung, Deine

Mucki und Deti

Heiligensee, d. 2.2.44

Mein geliebter Gerhard!

Schnell wieder mal ein paar Zeilen. Uns geht es allen gut, was ich auch von Dir hoffe. Gestern war wieder ein kleiner Alarm. Hörst Du es durchs Radio, oder liest Du es immer in der Zeitung? Post kommt schlecht ran jetzt zu uns. Bekommst Du denn nun Post von mir? Heute will ich Dir nun die anderen Hefte schicken. Hast Du all meine Post schon erhalten? Habe ich mich in den Nummern4 mal geirrt? Gestern früh war ich auch zum Zahnarzt. Du, bei dem waren wir beide ja, als wir ’41 geheiratet haben. Habe nun den Anfang gemacht wieder und meine Angst überwunden. Na, morgen dann mehr. Heute habe ich die Beete um unser Haus sauber gemacht. Nun kommen die Schneeglöckchen fein zur Wirkung. Viele liebe Grüsse und Küsse in Liebe, Dein

Mucki und Deti

Heiligensee, d. 4.2.44

Mein lieber Gerhard!

Schnell will ich Dir wieder ein paar Zeilen schreiben. Heute ist auch Dein lieber Brief Nr. 13 eingetroffen. War heute Mittag wieder mit Deti in Konradshöhe5. Na, der Junge hat ja wieder angegeben, hat mit dem Staubwedel sauber gemacht. Sie hatten auch Post von Dir, waren aber friedlich.

Süsser, bin sehr müde, es ist 22 Uhr und ich gehe nun ins Bett. Hoffentlich lässt uns der Tommy in Ruhe. Gute Nacht, mein lieber Gerhard.

5.2.44

Lieber Gerd! Deti liegt im Bettchen und trinkt sein Fläschchen. Über Nacht hat es geschneit und gefroren. Heute werde ich bei uns ein bisschen sauber machen. Der Tommy hat uns schlafen lassen. Wie geht es Dir, Liebster? Brief folgt heute Abend. Gruss und Kuss, Dein

Mucki und Deti

Heiligensee, d. 10.2.44

Mein geliebter Gerhard!

Heute habe ich Deinen lieben Brief Nr. 18 erhalten. Uns geht es allen gut und hier ist alles in Ordnung. Wenn Du in Urlaub kommst, ach, das wäre herrlich. Gestern Abend habe ich viel Schnee gefegt und heute Morgen war wieder alles voll. Mutti kann ja nicht mehr Schnee fegen mit ihrem Arm. Heute Vormittag bin ich mit Deti dreimal den Berg bei uns runter gerodelt. Ach, hat er sich gefreut. Und Schnee hat er auch mit gefegt. Und den ganzen Tag hat es wieder geschneit. Jetzt fegt Papa noch. Ein herrliches Wintermärchen ist draussen. Gewaschen habe ich heute auch. Mir tut alles weh und ich bin hundemüde. Süsser, heute ist der 10. Februar. Denkst Du auch an den 10.2. vor drei Jahren? Viele liebe Grüsse und Küsse in Liebe, Deine

Mucki und Deti

Heiligensee, d. 17.3.44

Mein lieber Gerhard!

Schnell will ich Dir heute Abend noch ein paar Zeilen schreiben. Es ist zwar schon spät, aber ich möchte mich doch noch für Deinen lieben grossen Brief Nr. 39 bedanken, über den ich mich sehr gefreut habe. Gerdl, das wäre ja sehr schön, wenn Du in Urlaub kämst. Ich bin schon ganz aufgeregt, und habe noch so viel Arbeit damit alles fertig ist. Gestern habe ich Deine Strümpfe alle durchgesehen, heute ist Detis Blüschen fast fertig geworden. Unser Zimmer ist schon sauber, alle Schränke schön aufgeräumt. Dienstag will ich baden gehen und Mittwoch zum Frisör, na, und Donnerstag, na, da wäre dann sicher alles soweit in Ordnung, und Du könntest eintrudeln. Nun gute Nacht, Liebster. Wir freuen uns schon sehr. Viele liebe Grüsse und Küsse bis zum baldigen Wiedersehen, Dein

Mucki und Deti

Heiligensee, d. 18.3.44

Mein lieber Gerd!

Ich habe heute mit grosser Freude Deinen lieben Brief Nr. 40 erhalten. Na, da hast Du Dich doch sicher über all die Briefe gefreut, nicht wahr? Und das Paket ist gut angekommen, da bin ich aber nun beruhigt. Süsser, es ist schon wieder mal 23:30 Uhr bei mir. Schimpfe aber nicht, ich habe für unseren Jungen einen Mantel zugeschnitten. Da staunst Du, was Deine Frau so alles macht, nicht wahr? Deti will doch ein schöner schmucker Junge sein, wenn sein Papi in Urlaub kommt. Gerdl, und heute höre ich durch den Wehrmachtsbericht, dass Ihr in Wien einen Angriff6 gehabt habt gestern. Ich will nur hoffen, dass Du noch gesund und munter bist. Das Gleiche kann ich auch von uns allen berichten. Hier war es jetzt in der letzten Zeit ruhig. Das Wetter ist aprilmässig. Was wird denn nun mit Urlaub, mein lieber Gerd? Sei nicht böse, aber morgen schreibe ich Dir wieder einen langen Brief. Bis zum Wiedersehen viele Grüsse und Küsse, Dein

Mucki und Deti

Heiligensee, d. 19.3.44

Mein lieber Gerhard!

Sei mir bitte nicht böse, wenn ich Dir auch nur heute einen kurzen Brief schreibe. Es ist jedoch schon wieder spät, und ich bin hundemüde. Heute Vormittag haben wir uns alle Mann im Garten betätigt, und Deti hat geholfen, Papi, wie ein Grosser....

Erscheint lt. Verlag 31.8.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-7568-2281-8 / 3756822818
ISBN-13 978-3-7568-2281-2 / 9783756822812
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