Once opon a time -  Dr. Ulrich Brink

Once opon a time (eBook)

Briefe eines Austauschschülers an seine Familie
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
330 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-2862-5 (ISBN)
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Die hier enthaltenen Briefe aus den USA beschreiben das Leben in US-amerikanischen Familien und an einer privaten High School in der Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts aus der persönlichen Sicht eines 17-jährigen Oberschülers. In den Nach-Kennedy-Jahren gab es Vieles noch nicht, das uns heute selbstverständlich ist. So bleibt die Reise in eine vergangene Zeit, die zwar anders, aber auch nicht besser war.

Nach einer erfolgreichen Tätigkeit als Rechtsanwalt (Partner in einer mittelständischen Anwaltskanzlei bis 2016) und vielen Reisen auf alle Kontinente (außer Antarktika) genießt der Autor heute seinen Ruhestand und versucht, die vielen Bilder seines Lebens zu ordnen.

New York, August 18, 1965
[Mittwoch]

Liebe Alle!

An der Ortsangabe vor dem Datum habt Ihr ja wohl inzwischen schon gemerkt, dass ich angekommen bin. Lasst mich also zuerst etwas von der Reise erzählen.

Der Flug mit der Caravelle nach Frankfurt war wunderbar und viel zu kurz (55 Min).

Wir angelten uns unser Gepäck vom Fließband und gaben es auf der Gepäckaufbewahrung ab. Nach einer kurzen Verschnaufpause setzten wir uns ins Flughafenrestaurant, wo wir den Rest des Nachmittags verbrachten. Zuerst mit Coca, dann mit Würstchen & Kartoffelsalat und der letzten Flasche Bier (Henninger Bräu). Um ¾1 meldeten wir uns dann bei Frau Hylla in der Abflughalle. Koffer abgeben, Tickets in Empfang nehmen und warten. Und warten. Und warten. Um ¾ 3 brachte uns dann ein Bus zur Maschine (Boeing 707). Punkt 3:0[0] Start. Ein langer, sehr ruhiger Flug. Man konnte aber nichts sehen , weil da immer Wolken dazwischen waren. Nach 8 ½ Std. Flug landeten wir in Philadelphia. Passkontrolle. Warten. Warten. Endlich Zoll. Koffer durchgekramt. Dann Jims Eltern gesucht. Wir haben sie sogar gefunden.

Am "main table" traf ich dann Dieter6 und Louis7 mit Eltern. Also, auf den Bildern sah der Louis kleiner aus, aber das werdet Ihr ja inzwischen gemerkt haben. Die Eltern typische Amerikaner. Dann ins Auto gesetzt (automatisches Getriebe, hydraulischer Drehmomentwandler) und los nach New York. Ich war verdammt müde.

Noch kurz etwas zum Abend gegessen (Eiskrem-Soda). Weiter. Ja, mehr weiß ich von der Fahrt nicht, weil ich dann eingeschlafen bin. 1 Stunde Schlaf. Kurz vor NY wieder aufgewacht. Hier noch ein Glas Coca getrunken und dann in die Heia.

Hier ist es sehr warm. Ich habe heute Nacht ganz furchtbar geschwitzt. Von 2 bis 9 geschlafen. Jim ist erst um 5 Uhr ins Bett gegangen und hat bis um 12 gepennt. Ich habe dann gelesen. Um ½1 mit Jim runtergegangen, um einen Adapter für meinen Rasierapparat zukaufen. Der passt nicht in ortsübliche Flachstecker, weil die Kontakte rund sind. Um ½ 2 Brunch, das ist so eine Mischung von Frühstück und Mittag (also was man hier unter Mittag versteht).

Das Haus hier ist eigentlich gar kein Haus, es ist mehr ein Gebäudekomplex. 14 Stockwerke mit einem wunderschönen engen Hinterhof. Die Wohnung von Siebers ist relativ groß und wunderschön-grauslich antik eingerichtet. Wie in einem Museum (sagt Jim). Im Augenblick sitze ich im Schlafzimmer von Siebers, weil hier eine Klimaanlage drin ist. Sonst ist es unheimlich heiß, ich laufe dauernd mit einem Glas Eiswasser rum. Das ist zwar nicht gesund, aber immer noch besser als an einem Hitzschlag sterben. Wir haben hier 90 °F (ca. 30 Grad C.) Mit der Sprache geht es man so lala.

Ich sehe gerade auf die Uhr: ½ 5. Bei Euch ist es jetzt also ½ 10, und Ihr werdet gleich schlafengehen.

Gute Nacht Uli

P.S. So ein Jahr ist doch ganz schön lang.?!

Friday, August 20, 1965
8:30 p.m. Eastern Time8

Liebe Familie!

Ich habe zwar noch keinen Brief von Euch erhalten, aber ich werde trotzdem versuchen, die Fragen zu beantworten, die Ihr mir wahrscheinlich darin stellen werdet. Aber lasst mich zuerst von den letzten zwei Tagen berichten.

Am Donnerstagvormittag, nach dem Frühstück, bin ich mit Jim zur Schule runtergefahren, d. h. besser gesagt rauf, weil sie in der Uptown liegt. Mit dem Fahrrad übrigens. Sind nur ungefähr 9 Meilen oder 15 km. Ich wundere mich immer noch, dass ich noch lebe. Nicht wegen des Verkehrs (davon später), sondern wegen der schwülen Hitze. Grausam! Die Schule ist sehr schön und erinnert mich an die Schadowschule, weil hier auch die Maler drin sind. Im Lunchroom wurden wir von zwei Küchentanten mit Eiskrem und kaltem Kaffee bewirtet. Die Eiskrem ist hier übrigens überall vorzüglich und ich kann nun verstehen, dass die Amerikaner so viel davon essen. Das, was ich als kalten Kaffee bezeichnete, ist ein starker Kaffee im Glas mit zwei oder drei Eisstücken, den man normalerweise mit Zucker und Heavy Cream, also so einer Art Sahne, trinkt, welche beiden letzteren ich allerdings aus Geschmacksgründen zu verweigern pflege. Dann zurück. Es war übrigens in der Zwischenzeit nicht kühler geworden.

Nachmittags, nach einer Ruhepause, bin ich 1½ Stunden im Central Park spazieren gegangen. Allein. Abends habe ich mich zusammen mit Jim politisch betätigt. Schon am Mittwoch war ich mit Jim und Richard (dem ersteren sein bruder - das b ist ein Druckfehler, es ist ein großer Bruder) bei vorgenanntem Bruder seine Diskussionsgruppe gewesen. Die wollen irgendeine Kampagne starten "Get Out Off Viet Nam"9. Besonders viel habe ich nicht verstanden, mit dem Ziel bin ich auch nicht einverstanden, aber ich habe ein paar Leute „englisch" sprechen hören, und das war das Wichtigste.

Gestern also, um wieder darauf zurückzukommen, gestern war ich mit Jim bei den "Unabhängigen Demokraten", die Ryan (dis is son Mensch) for Mayor, als Bürgermeister haben wollen. Im September sind nämlich hier Bürgermeisterwahlen. Ich also mit Jim durch die Straßen gelatscht und Einladungskarten für einen Informations- und Propagandaabend Portiers10 zum Verteilen gegeben, in Briefkästen gesteckt, aus dem Bett geklingelten Leuten in die Hand gedrückt und unter Türen geschoben. Jim tat das für Ryan, ich mehr, um mich mit der Geographie der näheren Umgebung bekanntzumachen, zu sehen, wie andere Leute leben und zu hören, wie gewöhnliche Leute sprechen, die keine Rücksicht da rauf nehmen, dass ich die Sprache nicht beherrsche. Um ½1 waren wir dann fertig und fertig und marschierten nach Hause.

Heute Vormittag das gleiche, aber nicht so lange. Nachmittags "Shopping". Ich habe mir keinen Anzug gekauft, weil Jim sagt, dass ich den in der Schule doch nicht trage und kaum einer einen trägt, sondern ich hab mir einen dunkelblauen Bläser (oder heißt das etwa Blazer?) gekauft, dazu eine graue Hose und ein paar Schlipse. Zusammen $ 42,20. Dazu Briefpapier und diese kleinen Fetzen Papier, die man vorne auf den Umschlag klebt, damit die Post einen Stempel rüberhauen kann. War also ein teurer Tag heute.

Ich habe oben versprochen, Dir Deine (oder besser Euch Eure) Fragen zu beantworten. So sei es denn.

  1. Heimweh habe ich keins. Jedenfalls heute nicht. Der zweite und der dritte Tag waren die Schlimmsten. Am ersten waren alle anderen Eindrücke stärker. Na, mal sehen, wie sich das so weiterentwickelt.
  2. Zu essen bekomme ich auch. Morgens Cereal. Was das ist, traue ich mich gar nicht zu schreiben, weil Ihr Euch sonst totlacht und das will ich nicht. Aber Ihr habt ja sicher ein Lexikon oder Louis. Zum Lunch gibt es Stullen, hierorts Toasts oder Sandwiches genannt. Dazu Eiswasser und so eine weiße Flüssigkeit, deren Namen ich aus obengenannten Gründen auch nicht schreiben kann. Zum Dinner gibt es dann aber mehr. Vorspeise (Melone oder sowas), Hauptgericht, gestern Lamm, heute Huhn, mit Kartoffeln oder Mais (der scheint übrigens hier sehr beliebt zu sein) und Gemüse, dann Nachtisch (Kuchen) und anschließend oben beschriebenen kalten Kaffee. ----
  3. Schlafen von 12 oder 1 bis 8 oder 10, trotz Kaffee und Coke am Abend.
  4. Mit Jim komme ich ausgezeichnet aus. Mit den anderen Familienmitgliedern auch. Dass ich die Mama nicht besonders mag, weißt Du, aber ich muss mit ihr auskommen und tue das auch.
  5. Eine Hausangestellte haben die hier auch, die zwar nicht hier wohnt, aber fast jeden Tag kommt. Eine Negerin11. By the way, die hübschesten Mädchen, die ich hier gesehen habe, waren Negerinnen.
  6. Verkehr: Dass man besser autofährt als in Deutschland, ist bekannt und stimmt sogar. Hier ist fast jede Straße Einbahn. Ist natürlich nur möglich, weil die Straßen die Häuserblocks in regelmäßige Dreiecke teilen. Sieh Dir das mal auf der Karte an (in meinem Schreibtisch). Man geht hier übrigens auch bei Rot über die Straße.

Über das Thema später mehr. Waren das die Hauptfragen? Ach ja, die Sprache. Man spricht hier englisch. Ich verstehe an sich eine ganze Menge. wenn nicht allzu schnell gesprochen wird. Aber es bessert sich von Tag zu Tag.

Schluss jetzt, Siebers haben Besuch, und ich muss "Hallo" sagen. „Good afternoon“ sagt kein Mensch, und wenn man wen kennt, sagt man Hei (mit deutscher Aussprache).

Viele Grüße an alle, die Ihr gerade trefft und die ich kenne oder nicht kenne

Euer Uli

P.S. So ein Jahr ist zwar lang, macht aber Spaß.

P.S. II. Aus dem Impressum einer Zeitung: alle Druckfehler sind beabsichtigt. Manche Leute haben nämlich Freude daran, sie zu suchen und wir wollen all den Leuten etwas bieten.

Third letter
Monday, Aug 23, 1965
12:15 EDT

Liebe Mutti

Heute endlich Deinen lange erwarteten Brief bekommen. Deine Vermutung über das Wetter trifft nicht mehr ganz zu. Sonnabend war es zwar noch warm, das heißt heiß, gestern aber hat es genieselt, es war bewölkt, und das Thermometer stieg nur auf 70 Grad. Augenblick, ich nehmen nur den Rechenschieber12

Nun, wer jetzt noch mehr wissen will. Die konkreten Formeln sind: °C = (°F - 32)* 5/9).

Das sind also 21,12 Grad...

Erscheint lt. Verlag 29.6.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-7519-2862-6 / 3751928626
ISBN-13 978-3-7519-2862-5 / 9783751928625
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