The Curse of Truth and Sound -  Anne Herzel

The Curse of Truth and Sound (eBook)

Die göttlichen Artefakte

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
424 Seiten
Bookspot Verlag
978-3-95669-193-5 (ISBN)
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DER WIND FLÜSTERT DIE NAMEN DER VERLORENEN Beinahe ein Jahr ist es her, seit Vanelle der Piratenjagd den Rücken gekehrt und ein neues Zuhause auf Rivays Schiff gefunden hat. Doch auch die Oasis bleibt vom Schicksal nicht verschont. Nach dem Verlust Vinricks und vieler Weiterer ist der Geist der Mannschaft gebrochen. Selbst Rivay erkennt, dass der Preis für die Karten zu hoch ist. Doch als ein totgeglaubtes Crewmitglied auf das Schiff zurückkehrt und die Meere im Chaos wilder Stürme erbeben, müssen die Piraten feststellen, dass auch sie dem Ruf ihrer Bestimmung nicht entkommen können. Während Gaia im Nebel versinkt und die Götterbiester ihr Unwesen treiben, setzen Vanelle und Rivay alles daran, ihre Flüche zu brechen. Doch ist der Erhalt ihrer Mannschaft mehr wert als das Schicksal der Welt?

Anne Herzel wurde 1992 im mittelfränkischen Dinkelsbühl geboren. Heute lebt sie mit ihrer Frau Lena in Leipzig. Schon während ihrer Jugend hat sie sich intensiv mit dem Schreiben beschäftigt, dies jedoch erst mit ihrem Journalismus-Studium wieder aufgegriffen. Die Idee zur Reihe 'Die göttlichen Artefakte' entwickelte sie aus dem Antrieb heraus, Sichtbarkeit für Menschen aus der queeren Community zu schaffen. Insbesondere auf Twitch ist sie, gemeinsam mit ihrer Ehefrau, teil einer aktiven Gemeinschaft, die sich für LGBTQIA+ und marginalisierte Menschen im Allgemeinen einsetzt.

Anne Herzel wurde 1992 im mittelfränkischen Dinkelsbühl geboren. Heute lebt sie mit ihrer Frau Lena in Leipzig. Schon während ihrer Jugend hat sie sich intensiv mit dem Schreiben beschäftigt, dies jedoch erst mit ihrem Journalismus-Studium wieder aufgegriffen. Die Idee zur Reihe "Die göttlichen Artefakte" entwickelte sie aus dem Antrieb heraus, Sichtbarkeit für Menschen aus der queeren Community zu schaffen. Insbesondere auf Twitch ist sie, gemeinsam mit ihrer Ehefrau, teil einer aktiven Gemeinschaft, die sich für LGBTQIA+ und marginalisierte Menschen im Allgemeinen einsetzt.

Kapitel 1


Minuten zuvor knarrte das Schiff unheilvoll. Wie das verlorene Spielzeug eines Kindes wurde es vom tosenden Sturm umhergeworfen, allein den stürmischen Wellen ausgeliefert, die unbarmherzig gegen den hölzernen Rumpf schlugen. Vanelle beobachtete ihn: Varrick, wie er dann und wann prüfend durch das kleine Sichtfenster in ihren Raum hineinblickte. Sie wusste, dass er ihre einzige Chance in die Freiheit bei sich trug – in Gestalt eines Schlüssels, festgemacht an seiner Taille. Vanelle hatte einen sehr einfachen Plan: Sie würde ein Beiboot finden und fliehen, andernfalls säße sie schon morgen im Anwesen ihrer Familie, gedrängt in eine Rolle, die längst nicht mehr zu ihr passte.

»Hey!«, rief sie lautstark und hoffte, dass einer der Seemänner, vielleicht sogar Varrick selbst, auf sie aufmerksam werden würde. Polternd schlug sie gegen das dicke Holz und hatte Erfolg: Schwerfällige Schritte drangen von draußen an ihr Ohr, nur Sekunden bevor der silberhaarige Mann in ihr Sichtfeld geriet. Sein Anblick schnürte Vanelle die Kehle zu. Die veilchenblauen Augen musterten sie zwar abfällig, glichen Vinricks jedoch exakt.

»Was willst du?«, blaffte er. Vanelle wusste, dass er sie mittlerweile nur noch als Ware betrachtete, die er unglücklicherweise transportieren musste – im Auftrag Luciens, der sie für ein weiteres Theaterhaus eintauschen wollte.

»Ich langweile mich«, sagte sie, weil ihr auf die Schnelle nichts Besseres einfiel. Varrick schnaubte genervt.

»Warum sollte mich das kümmern? Ruf mich nicht noch mal, ich war gerade am Gewinnen!«

Vanelle dachte fieberhaft nach. Verwickele ihn in ein Gespräch, drängte sie sich selbst, in Ermangelung an Alternativen. »Was spielt ihr?«, fragte sie.

»Kartludo«, entgegnete Varrick argwöhnisch. »Und jetzt halt den Rand und warte, bis wir Oceanshare erreicht haben. Es dauert nur noch ein paar Stunden.« Vanelle kannte das Spiel: Es basierte auf Kartenpaaren, die man finden musste. Einige auf dem Tisch, die Übrigen in den Händen der Spielenden. Hauptsächlich bestimmte die Erinnerung und etwas Glück, ob man die Partie für sich entschied. Als Kind hatte sie es häufig mit Spinell gespielt.

»Ich könnte mitmachen!«, schlug sie deshalb spontan vor. Varrick lachte hämisch auf.

»Hältst du mich für so töricht? Du bist eine Gefangene!« Die Belustigung zeichnete Fältchen um seine Mundwinkel – und der Anblick seiner vertrauten Züge, des silbernen Haares und der treuen Augen versetzte Vanelle einen Stich. Äußerlich glich er Vinrick vollkommen, teilte aber nicht die sanfte Natur seines Bruders. Und das brachte sie auf eine Idee.

»Wie war Vinrick so?«, fragte sie. »Während eurer Kindheit, meine ich?« Varrick verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, obgleich der leise Glanz von Interesse diese erhellte.

»Warum willst du das wissen?«

»Du erinnerst mich an ihn. Und er fehlt mir.« Zumindest das entsprach der Wahrheit. Ihr Gegenüber neigte den Kopf hin und her, wohl innerlich abwägend, dann zuckte er mit den Schultern.

»Wir waren uns nie besonders ähnlich, Vinrick und ich. Er ist der jüngere Zwilling, nur kurz nach mir geboren, zumindest hat man das im Waisenhaus behauptet. Ich war schon immer viel stärker als er. Stets wollte ich mit dem Kopf durch die Wand, Vinrick hingegen bevorzugte friedliche Lösungen. Ein paar Mal hat mir das den Arsch gerettet. Na ja, eigentlich der ganzen Gruppe.« Vanelle lächelte sanft. Das klang wirklich nach ihm. »Ist mein Bruder immer noch so?«

Selbst in diesem kurzen Satz spürte Vanelle die Inbrunst, mit der sich Varrick nach seinem Zwillingsbruder sehnte. Zu wissen, dass sie einander niemals wieder gegenüberstehen würden, beschleunigte ihren Puls auf schmerzhafte Weise. Er hämmerte vorwurfsvoll gegen ihren Brustkorb.

»Ja«, log Vanelle verhalten. »Er ist immer noch ganz genauso.«

»Ich kann es kaum erwarten, ihn zu uns zu holen. Wird Zeit, dass er dem stinkenden Piratenleben den Rücken kehrt.« Vanelle antwortete nicht. Ob Lucien mittlerweile Bescheid wusste? Sie hatte die Vorahnung in seinen Augen erkannt. Schon in jener Nacht, in der sie von Elan befreit worden war. Anders als Varrick, der nach wie vor im Dunkeln tappte.

»Ich weiß, was du denkst«, höhnte dieser in die entstandene Pause hinein. »Vinrick war Rivay eine halbe Ewigkeit lang treu, warum sollte er die Piratenbande verlassen, um mit der Dorado-Truppe zu segeln?« Sein Grinsen vertiefte sich. »Wenn wir nicht von der Marine aufgegriffen worden wären, hätte er sich Rivay niemals angeschlossen. Im Gegensatz zu deinem verräterischen Kapitän würde mein Bruder mich niemals einfach so im Stich lassen. Wenn er erfährt, dass Lucien, Vera und ich am Leben sind, wird er freiwillig zurückkommen. Daran kann auch Rivay nichts ändern.« Vanelle wusste dazu nichts zu sagen. Stattdessen spürte sie einen dicken Kloß in ihrem Hals wachsen. Die Intensität seiner brüderlichen Gefühle fühlte sich vertraut an. So hatte sie für Spinell empfunden.

»Warum habt ihr nicht früher nach der Piratenbande gesucht?«, fragte sie nach einigen Sekunden. Varrick verzog das Gesicht.

»Ich wollte ja. Schon vor etwa fünf Jahren, als die Flotte noch nicht halb so viele Schiffe umfasste. Lucien und Vera waren auf meiner Seite, aber dann ist etwas passiert – und Lucien hat seine Meinung geändert.« Fragend legte sie den Kopf schief, doch Varrick starrte nur missmutig an ihr vorbei. Er knirschte auffällig mit den Zähnen. Vanelle ahnte, dass er die Begebenheiten der Vergangenheit missbilligte. Sie empfand Mitleid mit ihm. All das tat Varrick aus Loyalität Lucien gegenüber – hoffend, dass er so schon bald Vinrick gegenüberstehen würde. Seine Augen kamen auf ihren zum Ruhen.

»Was guckst du so komisch? Passt es dir etwa nicht, dass Vinrick die Piraten verlassen wird? Für dich hat das doch sowieso keine Bedeutung mehr.« Sein herausfordernder Unterton wusch das Mitleid weg, wie einen schmutzigen Fleck von einem Teller. Vanelle wollte die Widerworte hinunterschlucken, entschied sich jedoch dagegen. Sie hatte nicht vergessen, dass sie gefangen gehalten wurde – und womöglich war ihre Chance jetzt gekommen.

»Er wird Rivay niemals hintergehen«, erwiderte sie mit fester Stimme. Sie hielt den Blickkontakt zu Varrick aufrecht. Diesem schmeckte Vanelles Antwort nicht, denn er rückte auffällig nah an die Tür heran. Beinahe glaubte sie, ein leises Knurren zu hören.

»Was weißt du denn schon über meinen Bruder?«, raunte ihr Gegenüber, doch Vanelle wich nicht zurück.

»Ich weiß, dass er Rivay und der Crew gegenüber treu ist. So treu, dass er sein Leben für das Wohl der anderen aufs Spiel setzen würde.« Varricks Knurren wurde lauter.

»Woher willst du das wissen?« Vanelle überwand den letzten Abstand zwischen ihnen. Sie konnte sehen, wie Varricks Nasenflügel vor Wut bebten.

»Weil er genau das getan hat. Er hat sich für seine Familie geopfert.« Unerwartet warf Varrick die Fäuste gegen die Tür, im selben Moment, als ein donnerndes Grollen über das Schiff hinwegzog. Die Lautstärke stach in ihren Ohren. Alles in Vanelle schrie danach, sich dieser bedrohlichen Situation zu entziehen, doch sie rührte keinen Finger. Nur noch ein kleines bisschen, dachte sie. Noch hatte er es nicht zur Gänze erfasst, das sah sie ihm an. Er verstand die Botschaft hinter ihren Worten nicht.

»Vinrick ist nur seiner richtigen Familie gegenüber loyal«, zischte Varrick. Seine Augen zuckten vor Unruhe.

»War«, korrigierte sie leise – und der Effekt blieb nicht aus. Es dauerte ein halbes Dutzend Wimpernschläge. Sie konnte buchstäblich dabei zusehen, wie die Erkenntnis in seinen Verstand einsickerte. Varricks Gesicht wurde starr und nahm einen wilden Ausdruck an, seine zuvor hochgerissenen Brauen sanken hinab.

»War?«, wiederholte er, es klang seltsam leblos.

»War«, bestätigte sie, wieder Stille – bis Varrick explodierte.

Vanelle wich zurück, verfolgt von seinem wütenden Schrei, gleichzeitig erhellte ein gleißender Blitz die Kabine. Mit brachialer Gewalt, die sie ihm so nicht zugetraut hatte, brach der Schauspieler die Tür auf. Vergessen war der Schlüssel und dass er sie nach Oceanshare bringen sollte. Vanelle ahnte instinktiv, was jetzt kam. Ein so großer Gegner stellte eine Herausforderung dar – und es würde sie all ihre Fähigkeiten kosten, gegen ihn zu bestehen. Varrick wirkte wie ein wildgewordenes Walross: massiv, beängstigend, nicht zu zügeln. Er stürmte in den Raum, die Hand bereits am Schwertgriff, direkt auf sie zu. Was würde er jetzt tun? Versuchen, sie zum Schweigen zu bringen? Es erforderte all ihre Konzentration, bis zum letzten Augenblick abzuwarten: Erst dann sprang sie mit einer Rolle über die Schulter beiseite und kam sofort wieder auf die Beine. Das Herz schlug ihr gegen den Hals, dennoch verlor sie keine Zeit und zog eilig die malträtierte Tür hinter sich ins Schloss. Dem metallenen Krachen folgte ein Poltern, denn einen Moment später flog Varrick wutschnaubend dagegen. Vanelle stürzte eilends davon – bis ein markerschütternder Schrei ihre Knochen zum Erbeben brachte: Erfüllt von Schmerz und dem Drang nach Vergeltung. Die auf sie aufmerksam werdenden Seemänner zuckten unter dem gewaltigen Laut zusammen. Sie hielten Spielkarten in den Händen und starrten Vanelle an, als sei sie eine geisterhafte Erscheinung, geboren aus dem Sturm. Sie schenkte ihnen keine Beachtung, auch wenn sie wusste, dass sie die Verfolgung aufnehmen würden.

Salzige Luft schlug ihr entgegen, als sie in die Schwärze des nächtlichen Decks eintauchte....

Erscheint lt. Verlag 5.6.2023
Verlagsort Planegg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Familie • Fantasy • Fluch • Freundschaft • Götter • Götterbiester • Heimat • LGBTQAI+ • Piraten • Regenbogen • Schatz • schatzkarten • Sirene
ISBN-10 3-95669-193-8 / 3956691938
ISBN-13 978-3-95669-193-5 / 9783956691935
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