Tod beim Mittelalterfest: Waldviertel-Krimi -  Lore Macho

Tod beim Mittelalterfest: Waldviertel-Krimi (eBook)

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
200 Seiten
Federfrei Verlag
978-3-99074-246-4 (ISBN)
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Annerl Passer und Berta Pitzer stolpern auf dem Eggenbuirger Mittelalterfest über die Leiche von Franziska Huber, neben der eine Anstecknadel in Form eines schwarzen Herzes mit gelbem Tatzenkreuz liegt. Dieses Emblem wird einem alten Geheimbund zugeordnet. Franziska Huber sollte im Rahmen des Festes den Besuchern aus einem Buch über das Mittelalter vorlesen, wird jedoch von Mechthilde Schröcksnagel-Brüller vertreten. Weitere Verbrechen geschehen und Chefinspektor Christian Fuchs und Inspektor Julius Schreiner stehen vor einem schweren Problem. Die ortsansässigen Dorftratschen machen die Sache nicht einfacher und mischen kräfitg mit.



Lore Macho lebt mit ihrem Mann seit 1987 in dem kleinen Weinort Straning, nahe Eggenburg (NÖ), wo Wein- und Waldviertel ineinander übergehen. Nach dem Besuch der Handelsschule und einigen Jahren der Tätigkeit als Sekretärin absolvierte sie 1974 die Sommerakademie für Malerei in Sirmione und ist seit dieser Zeit freischaffende Malerin. Neben dem Malen gilt ihre große Freude dem Schreiben. Bisher wurden von ihr drei Bücher zum Thema Malen veröffentlicht sowie ihre Dorfkrimis im Verlag federfrei.

Von Lore Macho bisher erschienen:

 

Tödlicher Reichtum

Tod am Nussbaum

Tod in Acryl

Mord im Waldviertelexpress

Tod im Tröpferlbrunnen

Tödliches Tarock

Mord im Dorfwirtshaus

Ein ganz harmloser Mord

Tod beim Mittelalterfest

 

»Wohin Denken ohne Experimentieren führt,

hat uns das Mittelalter gezeigt.

Dieses Jahrhundert lässt uns sehen,

wohin Experimentieren ohne Denken führt.«

Arthur Schopenhauer

 

Personen und Handlungen sind frei erfunden.

Alle Ähnlichkeiten mit lebenden oder nicht lebenden Personen sind deshalb reiner Zufall und nicht beabsichtigt.

Sollte Ihnen, lieber Leser, liebe Leserin,

doch etwas bekannt vorkommen,

zeigt das nur, dass Sie über mehr Fantasie

verfügen als ich.

 

1


 

»Ja, wo bleibt sie denn nur?«

Friedhilde Burggraf, fünfunddreißig Jahre alt, zierlich, in einem bodenlangen, weinroten Rock aus derbem Wollstoff, einer grobgewebten hellbeigen Rüschenbluse mit Puffärmeln und weißer Haube auf dem Kopf, wirft bereits zum x-ten Mal in weniger als fünfzehn Minuten nervöse Blicke auf ihre Armbanduhr und bekommt neuerlich bestätigt, dass Mechthilde Schröcks­nagel-Brüller aus Hollabrunn längst hier sein müsste.

Sie macht einen Schritt aus dem Zelt, das auf der Wiese beim Kanzlerturm aufgebaut wurde, blickt nach links, dann nach rechts, kann jedoch außer fröhlichen Menschen in mittelalterlicher Gewandung nichts erkennen. Zumindest nichts, was einer Walküre, als welche man Mechthilde Schröcksnagel-Brüller unbedingt bezeichnen muss, auch nur im Entferntesten ähnlichsieht. Mechthilde Schröcksnagel-Brüller ist so ziemlich das mächtigste Weib, das Friedhilde Burggraf je zu Gesicht bekommen hat, und passt deshalb überhaupt nicht ins Mittelalter. Die Bevölkerung dieser Zeit war wesentlich kleiner und schmächtiger als heutzutage. Ritter und Burgfräulein mit zarten Gestalten sprengten hoch zu Ross durch die Landschaft, wandelten über Zugbrücken ihrer Burgen und schliefen in Bettchen, die heute eher in Kinderzimmern anzutreffen sind. Deshalb ist es auch kaum möglich, einen heutigen Erdbewohner in eine dieser glänzenden Ritterrüstungen zu stopfen, es sei denn, man hat mörderische Absichten.

Jährlich, am zweiten Septemberwochenende, wird in Eggenburg zu Ehren dieser Zeit ein Fest abgehalten, das sich im Laufe der Jahre zum größten Event der Region entwickelt hat, wenn man von den traditionellen Weintaufen und Weinblütenfesten absieht. Denn auch diese erfreuen sich bei der Bevölkerung großer Beliebtheit, zumal es in der näheren und weiteren Umgebung sehr viele Weinbauern mit großen Rieden gibt, die ihre Produkte an den Mann oder an die Frau bringen wollen. Und diese Weinfeste steigern erheblich den Absatz.

Jedoch für alle Eggenburger zählt in erster Linie ihr liebgewonnenes Mittelalterfest, genannt »Zeitreise ins Mittelalter«.

Der Ursprung der mittelalterlichen Stadt Eggenburg geht auf die Herrschaft der Babenberger in Niederösterreich zurück. Eggenburg wurde zur Sicherung gegen Norden zur damaligen kriegerischen Zeit als befestigte Grenzstadt gegründet, was die alten, stets gepflegten und gut erhaltenen Stadtmauern belegen. Sie erzählen von einer längst vergangenen Zeit, die sich nur die wenigsten Menschen, schon aus Hygienegründen, zurückwünschen würden. Der große, fünfeckige Hauptplatz im Zentrum des Ortes drückte damals Wohlstand aus, denn je größer der Hauptplatz einer Stadt im Mittelalter war, umso angesehener war diese. Deshalb legte man auf eine Freifläche im Ortskern besonderen Wert und baute die Häuser weitläufig darum herum. Und daran wurde bis heute nichts geändert. Dieser große Hauptplatz, das sogenannte Grätzel, mit seinen spätgotischen Giebelhäusern bildet den Mittelpunkt der Stadt, welche auch außerhalb der mittelalterlichen Festivität viele Touristen anlockt.

Die Häuser werden von den Bewohnern während der »Zeitreise ins Mittelalter« liebevoll mit mittelalterlichen Fahnen in verschiedenen Farben und mit unterschiedlichen Wappen geschmückt, die im Wind laut flattern. Der Pranger inmitten des Hauptplatzes, an dem seinerzeit zänkische Weiber und trunksüchtige Männer angekettet wurden, dient heute als Kulisse für stattfindende Ritterspiele. Zur Unterhaltung der vielen Schaulustigen posieren Gaukler und Feuerschlucker und malen mit ihren bunten Gewändern Farben in die Straßen der Mittelalterstadt. Auf den Gehwegen lustwandelt man über Stroh anstatt Asphalt, selbst der große Brunnen neben dem Pranger dient der Belustigung. Hier werden nach alter Sitte Buchdruckerlehrlinge so lange unter Wasser getaucht, bis sie fast absaufen, was man früher Gautschen nannte.

 

Aufgrund all dieser Historien sind die Eggenburger komplett auf das Mittelalter fixiert und widmen sich keinem anderen Fest so intensiv wie diesem. Die Stadtverwaltung erhofft sich Publicity und touristischen Zustrom, was die Gastronomie im Ort freut, denn essen und trinken muss schließlich jeder. Neben den etablierten Gast- und Kaffeehäusern finden sich während des Festes nicht nur zahlreiche Holzbuden, in denen Würstchen, Döner Kebab, Zuckerwatte und Grillhendln angeboten werden, sondern auch Spanferkel am Spieß, die mitten im Grätzel, gleich neben dem Pranger, auf die Besucher warten.

Typisch Mittelalter eben!

Die kleinen Geschäfte bleiben zum Teil am Samstag dieses Wochenendes geschlossen, wenn die Besitzer außerhalb der Stadt wohnen, denn einen Parkplatz zu finden, bedarf eines großen Wunders. Deshalb ist es ratsam, die Stadt an diesem Wochenende eher zu meiden, wenn man sein Auto nicht im Nachbarort abstellen und ellenlange Fußmärsche in Kauf nehmen will. Den zahlreichen Besuchern wird wohl ein großer Parkplatz angeboten, doch ist dieser bereits am frühen Vormittag restlos überfüllt.

Allem haftet sowohl Positives als auch Negatives an. Des einen Freud, des anderen Leid! Man kann schließlich nicht alles haben!

Und kaum ist das eine Mittelalterfest ausgeklungen, die Holzbuden abgebaut und die Gehsteige von Stroh befreit, beginnen die eifrigen Bewohner der Stadt bereits, sich auf das nächste im kommenden Jahr vorzubereiten. Dafür wird geplant, getüftelt, besprochen und gearbeitet. Hier lohnt es sich allemal, sämtliche zur Verfügung stehenden Kapazitäten an Energie, sowohl geistig als auch körperlich, einzusetzen, damit auch das nächstjährige Fest ein voller Erfolg wird.

 

Friedhilde Burggraf blickt neuerlich auf ihre Armbanduhr und kann nicht fassen, dass sich Mechthilde Schröcksnagel-Brüller, Dichterin des Weinviertels, zu welcher sie sich selbst erkoren hat, diese Gelegenheit, hier aufzutreten, entgehen lässt. Die Stadtverwaltung hat ihr angeblich, aus welchen Gründen auch immer, kurzfristig zugesichert, dass sie Besuchern im Festzelt beim Kanzlerturm aus einem Buch über das Mittelalter vorlesen kann, und nun glänzt sie durch Abwesenheit. Bis dato hat Franziska Huber aus Klein Schiessling, die derzeitige Freundin von Thomas Krügerl, des älteren Sohnes der Wirtsleute des Klein Schiesslinger Dorfwirtshauses, den Besuchern vorgelesen, und ihre Sache sehr gut gemacht. Friedhilde Burggraf war ohnehin noch bis vor einer knappen Stunde der Meinung, dass Franziska Huber zu dem geplanten Termin erscheinen wird, bis sie von Mechthilde Schröcksnagel-Brüller einen Anruf erhielt, in dem diese mitteilte, dass sie anstelle von Franziska Huber lesen wird. Und da Friedhilde Burggraf annimmt, dass das Veranstaltungskomitee die kurzfristige Änderung abgesegnet hat, muss sie die Tatsache, wenn auch widerwillig, zur Kenntnis nehmen.

»Wo bleibt sie denn nur?«

»Sie wird schon noch kommen«, meint Elisabeth Grantler tröstend. »Es ist ja erst zwanzig Minuten nach zehn.«

Die ältere der beiden Frauen, Elisabeth Grantler, begleitet neben Friedhilde Burggraf schon seit einigen Jahren die wenigen kulturellen Veranstaltungen bei diesem Fest und bisher hat immer alles bestens geklappt. Nun ist aber auch ihr die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben.

»Was machen wir, wenn sie nicht auftaucht?« Geistesabwesend greift sie nach dem Buch, aus dem gelesen werden soll.

»Dann melden wir es dem Veranstaltungskomitee. Vielleicht wird die Lesung abgesagt und wir können Schluss machen.«

Friedhilde Burggraf geht vor den Zelteingang, streift ihren bodenlangen, weinroten Rock glatt und wendet ihr Gesicht der Sonne zu. Sie will die warmen Strahlen genießen, die vielleicht für heuer schon die letzten sein werden. Nach einer Weile wendet sie sich um und geht zurück ins Zelt.

»Es sind ja ohnehin nur wenig Leute da. Das Interesse nimmt leider von Jahr zu Jahr ab«, flüstert sie Elisabeth Grantler ins Ohr, die zustimmend nickt.

»War sowieso eine Schnapsidee«, erwidert sie kurz darauf verärgert, »ausgerechnet im letzten Moment umzudisponieren und die Schröcksnagel-Brüller statt wie gewohnt die...

Erscheint lt. Verlag 2.6.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99074-246-9 / 3990742469
ISBN-13 978-3-99074-246-4 / 9783990742464
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