Tanz der Toten (eBook)

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2023 | 1. Auflage
543 Seiten
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7517-4358-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tanz der Toten -  Richard Montanari
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Er ist galant, zuvorkommend, charmant - ein echter Gentleman. Mit einer formvollendeten Einladung zu einem 'thé dansant' lockt er Jugendliche zu sich. Doch er will alles andere als tanzen. Er will nur eins: töten.
Kevin Byrne und Jessica Balzano jagen ihn, den Mörder, der bald schon drei Menschenleben auf dem Gewissen hat: ein Mädchen und zwei Zwillingsbrüder. Den Ermittlern bleiben nur mehr sieben Tage, bevor Mr. Marseille erneut zum Tanz bittet ...

Nichts für schwache Nerven! Die spannungsgeladenen Thriller des Bestsellerautors Richard Montanari um das Ermittlerduo Byrne und Balzano:

Band 1: Crucifix
Band 2: Mefisto
Band 3: Lunatic
Band 4: Septagon
Band 5: Echo des Blutes
Band 6: Der Teufel in dir
Band 7: Der Abgrund des Bösen
Band 8: Tanz der Toten
Band 9: Shutter Man
Band 10: Mord am Heiligen Abend

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.




<p>Richard Montanari wurde in Cleveland, Ohio, als Sohn einer amerikanischen Familie italienischer Herkunft geboren. Nach dem Studium lebte er eine Zeitlang in Europa und ließ sich schließlich in London nieder, wo er sich unter anderem als Verkäufer in einem Kleiderladen und Handelsvertreter für Enzyklopädien durchschlug. Nach seiner Rückkehr in die USA arbeitete er ein paar Jahre bei der väterlichen Baufirma, bevor er beschloss, dass das Schreiben doch ein einfacherer Weg sei, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Als freiberuflicher Autor schrieb er für über 200 Publikationen in <i>The Chicago Tribune, The Detroit Free Press, The Seattle Times </i>und vielen anderen. 1996 erschien sein erster Roman. Mit <strong>CRUZIFIX</strong>, dem ersten Band um das Ermittlerduo Kevin Byrne und Jessica Balzano aus Philadelphia, gelang ihm auch in Deutschland der Durchbruch als Bestsellerautor.<br></p> <p><br></p>

1


Wie jeden Tag öffneten Mr. Marseille und ich um kurz nach sechs Uhr, wenn es hell wurde, unsere Schlafaugen mit den dunklen Wimpern.

Jetzt, Mitte November, waren die Fenster noch nicht zugefroren. Das war in unserem Dachgeschoss meistens erst Ende Dezember der Fall. Dennoch waren die Fensterscheiben beschlagen, was dem Licht des frühen Morgens einen eigenartigen Zauber verlieh, als würden wir die Welt durch eine Kristallkugel betrachten.

Ehe wir uns für diesen Tag anzogen, malten wir unsere Namen auf die beschlagene Fensterscheibe. Die doppelten »L« in »Marseille« und »Anabelle« neigten sich einander zu wie winzige dorische Säulen. Es war unser Monogramm, solange wir uns erinnern konnten.

Die Stirn gefurcht, betrachtete Mr. Marseille die Farbmuster. Im Deckenlicht des großen Ladens sahen seine Augen azurblau aus, aber ich wusste, dass sie grün waren, so grün wie das Grün der Bäume, wenn der Frühling ins Land zieht, so grün wie das Gras eines Soldatenfriedhofs am vierten Juli.

An diesem Tag trugen wir unter den tristen Wintermänteln unsere Kleidung für die Teestunde – ich ein leuchtend rotes Kleid, er einen taubengrauen Anzug. Es waren die Farben, die wir jedes Mal trugen, wenn wir unserer liebsten Beschäftigung nachgingen und es in vollen Zügen genossen.

»Ich weiß nicht«, sagte Mr. Marseille. »Ich weiß es einfach nicht.«

Ich schaute auf die große Auswahl und erkannte die schwierige Situation. Es galt, sich zwischen einem halben Dutzend Farben zu entscheiden, die man aus einer Entfernung von einem Meter allesamt als gelb bezeichnen konnte. Ein blasses Gelb, nicht das Gelb der Sonnenblumen oder der Schulbusse oder der Taxis, nicht einmal das matte Gelb von reifem Getreide. Es waren Pastelltöne, die ein wenig ins Weiße hineinspielten. Sie hatten entsetzliche Namen: Buttercreme, Zitronensahne, Marzipan.

Mr. Marseille summte einen Song, unseren Song. Vermutlich ging ihm der Text immer wieder durch den Kopf, während er auf eine Eingebung hoffte.

Ich wurde durch eine Frau mit einem Kleinkind abgelenkt, die ich am Ende unseres Flures vorbeigehen sah. Die Frau trug eine kurze bauschige Jacke und knallenge Jeans. Offenbar hatte sie sich in Eile geschminkt und sich in einem Spiegel betrachtet, der ihr Aussehen nicht richtig wiedergegeben hatte, denn im unerbittlichen Licht des Ladens sah sie beinahe wie ein Clown aus. Das kleine Kind hüpfte hinter ihr her und starrte fasziniert auf ein überdimensionales Plätzchen, in das bunte Bonbons eingebacken waren.

Kurz nachdem die beiden aus meinem Blickfeld verschwunden waren, hörte ich, wie die Frau das Kind ermahnte, es solle sich beeilen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass der kleine Junge ihr gehorchte.

Der Gedanke an Mutter und Kind weckte in mir eine Sehnsucht, die ich nur zu gut kannte. Ich drängte sie rasch zurück und wandte mich wieder Mr. Marseille und seiner Begutachtung zu. Kurz entschlossen zeigte ich auf eines der Farbmuster in seiner Hand und fragte: »Was ist denn daran schlecht? Lichtgelb ist ein wundervoller Name. Das passt doch gut, n’est-ce pas?«

Mr. Marseille hob den Kopf. Sein Blick wanderte zuerst zu dem langen, leeren Gang, dann zu den zahllosen Farbdosen und schließlich zu mir.

»Das ist meine Entscheidung, und ich lasse mich nicht drängen«, sagte er leise, aber entschieden.

Ich hasste es, wenn Mr. Marseille böse auf mich war. Das kam nicht oft vor. Wir waren fast immer einer Meinung und hatten in jeder Hinsicht den gleichen Geschmack – vor allem, was Farben, Stoffe und unser Lied betraf. Wir waren Seelenverwandte. Als ich nun das Funkeln in seinen Augen sah, wusste ich, dass heute wieder einer dieser Tage war, den ich so schnell nicht vergessen würde.

Es war unser erster Tag dieser Art seit dem schrecklichen Augenblick letzte Woche, als meine Wangen so heiß geglüht hatten, dass sie wahrscheinlich leuchtend rot gewesen waren, rot wie das Blut eines jungen Mädchens.

Wir fuhren in unserem Wagen, einer weißen Limousine. Zwar besaßen wir keine Papiere, die uns als rechtmäßige Besitzer auswiesen, aber das spielte keine Rolle, denn nachdem Mr. Marseille vor ungefähr einer Stunde am Straßenrand gehalten hatte und ich eingestiegen war, wurde die Limousine unser Auto, wenn auch nur für kurze Zeit. Wie alle Menschen unseres Schlages war Mr. Marseille ein Experte im Ausleihen.

Mir fiel sofort auf, dass die Vordersitze nach Lakritz rochen, diesem süßen Lakritz. Die andere Sorte mag ich nicht. Sie ist mir zu bitter. Es gibt Leute, die können gar nicht genug davon bekommen. Aber wenn ich eines im Leben gelernt habe, ist es die Einsicht, dass man niemals den Geschmack eines anderen beurteilen oder gar verstehen kann.

Wir fuhren auf dem Benjamin Franklin Parkway, der prachtvoll gestalteten Hauptverkehrsstraße. Ich hatte mal gehört, sie sei nach dem Vorbild der Champs-Élysées in Paris gebaut worden. Gut, ich bin nie in Paris gewesen, habe aber viele Fotos von dieser Stadt gesehen, und es schien zu stimmen.

Genau wie Mr. Marseille sprach ich nur gebrochen Französisch, und manchmal machten wir uns einen Spaß daraus, uns tagelang nur in dieser Sprache zu unterhalten. Oft redeten wir auch darüber, eines Tages von der Stadt der brüderlichen Liebe, wie Philadelphia genannt wird, in die Stadt der Liebe zu fahren.

Die Bäume auf dem Benjamin Franklin Parkway, der sich vom beeindruckenden Museum of Art bis zum Swann Memorial Fountain erstreckte, waren jetzt, im Herbst, schon ziemlich kahl. Aber ich hatte den Parkway natürlich auch im Sommer gesehen, wann es so aussah, als würden die Bäume bis in alle Ewigkeit ihr grünes Laub tragen. Heute, an diesem Novembermorgen, war die Straße wunderschön, aber wenn man im Juli hierherkommt, ist sie atemberaubend.

Wir folgten den Mädchen in diskretem Abstand. Sie hatten eine Filmvorführung im Franklin Institute besucht und stiegen nun in einen Bus, der sie zurück zur Schule bringen sollte.

Um kurz nach zwölf hielt der Bus an der Ecke Sechzehnte und Locust. Ungefähr ein Dutzend Mädchen stiegen aus, alle in Schuluniform. Sie blieben an der Ecke stehen und unterhielten sich lebhaft, wie Mädchen dieses Alters es nun mal tun.

Kurz darauf hielten mehrere Pkws. Einige Mütter hatten sich bereit erklärt, die Mädchen abzuholen. Nachdem sie eingestiegen waren, fuhren die Wagen davon.

Das Mädchen, das unser Gast sein würde, ging mit einer Klassenkameradin die Straße in südlicher Richtung hinunter. Es war groß und schlaksig und trug eine magentarote Strickjacke, so grob wie ein Seemannspullover.

Wir folgten den beiden in unserem Wagen. In einer Gasse parkten wir, stiegen aus, bogen um die Ecke und folgten den Mädchen zu Fuß. In dem Alter trödeln sie gern, das war unser Vorteil. Es dauerte nicht lange, und wir hatten die beiden eingeholt.

Nachdem das große, schlaksige Mädchen sich an der Ecke Sechzehnte und Spruce von der Freundin verabschiedet hatte, stellten Mr. Marseille und ich uns hinter sie und warteten, dass die Ampel auf Grün schaltete.

Das Mädchen schaute zu uns.

»Hallo«, sagte Mr. Marseille.

Der Blick des Mädchens wanderte zwischen ihm und mir hin und her. Die Kleine spürte keine Bedrohung. Vielleicht hielt sie uns für ein Paar, nicht viel älter als sie selbst.

»Hey«, erwiderte sie.

Während wir warteten, dass die Ampel umsprang, knöpfte Mr. Marseille seinen Mantel auf und warf sich in Pose, sodass das perfekt geschnittene Revers seines Jacketts zu sehen war. Der sorgfältig gearbeitete Saum war mit einem Blindstich genäht. Ich muss es wissen, denn ich bin seine Schneiderin.

»Wow«, rief das Mädchen. »Ihr Anzug ist cool.«

Mr. Marseille strahlte. Er war nicht nur extrem anspruchsvoll, er war auch schrecklich eitel und immer um ein Kompliment verlegen.

»Nett, dass du das sagst. Sehr freundlich.«

Sie wusste offenbar nicht, was sie darauf erwidern sollte, denn sie schwieg und schaute auf die Fußgängerampel.

»Ich heiße Marseille«, fuhr er fort. »Das ist Anabelle, mein geliebtes Herz.«

»Ich bin Nicole«, sagte die Kleine.

Wie es seine Art war, beugte Mr. Marseille sich vor und küsste die Finger des Mädchens. Viele glauben, es sei üblich, den Handrücken einer Dame zu küssen, aber das stimmt nicht. Ein Gentleman weiß so etwas.

Nicole errötete.

Als sie mich anschaute, verbeugte ich mich leicht. Eine Dame reicht einer anderen nicht die Hand.

In diesem Augenblick sprang die Ampel um. Mr. Marseille ließ Nicoles Hand los und geleitete sie galant über die Straße.

Ich folgte den beiden.

Schweigend gingen wir die Straße hinunter bis zu der Stelle, wo die Gasse einmündete. Dort hatten wir unseren Wagen geparkt.

Mr. Marseille hob eine Hand, worauf er und ich stehen blieben. »Ich muss dir etwas gestehen«, sagte er zu Nicole.

Das Mädchen, das sich in Gesellschaft zweier ungewöhnlicher und interessanter Leute kein bisschen unwohl zu fühlen schien, blieb ebenfalls stehen. Mr. Marseilles Worte weckten ihre Neugier.

»Ein Geständnis?«, fragte sie.

»Ja. Wir haben uns nicht zufällig getroffen. Wir sind hier, um dich zum Tee einzuladen.«

Nicoles Blick schweifte zu mir, dann zurück zu Mr. Marseille.

»Sie möchten mich zum Tee einladen?«

»Ja.«

»Ich verstehe nicht …«

Mr. Marseille lächelte. Er hatte strahlend weiße Zähne und ein hübsches Lächeln, das dem trügerischen Lächeln einer Frau glich. Mit diesem Lächeln gelang es ihm, fremde Leute...

Erscheint lt. Verlag 30.5.2023
Reihe/Serie Spannende Thriller mit Byrne und Balzano
Spannende Thriller mit Byrne und Balzano
Übersetzer Karin Meddekis
Sprache deutsch
Original-Titel The Doll Maker
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amerika • Balzano • beste thriller • blutig • Blutlinie • Byrne • Cody McFadyen • Dan Brown • detective • East Coast • Ermittlerin • ethan cross • Fitzek • Gänsehaut • Gewaltverbrechen • Hardboiled • homicide • James Ellroy • Jessica Balzano • Jilliane Hoffman • Karin Slaughter • Kevin Byrne • Kommissarin • Krimi • Kriminalroman • Michael Connelly • Mord • Nervenkitzel • Ostküste • Pageturner • Paul Cleave • Philadelphia • Philly • Polizei • Polizeiarbeit • Psycho • Psychothriller • Rache • Schießerei • Schlitzer • serienermittler • Serienkiller • Serienmord • Serienmörder • Serienthriller • spannend • Spannung • Spannungsroman • Stadt der brüderlichen Liebe • Tanztee • Tess Gerritsen • Thriller • todeskünstler • USA • USA,Amerika • Vatikan • Verbrechen • Verschwörung
ISBN-10 3-7517-4358-8 / 3751743588
ISBN-13 978-3-7517-4358-7 / 9783751743587
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