Professor Zamorra 1280 (eBook)

Der Mann aus dem Westen

(Autor)

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2023 | 1. Aufl. 2023
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5471-2 (ISBN)

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Professor Zamorra 1280 - Stefan Hensch
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Die Irrfahrt geht weiter!

Irgendetwas war schiefgelaufen, denn sie befanden sich weiterhin in der fremden Welt. Nicole, Ryan und er besaßen zwar gültige Fahrscheine, störten allerdings das empfindliche Gleichgewicht der Transferdimension und machten eine Rückkehr unmöglich.
'Was machen wir jetzt?', fragte Ryan Melville.
Bevor Zamorra oder Nicole ihm antworten konnte, kam ihnen der Heizer zuvor. Er schippte eine weitere Schaufel Kohlen ins Feuer und schüttelte den Kopf. 'Ihr könntet euch gegenseitig `ne Kugel in den Schädel jagen, das würde unser Problem lösen.'


Der Mann aus dem Westen

(Teil 2)

von Stefan Hensch

Die kleine Prozession machte vor dem Galgen halt. Wie aus dem Nichts erschien der Governor und trat auf Zamorra zu. »Sie scheinen der Anführer zu sein, deshalb haben Sie das Privileg, als Erster zu sterben. Vorher möchte ich Ihnen jedoch noch ein Geschäft vorschlagen.«

Zamorra bemühte sich trotz der bedrohlichen Situation um Ruhe. »Und das wäre?«

Der Dämon lächelte. Zamorra glaubte, dessen Augen für einen winzigen Augenblick aufglühen zu sehen. »Sie sterben in jedem Fall. Wenn Sie mir jedoch A.S. Lister ausliefern, schenke ich Ihren Begleitern das Leben.«

 

Alden Sherman Lister hatte sich die grobe Wolldecke umgelegt und starrte in die Flammen des Lagerfeuers, das er in der Grube entfacht hatte. Eine gewisse Diskretion war für sein Überleben unabdinglich, denn zu viele Männer mit tief gebundenen Revolvern waren ihm auf der Spur. Ein offenes Lagerfeuer war in der flachen Prärie wie ein meilenweit sichtbares Signal, das diese Kerle auf direktem Weg zu ihm führen würde.

Lister griff nach der Kanne und füllte seinen Becher mit Kaffee auf. Die Temperaturen waren bereits gefallen, gegen Morgen würde es jedoch empfindlich kalt werden. Der starke Kaffee half ihm, die Nacht bis zum Morgengrauen durchzustehen. Wenn das Feuer heruntergebrannt war, würde er sich etwas ausruhen. Mittlerweile hatte er es sich angewöhnt, mit einem offenen Auge zu schlafen. Sollte sich ein Tier oder ein Mensch nähern, würde er das merken und sich zu helfen wissen. In der Stadt war es zu heiß für ihn geworden.

Alles hatte mit der dummen Pokerrunde angefangen, in die er am besten gar nicht eingestiegen wäre. Die Einsätze waren jedoch so verlockend hoch gewesen, dass ihm keine andere Wahl geblieben war, obwohl er den Verdacht gehegt hatte, dass jemand falsch spielte. Nach der dritten Runde erwischte Lister den Zinker auf frischer Tat, als der ein Ass aus dem Ärmel schüttelte.

Einen Mann wie ihn konnte man natürlich versuchen zu betrügen, aber es funktionierte nicht. Dummerweise war es ausgerechnet der Sheriff gewesen, den er hochnahm. Daraufhin hatte der Gesetzeshüter zur Waffe gegriffen und ihm damit keine andere Wahl gelassen. Solche Dinge passierten einfach im Westen.

Am Ende war es ein einträglicher Abend gewesen, da er für Lister im Bett einer frisch gebackenen Witwe geendet war. Offensichtlich hatte er ihr einen Gefallen getan, indem er ihren Ehemann ausgeschaltet hatte, und sie drückte ihre Dankbarkeit auf ganz spezielle Art aus. Die traute Zweisamkeit war jedoch nicht von langer Dauer gewesen, denn die Deputies des Sheriffs wollten ihn nicht so einfach davonkommen lassen und hatten das Haus umstellt.

Es gab eine hitzige Auseinandersetzung, jede Menge Korditgeruch und umherschwirrende Hornissen aus Blei. Lister war beileibe kein Kind von Traurigkeit und teilte seinerseits aus. Letztlich konnten ihm die Männer trotz ihrer Überzahl kein Paroli bieten, allerdings bot sich eine Flucht aus der Stadt aus naheliegenden Gründen an.

Die Nacht war sternenklar, nur vereinzelte Wolken zogen über den Nachthimmel. Lister blickte gerade zur Himmelskuppel, als sich eine Wolke vor den Mond schob. Fjodor, dachte er. Es war der kleinere der Trabanten, der einen leicht rötlichen Schimmer hatte. Sein Großvater hatte ihm erzählt, dass dieses Rot vom rötlichen Gestein Fjodors resultierte. Lister fragte sich noch heute, woher sein Großvater das Wissen darüber hergenommen hatte.

Der Blick des einsamen Cowboys glitt weiter über den Himmel. Er betrachtete die unterschiedlichen Sternbilder: Vase, Seeschlange, Hektor und Reiter. Alle waren sie an ihren vertrauten Plätzen, so wie immer. Das beruhigte ihn. Zufrieden nahm er noch einen Schluck Kaffee und genoss den beinahe sternenklaren Himmel.

Da knackte plötzlich ein Ast. In der Stille der Nacht glich es der Detonation einer Dynamitstange.

Lister explodierte förmlich. Schnell entledigte sich der große Mann der schweren Decke, stieß sich vom Boden ab und rollte sich aus dem zuckenden Feuerschein hinweg in die Schwärze der Nacht. Keinen Moment zu spät, denn ein Revolver brüllte auf. Die Kugel schlug dort ein, wo er gerade noch gesessen hatte. Listers Rechte zuckte zur Hüfte, und er zog seinen Colt. Sofort nahm er die Stelle unter Beschuss, an der er Mündungsfeuer gesehen hatte. Mit der kaltblütigen Gelassenheit eines geübten Schießers fächerte er über den Abzug und gab fünf Schüsse ab.

Wenn er getroffen hatte, gab der Angreifer keinen Laut von sich. Listers Augen waren an die Dunkelheit gewöhnt, trotzdem sah er seinen Gegner nicht. Er war aber da, hatte wohl blitzschnell nach dem ersten Schuss seine Position gewechselt. Instinktiv wusste Lister, was der andere vorhatte und ließ sich flach auf den Boden fallen.

Wieder entging Lister nur knapp einem Treffer, als der Angreifer erneut das Feuer eröffnete. Der Halsabschneider hatte ihn sich zurechtgelegt, um ihn wie einen tollwütigen Köter aus der Distanz erschießen zu können.

Dieses Mal war Lister gewarnt und rechnete mit einem weiteren Positionswechsel. Da sich links von seinem Gegner ein paar hohe Büsche befanden, musste der nach rechts ausweichen. Lister kam flink auf die Füße und huschte geduckt weiter, um eine bessere Schussposition zu bekommen.

Irritiert zögerte der Heckenschütze, denn sein Ziel befand sich nicht dort, wo er es vermutet hatte.

Lässig hob Lister seinen Colt, zielte und drückte ab. Unmittelbar darauf waren Schmerzensschreie zu hören. Zufrieden zog er sein Messer. Die Trommel des Revolvers war bis auf die letzte Patrone aufgebraucht. Vorsichtig näherte sich Lister dem Verwundeten. Der stand da, hielt sich nur mit viel Mühe noch auf Beinen.

»Verschwinde!«, zischte er Lister entgegen.

»Nicht so voreilig«; entgegnete Lister und schlug ihm den Revolver aus der Hand. »Den brauchst du jetzt nicht mehr!«

Ohne ein weiteres Wort stürzte der Angreifer zu Boden. Rasch tastete der Cowboy nach dem Puls des anderen und zog seine Hand zurück. Da war nichts mehr zu machen. Lister wuchtete sich den leblosen Körper über die Schultern und schleppte ihn zurück zum Feuer. Achtlos ließ er den Toten in den Staub fallen.

Er betrachtete das hagere Gesicht im Feuerschein. Pockige Aknenarben, Backenbart und eine schiefe Nase. Lister hatte den Mann nie zuvor gesehen, also ging es hier um Geld, nichts Persönliches. Neben dem Colt hatte der Unbekannte noch eine kleinere Taschenpistole bei sich, die er jetzt ebenfalls an sich nahm. Außerdem fand er zwei Goldmünzen in den Manteltaschen und ein gefaltetes Stück Papier.

Neugierig entfaltet er das Schriftstück, und der Feuerschein erweckte es auf gespenstische Weise zum Leben. Enttäuscht erkannte er, dass es bloß ein Steckbrief auf seinen Namen war. A.S. Lister, bewaffnet und gefährlich, las er. Schwerer Raub, Banküberfall und Betrug. Das Kopfgeld war auf zwanzigtausend Goldpesos angestiegen, egal ob tot oder lebendig.

Nicht schlecht. Der große Cowboy musste lachen. Natürlich stammte das Kopfgeld von der Lejano Company, dem Transportunternehmen, dessen Eisenbahnen und Kutschen er oft überfallen hatte. So einfach würden sie ihn nicht erwischen. Da mussten sie schon mehr springen lassen oder einen ihrer Spezialagenten auf ihn hetzen, keine dahergelaufenen Prügelknaben.

Zu Sonnenaufgang würde er nach Jerome aufbrechen. Die Stadt verfügte über einen Bahnhof, und damit würde er morgen schon Hunderte Meilen weit weg von diesem Ort sein. Die Mühen der Lejano Company würden wohl mal wieder umsonst sein. Aber bis dahin würde er sich noch ein wenig Schlaf gönnen. Ein zweiter Häscher war eher unwahrscheinlich, den hätte er schon bemerkt.

Irgendetwas war schiefgelaufen, denn sie befanden sich weiterhin in der fremden Welt. Das transparente Geistwesen am Leitstand des Geisterzugs hatte wahrscheinlich den Nagel auf den Kopf getroffen, vermutete Zamorra. Nicole, Ryan und er besaßen zwar gültige Fahrscheine, störten allerdings das empfindliche Gleichgewicht der Transferdimension und machten eine Rückkehr unmöglich.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Ryan Melville.

Bevor Zamorra oder Nicole ihm antworten konnten, kam ihnen der Heizer zuvor. Er schippte eine weitere Schaufel Kohlen ins Feuer und schüttelte den Kopf. »Ihr könntet euch gegenseitig 'ne Kugel in den Schädel jagen, das würde unser Problem lösen.«

»Der Ansatz erschient mir persönlich wenig attraktiv«, entgegnete der Parapsychologe ruhig.

Der Geisterzug ratterte mit unverminderter Geschwindigkeit über die Schienen.

»Gibt es in dieser Welt nichts als einen unendlichen Schienenstrang?«, stöhnte Nicole.

Der Lokführer warf der jungen Frau einen Seitenblick zu. »Vertun Sie sich da nur nicht, Lady. Diese Welt ist voller heruntergekommener Städte, Halsabschneider und Halunken.«

Die aparte Französin wollte gerade nachfragen, woher der Lokomotivführer sein Wissen nahm, doch dazu kam sie nicht mehr.

»Pass auf, Jim. Da steht wer auf dem Gleis!«

Die Worte des Heizers führten...

Erscheint lt. Verlag 20.6.2023
Reihe/Serie Professor Zamorra
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • Deutsch • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7517-5471-7 / 3751754717
ISBN-13 978-3-7517-5471-2 / 9783751754712
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