Der Bergdoktor 2185 (eBook)

Bereit zu vergeben
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5056-1 (ISBN)

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Der Bergdoktor 2185 - Andreas Kufsteiner
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Der einundvierzigjährigen Guggi Reiter werden die Augen feucht, als sie zum ersten Mal seit dreiundzwanzig Jahren das ihr so vertraute St. Christoph erblickt. Als junges Madel hat sie hier einst auf dem Dannerhof als Magd gearbeitet und sich dabei unsterblich in den feschen Hoferben Lois verliebt. Es schien, als könnten sie nie mehr ohne einander sein. Aber dann kam alles anders. Verzweifelt und blind vor Kummer ist Guggi damals bei Nacht und Neben davongelaufen und hat das idyllische Bergdorf hinter sich gelassen. Jetzt, zwei Jahrzehnte später, hat etwas sie hierher zurückgetrieben.
Als sie ihre Blicke schweifen lässt, ist es ihr, als hätten die Jahre nichts verändert, als hätte die Zeit an diesem Fleckerl Erde stillgestanden. Mit klopfendem Herzen sucht sie den Dannerhof auf, um zu sehen, was aus den Bewohnern geworden ist. Aber was sie hier erfährt, lässt ihr den Schreck in die Glieder fahren, und zugleich stürmen die alten Erinnerungen an ihre große Liebe wieder auf sie ein.
Für Guggi und auch einen anderen Menschen in St. Christoph ist es an der Zeit, sich der Vergangenheit zu stellen. Der Liebe und dem Leiden. Und der Hoffnung auf Vergebung ...


Bereit zu vergeben

Zwei Menschen wollen ihre Fehler wiedergutmachen

Von Andreas Kufsteiner

Der einundvierzigjährigen Guggi Reiter werden die Augen feucht, als sie zum ersten Mal seit dreiundzwanzig Jahren das ihr so vertraute St. Christoph erblickt. Als junges Madel hat sie hier einst auf dem Dannerhof als Magd gearbeitet und sich dabei unsterblich in den feschen Hoferben Lois verliebt. Es schien, als könnten sie nie mehr ohne einander sein. Aber dann kam alles anders. Verzweifelt und blind vor Kummer ist Guggi damals bei Nacht und Nebel davongelaufen und hat das idyllische Bergdorf hinter sich gelassen. Jetzt, zwei Jahrzehnte später, hat etwas sie hierher zurückgetrieben.

Als sie ihre Blicke schweifen lässt, ist es ihr, als hätten die Jahre nichts verändert, als hätte die Zeit an diesem Fleckerl Erde stillgestanden. Mit klopfendem Herzen sucht sie den Dannerhof auf, um zu sehen, was aus den Bewohnern geworden ist. Aber was sie hier erfährt, lässt ihr den Schreck in die Glieder fahren, und zugleich stürmen die alten Erinnerungen an ihre große Liebe wieder auf sie ein.

Für Guggi und auch einen anderen Menschen in St. Christoph ist es an der Zeit, sich der Vergangenheit zu stellen. Der Liebe und dem Leiden. Und der Hoffnung auf Vergebung ...

»Herr Doktor, jetzt verraten Sie mir doch endlich, was mit mir los ist«, bat Guggi Reiter ihren Hausarzt.

Sie befanden sich im Sprechzimmer der Arztpraxis in einem kleinen Ort in Niederösterreich. Durchs Fenster sah man den Brunnen auf dem Marktplatz und dahinter den Eingang zum Friedhof neben der Pfarrkirche. Sowohl dem Arzt als auch seiner Patientin waren diese Anblicke vertraut.

Dr. Loibl kannte Guggi seit mehr als einundzwanzig Jahren und ihre Stiefsöhne sogar noch länger: den David und den Jakob, beides Söhne aus der ersten Ehe ihres Mannes Hermann, Gott hab ihn selig.

Der Hausarzt betrachtete Guggi prüfend durch seine Brille.

»Sie fühlen sich in letzter Zeit also ständig niedergeschlagen und erschöpft, Frau Reiter.« Er warf einen kurzen Blick auf die Notizen am Computerbildschirm. »Mutlos. Schlapp. Melancholisch, könnte man sagen.«

Bang nickte Guggi. Es würde doch, um Gottes willen, nichts Schlimmes sein?

Die Kinder könnten es net ertragen, wenn mir auch noch was passiert, dachte sie.

Dr. Loibl warf einen weiteren Blick auf den Computer, Guggi einen durchs Fenster zum Friedhofseingang. Fast ein halbes Jahr war es nun her, dass sich ihr Hermann eines Abends in seinem Fernsehsessel niedergelassen hatte.

»Was spielen sie denn heut' wieder für einen Schmarren?«, hatte er gegrummelt. Und dann nichts mehr. Sie hatte zuerst gedacht, er wäre bloß eingenickt.

Dr. Loibls Stimme schnitt durch ihre Erinnerung.

»Wenn Sie mich fragen, Frau Reiter, klingt das alles nach einer depressiven Verstimmung.«

Guggi erschrak. »Depressionen? Herr Doktor, das kann net sein!«

»Von Depressionen habe ich nichts gesagt.« Der rundliche Hausarzt bedachte sie mit einem strengen Blick. »Eine depressive Verstimmung geht meistens vorüber – sofern man auf sich achtet. Sie könnte sich freilich auch zu einer Depression auswachsen«, warnte er im selben Atemzug.

Bloß das nicht!

»Dafür hab ich keine Zeit, Herr Doktor«, entfuhr es ihr. Im nächsten Moment senkte sie schuldbewusst den Kopf. »Für Depressionen, mein' ich. Wenn Sie das sagen, glaub ich es natürlich. Aber wie sollt ich denn besser auf mich achten? Mei, es gibt halt so viel zu tun. Die Arbeit. Die Kinder. Und die Enkerl. Ich weiß oft gar nimmer, wo mir der Kopf steht.«

»Ausgefüllte Tage zu haben und gebraucht zu werden, das ist nichts Schlechtes«, versicherte ihr der Arzt. »Es sollte aber auch nicht alles sein. Eine gesunde Ernährung, viel Sport oder wenigstens Spaziergänge an der frischen Luft ...« Er unterbrach sich. Sein Blick wurde mitfühlend. »Seien Sie ehrlich, Frau Reiter: Wann haben Sie das letzte Mal etwas nur für sich getan, nicht für andere?«

Die unverblümte Frage ließ Guggi stocken. Worin bestand denn ihr Alltag? Zuerst einmal natürlich in der Arbeit an der Supermarktkasse. Darin, für den David und die beiden Enkelsöhne zu kochen. Und dem Jakob die Wohnung sauber zu halten, weil er das schleifen ließ, sobald ihm keiner dabei half. Und der Melanie gut zuzureden, wenn sich ihr letzter Schwarm auch wieder nicht als der Richtige erwiesen hatte. Sie blickte in Dr. Loibls Augen und wusste keine Antwort.

Er lächelte und beugte sich vertraulich über seinen Schreibtisch.

»Erfüll dir einen Wunsch, Guggi«, sagte er und nannte sie dabei plötzlich beim Vornamen. »Etwas, von dem du schon lange geträumt hast. Das ist mein ärztlicher Rat.«

Einen Wunsch? Alle von Guggis Wünschen hatten sich stets um die Familie gedreht. Dass Hermanns Firma ihn nicht so wie andere ältere Mitarbeiter auf die Straße setzen würde. Dass sie die Wohnung abbezahlen könnten, um den Kindern bloß keine Schulden zu hinterlassen. Dass Jakob und Melanie ihre Studien erfolgreich abschließen, dass alle drei eine gute Anstellung finden würden. Partner, die ihnen auf Augenhöhe begegneten. Und ein Zuhause, in dem sie sich wohlfühlten. Mehr konnte keiner vom Leben verlangen.

Unter Dr. Loibls erwartungsvoller Musterung schluckte sie heftig.

»Ich war schon länger nimmer im Theater«, erwiderte sie etwas ratlos. »Oder ... oder im Konzert? Der Kirchenchor gibt im August eines. Die Nachbarin hat mich eh schon drei Mal gefragt, ob ich net Karten dafür kaufen möcht.«

Ihr Hausarzt drohte ihr scherzhaft mit dem erhobenen Zeigefinger, doch seine Stimme klang ernst, als er antwortete.

»Nimm dir Zeit für dich selbst, Guggi. Nicht für etwas, zu dem dich deine Nachbarin drängt. Auch nicht nur ein oder zwei Stunden. Eher ein oder zwei Wochen! Fahr weg. Gönn dir Urlaub vom Alltag, von deinen vielen Pflichten.«

Entgeistert starrte ihn Guggi an. Eine Woche oder zwei! Was würde der David sagen? Was die Schwiegertochter?

»Ja, wo sollt ich denn hin?«, rief sie aus.

»Irgendwohin, wo es Möglichkeiten für Spaziergänge und gesundes Essen gibt«, lautete die knappe Antwort. Dr. Loibl entließ sie mit einer Krankschreibung und der neuerlichen Ermahnung, auf sich zu achten. »Sonst reden wir von Medikamenten«, warnte er.

Guggi wurde blass. Sie hatte das Tablettenschlucken schon als Madel verabscheut, und auch mit einundvierzig kostete es sie noch viel Überwindung.

Bedrückt trat sie vor die Tür der Praxis. Ein Blick zur Kirchturmuhr verriet ihr, dass es Viertel nach elf war. In ungefähr einer halben Stunde kämen die Buben aus der Schule. Dann sollte drüben beim David das Mittagsmahl auf dem Tisch stehen. Guggi aß nicht mit der Familie, in der Wohnung war dafür zu wenig Platz. Aber sie kochte, weil die Zwillinge jammerten, wenn es nicht wie bei der Oma schmeckte. Die Schwiegertochter hörte so etwas nicht gern. Verständlich.

Die Fleischlaiberl und Erdäpfel für heute waren schon vorgekocht, sie brauchte nur mehr das Püree zu stampfen. Trotzdem schlug Guggi, statt nach Hause zu eilen, den Weg zum Friedhof ein. Vor dem Eingang blieb sie stehen. Erst gestern hatte sie ihrem Hermann ein frisches Blumenstöckerl ans Grab gebracht. Wenn man sie heute schon wieder dort sähe, würden die anderen Witwen höchstens über sie tratschen.

Ratlos starrte sie zum Kirchturm und der mächtigen Eiche, die sich daneben an der Mauer erhob. Dr. Loibls Worte hallten in ihrem Kopf nach.

»Fahr weg. Gönn dir Urlaub vom Alltag, von deinen vielen Pflichten.«

Allmächtiger! Wo sollt ich denn hin?

Im Schaukasten neben dem Eingang war ein Ausflug angeschlagen. Eine Wallfahrt nach Mariazell, aber erst im September. So lange würde Dr. Loibl mit seinen Tabletten womöglich nicht warten. Die Wallfahrt dauerte auch nur drei Tage.

Eine Woche oder gar zwei! Selbst wenn ihr der Supermarkt so lange freigäbe, wer bitte sollte für die Buben kochen? Wer dafür sorgen, dass Jakob in seiner Wohnung regelmäßig lüftete und den Kühlschrank ausräumte? Wer sich Melanies Liebeskummer anhören?

Sie malte sich aus, was ihr Hermann zu diesem Ansinnen gesagt hätte. Wahrscheinlich so etwas wie »Mach eine Kreuzfahrt« oder »Flieg nach Paris«. Und dann hätte er sie angelacht, weil er wusste, dass sie Angst vorm Fliegen hatte, leicht seekrank wurde und nur ein paar Worte Französisch sprach.

Einige Male waren sie zusammen ans Meer gefahren. Hauptsächlich der Kinder wegen. Es war auch ganz nett gewesen. Bis auf die Quallen. Und den vielen Sand, der überall hineingeraten war.

»Eine Almwiese wär dir lieber, gell, Mama?«, hatte Melanie, ihre Jüngste, gescherzt.

Eine Almwiese! Die Erinnerung blieb in Guggi hängen. Wieder schweifte ihr Blick nach oben. Über den Kirchturm hinaus. Dahinter erhob sich weit und breit nirgendwo ein Gipfel. Die höchste Erhebung im Bezirk lag ja auch keine fünfhundert Meter über dem Meeresspiegel, das wusste Guggi. Sie hatte jedes ihrer drei Kinder für die Schule darüber...

Erscheint lt. Verlag 13.6.2023
Reihe/Serie Der Bergdoktor
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-7517-5056-8 / 3751750568
ISBN-13 978-3-7517-5056-1 / 9783751750561
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