Spartacus 73 v. Chr. (eBook)
280 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-3461-6 (ISBN)
Adrian Franklin ist ein Künstlername, vom Autor gewählt, um sich beim Schreiben, leichter, von vorherigen Werken zu lösen.
1. Kapitel
Thrakien
Die dritte Stunde nach Sonnenuntergang. Warmer Nebel, vom Mond beschienen, liegt auf dem Tal, das Schlachtfeld bedeckend.
Am frühen Abend waren beide Heere in einer hochgelegenen, baumlosen Ebene aufeinandergetroffen, zehntausend Thraker gegen dreißigtausend Römer. Der Kampf dauerte nur wenige Stunden. Das thrakische Heer kämpfte mit wechselnden Fronten, sich immer wieder zurückziehend, um nicht eingeschlossen zu werden. Schließlich brach ihr Widerstand zusammen. Einem geringen Teil gelang die Flucht, etwa Tausend wurden gefangen, der Rest liegt tot oder sterbend im Tal.
Auf einem Hügel steht eine Gruppe von Reitern, unter ihnen der Tribun Marcus Glabrus. Man hatte ihn zur Südgrenze Makedoniens gesandt, um dann in Thrakien einzufallen, so wie vor zwei Jahren, als er über den thrakischen Stamm der Maider siegte. Das Gebiet der Maider wurde eingegliedert, in die römische Provinz Makedonien. Doch die Thraker begehrten auf, wollten sich nicht abfinden mit der Unterwerfung ihres Gebietes. So wurde Glabrus erneut beordert für ›Ordnung‹ zu sorgen. Fürs Erste ist ihm dies gelungen, vorläufig wird es hier keine weiteren Unruhen mehr geben. Er gibt seinem Pferd einen leichten Stoß mit den Fersen, widerwillig setzt sich das Tier in Bewegung. Die Gruppe reitet auf eines der Lager zu, die von den Römern in der Nähe des Schlachtfeldes aufgeschlagen wurden.
Glabrus ist verwundet und seine Befehlshaber drängen ihn, sich versorgen zu lassen, aber er will nicht, denn er weiß, wonach die Legionäre lechzen. Dann hört er es, das Geschrei von Frauen und Kindern.
So ist es immer nach der Schlacht. Dort, wo er in der Nähe ist, halten sie sich zurück, also bleibt er in Bewegung, lässt das Pferd im Trab durch die Menge reiten. Ein paar Stunden noch, so hofft er, dann werden sie genug getrunken haben, müde sein und die Zelte aufsuchen.
Es gibt zwar ein Gesetz, das vorschreibt die Überlebenden möglichst schonend zu behandeln, denn sie werden in die Sklaverei verkauft und Rom braucht das Geld, aber er weiß, dass er es sich trotzdem kaum erlauben kann Strafen zu verhängen. Gefolgschaft, Kampfmoral des Heeres, wären vergiftet und schwer zurück zu gewinnen.
Auch unter seinen Centurionen gibt es viele Befürworter dieser Übergriffe und die Legionäre verstehen es als Teil der Abmachung, für die Bereitschaft das Leben zu riskieren, bei den Besiegten auf Raub auszugehen. Alles zu rauben, zu gebrauchen, zu benutzen, was das Leben, das Dasein, wieder lebendig macht, Frauen inbegriffen.
Jemand ruft nach ihm, eine Stimme, die ihm vertraut ist: »Tribun«, er blickt suchend um sich und erkennt die silhouettenhafte Gestalt eines Reiters, der auf ihn zukommt.
»Ja, ich bin es«, antwortet er laut. Als sich beide schon sehr nahe sind, erkennt er einen seiner Centurionen.
»Tribun.«
»Centurio.«
»Im Lager, ein Stück die Straße hinunter, fangen sie an die Gefangenen zu foltern. Du solltest besser mitkommen.«
Schon beim Heranreiten können sie den Lärm hören. Wellen aus jauchzendem Geheul laufen durch das Lager. Sich labend am Gefühl des Sieges, folgen sie der Gier, den Barbaren einzuschärfen, mit wem sie es zu tun haben, sie zu strafen, sich gegen Rom erhoben zu haben. Ein Laut, ein Schrei, sticht aus dem Getöse heraus, nicht sofort als menschlich zu erkennen. Doch dann, in schrillen, hohen Oktaven, zweifellos einer der Gefangenen. Glabrus blickt starr in die Mitte des Kreises, noch ein paar Schritte, dann sieht er, was er bereits angenommen hat. Ein geschwollener Rücken, aufgequollen wie ein gequetschter Pfirsich, die Haut zerfetzt.
Der Mann wird ohnmächtig. Wasser wird über den bluttriefenden Körper gegossen. Die Menge kreischt und feuert die Peiniger an weiterzumachen. Diese haben auch nicht vor, das Schauspiel zu beenden, nur eben noch die Strähnen der Peitschen voneinander lösen, da sie etwas verklebt sind, und schon fliegen die knotigen Riemen wieder auf das Opfer.
Doch das Getöse legt sich, allmählich. Marcus Glabrus hat den Kreis betreten, nicht alle haben es sofort bemerkt. »Bindet den Mann los«, sagt er mit eingefrorenem Gesicht, »und lasst ihn verbinden. Setzt die anderen auf die Wagen, kettet sie dort an und verdoppelt die Wachmannschaften. Centurio!« Der Angesprochene macht sich daran, den Befehl auszuführen.
»Wer auch nur versucht, den Gefangenen nahezukommen«, wendet sich Glabrus wieder an die Menge, »werde ich persönlich züchtigen!«
Ein tiefes Raunen geht durch die Runde. »Unter Sulla hätte es so etwas nicht gegeben«, sagt einer der Umstehenden.
»Tritt vor Soldat, damit ich dich sehen kann!« Der Gefragte tritt langsam aus der Menge hervor.
»Sag mir deinen Namen!«, kalt blickt Glabrus in die Augen.
»Ich bin Severus Verulanus, Sohn des Vettius Verulanus, aus Capua.«
Glabrus zögert. Capua, wenn die Verachtung von Sklaven einen Namen hat, dann Capua. In keiner anderen Stadt ist Sklavenhaltung so verbreitet wie dort. Die Ausbildung von
Gladiatoren ist zum Perfektionismus mutiert, die Schule des Lentulus Batiatus im ganzen Reich bekannt.
»Es ist mir gleich, was Sulla getan hätte«, erwidert Glabrus scharf. »Er ist nicht hier, aber ich bin es. Die Gefangenen sind römisches Eigentum und entsprechend zu behandeln!«
Glabrus blickt um sich, dann wieder an Severus gewandt: »Geh mir aus den Augen.«
Er lässt den Blick über die Menge schweifen, suchend, ob noch jemand gewillt ist, mit ihm anzubändeln, doch keiner wagt es. Er verlässt den Kreis, zusammen mit seinen Centurios. »Lasst sie weiter sich besaufen. Noch etwa eine Stunde, dann werden sie wohl Ruhe geben. Wenn es Ärger gibt, lasst einige von ihnen festnehmen.«
»Ja Tribun.«
Glabrus steigt wieder auf sein Pferd und lässt es langsam neben den anderen hertrotten. Wieso hab ich mich wieder wieder überreden lassen?, fragt er sich. Diese Kriege, wie Rom sie jetzt führt, führen kann, sind ihm zuwider. Und dann Sulla, mit ihm hatte es begonnen. Seit der Plünderung Athens gehört dieser ›Ausgleich‹, wie manche es zynisch nennen, dazu. Nein,
es war keine Plünderung, sondern ein Gemetzel. Es war einer der ersten Kriege Roms mit einem stehenden Heer, ein Jahr belagerten sie die Stadt. Vergehen wider die Disziplin wurden drakonisch bestraft und der Riss zwischen Sulla, dem
Feldherren, und seinen Legionen unvermeidbar. Doch er brauchte sie, wenn er sich in Rom halten wollte – so ließ er die Zügel fahren, als die Athener sich ergaben, und wie Vieh brachen die Legionäre über die Stadt herein, sie mordeten, folterten und vergewaltigten. Knapp war er damals dem Tod entronnen, da er versucht hatte, Sulla davon abzuhalten.
Glabrus nimmt seinen Dolch und drückt ihn auf die Stirn. Wieso nur befällt mich immer dieses Fieber, wenn ich verwundet werde. Verfluchte Mariusverehrer, sobald ich wieder in Rom bin, lege ich den Kriegstribun ab. Ich habe genug, sollen sie einen aus seinem Anhang nehmen.
Zur Mittagszeit des nächsten Tages gibt er Befehl zum Aufbruch. Nach etwa einer Stunde setzt sich das Heer in Bewegung.
Tag für Tag schleppt sich der Tross durch die Landschaft. Der Boden ist oft so aufgeweicht, dass sie bis über die Knöchel im Schlamm versinken. Immer wieder müssen Brücken gebaut werden, immer wieder zerfällt das Heer in mehrere Teile und findet erst am Abend beim Aufschlagen des Lagers wieder zusammen.
Endlich, nach über zwei Monaten, haben sie die Po-Ebene erreicht. Hier, auf den befestigten Straßen Italiens, kommen sie schneller voran. In etwa drei Wochen, so hofft Glabrus, werden sie in Rom sein.
Als sie nur noch wenige Tagesmärsche von Rom entfernt sind, nähert sich ihnen eine Gruppe von Männern auf zweirädrigen Streitwagen.
Glabrus, an der Spitze des Heeres, ahnt, wer ihm dort entgegen kommt. Es ist Lentulus Batiatus, Leiter der Gladiatorenschule in Capua. Das Erscheinen dieser Kreaturen ist ihm zuwider, aber Aufwartungen wie diese lassen sich kaum vermeiden. Gladiatorenspiele werden immer beliebter und der Bedarf der Lanista an neuen, kräftigen Männern, kann kaum gedeckt werden. Kriegsgefangene sind besonders begehrt, denn der Umgang mit Waffen ist ihnen vertraut und die Lanista können sie schon nach kurzer Zeit an den Spielen teilnehmen lassen.
»Heil dir Marcus Glabrus, dein Ruhm eilt dir voraus. Ich hörte schon, dass du siegreich warst.«
Glabrus erwidert den Gruß mit einem leichten Nicken. Batiatus weiß um sein Ansehen und erwartet keine Erwiderung. Doch für sein Vorhaben scheint es ihm geboten, die für seinen Stand angemessenen Schmeicheleien hervorzubringen. »Wenn du erlaubst, möchte ich dir gern meine Aufwartung machen. Feinste Seide …«
»Die Gefangenen werden in Rom verkauft«, antwortet Glabrus trocken, den Blick nach vorn, auf den Horizont gerichtet.
Nicht zu ändern, denkt Batiatus, grüßt den Tribun noch einmal und fährt weiter entlang der Menschenkette....
Erscheint lt. Verlag | 3.4.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
ISBN-10 | 3-7578-3461-5 / 3757834615 |
ISBN-13 | 978-3-7578-3461-6 / 9783757834616 |
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