Tief unterm Grab (eBook)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
283 Seiten
Empire-Verlag
978-3-7579-3182-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tief unterm Grab -  Ariana Lambert
Systemvoraussetzungen
3,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Ein Grab. Eine Ermittlerin. Ein zwölf Jahre alter Fall.
Auf der irischen Halbinsel Beara legt der Regen die Leiche eines Mannes frei. Was seine Bergung offenbart, ist an Grausamkeit nicht zu überbieten: Zahlreiche Säuglinge wurden dort vor Jahren verscharrt. Die irische Polizei steht vor einem Rätsel.
Die Familie des Toten hüllt sich in geheimnisvolles Schweigen. Nur gegenüber der Berliner Anwältin Anna Schwarz wollen sie aussagen. Doch Anna hat sich geschworen, nie wieder einen Fuß auf die grüne Insel zu setzen.
Kann Anna bei der Lösung des Rätsels um den Toten helfen?
Und kann sie sich den Schatten ihrer eigenen Vergangenheit stellen, die die grüne Insel für sie bereithält?
Bei 'Tief unterm Grab' handelt es sich um eine Neuauflage von 'Die Kinder von Beara'.

Ariana Lambert hängte ihre Robe nach zwölf Jahren als Strafverteidigerin an den Nagel. Dennoch bleibt sie dem Verbrechen treu und schreibt heute Krimis und Thriller. Sie lebt in ihrer Lieblingsstadt Dublin und im Sommer in ihrer Heimat im Spreewald.

Ariana Lambert hängte ihre Robe nach zwölf Jahren als Strafverteidigerin an den Nagel. Dennoch bleibt sie dem Verbrechen treu und schreibt heute Krimis und Thriller. Sie lebt in ihrer Lieblingsstadt Dublin und im Sommer in ihrer Heimat im Spreewald.

1


 

Gegen den seit Tagen andauernden Regen hatten sie eine Plane über das Areal gespannt. Dennoch mussten sie sich beeilen, die sterblichen Überreste zu sichern. In stetig ansteigenden Bächlein breitete sich das ohne Unterlass vom Himmel herabfallende Wasser um die Gräber aus.

Mit hinter dem Rücken verschränkten Armen betrachtete Jon Johnson das Gewusel der zahlreichen Helfer, die wie Ameisen in ihrem Staat geschäftig und emsig umhereilten und keinerlei Notiz von ihm nahmen.

Er konnte sie nicht auseinanderhalten; ein jeder von ihnen steckte in einem malertypischen weißen Plastikanzug, um keine eigenen Spuren am Tatort zu hinterlassen.

In dieser Position spannten die Verschlüsse der Regenjacke über seinem beachtlichen Bauchumfang und einige der Knöpfe drohten, der Spannung nachgeben zu wollen. Er beachtete es nicht. Die Jacke hatte ohnehin schon lange den Kampf gegen die Wassermassen aufgegeben. Er spürte, wie kleine Rinnsale seinen Rücken hinabliefen. In regelmäßigen Abständen wischte er über seine Brillengläser, um das Geschehen vor sich nicht nur verschwommen wahrzunehmen. Überraschenderweise steckten seine Füße nach wie vor in trockenen Schuhen. Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis der Regen sich auch dorthin vorarbeiten würde.

Er musste hier weg.

Er wollte weg.

Zurück in sein Büro. Ins Trockene.

Zurück nach Dublin.

Wieso hatten sie den schrecklichen Fund auch gerade jetzt machen müssen? Er wollte nur an der Verhandlung am Circuit Court in Tralee teilnehmen. Danach sollte es gleich wieder nach Dublin gehen.

Doch durchkreuzte der Leichenfund gestern Abend seine Pläne, denn man war froh, einen Staatsanwalt vor Ort zu haben, der die Bergung überwachen und die ersten Ermittlungen mit nach Dublin nehmen konnte.

 

Anfangs war es nur ein Toter gewesen. Ein gewöhnlicher Leichenfund. In den Wäldern auf der Halbinsel Beara, ganz weit im Westen und unendlich weit entfernt von Dublin. Nachlässig vergraben und von einem Spaziergänger entdeckt. Ein Klassiker.

Einzig die in der Nähe stehenden Monolithen verliehen dem Geschehen etwas Unheimliches. Alte, jahrtausendealte Felssteine der Kelten. Ordentlich in einem Kreis aufgestellt, von Moos bedeckt und teilweise eingewachsen. Doch gab es solche und ähnliche Steinkreise hier viele.

Die Frage war, ob die Wahl des Grabes zufällig war oder eine tiefere Bedeutung hatte.

Dafür müssten sie erst herausfinden, wer der Tote war.

Männlich, zwischen fünfzig und sechzig Jahre alt, Todesursache nicht natürlich. Es fanden sich zahlreiche Hämatome an den Hand- und Fußgelenken, die den Rückschluss zuließen, dass er gefesselt worden war und sich nicht wenig gewehrt hatte. Am auffälligsten jedoch waren die Strangulationsmale am Hals, die ganz sicher zum Tod geführt hatten.

Nicht schön, aber nichts, was Johnson den Schlaf geraubt hätte.

Dachte er.

Es kam leider anders.

Kaum hatten sie gestern Abend die Leiche freigelegt und geborgen, fand einer der Gardaì, der nur noch zum Aufräumen abgestellt war, weitere menschliche Überreste. Überreste, die ganz sicher nicht zu dem Toten gehörten. Dieser lag nach Aussage der Rechtsmedizinerin noch nicht lange dort, allenfalls ein paar Tage. Was sie dort jedoch fanden, war älter. Viel älter. Sie hatten Knochen gefunden.

Menschliche Knochen.

Kleine Knochen.

Knochen von Kindern.

Von Babys.

Viele Knochen.

Viele Babys.

Da standen sie nun bis heute. Legten ein Skelett nach dem anderen frei. Über ihnen das riesige weiße Zelt.

Johnson hatte einmal ein solches Zelt in seinem Garten aufgebaut. Zur Kommunionfeier seiner ältesten Tochter, um die zahlreichen Gäste unterbringen zu können. Lange war das her. Seine Töchter waren schon seit Jahren aus dem Haus, lebten ihr eigenes Leben, feierten ihre eigenen Feste. Das Häuschen von damals war verkauft, er wollte sich heute besseres leisten, konnte sich besseres leisten. Er wohnte nun in einem schmucken, für Dublin typischen, viktorianischen Reihenhaus. Mitten in der City, in der Leeson Street. Allein der Kauf hatte ihn einige Jahresgehälter gekostet, die aufwendigen Renovierungsarbeiten ein weiteres. Doch es hatte sich gelohnt. Er liebte sein großes Wohnzimmer mit dem dunkelgrünen Chesterfield-Sofa, die hohen Bücherregale aus dunkelbraunem Rosenholz und den an einen Wintergarten erinnernden Anbau, in dem sich die geräumige Küche befand. Nach langen Arbeitstagen genoss er den Garten, der mit den akkurat angelegten Beeten und in Form geschnittenen Buxbäumchen auch zu einem edlen Hotel gehören könnte. Selbst die auffällige hellrote Eingangstür mit dem übergroßen Löwenkopf als Türklopfer wurde nicht selten zum Motiv der fleißig knipsenden Touristen in der Dubliner City. Er konnte stolz sein. Sein Haus war ein echter Hingucker.

Er hatte es zu was gebracht, wenn man so wollte. Dank seiner Ambitionen und seines Fleißes war er die Karriereleiter aufgestiegen. Es fehlte nur noch ein Sprung bis zum Chief Prosecution Solicitor bei der Staatsanwaltschaft Dublin. Und den würde er auch noch schaffen.

Leidige Angelegenheiten, wie die Überwachung eines brisanten Leichenfundes, gehörten manchmal einfach dazu. Es war immer Teil seiner Karrieretaktik gewesen, sich nicht zu beschweren, sondern einfach loszulegen. Noch nie hatte er sich davor gescheut, sich die Hände schmutzig zu machen. Gleiches erwartete er auch von seinen Mitarbeitern und Mitmenschen. Nicht jeder Begleiter in seinem Leben hatte damit Schritt halten können. Seine Frau war schon lange fort, und seine Sekretärin bibberte förmlich vor Angst, sobald er ihr Büro betrat.

Áine Nic Aodha, die Rechtsmedizinerin, kam auf ihn zu und unterbrach seine Gedanken. Sie steckte ebenfalls in einem der Maleranzüge, der nur ihr Gesicht freigab. Dieses war trotz der Plane wie seines nass vom nicht enden wollenden Regen.

»Ich denke, wir haben alle. Es sieht nach fünf Leichen aus. Fünf Kinderleichen. Klein. Sehr klein. Säuglinge. Dem Stand der Verwesung nach zu urteilen, liegen sie seit etwa zehn Jahren hier. Vielleicht auch länger. Näheres wird die Untersuchung zeigen.«

»Kinder? Kinderleichen? Sie glauben doch nicht etwa …?« Sämtliche Farbe wich aus Johnsons Gesicht.

»Was? Was soll ich glauben?«

»Na ja, Sie wissen schon …« Ein unbeschreibliches Grauen beschlich ihn.

»Ach was. Wir sind nicht in Tuam, Johnson.« Mit einer wedelnden Geste und rollenden Augen drehte sie sich um, ging zu einem Campingtisch, der am Rande des Zeltes stand, und fing an, allerlei metallene Gegenstände in einen Koffer zu räumen. Mit einem schnipsenden Geräusch zog sie die Handschuhe aus und warf auch die achtlos hinein. Johnson ging ihr nach.

»Nein, das sind wir nicht. Doch Sie haben sicher mitbekommen, dass es nicht bei Tuam geblieben ist. Wir suchen weiter.«

Jetzt hielt die Frau in ihrer Geschäftigkeit inne und schaute Johnson an. »Wir?«

»Ja. Wir. Die Staatsanwaltschaft ist in der staatlichen Kommission ebenfalls vertreten.«

»Sie auch?«

»Nein, ich nicht persönlich. Aber einige meiner Kollegen.«

»Aha.« Es klang überheblich und abschätzend. Sie wandte sich ab und fuhr mit dem Aufräumen fort.

Das störte ihn im Grunde nicht. Johnson war es gewohnt, nicht die beliebteste Person im Raum zu sein. Im Gegenteil. Für gewöhnlich war es an ihm, andere überheblich und bevormundend zu behandeln. Es gefiel ihm, diese Rolle zu übernehmen. Er konnte es sich erlauben, andere von oben herab zu behandeln. Und er wollte es auch. Nicht oft wurde es ihm mit gleicher Münze zurückgezahlt. Es gab wenig Menschen, die ihm intellektuell gewachsen waren.

Diese Frau jedoch ließ sich von ihm nicht beeindrucken. Er musste sich noch darüber klar werden, ob es ihm gefiel oder ob es ihm zuwider war.

»Aha? Was meinen Sie?« War er etwa unsicher? Er? Unsicher? Vor einer Frau?

Jetzt schaute sie ihn wieder an. »Nichts. War nur so dahergesagt.«

»Seit mehreren Jahren werden weitere Einrichtungen untersucht, Ausgrabungen vorgenommen, und sind wir mal ehrlich: Es wird nicht bei den bisherigen Funden bleiben. Es wird mehr geben.« Johnson hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen.

»Das mag sein. Aber jetzt malen wir nicht gleich den Teufel an die Wand, Johnson.«

Die Rechtsmedizinerin wusste, wovon er sprach: Insgesamt wurden derzeit vierzehn Mutter-Kind-Heime in ganz Irland, auch in Nordirland, auf illegale Massengräber untersucht. Mehr als achthundert Skelette von Säuglingen und Kindern hatte man bislang gefunden, nachlässig verscharrt oder in Schuhkartons in stillgelegten Kläranlagen von verschiedenen Heimen und Einrichtungen abgelegt. Das Nonnenkloster in Tuam hatte vor sechs Jahren traurige Berühmtheit erlangt, als man dort in einem ausgedienten Abwassertank fast achthundert Kinderleichen entdeckt hatte.

Es hatte sich herausgestellt, dass bereits vor vierzig Jahren zwei Jungen beim Spielen Knochen gefunden und den Fund gemeldet hatten. Die Verfolgung dessen war jedoch im Sande verlaufen, da vonseiten des Ordens keinerlei Unterstützung gekommen war, und die Schwestern, die Auskunft hätten geben können, längst verstorben waren. Man hatte sich damals mit einer Segnung der Knochen durch einen Priester begnügt und die Untersuchungen eingestellt.

Erst eine Historikerin hatte zu Beginn der Zweitausenderjahre herausgefunden, dass über viele Jahrzehnte lang fast achthundert Eintragungen verstorbener Kinder im Sterberegister, jedoch nur eine einzige registrierte Bestattung vorgenommen worden waren. Die Untersuchungen waren wieder aufgenommen worden, und die ersten katastrophalen...

Erscheint lt. Verlag 19.5.2023
Reihe/Serie Ein-Anna-Schwarz-Thriller
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Anwältin • Cold Case • England • Ermitterin • Insel • Irland • Krimi • Mysterie • Serienmörder • Spannung • Thriller • Wahres Verbrechen
ISBN-10 3-7579-3182-3 / 3757931823
ISBN-13 978-3-7579-3182-7 / 9783757931827
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 666 KB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99