Frau Morgenstern und der Abgrund (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
256 Seiten
Grafit Verlag
978-3-98708-011-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frau Morgenstern und der Abgrund -  Marcel Huwyler
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Die ungewöhnlichste Auftragskillerin der Welt: Violetta Morgenstern ist zurück Violetta Morgenstern, pensionierte Lehrerin und kreative Profikillerin, ist auf der Flucht vor dem Staat, als sie einen neuen Auftrag erhält: Mit ihrem Kollegen, dem Ex-Söldner Miguel Schlunegger, soll sie den mysteriösen Tod eines Journalisten aufklären. Die Spur führt in die finstere Vergangenheit, zum Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Das mörderische Duo findet heraus, dass sich ein furchtbares Ereignis der Weltgeschichte in Wirklichkeit ganz anders abgespielt hat. Und dann muss Violetta Morgenstern auch noch feststellen, dass sie selbst ihrem besten Freund nicht mehr vertrauen kann.

Marcel Huwyler wurde 1968 in Merenschwand/Schweiz geboren. Als Journalist und Autor schreibt er Reportagen über seine Heimat und Geschichten aus der ganzen Welt. Er lebt in der Zentralschweiz. www.marcelhuwyler.com

Marcel Huwyler wurde 1968 in Merenschwand/Schweiz geboren. Als Journalist und Autor schreibt er Reportagen über seine Heimat und Geschichten aus der ganzen Welt. Er lebt in der Zentralschweiz. www.marcelhuwyler.com

1

Sterben ist selten schön.

Schon gar nicht mit heruntergelassener Hose.

Nach eingehender Prüfung aller in Frage kommender Eliminierungs-Möglichkeiten hatten sich Morgenstern und Schlunegger für die »Traube« als Tatort entschieden.

Das rustikale, holzgetäfelte Restaurant wurde in vierter Generation von der gleichen Familie geführt, lag in der Altstadt und war wegen seiner keck interpretierten Menü-Klassiker nicht nur bei Wie-früher-bei-Mama-Essern beliebt. Der Hit war das Pot-au-feu im Silbertopf mit kräftiger Bouillon, zartem Siedfleisch, Speck, Rindszunge, Saucisson und einem drallen Markbein. Im GourMillau wurde die urgemütliche Gaststube seit letztem Jahr erstmals mit dreizehn Punkten gelistet, was zu vielen neureichen Neugierigen, aber auch vergrämten Alteingefressenen geführt hatte. Seither versuchte die Wirtefamilie den Kulinarik-Spagat zwischen Foodies und Stammgästen.

Die Zielperson war männlich, siebenundfünfzig Jahre alt und aß jeden Werktag in der Traube zu Mittag.

Der Mann hielt sich stets an die Tagesgerichte, die »Der Chef empfiehlt« auf einer schwarzen Klappwandtafel beim Eingang mit Kreidemarker anpries. An diesem Mittwoch genoss er Menü drei, Hackbraten à la Oma Hedwig mit Kartoffelstock, Erbsen und Rüben und einer Marsalasoße wie nicht von dieser Welt. Dazu trank er seinen obligaten Humpen Bier; ein »Kübeli«, wie er jeweils bei Agnes bestellte, im wohligen Glauben, die Verniedlichungsform mache das Maß weniger voll.

Hackbraten, fand Violetta Morgenstern, sei eine würdige Henkersmahlzeit.

»Daran habe ich noch gar nie gedacht«, sagte Miguel Schlunegger. »Das letzte Gericht vor dem Hinrichter … Was wäre das bei mir?« Er zog erst die Stirn kraus und zeigte dann sein breitestes Schurkengrinsen, was Morgenstern alleweil als Warnung verstand, dass er eben bedenklich kreativ geworden war.

Er hatte gewählt: »Zur Vorspeise nehme ich Mordatella. Danach ein Killi con Carne, mit Sterbsen als Gemüse, und zum Nachtisch dann natürlich – weil bereits auf halbem Weg ins Nirwana – eine Götterspeise. Oder aber, sollte meine letzte Mahlzeit schnell und grausam stattfinden, dann entscheide ich mich für Rosenkohl.«

»Ach, komm, du Schwätzer, Rosenkohl kann sehr lecker schmecken.«

»Stimmt, wenn man ihn vor dem Essen durch ein Steak ersetzt.«

»Was du wieder für Blödsinn verzapfst. Rosenkohl beispielsweise halbiert, zusammen mit Cashewkernen in Butter angebraten und zum Schluss mit Semmelbröseln scharf kurz krustig anrösten. Du, das schmeckt wirklich …«

»Keine Kochschule jetzt, Morgenstern.«

Sie schaute ihn an, als habe er sie beleidigt. »Trotzdem solltest du das Thema Ableben etwas seriöser nehmen, Miguel. Das Ende kann ganz schnell und unerwartet kommen. In unserer speziellen Lebenssituation sowieso.«

»Entspann dich, Morgenstern, hast ja recht.« Miguels Grinsen schmolz zusammen. »Ich mag halt einfach nicht andauernd an mein Finale denken. Finde, damit beschwöre ich es geradezu herauf.«

»Selbstverständlich überlege auch ich nicht ständig an meinem letzten Stündchen herum, aber etwas Vorsorge für die Endsorge sollte halt schon sein. Drum habe ich …«

»Augenblick!« Miguel deutete auf den Bildschirm seines Tabletcomputers. »Unser Mann bestellt gerade die Rechnung.«

Die weitwinklige Überwachungskamera im Innenraum des Restaurants – Miguel hatte sie vor einigen Tagen mit Hilfe einer Spy-Software geknackt und sich so zum Zuschauer gemacht – zeigte eben, wie ihre Zielperson die Hand hob, die Fingerspitzen in monetärer Geste aneinanderrieb und der vorbeieilenden Bedienung mit hochgerecktem Kinn zunickte.

»Genau wie jeden Mittag. Erst bezahlt er, danach muss er mal – dann sollten wir wohl auch mal.« Miguels Signal zum Einsatz.

Sie saßen beide auf einer von Platanenbäumen beschatteten und Sonnenstrahlensplittern gesprenkelten Parkbank am Rande einer Naturwiese, zu der ein paar Gebüschreihen gehörten, ein achteckiger Brunnen aus Sandstein mit einem »Trinkwasser«-Täfelchen sowie eine separate Hundekackecke. Ein kleiner grüner Lungenflügel mitten in der Altstadt und keine drei Fußmarschminuten von der Traube entfernt. Das Wildeste hier auf diesem friedlichen Fleckchen waren der frei wuchernde Wiesensalbei, die Margeriten und Goldnesseln und die dauerzeternden Spatzen. Es gab hektischere Einsatzzentralen für Liquidationsteams.

Violetta hatte ihre Handtasche dabei, ein Riesenteil in der Farbe Resolutrot, über das Miguel immer spottete, darin hätte mehr Platz als in einem Großvolumenabfallsack für Bau und Gewerbe. Er schaute ihr amüsiert zu, wie sie jetzt beinahe mit Kopf und Oberkörper in der Tasche verschwand, um darin herumzukramen. Kann gut sein, dachte Miguel, dass sie nach einer verlegten Kaffeemaschine sucht, einem antiken Nachttischchen oder einem alten Auto.

Als könnte sie seinen Spott hören, schaute Violetta unversehens zu Miguel hoch und zog die Stirn in Falten. Dann holte sie aus der Monsterhandtasche ein dunkelblaues Kopftuch hervor, eine Überwurfschürze mit Alttanten-Farbmuster in Siebzigerjahre-Braun- und Orangetönen und eine schwarze Kassenbrille mit dickem Gestell und riesigen Fenstergläsern. Sie zog die Kleider an, setzte die Brille auf – und sah augenblicklich so ganz verwandelt aus.

»Gut so?«

»Steht dir prima! Genau dein Style. Meine greise Tante Cäcilia selig, die sah auch so …«

»Dummer Laferi.«

Miguel schenkte ihr einen übertrieben sentimentalen Gesichtsausdruck. »Jetzt im Ernst, Morgenstern, alles prima. Du bist nicht wiederzuerkennen – und darum einsatzbereit. Dann wünsche ich viel Glück als Putze.«

Sie betrachtete ihn mit umwölkter Stirn. »Putze? Etwas gar despektierlich.«

»Okay, dann halt Putzfrau.«

»Das nennt sich heute Raumpflegerin.«

»Schon klar, klingt natürlich massiv cleaner

»Nein, aber weniger minderwertig, du Chauvi.«

»Na, dann pfleg mal schön den Raum, Morgenstern.«

»Mach ich. Wenn alles sauber klappt, wird es unserer Zielperson bald so richtig dreckig gehen.«

Miguel schnappte theatralisch nach Luft und hob die Hände, als ergebe er sich. »Mann, Mann! Ich möchte einmal erleben, dass dir die Worte fehlen.«

Violetta machte mit den Schultern eine verlegene Kleinmädchen-Geste, so als sei sie unsicher, ob er das eben als Kompliment oder als Vorwurf gemeint hatte. Aus ihrer Hosentasche zog sie ein winziges Schächtelchen, entnahm ihm einen Hörknopf und tupfte sich diesen in ihr rechtes Ohr. Dann sprach sie in ihre Uhr am Handgelenk. »Verbindungskontrolle. Ist ein Herr Schlunegger da?«

»Höre dich laut und deutlich«, antwortete er gerade mal zwei Meter neben ihr und drückte seinen eigenen Knopf noch etwas tiefer in den Gehörgang.

»Was macht unser Mann?«

Miguel schaute auf das Tablet. »Plaudert gerade angeregt mit der Bedienung. Jetzt lachen beide. Geselliger Typ, unsere Zielperson.«

Violetta seufzte. »Sowieso eigentlich ein ganz feiner Kerl. Zu allen Leuten freundlich und zuvorkommend. Er hat Humor, Anstand und ein ausgeprägtes soziales Gewissen. So einen Chef wünscht man sich, lebt und lässt leben. Ich frage mich schon die ganze Zeit über, wer so einen Menschen umbringen lassen will.«

»Morgenstern … nicht.«

Sie funkelte Miguel an. »Man darf doch wohl noch darüber nachdenken, warum wir eine so rechtschaffene Person …«

»Nein. Nicht. Tu’s nicht«, fiel er ihr ins Wort. »Nicht darüber nachdenken. Ist in unserem Beruf nur hinderlich.«

»Aber fragst du dich denn nicht, warum jemand den Tod dieses Mannes …«

»Tue ich nicht. Ist nicht unsere Aufgabe. Zudem haben wir bestenfalls einen Bruchteil seines Lebens und Wesens durchkämmt. Haben dabei zwar nur Positives gefunden, aber wer weiß, was der Mann für Leichen im Keller hat?«

»Hat er nicht. Ich bin ja eigenhändig in seinen Keller eingebrochen und hab ihn durchsucht. Abgesehen von etwas gar viel Alkohol war da nichts Unrechtes.«

Miguel atmete genervt aus. »Sei nicht kindisch. Du weißt genau, was ich meine.«

»Okay, dann bin ich halt kindisch.« Sie schaute trotzig. »Und dennoch frage ich mich halt, was er verbrochen hat, dass wir ihn …«

»Nein. Nein! Morgenstern, hör auf, fertig jetzt. Oder wechsle den Job.«

Sie betrachtete nachdenklich den Boden und schwieg ärgerlich lange. Miguel fühlte sich fast dazu genötigt, einfach irgendetwas zu sagen, nur um endlich die Beklemmung loszuwerden. Schließlich hob sie den Kopf und schenkte Miguel ein aufgesetztes Lächeln. »Gut, meinetwegen, dann ist das halt so. Ist nun mal unser Geschäftscredo. Wir fragen nie, warum – wir bringen einfach nur um.«

»So gefällt mir die Lady schon besser.« Er nickte ihr gönnerhaft zu.

»Wir sind nicht die Richter, sondern einfach nur Hinrichter.«

»Hey, da ist sie ja wieder, meine gute alte Morgenstern. Hab mir schon Sorgen gemacht«, kumpelte er und puffte die Faust in ihre Schulter.

»Ist aber trotzdem ein netter Mann.«

»Ein sehr netter Mann.«

»Mit dem Herz am rechten Fleck.«

»Dann bringen wir dieses jetzt zum Stoppen. Bereit, Morgenstern?«

Sie nickte, packte ihre riesige Handtasche und eilte davon in Richtung Restaurant.

Miguel schaute ihr nach, schüttelte den Kopf und seufzte in sich hinein. Dann splittete er den Screen auf seinem Tablet, behielt einerseits die Überwachungskamera der Gaststube im Auge und startete anderseits eine weitere Software.

Ihr Mann war eben dabei, den ausgedruckten, sich...

Erscheint lt. Verlag 26.9.2023
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Auftragskillerin • bissig • bissige Dialoge • Ermittlerduo • Frau Morgenstern • Frech • Geschichtsfälschung • Kriminalroman • Mitreissend • Mord • Schwarzer Humor • Schweiz • Schweiz Krimi • Spannung • undercover
ISBN-10 3-98708-011-6 / 3987080116
ISBN-13 978-3-98708-011-1 / 9783987080111
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