Der Kreuzzug des Kaisers -  J. Michael Schumacher

Der Kreuzzug des Kaisers (eBook)

Historischer Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 2. Auflage
640 Seiten
Bergischer Verlag
978-3-96847-045-0 (ISBN)
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Nach dem Tod Engelberts sind Irmgard, die Tochter des verstorbenen Grafen Adolf, und ihr Mann, Heinrich von Limburg, die neuen Herren auf der Burg. Heinrich eilt ein Ruf als mutiger Kämpfer und erfahrener Heerführer voraus. Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen beruft ihn 1228 zum Anführer seines (schon vor Jahren versprochenen) Kreuzzuges, mit dem er Jerusalem befreien will. Thomas von Leichlingen, der es vom Fischersohn aus einfachen Verhältnissen zum Ritter gebracht hat, zieht an der Seite seines Lehnsherren Heinrich erneut in den Krieg. Im Sommer 1227 wird ein großer Teil des Heeres bereits in Italien von einer Seuche dahingerafft. Unter dem Befehl Herzog Heinrichs von Limburg ziehen zweitausend Mann weiter nach Akkon und erobern Sidon. Als der Kaiser ein Jahr später mit Verstärkung eintrifft, findet der Krieg jedoch nicht statt, da der Staufer Jerusalem am Verhandlungstisch gewinnt. Damit zieht er sich jedoch den Zorn der Tempelritter zu. Thomas führt derweil seinen eigenen Kreuzzug. Dieser bringt ihn erneut an den Hof des Sultans al-Kamil. Dabei gibt es ei Wiedersehen mit seinen Templerbrüdern William und Konrad, seinem alten Lehrmeister und Gefährten. Und er begegnet Inez wieder, seiner schönen Geliebten aus dem ersten Teil der Trilogie. Diesmal allerdings will er sie nicht länger dem Sultan überlassen. Daheim im Bergischen betreibt Thomas´ schwangere Frau Sibylla den Hof und muss sich zudem noch eines hartnäckigen Verehrers erwehren.

2. Buch, Prolog

Jerusalem, 17. März 1229

Mit großem Gefolge betrat der römisch-deutsche Kaiser andächtigen Schrittes die heiligste Stätte der Christenheit, den Nabel der Welt, die Grabeskirche des Erlösers Jesus Christus. Dabei mussten sich die vielen Menschen durch den linken von zwei eher unscheinbaren, von römischen Bögen überspannten Eingängen zwängen, weil der rechte auf Befehl Saladins, der Jerusalem 1187 zurückerobert hatte, zugemauert worden war. Saladin war es auch gewesen, der die Schlüssel zu dem Heiligtum zwei muslimischen Familien der Stadt überlassen hatte. Die Joudehs verwahrten diese und die Nusseibehs schlossen die Haupttür morgens auf und abends wieder zu. Vertreter beider Familien begleiteten den Kaiser denn auch an der Seite des Kadis von Nablus. Der gesamte Bau war von außen unscheinbar zu nennen, vor allem weil aufgrund der Dichte des umliegenden Häusermeeres kaum jemand die wahre Größe der Grabeskirche und ihrer beiden Kuppeln abschätzen konnte, es sei denn, er hätte sich auf eines der benachbarten Dächer begeben. Dieser erste, schlichte Eindruck verblasste jedoch schnell beim Betreten der Basilika, die Kaiser Konstantin vor 900 Jahren hatte errichten lassen, nachdem seine Mutter Helena bei einem Besuch Jerusalems die Stätten von Tod und Auferstehung Jesu Christi unter einem römischen Tempel der Venus wiederentdeckt hatte. Wenn sich die Augen an das Halbdunkel im Eingangsbereich gewöhnt hatten, wurde man schnell von der Pracht der Mosaiken und Altäre in den Bann gezogen und später von der schieren Größe des lichtdurchfluteten Inneren, das im westlichen Teil von der Grabeskapelle und nach Osten hin von der eigentlichen Basilika beherrscht wurde. Als der Ritter mit dem silbernen Fisch auf dem Wappenrock die Kirche zusammen mit seinem muselmanischen Begleiter betrat, konnte auch er sich der Faszination, die von den antiken Räumen ausging, nicht entziehen.

Früher hatte er kirchlichen Gebäuden und Gepflogenheiten wenig Aufmerksamkeit geschenkt, aber dies hatte sich geändert, seit er ein Gottesurteil zu bestehen gehabt hatte und seit sein geliebtes Streitross, das dabei verendet war, unter einer Kapelle begraben lag, die er mit eigenen Händen erbaut hatte. Zu seiner Rechten sah er über die Köpfe der vielen anderen Menschen hinweg, wie der Kaiser an einem goldverkleideten Altar in die Knie ging und zu beten begann. „Hier soll Euer Heiland ans Kreuz genagelt worden und gestorben sein“, flüsterte der grünäugige Händler mit dem ausladenden Turban, der eigentlich ein Assassine war, es aber blendend verstand, in stets neue Rollen zu schlüpfen, die seine Tarnung aufrechterhielten. „Hier stand einst der Kalvarienberg, die Hinrichtungsstätte auf einem Felsen namens Golgatha. Das bedeutet Ort des Schädels!“ – „Wo ist der Berg geblieben?“, wollte der Ritter wissen. – „Zu unseren Füßen. Man hat ihn abgetragen. Die Römer haben darauf zuerst einen Venustempel erbaut, später dann diese Kirche!“ Unterhalb des Berges, so hieß es, sollte einst der Schädel Adams gelegen haben. Der Legende nach war das Blut Jesu durch Felsritzen auf den Schädel geflossen und hatte Adam somit von der Erbsünde befreit.

Der Kaiser hatte sein Gebet unterdessen beendet und ließ sich nahe dem Eingang einen Stein zeigen, der ebenfalls eine besondere Bedeutung zu haben schien. „Der Salbungsstein“, wusste der Assassine, „hier soll der Leichnam Jesu für die Bestattung vorbereitet worden sein!“ – „Woher weißt du das alles?“, wunderte sich der Ritter. „Ich denke, du bist Moslem?!“ – „Natürlich bin ich das, aber im Unterschied zu euch Christen sind wir tolerant“, lächelte der Grünäugige, „außerdem ist Isa, wie wir euren Jesus nennen, auch im Islam eine bedeutende Persönlichkeit, ein wichtiger Prophet, der letzte von vierundzwanzig Vorgängern Mohammeds. Er ist es, der am Tag des Jüngsten Gerichts die guten Menschen ins Paradies führt, während die Bösen in die Hölle kommen!“ Die Hölle und das Fegefeuer, konnten sie schlimmer sein als das Inferno einer Schlacht? Schlimmer als das Massaker, das begann, wenn Menschen, die einander in der Regel nicht kannten, aus Gründen, die wenig mit ihnen selbst zu tun hatten, mit Waffen, die ihnen die Mächtigen der Welt in die Hände gegeben hatten, aufeinander losgingen, nur weil sie einen anderen Glauben hatten? Und ausgerechnet der Mann, dem es gelungen war, das glorreiche, heilige Jerusalem aus der Hand des Sultans ohne einen Schwertstreich zurückzuerobern, der Stauferkaiser Friedrich, der war jetzt vom Oberhaupt der Christenheit geächtet. Weil er aufgrund einer Seuche zu spät zu dem Kreuzzug aufgebrochen war, den er vor Jahren versprochen hatte. „Verkehrte Welt!“, dachte der Ritter mit dem Wappentier auf der Brust, das nicht nur ein Zeichen seiner Herkunft, sondern auch ein Symbol des Christentums war. Umso mehr konnte sich der Ritter vorstellen, was für ein Triumph und Hochgefühl es für den Kaiser sein musste, jetzt die heiligsten Stätten seines Glaubens zu besichtigen, während es seinem schlimmsten Widersacher, dem Papst in Rom, niemals vergönnt sein würde, einen Fuß in diese Kirche zu setzen. Beinahe konnte man dem Staufer ansehen, was in ihm vorging, als er sich nun der bedeutendsten Stätte innerhalb der Basilika näherte, der Kapelle mit dem Heiligen Grab. Diese Kapelle war nicht mehr als eine Ädikula, ein recht schmuckloser, rechteckiger antiker Bau in römischem Stil, vielleicht drei bis vier Manneslängen hoch, mit einem sich darüber erhebenden Rundturm. Überspannt und eingerahmt wurde die Kapelle jedoch von einer mächtigen Rotunde und einer gewaltigen Kuppel, die der Anastasis, der Auferstehung Christi, geweiht und deshalb so gigantisch war, um den Gläubigen einen Hauch von Gottes Größe zu vermitteln. Die Kapelle selbst hatte einst das vollständige Felsengrab des Gekreuzigten beinhaltet. Über viele Jahrhunderte hatten die muslimischen Eroberer dieses Heiligtum respektiert und beschützt, bis ein fatimidischer Kalif namens al-Hakim es zweihundert Jahre zuvor zerstören ließ. Das Entsetzen und die Empörung der Christen über diesen Frevel hatten schließlich zum ersten Kreuzzug geführt. Beim Wiederaufbau der Kapelle hatte man die zerbrochenen, aber fast vollständig erhaltenen Außenmauern wiederverwenden können. Von dem Felsengrab aber hatte es nur noch Bruchstücke gegeben, die nun das Innere der Kapelle zierten. Dieser Raum war so beengt, dass sich nur eine oder zwei Personen zur gleichen Zeit darin aufhalten konnten. So betrat der Kaiser denn auch allein das Allerheiligste und kniete am steinernen Totenbett Christi nieder, um sich in ein weiteres Gebet zu vertiefen. Ergriffen betrachteten Christen wie Moslems gleichermaßen die Szenerie. Um was würde er Jesus wohl bitten, überlegte der Ritter mit dem Fisch im Wappen, als er den Herrscher des Okzidents auf dem durch unzählige Pilgerfüße abgewetzten Stein knien sah. Um Vergebung seiner Sünden? Um Erlösung vom Kirchenbann? Um Bestrafung des Papstes? Um dauerhaften Frieden, ein weiteres Wunder, zusätzlich zu dem, das er gerade vollbracht hatte? War dies überhaupt der Ort für Wunder, das wahre Grab Christi? Ein schmuckloses, steinernes Totenbett? Für den Ritter sah es nicht wundersamer aus als jedes andere Grab in Palästina. „Als sich aber statt des beseitigten Fußbodens ein anderer in der Tiefe der Erde zeigte, da zeigte sich auch gegen aller Erwarten das hehre und hochheilige Denkmal der Auferstehung des Heilandes, und der heiligsten Höhle sollte da ein ähnliches Wiederaufleben beschieden sein wie dem Erlöser selber“, zitierte der grünäugige Assassine die Zeilen eines antiken Textes, den er offenbar auswendig konnte. „Nachdem sie lange Zeit im Dunkel verborgen gewesen war, kam sie wiederum ans Licht und gab denen, die sie zu sehen herbeigekommen waren, deutliche Kunde von den daselbst geschehenen Wundern; denn sie bezeugte die Auferstehung des Erlösers durch Tatsachen, die lauter sprachen als jeder Mund!“ – „Was ist das, ein Text aus der Heiligen Schrift?“, fragte der Ritter leise. – „Nein, es ist das Zeugnis eines Eusebius von Cäsarea von der Auffindung dieses Grabes“, ließ ihn der Assassine wissen. „Dreihundert Jahre nach Isas Tod!“

Der Ritter schüttelte ungläubig den Kopf. „Du erstaunst mich stets aufs Neue! Wo hast du all das gelernt?“ – „Bei den weisen Männern, die mich zu dem machten, was ich bin“, gab der Grünäugige zurück. – „Braucht man derlei Wissen als Mordgeselle?“ – Der Assassine bleckte seine blütenweißen Zähne. „Manchmal schon, wenn man einen Mann oder eine Situation beurteilen will!“ In diesem Moment verließ der Kaiser die Grabeskapelle, dankte dem Kadi für das Geleit und äußerte den Wunsch, nun den Felsendom zu sehen, die heiligste Stätte der Moslems innerhalb Jerusalems. „Wie beurteilen du und deine Brüder unseren Kaiser?“, wollte der Ritter wissen. – „Wie ich schon sagte, keine zwanzig Dirham würde man für ihn auf dem Sklavenmarkt geben“, wiederholte der vermeintliche Händler mit dem ausladenden Turban. Dabei musterte er die Statur des Kaisers, wie man ein Pferd oder Kamel begutachtet, wenn man nicht übervorteilt werden will. „Zu wenig Kraft im Arm, zu viele Datteln im Bauch. Aber schlau ist er, das muss man ihm lassen. Wie sonst hätte er dem Sultan Jerusalem entlocken können? Man sagt, es geschah während eines Spiels, das wir Shah nennen, stimmt das?“ – Ein Lächeln umspielte die Mundwinkel des Ritters. „Wie ich sehe, weißt du doch nicht alles. Aber ist das Spiel der Könige, die Politik, nicht diesem Spiele ähnlich?“ – „Wenn der König schlau ist“, meinte der Assassine, „nun, vielleicht hat dein Kaiser wegen dieser Schläue das rote Haar eines...

Erscheint lt. Verlag 9.5.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
ISBN-10 3-96847-045-1 / 3968470451
ISBN-13 978-3-96847-045-0 / 9783968470450
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