Der Kreuzzug des Fischers -  J. Michael Schumacher,  Peter Hein

Der Kreuzzug des Fischers (eBook)

Historischer Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 4. Auflage
640 Seiten
Bergischer Verlag
978-3-96847-046-7 (ISBN)
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Neuenberge, heute Schloss Burg an der Wupper, Stammsitz der Grafen von Berg, ist Ausgangs- und Endpunkt einer epischen Reise in die Welt des Mittelalters.Im Herbst 1212 wartet der vierzehnjährige Thomas mit seinem Vater an den Stromschnellen der Wupper auf die Rückkehr der Lachse, dabei retten sie dem vom Pferd gestürzten Grafen Adolf III. von Berg das Leben. Zum Dank schenkt der Landesherr dem Vater einen wertvollen Dolch und bietet dem Fischersohn an, ihn zum Knappen ausbilden zu lassen. So tritt Thomas in den Dienst des Grafen und ist bald zunehmend von dem Wunsch beseelt, eines Tages Ritter zu werden, um die Liebe seines Lebens, Sybilla, die Tochter des Burgvoigtes, heiraten zu können. Doch als Sohn armer Leute stehen seine Chancen nicht zum Besten, schnell ist er Ziel von Spott und Anfeindungen junger Adeliger. 1217 begleitet er den Grafen Adolf und tausende Ritter aus ganz Europa auf den 5. Kreuzzug. Ihr Ziel ist das Heilige Land, aber sie enden in Ägypten. Am Ufer des Nils warten uneinnehmbare Mauern, das Heer des Sultans, Sümpfe, Seuchen, Liebe, Tod und Kerker auf die Bergischen Ritter. Werden sie jemals zurückkehren?

2. Buch, Prolog

Im Niltal, Herbst 1220

„Jerusalem“, klang es dem geschwächten Gefangenen in den Ohren, als ihn die Schergen in die Folterkammer schleppten, denn selber gehen konnte er schon lange nicht mehr. „Jerusalem“, geradezu hämisch schienen die Kerkerwände das Echo seiner Gedanken zurückzuwerfen.

Um Jerusalem den Händen der Sarazenen zu entreißen, deswegen waren sie alle dem Beispiel des Stauferkönigs gefolgt und hatten begeistert das Kreuz genommen.

Aber weder war der König selbst zu dem von ihm so gepriesenen Kreuzzug aufgebrochen noch hatten sie Jerusalem je zu Gesicht bekommen.

Stattdessen hatte es sie von Palästina nach Ägypten verschlagen, wo die Mauern eines geradezu lächerlichen, aber wehrhaften Turmes inmitten des großen Stromes ihren Vormarsch zum Stillstand gebracht hatten.

Und nun sah es so aus, als würde er Jerusalem, die heilige Stadt der Christen, Juden und Moslems gleichermaßen, ohnehin nie zu Gesicht bekommen. Nun schleppte man ihn zur Schlachtbank, ging es ihm nüchtern, ja fast teilnahmslos durch den Kopf, oder zu einer weiteren Tortur, wie er sie schon zuhauf über sich hatte ergehen lassen müssen. Aber das war ihm im Grunde einerlei.

Er bedauerte lediglich, dass es so sinnlos enden würde.

Dabei hätten sie Jerusalem zurückerobern können, ohne überhaupt vor dessen Toren zu stehen. Sie hätten es sogar erobern können, ohne auch nur einen einzigen Mann zu verlieren.

Wären sie nur dem Rat der mahnenden Stimmen, auch seines Herrn, und des frommen Mönches aus italienischen Landen gefolgt. Hätten sie nur das Friedensangebot des Sultans angenommen, als noch Zeit und die militärische Lage günstig waren. Ach, alles hatte so hoffnungsvoll angefangen …

Im Tal der Wupper, Pfingsten 1216

„Jerusalem“ – Thomas klang das frenetische Spektakel immer noch in den Ohren, obwohl seither etliche Monate vergangen waren.

Auf dem Rückweg hatte der Graf verlauten lassen, dass er gedenke, etwa zwanzig Ritter mit auf den Kreuzzug zu nehmen – und eine entsprechende Anzahl von Knappen.

Nun stand er mit seinem Freund Heinrich auf dem Bergfried, beobachtete die Reihen der Ritter, die sich über den staubigen Weg der Burg näherten, und malte sich aus, es wären Kreuzritter auf dem Weg zur heiligen Stadt.

Doch der Kreuzzug zögerte sich noch hinaus. Da Friedrich gelobt hatte, sich binnen vier Jahren auf den Weg zu machen, schien vordergründig auch keine Eile geboten. Einzig aus dem Südosten des Reiches kam Kunde, dass man sich dort und jenseits der Grenzen bereits für den Zug nach Outremer, dem Land über dem Meer, rüstete.

König Andreas II. von Ungarn und Herzog Leopold VI. von Österreich wollten dem Regenten von Jerusalem bereits im kommenden Jahr zu Hilfe eilen. An Rhein, Ruhr, Sieg und Wupper hatten vorerst andere Dinge Vorrang, zuerst galt es, den Frieden im Land zu sichern sowie die Schäden, die durch die Fehden der letzten Jahre entstanden waren, zu beheben. Dies galt auch für die finanziellen Einbußen, denn die Schatzkammern und Börsen der meisten Adeligen waren leer. Dafür musste endlich einmal wieder eine ordentliche Ernte eingebracht werden. Adolf hatte zudem damit begonnen, die an vielen Stellen zerstörte Burg Kaiserswerth, die ihm der König überantwortet hatte, wieder aufzubauen. Diesbezüglich hatte er auch, wie versprochen, dem Kanonikerstift der Kaiserinsel den Gegenwert der beschlagnahmten Steine zurückerstattet, mehr noch, er hatte ihnen sogar noch einmal dieselbe Summe oben draufgelegt. Mit den Baumaßnahmen war vor allem Arnold von Cleve beschäftigt, der dabei große Eile an den Tag legte, wollte er doch unbedingt bis zum Beginn des Kreuzzugs fertig sein, um diesen keinesfalls zu versäumen.

„Das wird die größte Heerfahrt unseres Lebens, sozusagen die Krönung dessen“, pflegte er zu sagen und konnte es gar nicht mehr erwarten.

Sibylla teilte solcherlei Begeisterung für den Kreuzzug nicht. Fast ein halbes Jahr lang waren die Männer fort gewesen – und jetzt redeten sie schon wieder von Krieg. Dieser jedoch würde deutlich länger dauern und gefährlicher sein als der Zug gegen die Kaiserinsel. In den sechs Monaten, die Thomas vor der Kaiserpfalz und in Aachen verbracht hatte, war die Tochter des Voigtes weiter zur Frau erblüht – jetzt sechzehn Jahre alt und schöner denn je. Die jungen Männer hatten allesamt die Köpfe nach ihr verdreht, als sie in Neuenberge einritten und Sibylla neben Irmgard und Herrmann von Elverfeld entdeckten, die zur Begrüßung der Ritter und Knappen in den Innenhof geeilt waren. Artig hatten die Damen jedem der Heimkehrer einen Begrüßungstrunk gereicht. Dabei verweilte Sibylla einen Augenblick länger bei Thomas, der mit seinen achtzehn Jahren jetzt die meisten Männer überragte. „Seid gegrüßt, zukünftiger Ritter“, hatte sie mit gesenktem Blick geflüstert. „Wir danken Gott für Eure gesunde Heimkehr. Nehmt dies zum Zeichen des Willkommens!“

„Habt Dank, junge Edeldame“, hatte Thomas erwidert, „der Trunk und Euer Anblick sind der schönste Lohn des Sieges!“

Sibylla hatte schmunzeln müssen, denn der junge Mann hatte offenbar einiges gelernt, nicht zuletzt auch den Umgang mit Worten. Als er den Bierkrug angesetzt hatte, waren ihr die Muskeln aufgefallen, die sich unter der leichten Tunika abzeichneten, die er trug. Ihre körperliche Veränderung bewirkte neben der langen Zeit der Trennung jedoch eine gewisse Distanz zwischen ihnen, die auch noch anhielt, als sie sich später an gewohnter Stelle im Stall trafen. Sie hatte ihm zwar einen Kuss auf die Wange gehaucht und sich aufrichtig nach seinem Befinden erkundigt, aber es wollte sich nicht die vertraute Nähe zwischen ihnen einstellen. Als Thomas zudem, nach einem ersten Bericht der erlebten Abenteuer, voller Begeisterung die Krönung Friedrichs und das kollektive Kreuzzugsversprechen geschildert hatte, war der Graben zwischen ihnen deutlich hervorgetreten.

Obwohl sie verstand, dass Thomas in dem Kreuzzug eine Chance sah, sich auszuzeichnen und seinem Ziel, es zum Ritter zu bringen, näherzukommen, überwogen bei ihr die Sorgen um ihrer aller Wohlergehen. „Was wird aus der Burg, wenn alle Ritter wieder fort sind?“, hatte sie ihren Gedanken Ausdruck verliehen. „Was wird aus mir, wenn du so lange fort bist?“ Thomas hatte sie in den Arm nehmen wollen, sie jedoch hatte sich ihm entzogen. „Es ist doch nicht für immer“, hatte er beschwichtigt, „und der Graf wird sicher genügend Männer hier lassen, um die Burg zu schützen.“ „Und wer beschützt mich vor Vaters Heiratsplänen?“, hatte sie angefügt. Es sollten Wochen vergehen, bis sie wieder zu alter Vertrautheit fanden. Die Unbefangenheit der Jugend jedoch hatten sie verloren.

Vieles war seither geschehen. König Friedrich hatte sein Versprechen gehalten und sich beim Papst für Engelbert verwendet. Erzbischof Siegfried von Mainz hatte den Wunsch des Königs mit einem Empfehlungsschreiben für Engelbert unterstützt. Der Heilige Vater hatte sogleich dem Kölner Domkapitel eine Neuwahl befohlen und kein Hehl aus seinem Favoriten gemacht. Damit waren die Ambitionen eines Adolf von Altena ebenso zu Staub zerfallen wie die eines Dietrich von Hengebach, der eigens einen jahrelangen Prozess zu seiner Wiedereinsetzung in Rom geführt hatte.

Engelberts Vetter Adolf, einst der mächtigste Erzbischof des Reiches, der Deutschland einen siebzehnjährigen Bürgerkrieg beschert hatte, war somit entbehrlich geworden. Nur noch einmal loderte das Temperament des streitbaren Kirchenfürsten auf, nämlich als er seinen jüngeren Verwandten wutschäumend zur Rede stellte. Der jedoch tat die Angelegenheit mit Hinweis auf den König und dessen Jugend ab, der er, Engelbert, nun einmal schon allein vom Alter her näher stünde. Schließlich besänftigte Engelbert den ehrgeizigen, aber müde gewordenen Adolf mit der Aussicht auf die ehrenvolle Position eines Weihbischofs, die mit nicht unerheblichen Zuwendungen verbunden war. Damit bewog er ihn zum Einlenken – und schickte ihn kurzerhand in den Ruhestand. Ein Jahr später zog sich Adolf von Altena auch von diesem Amt zurück und verlebte seinen Lebensabend im Stift St. Quirinus in Neuß, wo er 1220 starb.

Trotz der Intervention des Papstes bedurfte es noch verschiedener Überredungskünste, um die Mehrheit der Stimmberechtigten auf Engelberts Seite zu bringen. Aber am 29. Februar 1216 wurde er schließlich erfolgreich zum nächsten Erzbischof von Köln gewählt.

Als eine seiner ersten Amtshandlungen forderte er Walram von Limburg auf, eine Burg und einen Marktflecken schleifen zu lassen, die dieser auf kölnischem Gebiet vor Jahren errichtet hatte und die Engelbert ein Dorn im Auge war. Als Walram keine Anstalten machte, den Wunsch des neuen Erzbischofs zu erfüllen, zog dieser zu Felde und entledigte sich des Problems mit Waffengewalt.

Walram von Limburg brachte sich und seinen Sohn Heinrich daraufhin bei Adolf von Berg bezüglich der versprochenen Hochzeit mit Irmgard in Erinnerung und verband dies mit der Aussicht auf einen dauerhaften Frieden zwischen dem Niederrhein und Westfalen, wohl wissend, dass Engelbert in seiner Funktion als neuer Erzbischof von Köln auch Herzog von Westfalen war.

Aber solange Graf Adolf von Berg lebte, würde es dessen Bruder nicht wagen, eine Fehde gegen Limburg anzuzetteln. Und nach Adolfs etwaigem Ableben würde Heinrich von Limburg als Gatte der einzig erbberechtigten Tochter der Grafentitel und somit eine zentrale Machtposition zufallen, die auch Engelbert nicht mehr würde antasten können. So...

Erscheint lt. Verlag 9.5.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
ISBN-10 3-96847-046-X / 396847046X
ISBN-13 978-3-96847-046-7 / 9783968470467
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