Der Pionier des 7. Grades -  Jürgen Burger

Der Pionier des 7. Grades (eBook)

Erstbegehungen und 91 Viertausender des Vorarlberger Alpinisten Ernst Burger
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2023 | 1. Auflage
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99152-144-0 (ISBN)
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Ernst Burger zählte zu seiner Zeit sicherlich zu den bedeutendsten Vorarlberger Alpinisten in den Alpen. Er bestieg 91 Viertausender und führte zwei Erstbesteigungen durch. Unter anderem schrieb er auch Artikel für den Österreichischen Alpenverein. In diesem Buch sammelt sein Enkel die originalen Bergtagebücher und Schriften sowie Fotos von Ernst Burger. Auch Aufzeichnungen und Briefe an und von Kollegen und Bergkameraden bezeugen die Leistungen dieses heute fast unbekannten Alpinisten und Pioniers.

Jürgen Burger, Jahrgang 1967, ist der Enkel von Ernst Burger. Als junger Mann wollte er bereits ein Buch über seinen Großvater schreiben. Jahrzehnte später setzte er sein Vorhaben um. Er sammelte Tagebücher und Fotoalben, recherchierte bei Kameraden und in Archiven.

„Der Burgerweg“

Der Bürgermeister der Südwand

Ernst Burger erzählt von der Durchsteigung der Südwand
des Großen Drusenturmes. Die Route wird später von Kletterern kurz
„Der Burger“ genannt. Erstbesteigung am 20. August 1933.

Fast zwei Jahrzehnte sind vergangen, seitdem ich mit zwei Kameraden, Karl Bizjak und Franz Matt aus Bregenz, diese Wand durchstieg. Ja, wir sind älter geworden, aber nur äußerlich. Im Herzen bleiben wir Bergsteiger ewig jung. Unvergeßlich sind uns große Taten, Erlebnisse und kameradschaftlicher Einsatz in den Bergen. Ein großes Erleben war uns auch diese Bergfahrt auf jungfräulichem Weg, durch eine hohe und steile Felswand, die uns nach hartem Kampfe zum Sieg führte.

Es war am 20. August 1933, als wir um 3 Uhr früh die uns schon lange liebgewordene Lindauer Hütte im Gauertal verließen. Außer uns dreien hatten sich noch zwei Kameraden angeschlossen, die uns die Nagelschuhe zum Gipfel tragen wollten. Mutter Dajeng ließ es sich nicht nehmen, uns selbst um 2 Uhr zu wecken und zu solch schwerer Bergfahrt mit einem guten Frühstück zu versorgen.

Oft schon waren wir diesen Pfad hinauf zum romantischen Drusentor gewandert, der uns immer wieder hinüberführte zu den gewaltigen Südabstürzen des Rätikons.

Alle Routen durch diese hohen Mauern hatten wir schon öfters durchstiegen. Ganz besonders die Drusenfluh–Südwand hatte es uns angetan. Diechtl–Gedächtnis–Weg, Stößer– und Strubichführen kannten wir – bei schönsten und bei schlechtesten Verhältnissen. Auch manchen Verhauer mußten wir dort einstecken. Ich wurde damals durch die vielen Ersteigungen auf den obgenannten „Wegen“ der „Bürgermeister der Südwand“ genannt – ob mit Recht oder Unrecht, darüber kann ich selber nicht urteilen.

Bei Tagesgrauen standen wir am Drusentor. Das Wetter versprach schön zu werden. Die Südabstürze der Drusentürme waren noch dunkel und abweisend. Es ging den Steig hinunter und hinüber bis zum Ausläufer des Drusenaugstenberges, vorbei an den Abstürzen des Kleinen und Mittleren Drusenturmes. Inzwischen ist es hell geworden. Wieder stehen wir auf dem Rasenrücken vor der gewaltigen Mauer der vielteiligen „Drusenfluh“ (ursprünglich der Name für die ganze Wandflucht) und wieder bestaunen und befragen wir, wie schon so oft, die gewaltige und besonders steile 600 m hohe Südwand des Großen Drusenturmes. Das geübte Auge tastet hinauf, durch die Einbuchtung der Wand, bis zu jener Stelle im oberen Drittel, die uns immer schon Sorgen machte. Die schon mehrere Partien, darunter auch Walter Stößer, zur Umkehr zwang. Eine 40 m hohe, fast senkrechte plattige Verschneidung mit anschließendem Überhang – das war die Schlüsselstelle. Einen anderen „Weg“ als die „Direkte“ zum Gipfel gab es nicht. Links und rechts davon waren nur unersteigliche Plattenschüsse und Überhänge. Ich selbst hatte größte Hoffnung auf ein gutes Gelingen, konnte ich doch einmal von obenher einen schmalen, handbreiten Riß erkennen, der durch den obgenannten Überhang führt.

Wir vertauschten nun unsere Nagelschuhe mit den Kletterpatschen*. Die Genagelten wurden von unseren zwei Kameraden in Empfang genommen. Dann querten wir drei, nach einem Händedruck und Glückwunsch von ihnen, ein Schuttfeld bis dorthin, wo es am weitesten in die Wand hinaufstößt. Links oben war das Eisjöchle, ein tiefer Einschnitt in dieser mehrere Kilometer langen Wandflucht. Das Jöchle trennt die Südabstürze der Drusentürme von denen der Drusenfluh.

Bald hatten wir den Schuttkegel erklommen, somit den Einstieg erreicht. Hier wurde angeseilt, ein Teil der Haken, Karabiner und die Rucksäcke verteilt. Sie hatten immer noch ein ziemliches Gewicht. Wir waren versorgt mit Zeltsack, Kocher und dergleichen, um einem etwaigen Biwak ruhig begegnen zu können.

Rippen, Rinnen und Schluchten

Inzwischen war es 6 Uhr geworden. Franz und Karl übernahmen abwechselnd die Führung. Ich wollte mich bis zur Schlüsselstelle schonen. Allerdings blieb mir bis dorthin der gewichtige Rucksack. Zunächst ging es links von der Kamin– und Rißreihe, welche die ganze Wand durchzieht, auf gutgriffigen Felsrippen empor. Bald aber zwangen uns senkrechte, glatte Platten zu einem Quergang nach rechts, in einen überhängenden Kamin, den wir an seiner linken, weit vorspringenden Kante überwinden mußten. Franz hatte diese schwere Stelle glänzend genommen.

Weiter über eine Folge von Platten bis zu einer Nische. Unter dieser traversierten wir eine Seillänge nach rechts und kletterten dann wieder unter die fast senkrechte, glatte, plattige Verschneidung unter dem großen Überhang. Bis hierher war es eine herrliche, genußreiche Kletterei und bis auf einige Stellen auch nicht besonders schwer. Was jetzt folgte, war allerdings ganz anders. Senkrecht, ja überhängend wölbte sich die Wand über uns hinaus. Keine Griffe! Nur ganz feine Risse konnten wir in der Steilplatte sehen, die zum Überhang hinaufführte. Unter ihm stak ein riesiger Klemmblock. Der Block war unser nächstes Ziel. Wir hielten hier Rast und stärkten uns. Der Tief– und Fernblick nach dem Süden, von unserem schönen Standplatz, war herrlich. Fast senkrecht unter uns erkannten wir unsere zwei Kameraden am Wandfuß.

„Da spürte ich ein Nachgeben

des Blockes und flog mit ihm!“

Wir jauchzten ihnen zu, was sie auch fröhlich erwiderten. Ich glaube, sie waren auf das nun Folgende genauso gespannt wie wir. Es war schon 10 Uhr, die Sonne machte sich schon sehr bemerkbar. Gut, daß wir von der Hüttenmutter eine Flasche Tee für den Durst mitbekommen hatten.

Risse – im Fels und in der Hose

Nicht lange hielt es uns hier. Die Unruhe trieb uns wieder auf. Ich übernahm nun die Führung. Ohne Rucksack, aber mit einem furchtbaren Hakenigel und Doppelseil belastet, ging ich's an. Gut gesichert von meinen Kameraden kletterte ich noch einige Meter frei. Dann jagte ich lustig einen Haken in eine feine Ritze; leider ging er nicht tief genug, jedoch er genügte mir vorerst. Denn ich wollte jetzt zuerst noch einen kopfgroßen Klemmblock in der Verschneidung erhaschen. Ich ließ mich durch Seilzug aufziehen, erfaßte den Klemmblock und zog mich schnell an ihm hoch.

Aber kaum, daß ich mich aufzog, spürte ich auch schon ein Nachgeben des Blockes und flog mit ihm! Gleich wieder hinunter zu meinen Kameraden! Ich sah noch, wie sie die Seile einrissen – dann spürte ich einen Ruck: es riß mich jäh zur Wand. Aber dann rutschte ich fast gemütlich zwischen die beiden hinein. Nachfolgende kleine Steine flogen noch über unsere Köpfe hinweg, fast ohne aufzuschlagen, hinunter ins Kar. Auch der Haken und der Karabiner hatten sich bei mir eingefunden. Alles war so schnell gegangen, daß ich nicht einmal Zeit hatte, zu erschrecken. Ich mußte lachen über die bestürzten Gesichter meiner Kameraden. Passiert war, bis auf einen Riß in der Hose, rein gar nichts. Aber wach bin ich geworden dabei! Gleich ging ich's wieder an. Diesmal mit mehr Vorsicht. Ich ließ jetzt das freie Klettern und nagelte mich buchstäblich hinauf. Es war sehr anstrengend, denn Trittschlingen kannten wir damals noch nicht. Nach etwa zehn Metern mußte ich wieder zurück und Karabiner entfernen, da sich das Seil kaum mehr durchziehen ließ. Auch leicht herausgehende Haken nahm ich mit.

Wir mußten sehr sparsam mit den Haken sein, da wir ja nicht wußten, was uns noch alles bevorstand. Ich war wieder unten beim Standplatz und verschnaufte noch einige Minuten. Dann ging's mittels Seilzug im Eiltempo wieder hinauf, und die schwere Arbeit wiederholte sich. Drei– bis viermal mußte ich den Rückzug antreten, um Karabiner und Kräfte zu sammeln. Die Platte war aalglatt. Nirgends eine kleine Leiste, um den Fuß aufzusetzen. Es waren nur feine Ritzen, in die ich mit Müh und Not – oft nur ein bis zwei Zentimeter tief – Haken eintreiben konnte. Nach 40 m (zum Glück hatten wir so lange Seile) war's geschafft.

„Du bist ja verrückt! Das ist doch kein

Klettern mehr! Das ist ja Akrobatik!“, hörte ich

noch Franz heraufrufen.

Einen Klimmzug noch, die Seile zogen dabei schwer zurück, dann stand ich auf dem mächtigen Klemmblock, auf den ich mich kaum draufzustellen getraute. Er hatte einen Durchmesser von 2 m und klemmte sich in einem nach unten geweiteten Kamin, geradeso, als ob man ein Ei von oben mit zwei Fingern an der Spitze hält. Wie dieser Block da hineingekommen war, und wie er überhaupt hielt, das konnten wir nicht enträtseln. Darüber aber war der riesige Überhang.

Die Schlüsselstelle: Überhang und Ausstiegsriß

Ich fürchtete...

Erscheint lt. Verlag 3.5.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-99152-144-X / 399152144X
ISBN-13 978-3-99152-144-0 / 9783991521440
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