Unter dem Dunst (eBook)

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2023 | 1. Auflage
599 Seiten
Herzsprung-Verlag
978-3-96074-262-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Unter dem Dunst -  Barbara Tapasco
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Samantha, aufgewachsen in der glänzenden Welt der Privilegierten über dem Dunst, Tochter des einflussreichsten Unternehmers und Ratsherrn der Stadt, hatte bisher ein unbesorgtes Leben. Doch das unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden, dass da noch jemand ist, den sie nicht sieht, verstärkt sich immer mehr. Bis sie schließlich erfährt, dass sie mit den Geschehnissen in der Stadt mehr zu tun hat, als sie geglaubt hatte. Kieran aufgewachsen in der Welt der Benachteiligten unter dem Dunst, wurde von ihren Eltern verstoßen, weil sie eine Formerin ist, und lebt nun zusammen mit anderen Begabten versteckt im Waisenhaus der Vereinigung, denn ihresgleichen werden vom Rat verfolgt. Als ihre große Schwester von einem Tag auf den anderen verschwindet, beginnt sie sich gegen die Herrschaft von oben aufzulehnen und ihre ungewöhnliche Macht als Formerin endlich zu akzeptieren.

Barbara Tapasco, nach der obligatorischen Schulbildung besuchte sie während vier Jahren die Mittelschule (Gymnasium) in Wattwil in der Schweiz mit dem Schwerpunkt Sprachen. Ihre Liebe zu Büchern und Filmen hat sie schon immer dazu veranlasst, selbst Geschichten zu erfinden. Mittlerweile arbeitet sie seit 6 Jahren in einer multikulturellen Schule als Primarlehrerin, schreibt weiterhin Geschichten, liest Bücher in allen ihr bekannten Sprachen und spielt regelmäßig Theater.

Barbara Tapasco, nach der obligatorischen Schulbildung besuchte sie während vier Jahren die Mittelschule (Gymnasium) in Wattwil in der Schweiz mit dem Schwerpunkt Sprachen. Ihre Liebe zu Büchern und Filmen hat sie schon immer dazu veranlasst, selbst Geschichten zu erfinden. Mittlerweile arbeitet sie seit 6 Jahren in einer multikulturellen Schule als Primarlehrerin, schreibt weiterhin Geschichten, liest Bücher in allen ihr bekannten Sprachen und spielt regelmäßig Theater.

*

1


Silas seufzte und blieb stehen. „Du bist so unglaublich lahm!“, sagte er zu Kieran, als sie zu ihm aufschloss.

Kieran verdrehte die Augen. „Gemäß Definition ist mein Tempo normal“, widersprach sie. „Außerdem haben wir es nicht eilig. Also entspann dich ein wenig und nimm es gemütlich!“

„Du hast ja gar keine Ahnung, wie anstrengend das für mich ist. Ich schwöre dir, ich verbrauche für das Bremsen viel zu viel Energie.“ Sofort reckte er den Kopf und schaute sich um. „Ich habe Hunger.“

„Ja. Ich auch“, sagte Kieran und ging zügigen Schrittes an ihm vorbei. „Nun komm schon Mr. Eilig!“, spottete sie, als sie sechs Schritte voraus war.

Silas brauchte eine Sekunde, um zu ihr aufzuschließen. Das lag daran, dass er ein Läufer war. Seine Gene erlaubten es ihm, sich schneller zu bewegen als normale Menschen, viel schneller.

Wie immer bewegte sie ihre Beine ihm zuliebe so schnell, wie es möglich war, ohne zu rennen. Das war bei ihr mittlerweile zu einer Gewohnheit geworden. So schlug sie dieses zügige Tempo auch an, wenn sie alleine unterwegs war. Für Silas war sie trotz ihrer Mühe immer noch zu langsam.

Gemeinsam bogen sie in eine schmale Straße zwischen zwei Hochhäusern ein. Die Häuser standen so eng beieinander, dass man von einem Fenster zum anderen hätte springen können. Die Gasse wurde nur von dem Licht, welches aus einigen beleuchteten Fenstern fiel, erhellt. Silas und Kieran hätten sich auch über gar kein Licht nicht beklagt. Sie kannten den Weg in- und auswendig.

Die dunkle Gasse mündete in die fünfundzwanzigste Nord-Süd-Straße. Diese war breit und sehr belebt. Auf beiden Seiten wurde sie von Hochhäusern gesäumt, an denen eine Leuchtreklame über der anderen angebracht war. Das farbige Licht fiel auf die ebenso bunte Menschenmenge. In ein paar Stunden, wenn es hier auf dem Boden schon dunkel war, würde das Lichterspiel besser zur Geltung kommen als in einem Kaleidoskop.

Silas und Kieran tauchten in die Menschenmasse ein und mussten sofort ihr Tempo anpassen. Silas fluchte und jammerte alle paar Schritte. „Wieso tue ich mir das überhaupt an?“, rief er irgendwann. Kieran reagierte kaum auf seine Ausrufe. Etwa dreimal in der Woche erledigten sie diesen Job für das Waisenhaus zusammen und Silas beklagte sich jedes Mal wieder darüber, dass er alleine viel schneller sein würde. Dann könnte er sich nämlich auf einem Läuferweg fortbewegen und müsste auf niemanden Rücksicht nehmen.

„Weil du die ganzen Sachen nicht alleine tragen kannst. Weil du meine Gesellschaft schätzt. Weil ich es liebe, wie du dich aufregst. Weil es dir guttut zu wissen, wie normale Leute sich fühlen und fortbewegen. Weil …“

„Ist ja schon gut. Ist ja schon gut. Ich hab’s verstanden“, meinte Silas.

Kieran grinste. „Komm schon. Wir haben’s gleich geschafft.“

Auf dem Weg zum Megakon-Supermarkt mussten sie an einer Stelle die fünfundzwanzigste Nord-Süd-Straße überqueren. Den Rest des Weges konnten sie durch verschiedene schmale Gassen oder wenig belebte Straßen gehen.

„Entschuldigung! Entschuldigung!“, sagte Silas zu einer Frau, die er soeben angerempelt hatte.

Fünf Minuten später bogen sie in eine weitere Gasse ab. Diese war breiter als die vorherige und beleuchtet. Sie beschleunigten ihre Schritte und entfernten sich vom Lärm der Nord-Süd-Straße.

Einen Moment später kamen sie in einer Parallelstraße an. Hier gab es deutlich weniger Menschen. Sie wandten sich nach links, dann nach rechts und wieder nach rechts. Schon hörten sie den Lärm der vierundzwanzigsten Nord-Süd-Straße, als sie sich von hinten dem Konturm näherten.

Kieran blieb stehen, legte den Kopf in den Nacken und starrte der grauen Fassade entlang nach oben. Die Spitze des Turmes verlor sich irgendwo im Dunst weiter oben. Sie hatte sie noch nie gesehen. Etwa in der Mitte des Turmes – jedenfalls hatte sie sagen hören, dass dort die Mitte sei– befand sich die gigantische Leuchtreklame des Supermarktes. Von hier unten sah sie recht klein aus.

Dort mussten sie hin. Das war der höchste Ort, an dem Kieran in ihrem ganzen Leben gewesen war. Aber vom Supermarkt aus konnte man nicht einmal auf die Stadt hinunterschauen. Es gab dort nämlich gar keine Fenster. Der Platz wurde für Bildschirme gebraucht, welche die neusten Werbespots in alle vier Himmelsrichtungen ausstrahlten.

„Träumst du schon wieder von da oben?“, fragte Silas. Er war nahe neben ihr stehen geblieben und schaute nun ebenfalls hoch.

„Fragst du dich nicht auch, wie es über dem Dunst aussieht? Wie die Reichen dort leben? Wie die Stadt von oben aussieht? Es würde mir genügen, einfach einmal auf den höchsten Turm zu gehen und herabzusehen. Oder mit einer Flugkapsel zu fliegen.“

Den Reichen wurden diese Wünsche tagtäglich erfüllt. Es war für sie Alltag, die Sonne am Horizont aufgehen zu sehen. Hier unten, unter dem Dunst, hingegen war es immer düster und man sah immer nur Häuser. Egal wie lange Kieran durch die Stadt wanderte, es gab überall nur Häuser und Türme, lange Schatten und Dunst. Hier unten lebten sie wie Ameisen. Dort oben lebten sie wie Adler.

Kieran verdrängte die Bitterkeit aus ihrem Herzen.

„Ich lebe lieber hier unten“, meinte Silas gleichgültig. „Ich hätte aber nichts dagegen, auch mal ungefiltertes Sonnenlicht zu spüren oder frische Luft zu atmen. Ich würde sogar in so einer Kapsel fliegen. Aber das Leben dort oben ist doch wie in einem Gefängnis.“

Natürlich interessierte sich Silas nicht für die Hochhäuser. Dort oben könnte er auch gar nicht genug laufen. Für ihn gab es dort oben nur beengende Zimmer und noch engere Flugkapseln. Es wäre tatsächlich für jeden Läufer eine Art Gefängnis. Doch Kieran hatte sich schon immer gewünscht, einmal über den Dunst hinaus zu kommen. Es musste wunderschön sein dort oben.

„Ich könnte nach oben fliegen und für dich nachschauen“, hörte sie die Gedanken ihrer Flugechse Kaan in ihrem Kopf. Er streckte seinen kleinen, rotgeschuppten Kopf aus ihrer Tasche und die Nase in die Luft.

„Du weißt genau, dass das viel zu gefährlich ist“, erwiderte sie und drückte seinen Kopf zurück in die Tasche. Kaan verstand sie. Er fühlte sich hier unten ebenso gefangen wie sie.

Silas legte ihr den Arm um die Schultern. „Komm schon, Kleine“, sagte er sanft. „Hier unten sind wir doch zu Hause. Und man soll nicht von Dingen träumen, die man nicht haben kann. Das macht nur unglücklich.“

Er hatte natürlich recht. Doch diese Ungerechtigkeit machte sie nur wütend. Sie schob alle Gedanken an das Unmögliche zur Seite und wandte sich Silas zu. Er hatte dunkle Haut, dunkelbraune, große Augen und kurze, schwarze Haare.

„Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du mich nicht Kleine nennen sollst! Ich bin älter als du!“

„Das tut nichts zur Sache!“, grinste er und entblößte dabei seine weißen Zähne.

Kieran war für ein Mädchen ihres Alters nicht klein, sondern eher durchschnittlich. Doch im Vergleich zu Silas, der riesig war, war sie natürlich ziemlich klein.

Gemeinsam umrundeten sie den Konturm und gingen auf den Haupteingang zu. Sie drängten sich durch die vielen Menschen und blieben in der Nähe der Menschenschlange stehen. Es war ein ganz normaler Tag. Die Leute standen an, um in das Gebäude zu kommen. Die Schlange entstand, weil alle, sobald sie drinnen waren, unglaublich viele Treppen steigen mussten und sich so entsprechend langsam fortbewegten. Fahrstühle gab es erst ab dem zehnten Stock, und deren Benutzung kostete. Die meisten Menschen von ganz unten konnten sich keine Fahrstuhlfahrt leisten und mussten deswegen die 52 Stockwerke bis zum Supermarkt zu Fuß zurücklegen. Den Einkauf zu erledigen war für die Menschen hier unten eine mühselige und zeitraubende Angelegenheit.

Wer zu einem anderen Ort im Konturm wollte, zum Beispiel in eines der Büros, Restaurants oder gar in seine Wohnung, nahm den Nebeneingang auf der Nordseite. Kieran hatte diesen noch nie benutzt.

„Hier, nimm meinen Rucksack“, sagte Silas und reichte Kieran das noch leere Ungetüm. Sie zog ihn über ihren eigenen, ein wenig kleineren Rucksack an, als sie einen von einem anderen Läufer verursachten Luftzug spürte. Sie versuchte wie immer, dem Läufer nachzuschauen, aber der war schon lange in dem Gebäude verschwunden und in spätestens fünf Minuten – je nachdem, wie lang die Schlange vor der Identitätskontrolle war – würde er den Supermarkt erreichen, wo er die Einkäufe für jemanden erledigte, der den Weg selbst nicht mehr schaffte.

Silas drehte Kieran den Rücken zu und ging in die Knie, sodass sie auf seinen Rücken steigen konnte. Er würde sie im Huckepack auf dem Läuferweg mitnehmen. Das schonte seine Nerven ... und ihre Muskeln.

„Bist du bereit?“, fragte er.

Kieran bereitete sich innerlich auf den unangenehmen Aufstieg vor und antwortete: „Ja.“

Sofort ging Silas auf den markierten Läuferweg und lief...

Erscheint lt. Verlag 4.5.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Aufstand • Fantasy • Freundschaft • Futur Fiction • Gesellschaftskritik • Herrschaft • Liebe • Rebellen • Rebellion • Übernatürliches
ISBN-10 3-96074-262-2 / 3960742622
ISBN-13 978-3-96074-262-3 / 9783960742623
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