Harry Kubinke Roman
von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 116 Taschenbuchseiten.
Eine Reihe von erzwungenen Selbstmorden unter Mitgliedern von kriminellen Banden lässt den Verdacht aufkommen, dass jemand aufräumen will. Die Art des Vorgehens ist die des Masterminds.
Doch wer ist dieser Mastermind? Niemand scheint ihn zu kennen.
Die beiden Kriminalinspektoren Harry Kubinke und Rudi Meier machen sich auf die Suche nach dem unbekannten Killer …
***
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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1
Der überaus harte Schlag ließ die junge Frau sofort zu Boden taumeln. Blut rann ihr jetzt aus der Nase. Das dunkle Haar fiel ihr ziemlich zerzaust über die Schultern, die das knappe, enganliegende Kleid freiließ.
„Was fällt dir ein, dich an meinem Stoff zu vergreifen, du Schlampe!”
„Hör zu…”
„Nein, du hörst mir erstmal zu!”
„Bitte…”
„Jetzt winselst du herum… Vergreif dich einfach nicht an meinem Stoff!”
„Ich…”
„Ist das klar?”
„Ich…”
Der Mann, der sie geschlagen hatte, war groß, kräftig und dunkelhaarig. Das Muskelshirt ließ zahlreiche Tätowierungen erkennen. Verschlungene Zeichen, Buchstaben, Zahlen … Im Hosenbund steckte eine Automatik.
„Nico, ich wollte …”, begann die junge Frau, aber ehe sie etwas sagen konnte, bekam sie einen Tritt in den Bauch.
„Du wirst das alles abarbeiten, hast du verstanden!”
„Ja, Nico …”
„Cent für für Cent!”
„Ja, ganz bestimmt!”
„Aber vorher werde ich dir noch ein bisschen wehtun. Denn ohne Schmerz lernst du anscheinend nichts ...”
„Bitte…”
„Du bist und bleibst eine miese Schlampe.”
„Nico…”
„Wahrscheinlich war ich einfach bisher zu gut zu dir.”
„Bitte!”
„Zu weich!”
In diesem Moment klingelte Nicos Smartphone. Ein Anruf, der alles verändern sollte.
2
„Nico, ich tu das nie wieder”, wimmerte sie, nachdem er ihr noch einen eher halbherzigen Tritt verpasst hatte. Das Smartphone lenkte seine Aufmerksamkeit ab. Und das kam ihr in diesem Moment zu gute.
„Halts Maul, Elena”, knurrte er. Dann sah er auf das Handy-Display und erbleichte. Nico Meerbach erstarrte förmlich zur Salzsäule.
Elena blickte nun auf. Ihr war sofort klar, dass jetzt irgendetwas geschehen sein musste. Etwas, das Nico jäh von einem Augenblick zum nächsten vollkommen aus der Bahn zu werfen schien. Aber sie hätte es wirklich niemals gewagt, ihn in diesem Moment etwa danach zu fragen.
Niemals.
Es gab einfach Dinge, die man besser nicht tat.
Nico schluckte, ging zum Fenster. Er wirkte plötzlich sehr unruhig. Einen kurzen Blick warf er noch auf Elena. Aber dieser Blick galt nicht ihr. Er schien regelrecht durch sie hindurchzublicken. Schweiß stand auf seiner Stirn. Das Gesicht wirkte geradezu verstört.
Elena schluckte.
Sie fühlte, wie ihr der Puls jetzt bis zum Hals schlug.
Wie ein Hammerwerk.
Sie hatte Nico Meerbach wirklich noch nie so gesehen. Nico schützte sie. Er schlug sie manchmal auch. Aber selten so schlimm, dass sie nicht mehr auf die Straße gehen konnte und jemanden fand, der ihren Körper kaufen wollte. Das Wichtigste war, dass er sie mit Kokain versorgte, denn das brauchte Elena so dringend wie die Luft zum Atmen.
Ohne Stoff war sie kein Mensch.
Mit Stoff vielleicht auch nicht - oder sogar noch viel weniger.
Aber ohne Stoff ging auf jeden Fall gar nichts.
Sie konnte dann nicht einmal mehr einen klaren Gedanken fassen.
Irgendetwas stimmt wohl nicht!, ging es ihr durch den Kopf. Manchmal war Nico eben unberechenbar. Vor allem dann, wenn er selbst zu viel Stoff genommen hatte und ihn vielleicht noch mit ein paar Pillen kombinierte, die eigentlich seine miese Stimmung verbessern sollten, manchmal aber auch das genaue Gegenteil bewirkten. Dann konnte er wirklich unberechenbar ein. Und sehr gemein.
Für ein paar, sich unangenehm lang hinziehende Augenblicke hatte sie den Verdacht, dass sich Nicos unbeherrschter Zorn vielleicht jetzt auf sie entladen konnte.
Er nahm die Pistole aus dem Hosenbund.
Aber anstatt dass er sie nun auf Elena richtete, drückte er den Lauf an die eigene Schläfe.
Und drückte ab.
Elena riss den Mund auf.
Und die Augen.
Elena schrie, wie sie noch nie zuvor in ihrem Leben geschrien hatte.
Sie fühlte etwas Feuchtes im Gesicht. Als sie sich mit der Hand über das Gesicht wischte, stellte sie fest, dass sich ihre Tränen mit Blut vermischt hatten. Blut, das zu ihr herüber gespritzt war.
3
Ich begrüßte Dorothea Schneidermann. Die Sekretärin unseres Chefs beim BKA war gerade dabei, ein Telefonat zu führen.
“Guten Morgen, Herr Kubinke!”. sagte sie. “Guten Morgen Herr Meier!”
Mit einer energisch wirkenden Geste bedeutete sie meinem Kollegen Rudi und mir, Kriminalinspektor Harry Kubinke, weiter in Kriminaldirektor Hochs Büro zu gehen. Offenbar wurden mein Kollege und ich dort schon dringend erwartet.
Kriminaldirektor Hoch stand an der Fensterfront seines Büros und blickte von dort über die Silhouette der Stadt Berlin. Er hatte die Hände tief in den weiten Taschen seiner Flanellhose vergraben. Die leicht gebeugte Körperhaltung ließ sich so interpretieren, dass er im Augenblick sehr konzentriert über etwas nachdachte. Als Rudi und ich das Zimmer betraten, schien er uns zunächst gar nicht zu bemerken.
Wir warteten geduldig ab, bis Kriminaldirektor Hoch uns schließlich einen Platz anbot. Ein Ruck ging dabei durch seinen Körper, der sich sofort wieder straffte.
„Guten Morgen”, sagte er. „Wir haben es in unserem Job immer wieder mit perfiden Verbrechen zu tun. Gleich werden Sie Zeuge eines solchen Verbrechens werden, das an Niederträchtigkeit und Skrupellosigkeit kaum zu überbieten ist.”
„Wir sind also gewarnt”, sagte ich.
„In Börneburg ist vor einiger Zeit ein gewisser Nico Meerbach ums Leben gekommen. Und zwar durch Selbstmord. Nach übereinstimmender Aussage einer Zeugin und den Erkenntnissen der Kriminaltechnik hat sich Meerbach plötzlich seine Pistole selbst an die Schläfe gesetzt und abgedrückt.” Kriminaldirektor Hoch drehte seinen Laptop auf seinem Schreibtisch so herum, dass wir den Schirm sehen konnten. „Meerbach war Mitglied einer berüchtigten Rockergang”, fuhr Kriminaldirektor Hoch dann fort.
„Also eher jemand, der andere erschießt - nicht sich selbst”, schloss Rudi.
Kriminaldirektor Hoch ließ auf dem Bildschirm ein Foto von Nico Meerbach erscheinen. Es stammte aus unseren Dossiers. Meerbach trug eine Menge Tätowierungen. Manche wiesen auf Taten in der Vergangenheit hin. Immer wieder verschnörkelte Fraktur-Buchstaben in Kombination mit Zahlen. Beides hatte eine mehr oder minder kryptische Bedeutung, deren volle Bedeutung nur diejenigen kannten, die zur Gang gehörten. Der Ehrenkodex dieser Gruppen war mörderisch - und ihre Aufnahmerituale auch. In vielen dieser Gangs war das Begehen eines Mordes die Voraussetzung, um überhaupt aufgenommen zu werden.
„Ganz beachtliches Vorstrafenregister”, stellte Rudi bei einem kurzen Blick auf die unter dem Foto aufgelisteten Angaben aus dem BKA-Dossier fest.
„Ja, aber Meerbach hat in den letzten Jahren eine sehr steile Karriere hingelegt”, erklärte Kriminaldirektor Hoch. „Zumindest in Börneburg war er inzwischen zu einer der maßgeblichen Größen des organisierten Verbrechens geworden.”
Ich hob die Augenbrauen.
Kratzte mich am Kinn.
„Ziemlich jung dafür”, staunte ich.
„Aber besonders skrupellos und schlau”, fuhr Kriminaldirektor Hoch fort. „Auch wenn er herumlief wie ein Street-Fighter, der jederzeit irgendeinem Schuldner die Knie zerschießt, hat er sich in den letzten Jahren mehr wie...