Ischtar Band 1: Das Schiff der Ischtar (eBook)

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2023
Bärenklau Exklusiv (Verlag)
978-3-7579-2588-8 (ISBN)

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Ischtar Band 1: Das Schiff der Ischtar - Abraham Merritt
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Bärenklau Exklusiv präsentiert »Das Schiff der Ischtar«, den ersten Teil der Ischtar-Saga, eine Übersetzung aus dem Amerikanischen von Lore Sraßl.
Verbannt auf dem Schiff der Götter.
Der Archäologe John Kenton, ein Mann unserer Tage, verfällt einem uralten Zauber und erreicht eine andere, längst vergangene Welt. Aus seiner eigenen Dimension herausgerissen, findet er sich plötzlich auf einem Schiff wieder, das die Götter dazu verdammt haben, für alle Ewigkeit die Ozeane einer fremden Welt zu befahren.
John Kenton wird Zeuge des Streites der Götter. Auf der Seite Ischtars nimmt er teil am ewigen Kampf zwischen der Göttin der Liebe und der Rache, und Nergal, dem Totengott.



<p>Abraham Merritt war ein begnadeter amerikanischer Fantasy-Autor.<br> Lore Straßl war eine bedeutende Übersetzerin. Sie hat unzählige Romane uns Serien ins Deutsche übersetzt.</p>

1. Der Block aus Babylon


 

Verwirrt und eine Spur verstört blickte John Kenton auf den großen Block. Seltsam, dachte er, ja, wirklich seltsam, wie all seine innere Unruhe, seine unerklärliche Sehnsucht, seine Bedrückung, für die es eigentlich keinen Grund gab, sich darauf zu konzentrieren schien. Es war, als zöge der Block sie an – wie ein Magnet. Und lag nicht auch ein unheimliches Versprechen in dieser unbegreiflichen Anziehungskraft?

Er schüttelte den Kopf und griff erneut nach Forsyths Brief. Vor drei Tagen war diese Nachricht des alten Archäologen gekommen, dem Kentons Geld es ermöglicht hatte, dem Staub des einst so mächtigen Babylon lang verlorene Geheimnisse zu entreißen.

Wie gern hätte Kenton diese Expedition begleitet, mit welcher Begeisterung hatte er es geplant gehabt! Sein ganzes Leben hatte ihn die Vergangenheit gerufen und er hatte auf diesen Ruf gehört. Er war zu lang vergessenen Orten gewandert, wo vor fernen Zeiten die Städte großer Zivilisationen gestanden hatten. In all diesen Jahren war er an der Liebe vorbeigegangen. Die Romantik der Vergangenheit bedeutete ihm mehr. Als Gelehrter, Asket schon fast, hatte sein Herz keine Erfahrungen gesammelt, doch sein Geist dafür ein stolzes Wissen, das ihm den Respekt der Fachleute einbrachte.

Am Tag vor dem Aufbruch der Expedition war Amerika in den Krieg eingetreten. Kenton hatte darauf bestanden, dass Forsyth ohne ihn auf die Reise ging. Er selbst nahm an einem Offizierslehrgang teil und war nach kurzer Ausbildung an die Front versetzt worden. In Belleau hatte eine Verwundung den Krieg für ihn beendet und man schickte ihn heim. Von Alpdrücken gequält und voll Unruhe war er zurückgekehrt, und seine Lebenseinstellung, wie die abertausend anderer, hatte sich völlig verändert. Die Welt, die er kannte, bot keinen Reiz mehr für ihn. Und die, in der er glücklich sein könnte, wusste er nicht zu finden, Er konnte nicht einmal sagen, wie sie sein müsste. Der Krieg hatte ihm die Gegenwart unter den Füßen weggerissen, schlimmer noch, er hatte ihm die Brücke zur Vergangenheit zerstört, über die seine Seele so oft und gern gewandert war.

Doch Forsyths Brief weckte etwas in ihm auf, das er bereits für tot gehalten hatte. Er beschwor einen Hauch jener so vertrauten Verbindung zwischen dem Damals und Jetzt herauf. Ein Echo vibrierte in ihm wie von einer fernen schwachen Stimme, die ihn rief, die seinem alten Ich zu erwachen befahl – zu erwachen und – sich in acht zu nehmen!

Und mit Staunen hatte er festgestellt, dass er voll Ungeduld auf jenes Ding wartete, das der Brief ankündigte.

Am Nachmittag hatte der Zoll ihn freigegeben – den Block aus Babylon. Allein und mit wachsender Neugier hatte er die Kiste geöffnet. Sorgsam in dichten Strohlagen verpackt, war der Steinblock unbeschädigt angekommen. Stein? Aber weshalb war er so merkwürdig leicht?

Wieder dachte er darüber nach, als er ihn betrachtete. Der hohe Spiegel am Ende des Zimmers gab seine nachdenkliche Miene, seine gebückte Haltung wieder. Schlank war er und hochgewachsen, das Gesicht dunkel, die Züge scharf geschnitten, ein wenig an einen Adler erinnernd mit der schmalen Hakennase und dem ein wenig spitzen und leicht gekerbten Kinn. Die nach unten gezogenen Mundwinkel und der Ausdruck der Augen verrieten seine Bitterkeit und Enttäuschung – die der Krieg ihm geprägt hatte.

Das war John Kenton vor seinem großen Abenteuer.

Noch einmal las er den Brief, den Forsyth ihm geschrieben hatte:

Ich schicke Ihnen den Block, denn er trägt eine Inschrift über Sargon von Akkad, eine der wenigen, die je über diesen König gefunden wurden. Es war mir nicht möglich, seinen Zweck zu ergründen. Ich dachte, er würde Sie interessieren und Ihnen die Langeweile während Ihrer Rekonvaleszenz vertreiben. Mit der Zeit, die Ihnen nun sicher in reichem Maß zur Verfügung steht, gelingt es Ihnen vielleicht, zu übersetzen, was mir aus Zeitmangel leider nicht möglich war.

In der Inschrift findet sich immer wieder der Name Ischtar, Muttergöttin, Göttin der Liebe und auch des Kampfes, des himmlischen Zorns, der Fruchtbarkeit, aber auch Rachegöttin. Gerade in dieser letzteren Eigenschaft wird sie hier erwähnt. Der Name Nabu, der babylonische Gott der Weisheit, erscheint ebenfalls sehr oft. Doch der Text ist so verstümmelt, dass, von einzelnen Worten abgesehen, die offenbar eine Warnung bedeuten sollen, die Hinweise auf ihn nicht entzifferbar sind. Auch der Name Nergal, Gott der assyrischen Unterwelt, ist des Öfteren zu finden. Wie bei Nabu ist es kaum möglich, den Text zu rekonstruieren – zumindest nicht in der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht.

Noch andere Namen werden erwähnt: Zarpanit, zweifellos ein Frauenname, und Alusar, ein Männername. Im babylonischen Pantheon war Zarpanit oder Sarpanit die Frau des Gottes Bei Meredach und galt als niedrigere Erscheinungsform Ischtars. Aber ich glaube, die hier erwähnte Zarpanit war wirklich eine Frau, vielleicht eine Priesterin der Göttin. Da der Name Alusar ständig in Verbindung mit dem Namen Nergal vorkommt, kann man annehmen, dass er ein Priester dieses finsteren Gottes war.

Wir fanden den Block im Hügel Amran ibn Ali südlich des Quasr, des Palasts Nebukadnezars. Es gibt Hinweise, dass sich dort Esagila, die Zikkurat befunden hat, die als Heim der Götter in Babylon galt. Es dürfte dem Block große Bedeutung beigemessen worden sein, denn nur so wäre zu erklären, dass er bei der Vernichtung der Stadt durch Sanherib verschont blieb und dann später in den wiederaufgebauten Stufentempel gebracht wurde.

Kenton faltete den Brief zusammen und betrachtete den Block erneut. Er war ein Meter zwanzig lang, vielleicht sogar ein wenig länger, ein Meter zwanzig hoch, und etwa neunzig Zentimeter stark, und das verblasste Gelb verriet sein Alter, das ihn wie ein halb sichtbares Kleidungsstück umgab. Seine Oberflächen, die einmal glatt und glänzend wie Porzellan gewesen sein mussten, waren nun pockennarbig und zerkratzt, so dass die Inschrift nur teilweise zu erkennen war.

Er fuhr leicht mit der Hand darüber. Das Material gab ihm ein Rätsel auf. Es war weder Stein noch Ton; es war hart und feinkörnig und in dem bleichen Gelb glitzerten schillernde Pünktchen.

Kenton wandte seine Aufmerksamkeit nun der Inschrift zu. Es war eine archaische Keilschrift. Ja, hier waren die Namen Zarpanit und Alusar, die Zeichen für Ischtar, die Ruhmreiche, den Düsteren Nergal, den Blauen Nabu, Spender der Weisheit. Sie alle waren unzählige Male zu finden. Und überall, unübersehbar, das Zeichen der Warnung, immer mit dem Namen Nabu verbunden.

Seltsam, dachte er, wie rätselhaft die Inschrift war. Es schien ihm, als hinge ein Schleier zwischen ihr und ihm, als rühre jedes Mal, wenn er der Lösung schon ganz nahe war, etwas an sein Gehirn und verwirrte seine Gedanken.

Mit einem Mal wurde er sich eines Duftes bewusst, der sich verstohlen um ihn wand, der ihn sanft streichelte – wie verirrte Blumenseelen. Süß war dieser Duft und lockend und nie geahnt. Und er trug etwas mit sich, das den Rhythmus seines Lebens änderte und seinem so fremdartigen Pulsschlag anpasste. Er lehnte sich über den Block – die duftenden Schleier wirbelten um ihn, klammerten sich wie winzige Hände an ihn, flehentlich, sanft und doch drängend.

Sie flehten – um ihre Befreiung!

Er schüttelte die verrückten Gedanken ab und richtete sich auf. Der Duft war nichts weiter als Parfüm, das mit der Substanz des Blocks gemischt worden war und sich nun in dem warmen Raum entfaltete. Welchen Unsinn hatte er da nur mit offenen Augen zusammen geträumt? Unwirsch schlug er mit der Faust auf den Block.

Der Block erwiderte diesen Schlag.

Er murmelte. Das Murmeln schwoll an. Ein gedämpftes Klingen wie von einem Glockenspiel aus feiner Jade war herauszuhören. Dann erstarb das Murmeln, nur der helle Glockenklang blieb. Immer klarer wurde er, immer näher kam er aus endlosen Korridoren der Zeit.

Plötzlich übertönte ein scharfes Splittern ihn. Der Block spaltete sich und aus dem Spalt pulsierte ein Leuchten wie von rosigen Perlen. Welle um Welle von vibrierendem Duft strömte heraus, nicht länger sanft, nicht länger flehend.

Sieghaft! Triumphierend!

Etwas befand sich im Innern des Blocks. Etwas war dort verborgen – versteckt seit Sargon von Akkads Herrschaft vor sechstausend Jahren.

Kenton war schon dabei, seinem Butler zu läuten, da hielt er inne. Nein, er wollte dieses Erlebnis mit niemandem teilen.

Das Leuchten, das aus dem Block drang, war mehr als das eines Juwels. Es war die lebende Schönheit einer Göttin, die sich aus einem steinernen Sarkophag befreit.

Durften andere aufdecken, was im Innern verborgen lag? Durften andere außer ihm sehen, was bald frei sein würde?

Nein!

Er hastete aus dem Zimmer und eilte mit Werkzeug zurück, um freizulegen, was seit sechstausend Jahren im Block gefangen gewesen war.

Das Material des Blocks war ungewöhnlich hart. Es schien sich gegen ihn zu wehren. Mit Meißel und Bohrer löste er Stück um Stück der hartnäckigen Substanz entlang des Spalts, aus dem das rosige Leuchten drang.

Plötzlich erzitterte der Block wie ein lebendes Wesen. Wieder war das Klingen wie von einem jadenen Glockenspiel zu hören. Hell klang es, dann floh es zurück durch die Hallen der Zeit, bis es immer schwächer wurde. Und als es erstarb, zersprang der Block, wurde zu einer wirbelnden, sich langsam setzenden Wolke glitzernden Staubes.

Aus dieser Wolke drang der fremdartige Duft. Er sprang Kenton an, blieb an ihm haften. Noch einen weiteren Augenblick wirbelte die Wolke, ein Strudel funkelnden Dunstes, dann verschwand sie wie ein Vorhang, den eine Hand...

Erscheint lt. Verlag 28.4.2023
Übersetzer Lore Straßl
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Abenteuer • Drachen • Elfen • episch • Fantasy • Gnome • Götter • High Fantasy • historisch • Könige • Liebe • Reise • Roman • Totengott • Zauberer
ISBN-10 3-7579-2588-2 / 3757925882
ISBN-13 978-3-7579-2588-8 / 9783757925888
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