Canaria Criminal (eBook)

Kriminalroman

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2023 | 1. Auflage
272 Seiten
Gmeiner-Verlag
978-3-8392-7730-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Canaria Criminal -  Daniel Verano
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Im Wahlkampf springt der polarisierende Politiker Francisco Fraude mit dem Fallschirm über Gran Canaria ab. Felix Faber, deutscher Auswanderer und Journalist auf der Insel, beobachtet den Sprung von seinem Bungalow aus. Es geschieht das Unvorstellbare, vor laufender Kamera schlägt Fraude auf einem Felsen auf und ist tot. Faber beginnt zu recherchieren und kreuzt dabei den Weg der taffen Ermittlerin Ana Montero. Zusammen decken sie nach und nach eine Verschwörung auf.

Daniel Verano ist das Pseudonym von Daniel Wehnhardt. Der Autor wurde 1984 in Fürstenhagen geboren. Nach dem Studium arbeitete er für die evangelische Kirche und unterrichtete Spanisch und Politik an unterschiedlichen Schulen im nord- und osthessischen Raum. Er wohnte selbst eine Zeit lang auf den Kanaren, die er seitdem jährlich besucht - auch zur Recherche für seine zeitgenössischen und zeitgeschichtlichen Spannungsromane, die er inzwischen als hauptberuflicher Autor schreibt. Er lebt und arbeitet in Kassel. Mehr Informationen zum Autor unter: www.danielwehnhardt.de

Prolog


Martín Casado trank einen Schluck Wasser, sah das Lämpchen aufleuchten und beugte sich zu seinem Mi­krofon. »Buenos días, Señoras y Señores«, begrüßte er seine Zuhörerschaft. »Was für ein wundervoller Morgen hier in Las Palmas. Es ist halb acht, und ihr hört Radio Canarias.« Obwohl er mit seinem Gast allein war, zeigte er auf ihn. Eine Marotte, die er seit seinen ersten Tagen als Moderator beibehalten hatte. »Bei uns im Studio ist ein Mann, den ich niemandem vorzustellen brauche, denn er ist aktuell in aller Munde. Francisco Fraude, frisch gewählter Parteichef von RAZÓN auf den Kanaren. ¡Bienvenido, Señor! Vielen Dank, dass Sie den Weg zu uns gefunden haben.«

»Mucho gusto«, antwortete der Angesprochene. Er räusperte sich und streckte seinen Rücken durch. Wach und konzentriert erwiderte er Casados Blick. Aus dem Jackett seines maßgeschneiderten Anzugs lugte ein Einstecktuch hervor.

»Señor Fraude, auf dem Parteitag sind Sie mit einer überwältigenden Mehrheit gewählt worden. Damit haben Sie Ihren Vorgänger spektakulär aus dem Amt gedrängt. Wie haben Sie diese Entscheidung empfunden?«

»Sie haben es treffend beschrieben, das Votum der Delegierten war eindeutig. Die Partei wird Miguel Torres für sein Engagement ewig dankbar sein. Dennoch waren unsere Mitglieder nicht bereit, seinen Kurs mitzutragen, das hat diese Wahl überzeugend belegt.«

»Viele Abgeordnete im kanarischen Parlament haben seinen Kurs als moderat bezeichnet. Sie teilen diese Einschätzung nicht?«

»Nein.«

»Wie würden Sie ihn stattdessen beschreiben?«

»Der Kollege Torres hat ein für ihn traumatisches Erlebnis erlitten.«

»Sie spielen auf den Selbstmord seines Sohnes an?«, fragte Casado.

Fraude nickte. »Dieser Vorfall ist fürchterlich, und dem Kollegen gilt selbstverständlich unser tiefes Mitgefühl.«

»Sie glauben, er habe sich auf seine politische Agenda ausgewirkt?«

»Fakt ist, dass Torres seine Positionen seitdem verändert hat. Diese decken sich jedoch nicht mit der Parteilinie.«

Casado fasste sich an die Nase. »Vale, dann machen wir es konkret: Wie wollen Sie Ihre Partei für die kommenden Parlamentswahlen im nächsten Mai ausrichten?«

Fraude rückte näher an das Mikrofon heran. »Unsere Politik betrifft vor allem drei Bereiche: erstens die Flüchtlings-, zweitens die Energie- und drittens die Sozialpolitik.«

»Wie lauten da Ihre Positionen und Vorschläge?«

»Zunächst müssen wir sicherstellen, dass der Zustrom illegaler Flüchtlinge gestoppt wird. Um das zu erreichen, schlagen wir vor, eine kanarische Spezialeinheit zu schaffen, die vor unseren Inseln patrouilliert. Wir müssen die Schlepperbanden abfangen, bevor diese unsere Strände erreichen.«

Casado biss sich auf die Zunge. Als hielte nur sein journalistisches Ethos ihn davon ab, seinem Gast seine wahre Meinung zu eröffnen.

»Weiter wollen wir die desaströse Energiepolitik der Regierung beenden«, fuhr Fraude fort. »Dieser Irrsinn muss ein Ende haben.«

»Sie meinen …?«

»Den ideologiegetriebenen Ausbau der sogenannten erneuerbaren Energien.«

»Die Kanarischen Inseln haben den Anteil ihrer Stromerzeugung aus Wind-, Solar- und Wasserenergie innerhalb der letzten drei Jahre um dreiundvierzig Prozent gesteigert. Viele Menschen würden das als außerordentliche Leistung bezeichnen. Sie nicht?«

»Zuallererst ist das vor allem eine außerordentliche Plünderung der öffentlichen Kassen. Und die sind – dank der linken Regierungen der vergangenen Jahrzehnte – ohnehin bereits leer.«

»Sie sehen die Hinwendung zu erneuerbaren Energien demzufolge kritisch?«

»Das grüne Wachstum, wie es uns die Öko-Sozialisten verkaufen wollen, ist in Wahrheit ein grünes Schrumpfen. Und zudem nichts weiter als ein unbezahlbares Märchen. Wir werden uns diesem Wahnsinn entgegenstellen.«

»Was ist Ihre Lösung?«

»Zunächst müssen wir anerkennen, dass wir den wachsenden Strombedarf, insbesondere hier auf Gran Canaria, nicht mit dieser Form der Energieerzeugung decken können. Das ist eine naturwissenschaftliche Tatsache. Wenn wir das versuchten, würde dies zulasten unseres wichtigsten Wirtschaftszweigs gehen, des Tourismus. Wir von RAZÓN sind der Auffassung, dass es unverantwortlich ist, unsere größte Einnahmequelle für dieses rein ideologische Projekt zu gefährden.«

»Vale, das sagten Sie bereits«, entfuhr es Casado. Es fiel ihm zunehmend schwerer, sich zu beherrschen. Er rutschte auf seinem Stuhl herum. »Stattdessen plädieren Sie wofür?«

Fraude öffnete sein Jackett, griff in die Innentasche und zückte einen Zettel. »Der Konzern PETROLOL schätzt, dass vor unseren Inseln täglich einhunderttausend Tonnen Erdöl gefördert werden könnten, und das die nächsten zwanzig Jahre lang.« Er verstaute die Notizen wieder in seinem Jackett, knöpfte es zu und zupfte es zurecht. »Einhunderttausend Tonnen«, wiederholte er nachdrücklich, »zwanzig Jahre lang! Damit wären alle Energieprobleme gelöst.«

»Aber was ist mit den Gefahren? Denken Sie doch nur an eine mögliche Katastrophe an unseren Stränden. Würde die Förderung von Erdöl nicht jenen Wirtschaftszweig gefährden, für dessen Schutz Sie plädieren?«

Fraude verzog keine Miene. »Das ist grüne Angstmacherei«, erwiderte er kühl, »und die Canarios wissen das. Sonst stünden wir in den Umfragen nicht dort, wo wir uns gerade befinden.« Ein überhebliches Grinsen huschte über das Gesicht des Parteichefs.

In der neuesten Erhebung hatten dreißig Prozent der Befragten angegeben, bei der nächsten Wahl ihre Stimme für RAZÓN abzugeben. Das hatte für ein Erdbeben im politischen Establishment gesorgt und war der Grund dafür gewesen, dass Radio Canarias die derzeit wichtigste Person der Partei eingeladen hatte.

»Also gut, kommen wir zum letzten Punkt«, wischte Casado dieses Argument beiseite. »Sie erwähnten anfangs die Sozialpolitik. Zweifellos liegt diesbezüglich auf unseren Inseln einiges im Argen.«

»Genau meine Rede. Ich stimme dem voll und ganz zu, Martín.« Fraude war zum Du übergegangen, ohne zu fragen, wie es in Spanien üblich war. »Deshalb müssen wir auch hier der Realität ins Auge sehen. Schluss mit dem Asylmissbrauch und der Einwanderung in die Sozialsysteme.«

»Eine sehr populi-«, Casado schob sich gerade noch einen Riegel vor, »populäre Forderung.«

»Wir dürfen uns nicht mehr auf der Nase herumtanzen lassen! Deshalb muss es fortan heißen: ¡Españoles primero! Sozialleistungen nur noch für unsere Landsleute, für Spanierinnen und Spanier. Konsequentes Abschieben von abgelehnten Asylanten und kriminellen Ausländern.«

Casado fehlten die Worte. Was sollte er darauf erwidern? Am liebsten wäre er diesem Kerl an den Hals gesprungen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dürfte Fraude nicht hier sitzen und diesen sprachlichen Müll absondern. Aber die Programmleitung hatte auf dem Interview bestanden und ihn zudem eindringlich gewarnt, dass er sich beherrschen solle, sonst könne er sich am nächsten Tag einen neuen Sender suchen.

Mit größter Mühe schob der Moderator seine Gedanken beiseite. »Sie haben mir vor der Sendung gesagt, dass Sie unseren Hörerinnen und Hörern zum Schluss des Interviews noch etwas ankündigen möchten.«

»Correcto.« Fraude richtete sich erneut auf. Casado konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass Fraudes Stock im Hintern ihn zu den unruhigen Bewegungen zwang. »Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die vor uns liegenden Aufgaben sind so vielfältig wie gewaltig. Was wir brauchen, sind keine ideologischen Zauderer, sondern mutige Pragmatiker. Unsere Inseln und unsere große Nation haben es verdient, von den Besten regiert zu werden. Von Menschen, die bereit sind, jede Last auf sich zu nehmen, wenn das Wohl unserer Inseln und unseres Landes dies erfordert.« Er faltete seine Hände und legte eine Pause ein, um die Spannung zu steigern. »Deshalb kündige ich hiermit Folgendes an: Heute in zwei Wochen werde ich mit einem Flugzeug vom Aeródromo de El Berriel starten und mit dem Fallschirm abspringen – allein. Um zu zeigen, dass ich bereit bin, alles Erdenkliche für unsere Gemeinschaft, für unsere Insel zu tun.«

Das hatte gesessen. Casado blieb die Spucke weg.

Fraude verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. Sein Mund formte sich zu einem siegesgewissen Lächeln. Sein Blick sagte wortlos: Dir hab ich’s gezeigt.

Ab jetzt würden im Wahlkampf alle Augen auf ihn gerichtet sein.

*

Ich beende die Übertragung und klappe das Notebook zu.

Francisco Fraude.

Allein dieser Name, ekelhaft. F. F., dieselben Initialen wie die des spanischen Diktators Francisco Franco. Und derselbe Vorname.

Ironie des Schicksals? Wohl eher historischer Sarkasmus, denn ideologisch nehmen beide Franciscos einander nichts. Das, was Fraude soeben in der Sendung abgesondert hat, hätte auch aus dem Mund von Franco höchstpersönlich kommen können.

Gedankenverloren wandert mein Blick zu der Wanduhr über der Tür. Verflucht, ich bin zu spät dran! Ich springe vom Bett und gehe in die Küche. Eigentlich wollte ich vor der Arbeit noch eine Kleinigkeit essen, aber das passt nun nicht mehr. Stattdessen nehme ich die angebrochene Mate aus dem Kühlschrank und kippe den Rest in wenigen Schlucken herunter.

Dann husche ich ins Schlafzimmer. Hole den Blaumann von der Kleiderstange, schlüpfe hinein und betrachte mich zum Abschluss in dem Schrankspiegel.

Ich verlasse...

Erscheint lt. Verlag 12.7.2023
Reihe/Serie Felix Faber
Felix Faber
Kriminalromane im GMEINER-Verlag
Verlagsort Meßkirch
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Attentat • fallschirmsprung • Felix Faber • Franco • Gran Canaria • Gran Canaria-Krimi • Journalist • Krimi • politisch • Populismus • Präsidentschaftswahlen • Spanien • Umweltaktivismus • Umweltkaktivisten • Wahlkampf • Zeitgenössischer Kriminalroman
ISBN-10 3-8392-7730-2 / 3839277302
ISBN-13 978-3-8392-7730-0 / 9783839277300
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