Straße ins All 48: Ein Bewusstsein in der Raumzeit (eBook)
250 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7545-1 (ISBN)
Zwischenfall auf dem Mond
Miguel de Torres
»Das Geheimnis von Clint Fisher und Lino Frascati«
DIE HAUPTPERSONEN:
Lino Frascati und die Katze Felicitas: Ein ungleiches Paar, das doch viele Gemeinsamkeiten hat ... Allerdings begegnet nur ihm der Stationscomputer der Empfangsstation mit Misstrauen und konfrontiert ihn mit seiner eigenen Vergangenheit.
Jackson ›Jackie‹ Chan: Ein Ende seiner Pechsträhne ist noch lange nicht in Sicht.
Clint Fisher: Der Sicherheitschef von Mechanics – mit einem persönlichen Geheimnis, das tief in der Vergangenheit wurzelt.
Prolog
Tief und drohend hing die Wolkendecke über Detroit. Die ersten Flocken fielen bereits; ein scharfer und eiskalter Wind pfiff durch die Straßenschluchten. Bald würde er zu einem Sturm anwachsen – dem ersten Schneesturm dieses Winters.
Doch das störte den hageren Jungen mit dem militärisch kurzen Haarschnitt nicht, der mit olympiareifer Geschwindigkeit durch die belebten Straßen rannte. Mehr als ein Fußgänger, der einen unbedachten Hieb seiner schlaksigen Arme abbekommen hatte, blieb stehen und blickte ihm kopfschüttelnd hinterher, und mehr als ein Autofahrer trat fluchend auf die Bremse, weil der Junge rote Ampeln grundsätzlich ignorierte.
Er mochte etwa fünfzehn Jahre alt sein und hatte ein graues und ein blaues Auge. Normalerweise besaß er zwei graue Augen – das blaue verdankte er, wieder einmal, Jeffrey Hogan, der, obwohl gleich alt, beinahe einen halben Kopf größer war als er selbst. Jeff hasste ihn, doch der Junge, der nun, ohne seine Geschwindigkeit herabzusetzen, in eine Seitenstraße in Richtung Norden einbog und dabei beinahe mit einem Kinderwagen kollidierte, wusste, dass dieser Hass aus blankem Neid resultierte. Das Höchste, wozu es Jeffs Vater vor seinem Abgleiten in die Arbeits- und Hoffnungslosigkeit gebracht hatte, war Türsteher in einem dubiosen Etablissement in jenem Teil des Stadtzentrums, in den sich nicht einmal mehr Polizeistreifen wagten.
Unbewusst warf der Junge den Kopf hoch, während er eine weitere Straße überquerte und dabei nur um Haaresbreite einem dieser neuen und teuren Gleiter auswich, von denen auch zwei Exemplare in der Garage seines Elternhauses standen.
Sein Vater war ein Held!
Er war einer der ersten Überlebensspezialisten des Mechanics-Konzerns – ein führendes Mitglied jener Elitetruppe, die, obschon erst vor zwei Jahren gegründet, bereits einen legendären Ruf genoss. Kein Wunder, dass Jeff – wie auch alle anderen Jungen und Mädchen seiner Klasse – jedes Mal vor Eifersucht beinahe platzte, wenn er seiner ansichtig wurde.
Leider bedingte dieser Beruf, dass er seinen Vater oft monatelang nicht zu Gesicht bekam. Wenn er seine Mutter fragte: »Wann kommt Vater wieder nach Hause?«, erhielt er stets die gleiche Antwort: »Ich weiß es nicht, Junge.«
Und sie wusste es tatsächlich nicht – ebenso wenig, wie sie wusste, wo ihr Mann sich gerade aufhielt. Aus Andeutungen, die sein Vater bei seinem letzten »Heimataufenthalt« gemacht hatte, schloss der Junge, dass er nach Europa geschickt worden war, wo in jüngster Zeit dieser Hunnenkonzern mit dem seltsamen Namen »Flibo« eine immer größere und härtere Konkurrenz zu Mechanics Inc. geworden war. Flibo, das war allgemein bekannt, pflegte in der Wahl seiner Methoden, die ärgerliche Konkurrenz aus den Staaten zu bekämpfen, nicht eben zimperlich zu sein. Natürlich ganz im Gegensatz zu Mechanics; der Konzern, dem sein Vater angehörte, würde sich niemals außerhalb oder auch nur am Rande der Legalität bewegen, davon war der Junge felsenfest überzeugt.
Die Flocken fielen nun dichter, und auch der Wind hatte noch zugelegt. Einen Sekundenbruchteil – wirklich nur einen Sekundenbruchteil – fragte sich der Junge, ob es nicht doch besser gewesen wäre, auf den Schulbus zu warten, doch dann schüttelte er diesen Gedanken so schnell ab, wie er gekommen war. Nein, wie schlecht das Wetter auch sein mochte – heute hatte er nicht die Geduld, fünfzehn Minuten untätig an der Haltestelle herumzustehen.
Denn heute kam sein Vater nach Hause!
Möglicherweise war er sogar schon dort und wartete auf ihn.
Die Gegend, durch die der Junge nun immer noch ohne sichtbare Anstrengung lief, unterschied sich stark von dem farblosen Betondschungel, in dem die Schule stand. Immer mehr grüne Flächen mischten sich in das Einheitsgrau; meist bildeten sie kleinere oder auch größere Gärten vor zurückgesetzten Häusern, deren Schönheit und Anmut die in ihnen steckende Sicherheitstechnik geschickt verbarg. Doch der Junge wusste: Jedes Haus hier war eine schier uneinnehmbare Festung – musste es sein!
Der Junge passierte eine Holzbrücke über einen kleinen, künstlichen Bach und wusste: Nun trennte ihn noch genau ein Kilometer von seinem Zuhause. Er nahm sein Tempo etwas zurück; nicht, weil sein Körper Ermüdung oder gar Erschöpfung signalisierte, sondern aus rein rationaler Überlegung heraus. Früher, als sein Vater noch oft zu Hause gewesen war, hatte er ihm beigebracht, mit seinen Kräften sparsam umzugehen, damit er dann, wenn es darauf ankam, mehr als hundert Prozent geben konnte.
Irgendwo weit vor ihm, halb verdeckt durch Bäume und Häuser, fuhr plötzlich ein Blitz gegen den Himmel – ein Blitz, der trotz des mittlerweile dichten Schneetreibens so hell war, dass die Augen des Jungen schmerzten. Sekunden später ertönte ein Donner, der gewaltiger war als alle gewitterbedingten Donner, die der Junge jemals gehört hatte.
Dann kam die Druckwelle.
Der Junge taumelte, fing sich aber rasch wieder. Unwillkürlich war er stehen geblieben, hatte Augen und Mund weit aufgerissen, während um ihn herum die Welt für eine Zeitspanne, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, stillstand.
Er wusste plötzlich, von irgendwoher, was geschehen war.
Er wusste, dass von nun an in seinem Leben nichts mehr so sein würde wie zuvor.
Er rannte los – schneller, als er jemals gerannt war. Die Ermahnung seines Vaters, mit seinen Kräften zu haushalten, damit er im Ernstfall mehr als hundert Prozent geben konnte, kam ihm wieder in den Sinn.
Jetzt war der Zeitpunkt, mehr als hundert Prozent zu geben!
Trotz seiner Geschwindigkeit – einer Geschwindigkeit, zu der nur wenige Erwachsene fähig gewesen wären – atmete er gleichmäßig. Tausend Gedanken stoben durch sein Gehirn wie die ihn umtanzenden Schneeflocken, und dennoch fühlte er sich leer. Irgendwo begann eine Sirene zu heulen, Sekunden darauf mischte sich eine zweite dazu.
Er rannte unter den toten Zweigen des großen Kastanienbaums hindurch – noch vierhundert Meter!
Dann noch zweihundert.
Ein Gleiter brauste über ihn hinweg, viel tiefer als erlaubt, rot und mit dem Logo eines lokalen Fernsehsenders versehen. Natürlich – wenn etwas passierte, waren die immer als Erste am Ort des Geschehens, noch vor Polizei und Rettungskräften.
Der Junge rannte unbeirrt weiter. Noch eine Querstraße und dann, gleich, würde er das Haus seiner Eltern sehen...
Er stoppte abrupt.
Das Haus – ein großes Haus mit zwei Obergeschossen und einem quadratischen Türmchen, das alle Nachbarhäuser und auch die meisten Bäume überragte – war nicht mehr da. An seiner Stelle befand sich ein tiefer, schwarzer und qualmender Krater, der in geringer Höhe von dem Nachrichtengleiter umkreist wurde. Zwei der Nachbarhäuser – jedes immerhin mindestens fünfzig Meter entfernt – waren teilweise eingestürzt. Menschen schrieen.
Langsam setzte sich der Junge wieder in Bewegung. Wie einer der Spielzeugroboter, die ihm sein Vater vor Jahren geschenkt hatte, setzte er mechanisch einen Fuß vor den anderen. Er spürte den Geschmack von Rauch und Staub in seinem Mund – den Geschmack von Tod.
Der Gleiter beendete seine Umkreisungen des Kraters und schwebte langsam in Richtung des Jungen. Dieser bemerkte es nicht. Dafür sah er etwas anderes; es lag am Rand des Kraters – ein blutiges Bündel.
Im nächsten Augenblick bereits war der Junge dort, hielt den Oberkörper seines Vaters in den Armen.
»Mutter ...?«, fragte er mit rauer, kaum verständlicher Stimme.
Mit letzter Kraft schüttelte sein Vater den Kopf.
Ein Schatten fiel über die beiden, ohne dass sie es bemerkten – der Kamermann im Gleiter ließ sich nichts entgehen.
Und während sein Vater in jedem Wohnzimmer des Staates Michigan starb und sich die Augen des Jungen, der den Namen Clint Fisher trug, mit den letzten Tränen seines Lebens füllten, schwor er im Stillen einen unheiligen Eid.
Von nun an würde sein Leben einem einzigen Zweck dienen: Mochte es auch dauern, so lange es wollte – eines Tages würde er die Mörder seiner Eltern und alle, die mit deren Tod auch nur indirekt zu tun hatten, auslöschen!
Ankunft
Der Raum war sehr groß – beinahe eine Halle. Er besaß einen dreieckigen Grundriss, und an seinen Wänden reihten sich fremdartige Schaltanlagen und Paneele, die dem Beobachter den Eindruck vermittelten, etwas ungeheuer Komplexes könne damit auf ungeheuer einfache Weise gesteuert werden...
Erscheint lt. Verlag | 22.4.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
ISBN-10 | 3-7389-7545-4 / 3738975454 |
ISBN-13 | 978-3-7389-7545-1 / 9783738975451 |
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Größe: 823 KB
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