G. F. Unger Sonder-Edition 267 (eBook)

Es waren sechs Texaner

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4674-8 (ISBN)

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G. F. Unger Sonder-Edition 267 - G. F. Unger
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Mein Name ist Jeff Kerrigan. Ich war einer von sechs Strolchen, die aus dem Süden gekommen waren, um im Goldland Pferde zu verkaufen. Die Pferde hatten wir gestohlen, das muss ich ehrlich zugeben. Aber wir hatten sie nicht armen Leuten weggenommen, sondern der Unionsarmee. Und diese wiederum hatte sie bei Ranchern, Farmern und Siedlern requiriert, die ihre Steuern nicht bezahlen konnten.
Wir kamen uns also keineswegs wie Diebe vor. Im Gegenteil, wir waren richtig stolz auf uns, als wir mit Taschen voller Dollars in Lou Madisons Paradise einzogen, um uns von ihren Mädchen verwöhnen zu lassen. Allerdings sollte es aus unserem Glücksrausch schon bald ein bitteres Erwachen geben...


Es waren
sechs Texaner

Lou Madisons Haus war für alle wilden Jungens mit genügend Dollars das Paradies. Denn bei ihr arbeiteten die schönsten Mädchen auf fünfhundert Meilen in der Runde als sogenannte »Gastgeberinnen«.

Lou Madisons Haus war nobel eingerichtet – und wenn man bedenkt, dass das Camp weit weg von jeder Zivilisation war und man alles sehr mühsam und umständlich hatte durch das Indianergebiet herschaffen müssen, so war Lou Madisons Etablissement für uns wahrhaftig so etwas wie ein neues Weltwunder – obwohl wir die anderen gar nicht kannten.

Ja, wir waren primitive Burschen.

Und wir hatten eine Pferdeherde hergebracht. Denn Pferde waren knapp in Golden Bucket, was so viel wie »Goldener Eimer« bedeutet. Der Name kam zustande, als jemand mit einem Eimer Wasser aus dem Creek holte. Der Creek war so klar, dass er die Wassertiefe überschätzte und mit dem Eimer über den Grund schrappte. Nachdem sein Pferd den Eimer leergemacht hatte, sah er sich den Sand darin an. Aber es war gar kein richtiger Sand. Es war mehr Gold als Sand.

Der Bursche von damals hatte also Gold im Eimer.

Und weil er das nicht für sich behalten konnte, sondern laut genug hinausposaunen musste in seiner wilden Freude, gab es bald tausend und noch mehr goldhungrige Burschen mit allem nur denkbaren Zubehör hier. Das Camp schoss wie eine Kolonie Pilze aus dem Boden. Man nannte es Golden Bucket. Und im Winter dann stellte es sich heraus, dass die goldhungrigen Digger vom Gold nicht satt werden konnten. Sie brauchten auch Fleisch. Es war nicht mehr genug Wild da nach einigen Blizzards.

Da begannen sie ihre Pferde zu verspeisen.

Und deshalb hatten wir eine Herde hergebracht, weil niemand gern zu Fuß ging und wir auf gute Preise hofften.

Unsere Hoffnungen wurden sogar noch übertroffen. Jeder von uns hatte zum Schluss nach Abzug der eigenen Unkosten mehr als fünfhundert Dollar in der Tasche.

Nun waren fünfhundert Bucks natürlich eine Menge Geld. Drunten im Süden musste ein guter Cowboy für fünfhundert Dollar fast zwei Jahre arbeiten.

Aber hier im Goldland waren sie nicht so viel wert. Hier war alles sündhaft teuer. Schon für ein gutes Steak mit Beilagen zahlte man zwei Dollar – und das jetzt im Frühsommer. Im Winter hatte ein Pferde-Steak zehn Dollar gekostet, und ein paar Leute waren verhungert.

Als wir gestern vor Lou Madisons Paradies kamen, zog gerade eine Mannschaft von Frachtfahrern ab, die einige Wagen voll Schnaps, Wein, Tabak und Zigarren, Spielkarten und zwei Klaviere hergebracht hatte.

Der Verdienst dieser Maultiertreiber war nach drei Tagen im »Paradies« draufgegangen. Als sie keinen Dollar mehr hatten, mussten sie gehen.

Wir lösten sie sozusagen ab. Aber wir mussten zuvor erst eine Minen-Mannschaft verprügeln und zum Teufel jagen, bevor wir ungehindert durch die Pforte ins »Paradies« gelangen konnten.

Lou Madison nannte uns dann recht sachlich ihren Preis.

Als wir akzeptierten, wurde das Haus verschlossen.

Nun waren wir eine geschlossene Gesellschaft. So einfach und natürlich ging das zu in Golden Bucket, mitten in der Wildnis von Montana.

Lou Madisons Mädchen hatten Stil. Sie waren keine abgewirtschafteten Flittchen, die nur noch dort arbeiten konnten, wo sie ohne Konkurrenz waren.

Mary zum Beispiel, die sich ihrer Aufgabe als Gastgeberin ganz mir widmete, war noch vor einem Jahr in Boston Lehrerin gewesen. Aber wahrscheinlich hatte sie es da schon mit den Männern getrieben. Sie kannte sich jedenfalls aus.

Und sie konnte Klavier spielen, fast so gut wie eine ausgebildete Sängerin singen und auch Gedichte aufsagen. Wenn sie betrunken war, wurden die Texte ihrer Lieder zwar zweideutig, doch wurde sie dabei nie vulgär.

Sie hatte Stil. Und sie konnte einen Burschen, der schon lange keine Frau mehr sah und den die Indianer fast skalpiert hatten, ziemlich glücklich machen.

Dass man bezahlen musste – nun, was auf dieser Welt gab es schon umsonst? Und überdies bezahlten wir ja jeden Tag bei Lou Madison und nicht bei unseren Schönen.

Die ließen uns niemals merken, dass wir sie gekauft hatten.

Übrigens, mein Name ist Jeff Kerrigan. Ich bin ein gelbhaariger, grauäugiger Texaner, mit ein paar Narben an Leib und Seele.

Sego Conray trommelte uns im wortwörtlichsten Sinne zusammen, indem er von Tür zu Tür ging und mit der Faust dagegen hämmerte, bis wir uns endlich meldeten und ihm versprachen, gleich zu kommen.

Wir versammelten uns im Speiseraum, denn Sego hatte vom Chinesen Kaffee kochen lassen, damit wir möglichst schnell klare Köpfe bekamen und unsere Hirntätigkeit nicht ganz so mühsam in Gang kam.

Er saß am Kopfende des noblen Tisches und sah aus wie sein eigener Schatten. Und dennoch war noch eine ganze Menge von seiner wilden und verwegenen Energie in ihm, die uns so oft schon im rechten Moment angetrieben hatte, wenn wir glaubten, aufgeben zu müssen. Und immer dann, wenn er uns wieder antrieb, da gewannen wir jede am Anfang scheinbar aussichtslose Sache. Jawohl, so war es schon oft.

Und nun saß er dort, goss sich die zweite Tasse Kaffee ein und probierte, ob der Löffel darinnen steckenblieb wie in schwarzem Schlamm.

Dann schlürfte er das Zeug, welches auch einen schon sieben Tage lang toten Indianer wieder in den Sattel gebracht hätte.

Als ich kam, war schon Jube Mullegan da. Er war unser Bulle. Wenn er auch nur hörte, dass jemand etwas nicht schaffen konnte, weil er nicht Kraft genug hätte, so kam er sofort, um zu zeigen, dass es bei ihm nicht an dieser Kraft fehlte.

Jube Mullegan saß neben Sego Conray, rührte wie dieser im Kaffee und versuchte, auf die gleiche Art zu grinsen.

Doch bei ihm sah es zumeist etwas dämlich aus. Aber er war ganz gewiss nicht dämlich. Im Gegenteil, Jube war bauernschlau. Er legte es nur stets darauf an, unterschätzt zu werden. Sosehr er auch gern seine Kraft zur Schau stellte, im Hinblick auf sein Hirn hielt er sich zumeist bescheiden zurück.

Ich setzte mich zu diesen beiden Sattelgefährten, goss mir seufzend Kaffee ein und rührte ebenfalls in der Tasse herum.

Zwischendurch kratzte ich mir die behaarte Brust. Das konnte ich leicht, denn bis auf die Unterhose war ich nackt. Auch die anderen waren nicht besser angezogen. Es war ja auch ganz hübsch warm geworden, und der heiße Kaffee trieb uns nun den Wein und den Schnaps aus den Poren.

Nach mir kamen dann mürrisch Pecos Slaughter, Curly Highmaster und Scott Bonespenny herein.

Mehr waren wir nicht.

Wir waren eigentlich nur ein paar Strolche, die aus dem Süden heraufgekommen waren mit der Idee, den Goldgräbern die Pferde zu bringen.

Die Pferde hatten wir gestohlen, dies muss ich ehrlich zugeben. Aber wir hatten sie nicht armen Leuten gestohlen, sondern der Unions-Armee. Und diese wiederum hatte sie im Süden bei Ranchern, Farmern und Siedlern requiriert, die ihre Steuern nicht zahlen konnten.

Man wird verstehen, dass wir Südstaatler uns nicht gerade für Pferdediebe hielten.

Als wir dann alle sechs am Tisch saßen und im Kaffee rührten, so als könnten wir dadurch verhindern, noch etwas anderes tun zu müssen – zum Beispiel zu denken oder gar zu reden –, da raffte sich unser guter Sego wieder einmal auf.

Er sagte: »Jungens, wenn wir kein Geld mehr haben, müssen wir wieder hinaus in diese harte und unfreundliche Welt. Ich aber würde noch gerne eine Weile in diesem Paradies bleiben. Ihr nicht?«

Nun erschraken wir wahrhaftig. Zwei von uns verschluckten sich sogar beim Kaffeetrinken und begannen schlimm zu husten.

Aber die Nachbarn schlugen ihnen fast die Rücken ein, so freundlich klopften sie.

Und so herrschte bald wieder Stille.

Nur unsere Hirne begannen innerlich zu knistern. Wir alle hatten tiefe Falten auf den Stirnen und bekamen traurige Augen.

Heiliger Rauch – wenn wir jetzt so plötzlich wieder raus mussten aus diesem schönen Sündenpfuhl ... Das war ja gar nicht auszudenken!

Wir waren fünf Jahre im Krieg gewesen, waren dann aus Texas gejagt worden und hatten Pferde gestohlen. Wir waren dann vier Monate mit diesen Pferden auf der Flucht.

Und wir glichen sozusagen Seefahrern, die nach langen Jahren endlich eine grüne Insel erreichten, auf der es alles gab, was sie sich nur wünschten für die allererste Zeit.

Versteht ihr, Leute, dass wir damals gar nicht normal waren?

Und schon gar nicht waren wir gebildete Schöngeister und gefestigte Menschen, obwohl auch dieses ... Nun, das geht keinen was an.

Wir dachten also nach.

Und jedem von uns schauderte es.

Wir seufzten wie auf Kommando in sechsstimmigem Chor. Plötzlich fühlten wir uns wie auf einem Begräbnis des wahren Glückes.

Endlich sagte Sego Conray: »Na, ihr Hammelköpfe, jetzt begreift ihr wohl, warum ich euch rausgetrommelt habe, weggeholt von den Schönen der Nacht?«

Wir nickten alle.

Ja, das begriffen wir wahrhaftig.

Scott Bonespenny aber fragte: »Sego, hast du da drinnen eine Idee?«

Als er »da drinnen« sagte, pickte er mit einem Zeigefinger gegen seine Stirn wie ein Specht mit seinem Schnabel gegen einen Baum.

Wir hatten fast den Eindruck, als müssten Späne...

Erscheint lt. Verlag 9.5.2023
Reihe/Serie G. F. Unger Sonder-Edition
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • abenteuerromane kindle • abenteuerromane kindle deutsch • abenteuerromane kindle für erwachsene • alfred-bekker • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Cassidy • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • für Erwachsene • g f barner • gf unger • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Indianer • Jugend • karl-may • Karl May • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Romanheft • Roman-Heft • Serie • spannend • Western • western country • western country exklusiv • western deutsch • western ebook deutsch • western e books • western hefte • Western Klassiker • Westernreiten • Western-roman • Westernroman • Western Romane • western romane bastei • western romane deutsch • western romane kindle deutsch • western romanhefte • Wilder Westen • Wilder-Westen • Wild West • Wildwestromane • Wild West Romane • Winnetou • Wyatt Earp
ISBN-10 3-7517-4674-9 / 3751746749
ISBN-13 978-3-7517-4674-8 / 9783751746748
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