Das Haus Zamis 68 (eBook)

999

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5458-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Zamis 68 - Catalina Corvo
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»Ich habe gehört, dass es wieder einen Zahnradmord gegeben hat!«
»Heute Nacht schon wieder?« Anselms Augen blitzten. Wie bei jedem Dämonenspross erregte die Vorstellung von Gewalt und niederen Instinkten seine Aufmerksamkeit.
Ich nickte. »Das ist nur drei Straßen von unserem Haus entfernt passiert. Irgendwann in der Nacht. Heute früh haben sie das Opfer gefunden.«
»War es wieder genauso wie bei den anderen?«

Wien wird von einer unheimlichen Mordserie heimgesucht, die sowohl Dämonen als auch Menschen betrifft. Den Opfern werden die Augen herausgerissen und die Löcher stattdessen mit Zahnrädern gestopft. Die Täter werden als »Automaten« mit unheimlichen Kräften beschrieben. Vor allen Dingen einer gilt als besonders gefährlich, da ihm das Gehirn eines Dämons eingepflanzt wurde. Er trägt keinen Namen, nur eine Nummer: 999 ...


2. Kapitel


Wien, Gegenwart (Coco)

Ich saß im Schneidersitz in der Mitte meines Zimmers. Immer wieder strich ich mit dem Zeigefinger über das Permit. So gut es ging, fokussierte ich meinen Willen auf den doppelköpfigen Adler. Obwohl mir der Anblick mittlerweile vertraut war und ich den ungewollten Körperschmuck längst akzeptiert hatte, fühlte ich mich nicht wohl bei dem Ganzen.

Wie auch? Noch immer wusste ich viel zu wenig über diese magische Verbindung zu den Oppositionsdämonen. Wieder einmal versuchte ich, Vaters Wünschen zu entsprechen und mit Asmodis Gegnern Kontakt aufzunehmen, obwohl ich meine Chancen sehr gering einschätzte. Dennoch, vielleicht hatte Vater recht und mir gelang, was noch vor Wochen nicht geglückt war: aus eigenem Willen einen Kontakt herzustellen.

Jedes Mal, da das Permit seine Kräfte zeigte, verband es sich mit meinen Energien, und damit wuchs auch langsam meine Macht über das mysteriöse Siegel. So weit Vaters Vermutung.

Darüber hinaus hatte sich seit Mutters Verschwinden nichts geändert. Noch immer rätselte die Schwarze Familie über die wahre Identität des mächtigen Dämons, der die Opposition um sich geschart hatte und bei jeder Gelegenheit Asmodis Macht infrage stellte. Natürlich standen die Zamis wie so oft zwischen den Stühlen, und niemand traute uns. Ein Teil der Schwarzen Familie vermutete, dass wir mit den Oppositionsdämonen permanent Liebesgrüße austauschten, andere hielten uns für Asmodis gerissene Spitzel und seine große Trumpfkarte. Und dann gab es noch die, die darauf hofften, dass wir zwischen den Mühlsteinen zermalmt wurden. So wie die Dinge gegenwärtig standen, kamen unsere Hasser der Wahrheit näher, als uns lieb war.

Da meine Gedanken unwillkürlich immer wieder zur ungewissen Politik der Schwarzen Familie wanderten und ich mich meiner Aufgabe nur halbherzig widmete, erstarrte ich, als ich auf einmal das vertraute Prickeln im Arm spürte.

Die Luft im Raum kühlte ab, ließ mich frösteln. Doch es war keine kühle Brise, die mich streifte. Stattdessen lag eine drückende Schwere auf meiner Lunge, wie ich sie aus den Tropen oder aufgeheizten Gewächshäusern kannte.

Vor mir erzitterte die Luft, verdichtete sich zu silbernem Nebel, wuchs, nahm Gestalt an.

Der zwiefache Adler.

Er war wie ein Traumbild. Durchscheinend und unwirklich, ohne Substanz, und gleichzeitig so klar, dass ich einzelne Fasern seines Gefieders erkannte. Uneins zuckten die Köpfe in unterschiedliche Richtungen. Doch ihre Schnäbel öffneten und schlossen sich synchron.

»Was willst du?« Die Kreatur sprach mit heiserer, tonloser Stimme.

»Wo ist meine Mutter? Was habt ihr mit ihr gemacht?«

»Es steht dir nicht an, irgendetwas zu fordern, junge Zamis.« Die Raumtemperatur sank weiter.

Die wütende Retourkutsche, die mir auf der Zunge lag, verbiss ich mir, denn das Trugbild hatte leider recht. Mir fehlten die Mittel, meiner Forderung Nachdruck zu verleihen.

Doch hoffte ich, durch kluge Argumentation etwas zu erreichen. Selbst unter Dämonen gab es Regeln der Diplomatie.

»Meine Mutter ging als Unterhändlerin zu euch.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust, um den Geist hinter dem Permit nicht merken zu lassen, dass ich fror. »Aus freien Stücken. Seitdem wird sie gefangen gehalten, und der Kontakt mit ihrer Familie wird ihr verwehrt. Wenn ihr so mit Verhandlungsführern umgeht, wer soll euch in Zukunft noch trauen? Wer wird euch überhaupt noch treffen wollen, wenn sich das herumspricht?«, fragte ich mit Nachdruck und hoffte, dass Frechheit auch dieses Mal den Sieg davontrug.

»Glaubst du, dein Wort hat Gewicht, kleine Hexe?«

»Offenbar bin ich wichtig genug, euer Permit zu erhalten. Und meine Mutter war wichtig genug, um sie nach Istanbul zu locken. So unwichtig sind wir Zamis also offenbar nicht.«

Die Adlerköpfe schüttelten sich und plusterten ihr Halsgefieder. Aus aufgerissenen Schnäbeln perlte ein geisterhaftes Lachen.

»Und die Frauen der Zamis sind durchaus unterhaltsam«, raunten mir die Schnäbel schließlich zu. »Nun denn, wir werden dir einen Blick gewähren, auf das, was ist. Nur einen Blick, nicht mehr. Komm zu mir, Hexe, und sieh in meine Augen, wenn du dich traust.«

Da ich schlecht einen Rückzieher machen konnte, bezwang ich meinen inneren Widerwillen und trat näher an die Erscheinung heran. Die Häupter wandten sich mir zu. Obwohl ich vor ihnen stand und beide Fratzen im Blick hatte, fühlte ich mich plötzlich eingekreist. Während ich mich noch fragte, worauf das hinauslief, erglühte das linke Auge des rechten Kopfes tiefrot, ebenso das linke Auge des anderen Hauptes. Zwischen den Köpfen kräuselte sich grauer Rauch. Mit jeder Sekunde gewann er an Dunkelheit und Dichte. Irgendwann formte der Rauch eine Nase, angedeutete Lippen, die Ahnung eines Kinns ... Zwischen den Köpfen erschien ein Schattengesicht, es verleibte sich den Vogeldämon ein, die glühenden Augen der Zwillingsköpfe wurden zu seinem eigenen Augenpaar.

Ich versuchte, das Gesicht zu erfassen, Konturen auszumachen, aber es entzog sich mir, blieb immer nur eine Andeutung. War das die wahre Gestalt des Anführers der Oppositionsdämonen? Noch nie war ich seiner wahren Erscheinung so nah gewesen. Doch zwang ich mich, realistisch zu bleiben. Auch diese Erscheinung war vermutlich nur eine weitere Illusion, die mich in die Irre locken sollte. Ich konnte den Blick nicht von dem Schattenantlitz abwenden. Die glühenden Augen zogen mich in ihren Bann. Die Flamme, die in dunkler Tiefe loderte, erinnerte mich an etwas, wie ein Geruch aus frühester Kindheit vergessene Träume erahnen ließ. Doch bevor ich begriff, was mir daran so vertraut war, stand ich an einem anderen Ort.

Die Adlerköpfe und das Schattengesicht waren verschwunden. Stattdessen umgab mich eine konturlose Düsternis. Erst als sich meine Augen an das diffuse, schwache Zwielicht gewöhnt hatten, erkannte ich, dass ich in einem Raum von vielleicht fünfzehn Metern Durchmesser stand. Zunächst erscheinen mir die Wände grau. Ohne erkennbare Konturen wuchsen sie aus dem ebenso grauen, glatten Steinboden hervor und wölbten sich über mir zu einer Kuppelecke. Ich war allein. Von meiner Mutter keine Spur.

»Was soll das?«, fragte ich in die Leere hinein. »Was für ein Spiel treibst du?«

Aber ich erhielt keine Antwort. Verärgert beschloss ich, mir den Raum näher anzusehen. Es musste doch eine Möglichkeit geben, dieser Falle zu entkommen. Die Wände überraschten mich. Ganz im Gegensatz zu ihrer kalten Erscheinung waren sie warm, weich wie lebendige Haut. Eine biegsame Membran. Sie gab nach, als ich die Fingerspitzen sanft dagegen drückte, aber zugleich drang eine klare Flüssigkeit aus unsichtbaren Poren hervor und netzte meine Fingerkuppen. Ich verrieb sie auf den Fingerspitzen und schnupperte daran. Ein süßlicher, unbestimmbarer Geruch stieg mir in die Nase. Die Substanz klebte schwach.

Ich strich mit den Fingern weiter über die lebendige Wand, während ich einmal im Kreis ging. Außer dem süßlichen Geruch der Wände lag auch ein Hauch von Salz in der Luft.

Ich stellte fest, dass der Raum nicht kreisrund war, wie ich zuerst angenommen hatte, tatsächlich gab es Ecken. Sechs an der Zahl. Doch das nachgiebige Material der Wände schmiegte sich um die Grundform wie weiche Kinderknete. Ich lief mehrere Male im Kreis. Jedes Mal tastete ich mutiger an der Membran entlang, suchte einen Durchgang oder eine dünnere Stelle.

Plötzlich spürte ich eine Bewegung. Ich zuckte zurück. Tatsächlich, vor mir pressten sich Finger aus der grauen Haut der Wand, schließlich wurde ein Handabdruck sichtbar, dem ein zweiter folgte. Es waren die zarten Hände einer Frau. Im nächsten Augenblick wölbte sich auf Augenhöhe ein Gesicht aus der lebenden Wand. Eine schmale Nase, die Andeutung von Wangenknocken, Lippen, die sich bewegten. Die graue Haut vibrierte, doch ich verstand nichts.

»Mutter?«

Keine Antwort. Auch meine magischen Sinne spürten keine Aura. Sie spürten gar nichts, als sei entweder ich oder der Raum magisch tot. Letzteres konnte angesichts der Umgebung unmöglich sein. Doch den Entzug meiner Kräfte hätte ich merken müssen. War die Kraft des Dämons, der mich hergebracht hatte, so groß, dass er mich völlig abschirmen konnte? Sogar vor mir selbst? Das erklärte, warum es Mutter so schwergefallen war, Kontakt zu mir aufzunehmen.

Ich schüttelte den beunruhigenden Gedanken ab und konzentrierte mich auf das Rätsel, das vor mir lag. Die Hände glitten an der Membran entlang auf der Suche nach einem Kontakt. Zögernd legte ich meine Hand auf die andere. Die leicht feuchte Wärme der fremdartigen Haut zwischen unseren Händen zuckte wie ein erschrecktes Tier. War das ...? Bekam dieses ... Ding ... etwa eine Gänsehaut bei der doppelten Berührung?

Ich schüttelte mich. Die Finger von der anderen Seite ertasteten meine Handfläche, streichelten sie. Noch stärker presste sich das Gesicht aus der Wandhaut heraus. Jetzt war ich sicher, dass dort drüben meine Mutter war.

»Ich bin's, Coco«, rief ich erleichtert....

Erscheint lt. Verlag 23.5.2023
Reihe/Serie Das Haus Zamis
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-5458-X / 375175458X
ISBN-13 978-3-7517-5458-3 / 9783751754583
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