Die Tochter des Lechflößers (eBook)

Historischer Augsburg-Roman

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4810-0 (ISBN)

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Die Tochter des Lechflößers -  Peter Dempf
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Eine mutige junge Frau, eine gemeine Intrige und ein Handel im Auftrag der Fugger - der neue Augsburg-Roman von Fugger-Experte Peter Dempf

Süddeutschland 1593. Gemeinsam mit ihrem Vater transportiert die Flößerin Annka im Auftrag der Fugger Kupfer und Zinn den Lech hinab nach Augsburg. Das Metall wird dringend für die Reparatur des Kupferdaches am Weinmarkt benötigt. Kurz vor dem Ablegen nimmt sie einen Fremden mit an Bord. Aber alles geht schief: Ein Ruder bricht, das Floß zerschellt, der Fremde verschwindet. Annka setzt die Fahrt mit ihrem Vater fort. Doch in Augsburg wird dieser verhaftet. Er habe das Kupfer unter der Hand für den Bronzeguss des Augustus-Brunnens weiterverkauft, heißt es. Schockiert macht sich Annka auf die Suche nach Beweisen für seine Unschuld. Sie ahnt nicht, in welch gefährliche Gewässer sie sich begibt ...



<p><span class="hervorhebung2"><strong><span style="background: white;">Peter Dempf</span></strong></span><span style="background: white;">, 1959 in Augsburg geboren, studierte Germanistik und Geschichte und unterrichtet heute an einem Gymnasium. Der mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnete Autor schreibt neben Romanen und Sachbüchern auch Theaterstücke, Drehbücher, Rundfunkbeiträge und Erzählungen. Bekannt aber wurde er durch seine Historischen Romane, die häufig in Augsburg angesiedelt sind, wo Peter Dempf lebt.</span></p>

Peter Dempf, 1959 in Augsburg geboren, studierte Germanistik und Geschichte und unterrichtet heute an einem Gymnasium. Der mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnete Autor schreibt neben Romanen und Sachbüchern auch Theaterstücke, Drehbücher, Rundfunkbeiträge und Erzählungen. Bekannt aber wurde er durch seine Historischen Romane, die häufig in Augsburg angesiedelt sind, wo Peter Dempf lebt.

1


Floßlände bei Füssen

Ann-Kathrin zog den schwarzen Flößerhut tiefer ins Gesicht, als sie an diesem Märztag im Morgengrauen zum Lech hinunterging. Sie ahmte den breitbeinigen Schritt der Männer nach, die damit auf den schwankenden Stämmen der Flöße so gut ihr Gleichgewicht hielten, als bewegten sie sich auf festem Land. Nur den Blick richtete sie zu Boden – und allein dadurch würde sie vermutlich auffallen.

»Der Flößer schaut geradeaus. Auf dem Wasser ist er frei«, predigte ihr Vater immer, wenn er wieder einen jungen Burschen als Floßknecht lehrte, wie man die schmalen Bretter­flitschen zu größeren Riegelflößen zusammenband und dann auf dem Lech weiter nach Augsburg schickte oder Langholzflöße zusammenfasste, die oft bis Lienz und Wien getriftet wurden.

»Ein Flößer, der in den Boden starrt, sieht das Wasser nicht, Kerl!«, rief ihr tatsächlich der Vater zu, der als Floßmeister von einem erhöhten Platz aus den Aufbruch überwachte.

Ann-Kathrin nickte, hob den Kopf, blickte aber beiseite, damit er sie im schwachen Licht des Mondes nicht erkennen konnte.

Hatte sie als Kind, wenn der Vater sie und die Mutter bei ruhigem Wetter nach Augsburg mitnahm, noch die frühen Abfahrtszeiten gehasst, war sie jetzt dankbar dafür, denn in der erst anbrechenden Dämmerung und dem Trubel des Aufbruchs würde ihr Vater sie schwerlich entdecken.

Außerdem konnte sie kaum anders, als mit großen Schritten zu gehen, sonst wären ihr die schweren Lederstiefel, die ihr bis hoch über die Oberschenkel reichten, von den Füßen gerutscht. Bestätigend hob sie die Hand und hoffte, ihre Verkleidung und die Dunkelheit würden das ihre tun und sie verbergen.

Sie hatte heimlich mit Michel Betz verabredet, die Fahrt auf seinem Floß bis Augsburg mitzumachen. Schon oft war sie unter Vaters Aufsicht mit dem ruhigen Flößer gefahren. Er schätzte ihr Können und ihre Erfahrung, auch wenn er ihrem Vater nicht ins Handwerk pfuschen wollte, und verstand ihr Anliegen. Die Flößer arbeiteten bei den zusätzlichen Lasten auf eigene Kosten – die Stämme und weitere Transporte waren Sache des Floßmeisters, für den sie tätig waren.

Ann-Kathrin musste bei dieser ersten Fahrt nach dem Winter mitfahren, sonst würde von dieser Trift ebenso wenig Geld bei ihr ankommen wie von der letzten im vergangenen Jahr.

Sie suchte im Dunkeln nach dem Flößer und entdeckte ­Michel Betz, wie er am Bindeplatz noch Wieden, Seile aus gewässerten Haselnussruten, um die keilförmigen Floßkegel wand und so die Festigkeit verstärkte. Bei jedem Bücken gab er ein lautes Grunzen von sich, was ihm den Spitznamen Säule eingetragen hatte.

»Ich bin da!«, rief sie ihm mit gesenkter Stimme zu.

Mit seinen knapp über dreißig Jahren war Michel Betz recht jung für einen Flößer, gehörte jedoch schon zu den erfahrensten Männern in der Mannschaft ihres Vaters. Seine gedrungene Gestalt ließ erahnen, wie kräftig er war. Auf seinem kahlen Schädel saß der typische breitkrempige schwarze Flößerhut. Mehrere Male war er schon bis Wien getriftet und zu Fuß bis Füssen zurückgelaufen.

Im Licht des Mondes erkannte Ann-Kathrin etwa zehn Langflöße am Bindeplatz. Säule lag an Platz vier, das Floß ­ihres Vaters war wie immer das letzte, das aufbrechen würde. Der Flößer richtete sich mit einem lang gezogenen Brummen auf.

»Bist du dir sicher, Annka?«

»Halt den Mund, Säule. Oder willst du meinem Vater jetzt schon verraten, dass ich hier bin? Er weiß ja nichts davon, dass dein zweiter Mann nicht kann, weil er sich von den Premern Prügel eingefangen und sich den Arm gebrochen hat, und ich für ihn einspringe.«

»Er wird es spätestens in Schongau bemerken …«

»… wenn es zu spät ist, um mich zurückzuschicken. Bis dahin – sei still!«

Säule grunzte bestätigend und wandte sich den beiden Rudern im Bug zu. Er zog eines ein und legte es auf das Floß, weil er beim Ablegen nicht beide bedienen konnte.

Ann-Kathrin sah ihm einen Moment zu, wie er mit geschickten Bewegungen seine Wieden flocht, dann warnte sie ihn kurz, dass sie an Bord kommen würde und sprang auf das Floß.

Noch stand das Gefährt mit dem Heck gegen die Wasserströmung, sodass das Heckruder vorn lag. Es würde beim Ablegen mit den Rudern in Fahrtrichtung gedreht werden. Man drückte mit der Stange gegen die Kipfe, den Buchenpflock, an dem die Ruder befestigt waren, und das Wasser schob das Floß vom Ufer weg. Nur so gelangten die Flöße schneller in die Flussmitte. Ein riskanter Kunstgriff, um die Stämme in die Strömung zu bekommen, denn wenn das Wasser zu wild anschlug, bestand die Gefahr, dass das Floß zu kippen begann und die Ladung verrutschte.

»Hilf!«, blaffte sie der Säule an und warf ihr eine Wiede zu. Sie klatschte ihr vor die Brust, weil sie das Haselnusstau nicht kommen sah. Kurz gab sie einen Schmerzenslaut von sich.

»Säule? Gibt es Probleme?«, schallte die Stimme ihres Vaters zu ihnen herüber.

Michel fuhr hoch, als hätte man ihn erwischt. Ann-Kathrin schüttelte vehement den Kopf und hoffte, er würde sie nicht sehen.

»Nein!«, antwortete der junge Flößer. »Mir ist nur eine Wiede ausgekommen und hat mir gegen die Brust geschlagen.«

Die anderen Männer lachten freundlich und quiekten wie Ferkel.

»Der Nöck soll euch holen!«, fluchte Säule gut gelaunt und erntete weiteres Gelächter.

Inzwischen suchte Ann-Kathrin die Wiede, die zuvor ins Wasser eingelegt worden war, damit sie geschmeidiger wurde. Sie griff danach und begann sie um drei weitere Floßkegel zu winden. Sie hörte das Wasser zwischen den Stämmen unruhig gluckern, als würde es langsam nervös. Kleine Fontänen sprühten aus den Spalten der Langhölzer hervor. Sie zurrte das widerspenstige Tau mit aller Kraft fest, und nur dieses eine Mal bedauerte sie, ein Mädchen zu sein. Denn sie zog vergeblich, und Säule musste ihr zur Hand gehen. Ein kurzer Hilferuf an den Flößer genügte.

»Lass. Ich mach das!«, sagte er grinsend und schob sie beiseite.

Kaum waren sie damit fertig, rief der Vater dröhnend über den Bindeplatz. »Männer, wie steht’s?«

Zehn Stimmen hallten nacheinander bestätigend über das Rauschen und Platschen des Wassers gegen die Stämme hinweg. Die Flößer waren bereit.

Jetzt kam der schwierigste Teil. Alle nahmen sie ihre Hüte ab und drückten sie gegen die Brust. Die freie Hand legten sie obenauf. Dann stimmte Hans Biechler ein Vaterunser an, das laut und deutlich über die Köpfe der Männer hinwegschallte. Ann-Kathrin wusste, dass er jetzt jeden Einzelnen der Flößerknechte mit dem Blick suchte und in sein Gebet einschloss. Also würde sein Auge auch an ihr vorüberstreifen. Sie konnte nur hoffen, dass ihre roten Haare in der Dunkelheit nicht leuchteten.

Als das gemeinsame Amen ertönte, konnte sie ihren Hut nicht schnell genug wieder auf den Kopf setzen.

»Hausumgehen, Knaster!«, rief ihr Vater dem Flößer auf dem vordersten Floß zu. So nannte man das Drehen der Flöße, wenn sie vom Ufer weg gegen die Fahrtrichtung aufgestellt gewesen waren und ablegten. Dann drehten sie sich majestätisch, während sie sich langsam vom Ufer lösten. Die Strömung griff nach ihnen und die Drehung führte dazu, dass sie bis in die Mitte des Wasserlaufs gezogen wurden. Ann-Kathrin sah dem Schauspiel zu, bis das erste Floß in der Dunkelheit verschwand.

Das nächste Floß, das von Sterz, schickte sich an, in die Strömung zu drehen, als vom Ufer her ein Schrei ertönte.

»Herrgott, so wartet doch!«

Während sich das zweite Floss in die Strömung legte und abfuhr, wandte sich ihr Vater der Stimme zu.

»Was gibt es Wichtiges?«

»Fahrt Ihr nach Augsburg?«, rief ein junger Mann vom Ufer aus.

»Wer will das wissen?«, fragte ihr Vater barsch zurück.

»Anton Haderer, Schmied und Bronzegießer, Geselle. Ich bin zurück von der Walz und habe gehört …«

»Wir lassen niemanden mitfahren!«, unterbrach ihn der Vater und gab gleichzeitig dem Gscherr das Zeichen, mit seinem Floß abzulegen. »Es ist zu gefährlich. Das Wasser der Schneeschmelze schießt von den Bergen herab und macht den Lech wild.«

»Umso besser«, antwortete der junge Kerl. »Solch ein Ritt auf einem Höllenross fehlt mir noch!«

»Mit Verlaub …«, wollte ihr Vater sagen, doch da war der Bursche schon auf Säules Floß aufgesprungen, das gerade hausumging und sich als viertes Gefährt vom Ufer löste.

Säule und Ann-Kathrin stemmten sich mit beiden Lenk­rudern am Bug gegen die Strömung. Das Vorderfloß wurde unter Wasser gedrückt, und das eisige Nass des Lechs überspülte die Stämme. Sie spürte die Kälte an den Stiefeln, mit denen sie bis zu den Knöcheln im Wasser stand.

Langsam wurde das Gefährt in die Mitte gezogen. Als ihr Floß sich an dem ihres Vaters vorbeischob, stieß dieser einen Fluch aus.

»Annka! Bei allen Wettern! Was soll das werden?«

Sie hatte keine Zeit, darauf zu antworten, denn das Langfloß nahm Fahrt auf, schaukelte in die gischtende Strömung und schoss an den noch wartenden Männern vorbei. Dabei leckten die Wellen immer wieder über das Holz. Sobald es ganz gedreht hatte, sprang sie zum Heckruder, um es zu stabilisieren.

Der junge Kerl, der sich so selbstsicher auf ihr Boot gewagt hatte, kniete auf den Balken und versuchte vergeblich, sich festzuhalten. Seine Hose war klitschnass, seine Hände lagen im Eiswasser. Der Beutel, den er an einem Stock über der Schulter getragen hatte, war ihm über den Kopf gerutscht und...

Erscheint lt. Verlag 26.1.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Augsburg • Bronzeguss • Brunnen • Flößer • Fugger • Füssen • Geheimnis • Historische Romane • Intrige • kupferhandel • Lech • Liebe • Mittelalter • spannend • Verschwörung
ISBN-10 3-7517-4810-5 / 3751748105
ISBN-13 978-3-7517-4810-0 / 9783751748100
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