Die Zuckerbaronin (eBook)

Gwendolyns Hoffnung . Historischer Roman
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2023 | 1. Auflage
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4813-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Zuckerbaronin -  Martina Sahler,  Heiko Wolz
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Drei Schwestern, eine gefährliche Liebe und ein verhängnisvoller Verrat

Bayern 1911. Der Tod des Vaters, des Schmugglerkönigs vom Bayerischen Wald, hat einen Keil zwischen seine einst so eng verbundenen drei Töchter getrieben. In Gwendolyns junger Ehe zeigen sich schon bald Risse, die sie an ihrem Schritt in ein neues Leben zweifeln lassen. Ihre wagemutige Schwester Martha führt den Saccharin-Schmuggel wild entschlossen fort und bringt damit auch Helena, die jüngste, immer wieder in Gefahr. Als diese sich in den undurchsichtigen Andrin verliebt, unterstützt Martha diese riskante Verbindung. Gwendolyn ist entsetzt. Sie will die Familie wieder vereinen, scheitert aber an Marthas Sturheit. Um sie zur Vernunft zu bringen, begeht sie einen schweren Verrat ...

Ein mitreißende Geschichte von Familienzusammenhalt und der Macht des Verzeihens



<p class="MsoNormal"><strong>Martina Sahler</strong> lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln und schreibt in ihrem Büro mit Blick in die Bergischen Wälder seit vielen Jahren historische Romane. Zu ihren bekanntesten Werken gehören die Bestseller-Trilogie <i><b>Die englische Gärtnerin</b></i>, <i><b>Die Stadt des Zaren</b></i> und <span class="Hervorhebung2 Fremdtitel_Filme" style="text-transform: uppercase;">WeiSSe Nächte, weites Land</span>. Für letzteren Roman wurde sie mit dem <b>HOMER</b> Literaturpreis in Silber ausgezeichnet.</p>

Martina Sahler und Heiko Wolz haben als Duo zahlreiche erfolgreiche Jugendbücher veröffentlicht. Für ihren historischen Roman WEISSE NÄCHTE, WEITES LAND wurde Martina Sahler mit dem HOMER LITERATURPREIS in Silber ausgezeichnet, Heiko Wolz erhielt unter anderem das Literaturstipendium des Freistaats Bayern. DIE ZUCKERBARONIN ist der Auftakt zu ihrer ersten gemeinsamen historischen Romanreihe.

1


Mitte September 1911, Ornbach, Gut Theresienberg


Gwendolyn öffnete das Schlafzimmerfenster und nahm einen tiefen Atemzug. Ihr Blick glitt zu den Wiesen und Weiden von Ornbach bis zu den angrenzenden Dörfern. Im Tal lag ein fein gewobenes Tuch aus Nebel über der Donau, doch der Himmel war klar. Noch vor Mittag würde der Fluss sich als funkelndes Band durch den Bayerischen Wald schlängeln.

Der Tag versprach, blau und hell zu werden. Ein schöner Ausgleich nach dem nassen Sommer. Die Bäume standen noch in sattem Grün, auf den Weizenfeldern wogten die Halme. Die Rübenäcker zogen sich durch die Landschaft, braun und gelb vom Blattwerk, das nach der Ernte als Dünger diente. Die Luft war erfüllt von dem Duft nach Muttererde und Moos, der sich mit den süßlichen Röstaromen aus der Zuckerfabrik mischte. Gwendolyn hatte sich an diesen Geruch gewöhnt. Er gehörte zu Gut Theresienberg wie das Schnauben der Pferde auf der Weide, die lang gezogenen Schreie der Greifvögel über den Baumwipfeln, das ununterbrochene Rattern und Zischen der Maschinen in der Firma, sobald die Zuckerkampagne im September begann.

Gwendolyn fröstelte in ihrem leichten Hemd, die Härchen an ihren Unterarmen richteten sich auf. Sie hielt das Gefühl aus, bis die Kühle den letzten Rest Verschlafenheit vertrieben hatte.

Seit Wochen fiel es ihr schwer, nachts Ruhe zu finden. Ihre Schwiegermutter Annegret hatte ihr Baldriantee und ein Kirschkernkissen besorgt, nachdem ihr beim Frühstück die dunklen Ringe unter Gwendolyns Augen aufgefallen waren. Geholfen hatte keins von beiden. Es gab Gedanken, die kein Tee und keine Wärme besänftigen konnten.

Drüben an der Kreuzung von der Hauptstraße zum Gut erklang das dumpfe Knattern eines Lastwagens. Das Gefährt nahm den Weg hinauf zur Fabrik hinter dem Hof. Der Fahrer hielt an, stieg aus und sah sich suchend um, offenkundig überfordert vom Anblick der vielen Hallen, Türme und Silos. Bauer Gaißberger aus Fellenau lieferte zum ersten Mal seine Ernte an. Vor einigen Monaten hatte Gwendolyn ihn wie zahlreiche andere Landwirte aus der Gegend davon überzeugt, dass Zuckerrüben lukrativer für ihn wären als Kartoffeln oder Mais. Dem Vertrag über fünfzehn Jahre hatte er nicht widerstehen können, versprach er ihm doch, fünfmal die Rübenernte in der Donau Zucker AG versilbern zu können. Etwa alle drei Jahre konnte ein Landwirt Rüben anpflanzen, dazwischen galten Winterweizen und Gerste als optimale Fruchtfolge, um den Boden zu schonen. Gwendolyn hatte sich eingehend mit der Lage der Bauern beschäftigt, beriet sie nicht nur beim Anbau, sondern sorgte auch für das Saatgut. Damit stellte die Donau Zucker sicher, dass nur die beste Qualität für die spätere Produktion heranwuchs. Eine Situation, die für beide Parteien von Vorteil war: Die niederbayerischen Bauern sicherten die Zukunft ihrer Familien, die Firma bekam weitere Ware direkt aus der Region, preisgünstig, weil sie nicht quer durch Deutschland transportiert werden musste.

Den anstehenden Gewinn schien Gaißberger bereits in den Kauf des Lastkraftwagens investiert zu haben. Benz-Mannheim prangte in weißer Schrift auf der grünen Ladebordwand. Einige Bauern hatten sich solche Fahrzeuge angeschafft, der Fortschritt machte vor Niederbayern nicht Halt und würde bald auch jene überzeugen, die ihre Ernte wie eh und je mit Pferdefuhrwerken brachten. Es war ein Kommen und Gehen in diesen Wochen. Die Firma hatte auf den Wegen rund um das Gut Hinweisschilder aufgestellt, allein um sich abzusichern, sollte es aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens oder verschmutzter Straßen Unfälle geben. Achtung, Rübenkampagne!

Gwendolyn schloss das Fenster und schlüpfte aus ihrem Seidenhemd. Ihr Blick fiel auf das Bett, die Laken waren von der Nacht zerwühlt. Alexander lag seitlich auf einem Arm, nur bis zu den Hüften zugedeckt. Sie mochte es, dass er mit freiem Oberkörper schlief. Wäre sie Künstlerin, würde sie ihn malen mit seiner glatten Haut, den muskulösen Armen, den zerzausten Haaren. Sein Mund stand leicht offen. Es war nicht alles rosig in ihrer Ehe, bestimmt nicht. Aber seit ihrer Hochzeit im April letzten Jahres empfand sie noch immer das Gefühl grenzenloser Liebe, wenn sie ihn betrachtete. Mit einem Kribbeln im Nacken erinnerte sie sich an den vergangenen Abend, als er ihr bewiesen hatte, wie sehr er sie begehrte.

Sie wandte sich von seinem Anblick ab, unterzog sich einer Katzenwäsche am Becken, das zu ihrem Schlafzimmer gehörte. Im Jahr zuvor hatte es einige Renovierungen auf Gut Theresienberg gegeben. Die Fabrik war auf dem neuesten technischen Stand mit den hochmodernen Kesseln, der Elektrik, den Wasserrohren, in denen die Rübenschnitzel transportiert wurden. Im Wohnhaus hatte man sich noch bis vor wenigen Monaten mit einer bescheideneren Ausstattung zufriedengegeben. Doch Gwendolyns Einzug schien die Bewohner wachgerüttelt zu haben, obwohl sie selbst nicht aus luxuriösen Verhältnissen stammte. Auf dem Schinderhof, ihrem Elternhaus, wuschen sich nach wie vor alle am Brunnen im Hof. Alexander hatte enormen Ehrgeiz darauf verwandt, in sämtliche Zimmer im Gut Stromleitungen zu verlegen. Es gab fließendes Wasser, sowohl in der oberen Etage, die Gwendolyn mit ihm bewohnte, als auch im Parterre, wo ihre Schwiegereltern lebten. Sogar im Anbau für das Personal hatten die Handwerker tagelang Strippen gezogen und Sicherungen installiert. Gwendolyn war Alexander dankbar, dass er sich darum gekümmert hatte. Aber noch lieber wäre es ihr gewesen, er hätte seine Energie in die Firma gesteckt. Dazu gehörte auch, sich um verwirrte Bauern zu kümmern, die nicht wussten, wohin mit sich und ihrer Ware.

Abends verbrachte sie gern ausgiebig Zeit im luxuriösen Badezimmer mit der auf Löwenfüßen stehenden Keramikwanne, jetzt musste es schnell gehen. Sie öffnete ihren Schrank, sah die auf Bügeln hängenden Kleider der Reihe nach durch und entschied sich für das dunkelblaue mit der Stickerei am Stehkragen, dem spitzen Ausschnitt und den Hirschhornknöpfen bis zur Taille. Es war edel genug, dass es der Ornbacher Zuckerbaronin, wie die Leute sie mittlerweile nannten, würdig war. Andererseits bot es mit dem in Falten gelegten wadenlangen Rock und den weiten Ärmeln ausreichend Bewegungsfreiheit. So elegant Gwendolyn sich präsentierte, sie packte nach wie vor mit an, wenn es nötig war.

Wie rasch sie sich an diese Auswahl an Garderobe gewöhnt hatte. Auf dem Schinderhof hatte sie zwei gute Kleider für Sonn- und Feiertage besessen, daneben nur schlichte Arbeitskleidung aus dickem, graublauem Stoff.

Die Gedanken an den Hof legten einen Schatten auf ihr Gemüt. Sie dachte an den Tod des Vaters im Frühjahr vergangenen Jahres genau an ihrem Hochzeitstag, seine Beerdigung auf dem Polderfelder Friedhof. Pfarrer Lindemanns bewegende Worte für den guten Mann, der so viel für das Dorf getan hatte, die ihr zugetragen worden waren. Noch immer schmerzte es sie, dass sie erst nach der Zeremonie, als alle schon gegangen waren, an sein Grab hatte treten und sich unter Tränen von ihm verabschieden können. Sie hatte sich von ihrer Familie losgesagt – lossagen müssen, um den Segen der Wallendorfs für die Hochzeit mit Alexander zu erhalten. Das hatte Leopold Wallendorf so verfügt, also hatte sie auch nichts am Sarg ihres Vaters zu suchen! Alle wussten, dass die glorreichen Taten, von denen Lindemann gesprochen hatte, den Schleichhandel mit Saccharin betrafen. Zu Lebzeiten hatte Gwendolyns Vater als der Schmugglerkönig von Bayern gegolten, nach seinem Tod war er für viele zum Märtyrer emporgestiegen. Gwendolyn konnte sich ausmalen, wie in den ersten Wochen in den Gasthöfen über die genaueren Umstände des Unfalls an der Grenze zu Böhmen spekuliert worden war. Der Polizist Alfons Hartler war ebenfalls in den Abgrund gestürzt. Die beiden Männerleichen fand man, zum Teil mit Saccharintüten bedeckt, am kiesigen Ufer eines Flusstales, vom Sturz aus fünf Metern Höhe mit gebrochenen Gliedmaßen und Schädelfrakturen. Sie schüttelte sich bei der Vorstellung und kämpfte die Tränen nieder. Keiner wusste, ob ihr Vater den Polizisten zu einem Geschäft hatte überreden wollen oder ob der Gesetzesmann ihm bei einem Schmuggel auf den Fersen gewesen war, bevor das Unglück passierte. Gwendolyn fand beides unwürdig und traurig zugleich.

Zu ihren Schwestern war die Beziehung angespannt, seit sie Alexander Wallendorf geheiratet hatte. Mit der jüngsten, Helena, traf sie sich gelegentlich, ohne dass die ältere, Martha, darüber Bescheid wusste. Sie hätte sich eher die Hand abgehackt, als sie Gwendolyn zur Versöhnung zu reichen. Die Verstimmung drückte ihr auf die Seele, aber eine Annäherung hätte ohnehin nur heimlich vonstattengehen können.

Manchmal glaubte Gwendolyn, sie hätte sich gut mit alldem arrangiert, ihre Liebe zu Alexander würde jeden Anklang von Schwermut überdecken. Aber in letzter Zeit quälte sie zunehmend der Schmerz des Verlusts, der in ihrem Leib rumorte.

Doch genug der trüben Gedanken! Der Tag war jung, der Tag war schön, es gab viel zu tun! Noch bevor sie sich das Kleid über den Kopf ziehen konnte, vernahm sie Alexanders Stimme hinter sich. »Sei nicht ungemütlich, Gwendolyn. Komm wieder ins Bett, hier ist es kuscheliger.«

Sie wandte sich um. Einladend hob er die Decke, und ein paar Sekunden lang war sie in Versuchung, sich an seinen warmen Körper zu schmiegen, sich streicheln zu lassen, jeden Zentimeter seiner Haut zu küssen, bis sie beide mehr wollten. Aber nein, später. Sie wurde draußen gebraucht. Mit drei Schritten war sie bei ihm, beugte sich hinab, küsste ihn. Er hielt sie, zog sie...

Erscheint lt. Verlag 27.10.2023
Reihe/Serie Die drei Schwestern-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Atmosphärisch • Bayerwald • Bayrischer Wald • Berge • Berührend • dramatisch • Familie • Familiensaga • Heimat • Heimatliebe • Historische Romane • Liebe • Loyalität • Mittelgebirge • Niederbayern • Saccharin • Saga • Schmuggel • Schmuggler • Schwestern • spannend • Starke Frauen • Treue • Zucker • Zusammenhalt
ISBN-10 3-7517-4813-X / 375174813X
ISBN-13 978-3-7517-4813-1 / 9783751748131
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