Agatha Raisin und der tote Polizist (eBook)
253 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4798-1 (ISBN)
Wenn das Schwein Glück hat, muss der Bulle dran glauben ...
Winter Parva, ein Dorf in der Nähe von Carsely, begeht den Beginn der Winterferien traditionell mit einem kleinen Fest. Auch Agatha Raisin nimmt an dem fröhlichen Treiben teil. Kulinarisches Highlight der Feierlichkeit soll ein Schweinespieß sein. Doch als der zum glühenden Grill getragen wird, wird Agatha klar, dass hier eine große Schweinerei im Gange ist: Statt eines Tiers wurde der nicht sehr beliebte Polizist Gary Beech aufgespießt. Agatha und die Dorfbewohner sind mehr als entsetzt über die grauenvolle Tat. Und natürlich steht außer Frage, dass sich die ehrgeizige Detektivin direkt auf den Fall stürzt, um dem Mörder das Handwerk zu legen!
M. C. Beaton ist ein Pseudonym der schottischen Autorin Marion Chesney. Nachdem sie lange als Theaterkritikerin und Journalistin für verschiedene britische Zeitungen tätig war, beschloss sie, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Mit ihren Krimi-Reihen um die englische Detektivin Agatha Raisin und den schottischen Dorfpolizisten Hamish Macbeth feierte sie weltweit große Erfolge. Sie verstarb im Dezember 2019 im Alter von 83 Jahren.
M. C. Beaton ist ein Pseudonym der schottischen Autorin Marion Chesney. Nachdem sie lange als Theaterkritikerin und Journalistin für verschiedene britische Zeitungen tätig war, beschloss sie, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Mit ihren Krimi-Reihen um die englische Detektivin Agatha Raisin und den schottischen Dorfpolizisten Hamish Macbeth feierte sie weltweit große Erfolge. Sie verstarb im Dezember 2019 im Alter von 83 Jahren.
Eins
Müde bog Agatha Raisin auf die Straße ab, die hinunter in ihr Heimatdorf Carsely in den Cotswolds führte, und hielt dann abrupt an. Vor ihr war eine lange Autoschlange. Sie zog die Handbremse an.
Es war Ende Januar und ein sehr kalter Monat, sogar ungewöhnlich kalt. Die hohen Bäume zu beiden Seiten reckten ihre kahlen Äste zum bleigrauen Himmel, als beteten sie, dass der Frühling zurückkehrte. Agatha betete, dass es nicht schneite. Anscheinend reichten zwei Zentimeter Schnee aus, damit die Straßen gesperrt wurden. Grund war die Klage des Gemeinderats, die Streusalzbestände seien aufgebraucht und sämtliche Straßen nach Carsely sehr steil, folglich zu gefährlich für den Autoverkehr.
Was war bloß los? Agatha hupte ungeduldig, und der junge Mann in dem verbeulten Ford vor ihr zeigte ihr den Mittelfinger.
Fluchend stieg Agatha aus, marschierte zu dem Wagen und klopfte ans Fenster. Der blasse Jugendliche öffnete das Fenster. »Was?«
»Was zur Hölle ist hier los?«, fragte Agatha.
Der Junge musterte sie von oben bis unten, registrierte den teuren, maßgeschneiderten Mantel, die vorwurfsvollen kleinen Augen und den »vornehmen« Akzent und runzelte die Stirn. »Schlaglöcher«, antwortete er achselzuckend. »Die reparieren Schlaglöcher.«
»Und wie lange dauert das?«
»Weiß ich doch nicht«, sagte er und schloss sein Fenster.
Agatha kehrte zu ihrem warmen Wagen zurück. Sie kochte vor Wut, zumal sie sich selbst über den Zustand der Straßen beschwert hatte. Doch es gab noch zwei andere Wege ins Dorf. Man hätte wenigstens eine Umleitung ausschildern können, solange diese Straße ausgebessert wurde. Agatha überlegte zu wenden, aber bei ihren unterdurchschnittlichen Fahrkünsten müsste sie dafür auf dieser schmalen Straße endlos manövrieren.
Ein Tropfen bildete sich an ihrer Nasenspitze. Sie griff zu der Schachtel mit den Papiertüchern auf dem Beifahrersitz und putzte sich die Nase. Jemand klopfte an ihr Fenster.
Agatha blickte hinaus. Ein Polizist beugte sich zu ihr und sah sie an. Er war ein vierschrötiger Mann mit einer zerknautscht wirkenden Nase, großen Poren und vorwurfsvollen kleinen Schweinsäuglein.
Agatha ließ ihr Fenster herunter. »Wie lange dauert das noch, Officer?«
»So lange, wie es eben dauert, Madam«, antwortete er mit einem starken Gloucestershire-Akzent. »Sie haben widerrechtlich die Hände vom Lenkrad genommen.«
»Wie bitte? Sind Sie verrückt? Ich habe mir nur die Nase geputzt. Die Handbremse ist angezogen, und ich stehe hier …«
»Das macht sechzig Pfund.«
»Eher friert die Hölle zu, als dass ich die bezahle«, heulte Agatha.
Er reichte ihr einen Strafzettel. »Dann sehen wir uns vor Gericht.«
Einen Moment lang saß Agatha zitternd vor Wut da. Dann holte sie tief Luft. Sie begann zu wenden, doch stauten sich hinter ihr immer mehr Wagen, deren Fahrer auf dieselbe Idee gekommen waren. Als sie endlich freie Bahn hatte, sah sie im Rückspiegel, dass sich die Schlange, die sie eben verlassen hatte, in Bewegung setzte.
Bis sie ihr reetgedecktes Cottage in der Lilac Lane erreichte, hatte feiner Schneefall eingesetzt. Zum Teufel mit den Experten und ihrem Jaulen über die globale Erwärmung, dachte Agatha. Als sie die Wagentür öffnete und aussteigen wollte, riss eine Windböe den Strafzettel aus dem Seitenfach der Tür und wehte ihn über das Dach ihres Cottage.
Sie schloss die Haustür auf. Ihre beiden Kater Hodge und Boswell kamen angelaufen und begrüßten sie so euphorisch wie immer, wenn sie Hunger hatten.
Agatha fütterte die beiden, schenkte sich einen Gin Tonic ein und rief ihren Freund an, Detective Sergeant Bill Wong. Sobald er sich meldete, beschwerte Agatha sich bitterlich über den Polizisten, der ihr einen Strafzettel wegen Naseputzens verpasst hatte.
»Das wird Gary Beech gewesen sein, der Planzielteufel«, sagte Bill. »Du weißt ja, dass wir bestimmte Zielvorgaben erfüllen müssen, um befördert zu werden. Er dreht gerade ein bisschen durch. Vorletzte Woche hat es die Mutter eines Neunjährigen erwischt, der mit Kreide Kästchen für Himmel und Hölle auf den Gehweg gemalt hat. Beech hat den Jungen verhaftet und wegen Graffiti angezeigt. Und er hat ein Kleinkind mit einem Bußgeld wegen Führens einer gefährlichen Waffe belangt, dabei hatte das Kind bloß eine Wasserpistole bei sich. Einen Pensionär hat er wegen Terrorismus festgenommen, weil er ein Plakat mit der Aufschrift Holt unsere Jungs aus Afghanistan in die Höhe hielt.«
»Was mache ich jetzt?«
»Wahrscheinlich wird das Verfahren eingestellt. Oder du könntest einfach das Bußgeld bezahlen.«
»Kommt nicht infrage!«
»Wie läuft das Geschäft?«
»Nicht gut. Die Rezession macht uns zu schaffen. Die Leute haben einfach kein Geld mehr.« Agatha blickte aus ihrem Küchenfenster. »Mist! Es schneit immer mehr. Hätte ich mir doch bloß Winterreifen oder einen Wagen mit Allradantrieb zugelegt. Roy Silver kommt am Wochenende. Bis dahin sind die Straßen hoffentlich frei.«
Roy hatte für Agatha gearbeitet, als sie noch eine erfolgreiche PR-Agentur in London führte. Dann hatte sie die Agentur verkauft, war vorzeitig in den Ruhestand gegangen und in die Cotswolds gezogen. Und nachdem sie dort mehrere Morde aufgeklärt hatte, hatte sie beschlossen, eine eigene Detektei zu eröffnen.
Bill sagte, er wolle versuchen, am Wochenende zu ihr zu kommen, und legte auf.
Danach rief Agatha in ihrem Büro an. Sie hatte nur wenige Mitarbeiter: Patrick Mulligan, ein pensionierter Polizist, Phil Marshall, ein älterer Mann aus Carsely, die junge Toni Gilmour und die Sekretärin Mrs. Freedman. Als gewiefte Geschäftsfrau hatte Agatha die Rezession lange vor den meisten anderen Leuten kommen gesehen und entschieden, niemanden mehr einzustellen. Allerdings gab es einen ehemaligen Mitarbeiter, dessen Abwesenheit ihr ein schlechtes Gewissen machte. Ein kluger junger Detektiv namens Simon Black, den Agatha erst wenige Monate zuvor eingestellt hatte, war offensichtlich in Toni verliebt gewesen. Im Interesse der beiden, wie sich Agatha einredete, hatte sie Simon erklärt, dass Toni zu jung sei und er drei Jahre warten solle. Dann hatte sich Toni von ihm abgewendet, weil sie fand, dass er sie unmöglich behandelte, und zu Agathas Entsetzen war Simon zur Army gegangen und kämpfte nun in Afghanistan.
Im Büro nahm Toni ihren Anruf entgegen und sagte, Mrs. Freedman und Phil hätten Feierabend gemacht, ehe der Schnee allzu schlimm würde. Agatha war oft neidisch auf die junge, blonde, hübsche Toni, musste jedoch zugeben, dass das Mädchen eine geniale Detektivin war.
»Was haben wir an offenen Fällen?«, fragte Agatha.
»Zwei Seitensprünge, vier verschwundene Haustiere und zwei vermisste Teenager.«
Agatha seufzte. »Es kommt mir vor wie gestern, dass ich geschworen habe, nie wieder Fälle von entlaufenen Haustieren anzunehmen. Doch jetzt brauchen wir das Geld.«
»Es ist leicht verdient«, sagte Toni. »Die Leute denken fast nie daran, im Tierheim nachzufragen. Ich gehe mit einem Foto dorthin, die geben mir Tiddles oder wen auch immer, und ich rufe die überglücklichen Besitzer an und kassiere das Geld.«
»Roy kommt am Wochenende, und Bill will vielleicht auch vorbeikommen. Haben Sie Lust, zu uns zu stoßen? Vielleicht finde ich etwas Interessantes, was wir unternehmen können.«
»Ich bin verabredet.«
»Mit wem?«
»Paul Finley.«
»Wie haben Sie ihn kennengelernt?«
Toni hätte der neugierigen Agatha zu gern gesagt, sie solle sich um ihren eigenen Kram kümmern, antwortete aber widerwillig: »Ich mache einen Abendkurs in Französisch, weil es hier momentan eher ruhig ist, und er ist der Dozent.«
»Wie alt ist er denn?«
»Ich muss Schluss machen. Es klingelt auf der anderen Leitung.«
Nachdem sie aufgelegt hatte, saß Agatha besorgt da. Toni hatte eine Schwäche für ältere Männer und war deshalb schon einmal in Schwierigkeiten geraten.
Agathas Putzhilfe, Doris Simpson, hatte ihr eine Lokalzeitung auf den Küchentisch gelegt, und Agatha blätterte darin, um zu sehen, ob am Wochenende irgendwelche Veranstaltungen stattfanden. Tatsächlich fiel ihr eine in Winter Parva auf, einem rund zwanzig Meilen entfernten Dorf. Agatha war erst einmal dort gewesen. Es war eines der bei Touristen beliebten Cotswolds-Dörfer mit Souvenirläden, einem Mittelaltermarkt und Reetdach-Cottages. In dem Artikel hieß es, das Weihnachtsgeschäft der dortigen Geschäftsleute sei eher dürftig ausgefallen, weshalb der Gemeinderat entschieden hatte, ein besonderes Januar-Event zu veranstalten, um Interesse zu wecken. Am Sonntag sollte auf dem Dorfanger ein Schwein am Spieß gegrillt werden, und die Dorfbewohner wurden angehalten, in altmodischen Kostümen zu erscheinen. Die Morris-Dancer von Winter Parva sollten mit der örtlichen Blaskapelle und dem Dorfchor auftreten. Es wurden zwei Busse mit chinesischen Touristen zu dem Event erwartet.
Das wird es tun, dachte Agatha, sofern ich bis dahin nicht eingeschneit bin.
Da sie hungrig war, kramte sie in ihrem Tiefkühler nach etwas, das sie sich in der Mikrowelle erhitzen konnte. Plötzlich gingen alle Lichter aus. Stromausfall.
Agatha erinnerte sich, dass der Pub Red Lion über einen Generator verfügte. Sie zog sich eine Hose, Stiefel und einen Parka mit Kapuze an und machte sich auf den Weg, um dort zu Abend zu essen.
Im Pub wimmelte es von Einheimischen. Agatha bestellte sich am Tresen Lasagne mit Pommes frites und ein halbes Lager, bevor sie...
Erscheint lt. Verlag | 24.11.2023 |
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Reihe/Serie | Agatha Raisin Mysteries | Agatha Raisin Mysteries |
Übersetzer | Sabine Schilasky |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | As the Pig Turns |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Agatha Christie • Amateurdetektivin • Ann Granger • Cosy Crime • Cotswolds • England • Englisch • Ermittlerin • Häkelkrimi • Hamish Macbeth • jessica campbell • Krimis • Landhauskrimi • Miss Marple • Mitchell und Markby • Mord in bester Tradition • Wohlfühlkrimi |
ISBN-10 | 3-7517-4798-2 / 3751747982 |
ISBN-13 | 978-3-7517-4798-1 / 9783751747981 |
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