Im dunklen Tal 2 (eBook)

Der letzte König von Osten Ard 3

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
528 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12201-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im dunklen Tal 2 -  Tad Williams
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»Bahnbrechend« Patrick Rothfuss Die Geschichte von Osten Ard reicht tief zurück in eine uralte Vergangenheit. Auch wenn die Menschen hier ihre Königreiche, die miteinander im Streit liegen, errichtet haben, droht doch immer wieder Gefahr von den unberechenbaren Wesen, die alle Zeiten überdauert haben.  Eine tödliche Armee der Nornen, angeführt von der alterslosen, rachsüchtigen Königin Utuk´ku, marschiert in Erkynland ein und hat die Festung Naglimund erobert, ihre Bewohner abgeschlachtet und das uralte Grab Ruyans des Seefahrers geöffnet. Mit Hilfe seiner sagenhaften Rüstung will Utuk´ku den Geist Hakatris beschwören, des Bruders des bösen Sturmkönigs. Selbst die Sithi, mit den Nornen verwandte Feen, können Utuk´kus Triumph nicht aufhalten. Utuk´kus Armeen marschieren zum Hochhorst und dringen gleichzeitig in das verbotene, von einem Ungeheuer bewachte Tal des Tanakirú ein, des Dunkelschmal. Dort wartet ein Geheimnis, das Simons Volk und seinen Sithi-Verbündeten die Rettung bringen könnte - oder aber den Untergang. »Ein meisterhafter Geschichtenerzähler« Brandon Sanderson »Inspirierte mich dazu, selbst eine siebenbändige Trilogie zu schreiben ... Es ist eine meiner liebsten Fantasy-Serien.« George R. R. Martin »Ein fesselndes Epos mit einer Mischung aus Abenteuer, Intrige und Magie« LOCUS

Tad Williams, geboren 1957 in Kalifornien, ist Bestseller-Autor und für seine epischen Fantasy- und Science-Fiction-Reihen, darunter Otherland, Shadowmarch, und Das Geheimnis der Großen Schwerter bekannt. Seine Bücher, die Genres erschaffen und bisherige Genre-Grenzen gesprengt haben, wurden weltweit mehrere zehn Millionen Male verkauft.

Tad Williams, geboren 1957 in Kalifornien, ist Bestseller-Autor und für seine epischen Fantasy- und Science-Fiction-Reihen, darunter Otherland, Shadowmarch, und Das Geheimnis der Großen Schwerter bekannt. Seine Bücher, die Genres erschaffen und bisherige Genre-Grenzen gesprengt haben, wurden weltweit mehrere zehn Millionen Male verkauft.

23

Eine Lektion und ihre Folgen


Morgan spürte mehr, als dass er sie hörte, die leisen Schritte gleich außerhalb des Eibenstamms – Nornensoldaten auf der Suche nach Überlebenden ihres Angriffs auf Da’ai Chikiza, wie er einer war. Doch es fiel ihm schwer, der Gefahr die gebührende Aufmerksamkeit zu widmen. Das lag daran, dass er und die Nornendeserteurin Nezeru in diesem hohlen, alten Eibenstamm so hinabgerutscht waren, dass sie jetzt darin festklemmten, Gesicht an Gesicht und Körper an Körper.

Morgan wusste, ihre Lage könnte nicht prekärer sein, hätten sie sich in ein Fass einnageln und mitten in ein feindliches Lager rollen lassen. Sein Herz raste vor Angst, doch gleichzeitig war er sich Nezerus Körpers an seinem und ihres Atems an seiner Wange – sie roch nach wildem Süßholz – nur allzu bewusst, fürchtete aber, jede Bewegung, um den Kontakt etwas weniger eng zu gestalten, könnte sie beide noch tiefer in den Stamm hineinrutschen lassen.

Wir könnten hier endgültig festsitzen, dachte er. Wir könnten in dieser alten Eibe gefangen bleiben, bis wir nur noch Skelette sind.

Schließlich flüsterte sie: »Ich höre sie nicht mehr. Wir müssen versuchen, hier rauszukommen.«

Sie mühten sich, fanden aber in dem bröckeligen, weitgehend toten Baumstamminneren nicht genug Halt, um sich aus ihrer Zwangslage zu befreien, und das ganze Rangeln führte nur dazu, dass Morgan noch abgelenkter war. Nezeru war schlank, aber ihre Muskeln fühlten sich so hart an wie Holz, und das erinnerte ihn wieder an ihre kämpferischen Fähigkeiten, ihre Schnelligkeit und Beweglichkeit.

»Hör auf«, flüsterte sie rau. »Wir sind zu laut. Und du machst mir ein komisches Gefühl.«

»Ich dachte, du hörst sie nicht mehr.«

»Ja, aber ihr Gehör ist so fein wie meins, und wenn wir genug Lärm machen, wird ihn jemand hören.«

Jetzt erst kam bei ihm an, was sie gesagt hatte. »Was meinst du mit ›komisches Gefühl‹?«

»Dieses ganze Reiben. Es bewirkt, dass ich mich paaren will. Also sei jetzt still und beweg dich nicht.«

Paaren? Bedeutete das, was er glaubte, dass es bedeutete? Jetzt konnte Morgan gar nicht umhin, daran zu denken, und das Ergebnis zog wiederum Nezerus Aufmerksamkeit auf sich.

»Was ist das?«, flüsterte sie. Es klang ärgerlich.

»Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte er.

»Das.« Sie schob die Hand zwischen ihre Körper und drückte ihn.

»Oh. Oh, beim Erlöser.« Die Unkontrollierbarkeit des Gefühls wurde noch dadurch verstärkt, dass er sich der Berührung in dem Eibenstamm nicht entziehen konnte. »Tu das nicht!«

»Warum?« Sie klang aufrichtig überrascht. Sie drückte wieder zu. »Tut das weh?«

»Aaah!«

»Ich hab doch gesagt, sei still.«

»Dann lass das!«

Langsam zog sie ihre Hand wieder weg. »So viel Getue wegen eines nei«, sagte sie, aber sie klang eher spöttisch als unwirsch.

»Was heißt das – nei

»Das kannst du dir ja wohl denken. Aber das Wort bedeutet ›Wurzel‹.«

»Hast du nicht gesagt, dein Schwert heißt ›Kaltwurz‹?«

»So heißt es auch.«

»Das ist … ganz schön merkwürdig.«

Sie lachte, nahezu lautlose kleine Luftstöße an seinem Ohr. »Sei leise, Sterblicher. Der Name des Schwerts beruht auf einer anderen Bedeutung des Worts, das ist alles. Haben Wörter in eurer Sterblichensprache nicht auch manchmal mehr als nur eine Bedeutung?«

»Doch. Lass uns nicht mehr davon sprechen.« Das Problem, das ihr enger Körperkontakt verursacht und Nezerus zupackender Umgang damit noch verschärft hatte, bestand weiterhin. »Wenn wir noch leise weiterreden können, erzähl mir, warum du die Nornen verlassen hast.«

Jetzt schwieg sie eine ganze Weile. »Ich wollte, ich könnte sagen, dass sie mich verlassen haben«, sagte sie schließlich, »dass meine guten Absichten gegen mich gewendet wurden – denn zumindest zum Teil stimmt das. Aber wichtiger noch ist, dass ich blind war, als ich alles klar zu sehen glaubte.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Dann schätze dich glücklich, junger Sterblicher, und bete zum Garten, dass du nicht das Gleiche eines Tages auch erkennen musst.«

Morgan ignorierte das beleidigende »junger Sterblicher« – jetzt, da er erfahren hatte, dass sie nicht älter war als er, traf es ihn nicht mehr so. Er wusste, was der Verlorene Garten war, weil Tanahaya davon gesprochen hatte, aber er verstand trotzdem nicht recht, was Nezeru meinte. Blind, wenn man denkt, man sieht? Doch dann dachte er daran, wie viele Gewissheiten ihm abhandengekommen oder regelrecht geraubt worden waren, seit er den Hochhorst verlassen hatte, und er befand, dass er das, was sie da beklagte, vielleicht doch ein bisschen nachvollziehen konnte. »Wir lernen alle dazu«, sagte er. »Dafür braucht man sich doch nicht zu schämen.«

»Nein, aber es kann beschämend sein zu wissen, was man getan hat, während man die Wahrheit immer noch verleugnet hat.«

»Welche Wahrheit?« Die Ablenkungsstrategie schien zu funktionieren. Seine Erregung legte sich, und er war begierig darauf, zu hören, wie diese Nornenkriegerin ihre innersten Gedanken offenlegte.

»Die Wahrheit, dass ich dazu erzogen wurde, nicht selbst zu denken. Dass man mir seit meiner Kindheit auf alle zweifelnden Fragen die immergleichen simplen Antworten gegeben hat und mir nie in den Sinn gekommen ist, dass simple Antworten oft schlechte Antworten sind.«

»Deine Oberen haben dich betrogen.«

»Aber sie wurden selbst auch betrogen. Wir wurden alle dazu erzogen, unsere Königin für unfehlbar zu halten, und ein Teil von mir glaubt immer noch, dass sie es vielleicht wirklich ist. Aber inzwischen ist mir klar, dass, so weise unsere unsterbliche Königin auch sein mag, ihre Unterlinge allemal fehlbar sind. Manche interessiert nur ihr eigener Aufstieg. Manche haben solche Angst, falsch zu liegen, dass sie töten würden, um ihre Ignoranz aufrechtzuerhalten.«

Morgan fand, das klang wie die Umstände an jedem Hof in Osten Ard, sogar an dem seiner Großeltern, obwohl er bezweifelte, dass irgendjemand von den Höflingen dort fähig wäre zu morden. Warum sollten sie auch? Die Adligen hatten doch alles, was sie wollten – Land, Bedienstete, Ruhm und Ehre. Was brauchte denn irgendjemand noch?

Es war so gut wie stockfinster in dem Baum. Nezeru schwieg, und er fragte sich, ob sie es bereute, ihm von ihren Zweifeln erzählt zu haben.

»Warum küssen sich Sterbliche?«, fragte sie.

Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet. »Küssen? Wieso? Küssen sich Nornen nicht?«

»Wenn du Hikeda’ya meinst, doch, aber nur in der Liebe. Nach dem, was ich gehört habe, küssen Sterbliche andauernd so ziemlich alle, Alte, Junge, Männlein, Weiblein. Ich habe gehört, manche küssen sogar Hunde und Pferde.« Sie lachte wieder lautlos.

Er fühlte ihre Brust an seinem Brustkorb beben.

»Hast du schon mal jemanden geküsst?«, fragte sie.

»Guter Gott, ja, klar.«

»In der Liebe?«

Er atmete tief durch. Wo er sich gerade wieder unter Kontrolle hatte …!

»Ja, in der Liebe. Aber auch Großeltern, Eltern, Freunde. Es gibt viele Arten von Küssen. Manche sind einfach nur eine Form der Begrüßung, andere sind Ausdruck von Respekt, wenn man zum Beispiel einem Bischof den Ring küsst.«

»Ring?«

»Es heißt genau das, was es heißt«, sagte er ein bisschen knurrig. »Oder bedeutet es in der Nornensprache noch was anderes? Ich meine einen Ring am Finger.«

»Nein, nein, ich verstehe schon.« Sie schwieg wieder kurz. »Kannst du mir zeigen, wie Sterbliche küssen?«

Jetzt war es Morgan, der eine Weile nichts sagte. Er schämte sich immer noch für seinen Fehler Tanahaya gegenüber. »Du meinst, ich soll dich küssen?«

»Ist das falsch? Bist du einer anderen versprochen, oder küsst du lieber andere Männer? Oder findest du Hikeda’ya einfach widerlich?«

»Nein! Ich meine, ich weiß nicht. Ja, ich finde die Mitglieder deines Volks, die mich umbringen und meine Familie töten wollen, widerlich, wie du es ausdrückst. Aber du hast mir das Leben gerettet, und ich … ich nehme an, wir sind Verbündete, wenn nicht sogar Freunde.«

»Nein«, sagte sie schnell. »Freunde nicht. Aber Verbündete, jedenfalls im Moment.«

Das gefiel ihm nicht sonderlich, doch er war nicht in der Position, Streit anzufangen. »Aber warum? Warum...

Erscheint lt. Verlag 16.9.2023
Reihe/Serie Der letzte König von Osten Ard
Der letzte König von Osten Ard
Übersetzer Wolfram Ströle, Cornelia Holfelder-von der Tann
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Bestseller • Bestsellerautor • Bestseller Reihe • Bestseller Serie • Das Geheimnis der großen Schwerter • epische Fantasy • Fantasy • Fantasy Buch 2023 • Fantasy Epos • Fluch • Geheimnis • Geschenk Fantasyleser • High Fantasy • Königreich • König von Osten Ard • kult serie • Meuchelmörder • Neue Fantasy 2023 • Neuer Tad Williams • Nornen • Nornenkönigin • Osten Ard • Simon und Miriamel • Thronfolger • Trunkenbold • Wilde Völker • Zauberwald
ISBN-10 3-608-12201-X / 360812201X
ISBN-13 978-3-608-12201-5 / 9783608122015
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