Die verlorene Zukunft von Pepperharrow (eBook)

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2023 | 1. Auflage
592 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12191-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die verlorene Zukunft von Pepperharrow -  Natasha Pulley
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»Raffiniert, elegant und insgesamt überraschend.« New York Times »Hellseher haben eine besondere Begabung im Umgang mit der Zeit - daher war es mehr als plausibel, dass Keita Mori ausgerechnet als Uhrmacher tätig war.« Leserinnen und Leser werden in »Die verlorene Zukunft von Pepperharrow« ins Japan der 1880er Jahre entführt, wo der Nationalismus auf dem Vormarsch ist und Geister durch die Straßen streifen. Fünf Jahre, nachdem sich Thaniel Steepleton und Keita Mori in London kennengelernt haben, reisen sie, ein unscheinbarer Übersetzer, und ein Uhrmacher, der sich an die Zukunft erinnert, nach Japan, denn in Tokio gehen seltsame Dinge vor sich. Während Krieg mit Russland droht, tritt das Personal der britischen Gesandtschaft in den Streik, weil  in ihrem Gebäude Geister ihr Unwesen treiben. Thaniel soll herausfinden, was hinter dem Spuk steckt. Doch dann beginnt er selbst, Geister zu sehen. Mori fürchtet sich, will - oder kann - die Gründe dafür aber nicht nennen. Und dann verschwindet er spurlos. Thaniel ist überzeugt, dass die magischen Dinge, die im ganzen Land vorgehen, etwas mit Moris Verschwinden zu tun haben - und dass Mori in großer Gefahr ist. So wird er mit der erschreckenden Offenbarung konfrontiert, dass die Zeit des Uhrmachers abgelaufen sein könnte. »Eine romantische, einfallsreiche und wunderbar fesselnde Lektüre.« Sunday Express »So filigran wie eine Origami-Skulptur.« Spectator »Entzückend, unerbittlich charmant und tief bewegend. Ein erstaunliches Buch.« Los Angeles Times »Pulleys komplizierter Plot, die lebendige Kulisse, die faszinierende Magie und das dynamische Ensemble von Charakteren sorgen für eine historische Fantasy, die man nicht aus der Hand legen kann. Neue Leser werden in den Bann gezogen, und Fans der Serie werden von dieser Tour de Force begeistert sein.» Publisher's Weekly

Natasha Pulley studierte in Oxford Englische Literatur. Nach Stationen im Buchhandel und bei der Cambridge University Press in den Bereichen Astronomie und Mathematik setzte sie ihre Studien in Tokyo fort. Sie erhielt ein Stipendium der Gladstone's Library als Writer in Residence. Gegenwärtig hat sie Lehraufträge an den Universitäten von Bath und Cambridge. Ihr Debüt Der Uhrmacher in der Filigree Street gewann den Betty Trask Award und wurde ein internationale Bestseller. Zuletzt erschien in der Hobbit Presse ihr Roman Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit.

Natasha Pulley studierte in Oxford Englische Literatur. Nach Stationen im Buchhandel und bei der Cambridge University Press in den Bereichen Astronomie und Mathematik setzte sie ihre Studien in Tokyo fort. Sie erhielt ein Stipendium der Gladstone's Library als Writer in Residence. Gegenwärtig hat sie Lehraufträge an den Universitäten von Bath und Cambridge. Ihr Debüt Der Uhrmacher in der Filigree Street gewann den Betty Trask Award und wurde ein internationale Bestseller. Zuletzt erschien in der Hobbit Presse ihr Roman Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit. Jochen Schwarzer, geboren 1967 in Nienburg/Weser, lebt als Übersetzer englischsprachiger Literatur in Berlin. Zu den von ihm übersetzten Autoren zählen Stephen King, Redmond O'Hanlon, Patrick Rothfuss und Hunter S. Thompson.

PROLOG


Der Gedanke liegt nahe, dass niemand in der Lage wäre, den Lauf der Welt so zu arrangieren, dass die einzelnen Ereignisse dem eigenen Wunsch gemäß wie in einem Uhrwerk ineinandergreifen. Alles Mögliche käme da doch in die Quere, denkt man. Und tatsächlich waren all die Königinnen und Generäle, die so etwas im Laufe der Geschichte mit aller Macht versucht hatten, meist schon an etwas so Banalem wie dem Wetter gescheitert. Nun haben Hellseher jedoch eine besondere Begabung im Umgang mit der Zeit – weshalb es einer gewissen Ironie nicht entbehrte, dass Keita Mori ausgerechnet als Uhrmacher tätig war.

Was er in seiner Werkstatt erschuf, erkannte man meist erst, wenn es fertig war. Ein wohlgeordnetes Chaos kennzeichnete seine Arbeitsweise, was so weit ging, dass er ewig an etwas bauen konnte, das nur wie ein befremdliches Gewirr aussah – bis es sich eines Tages erhob, in Bewegung setzte und sich als Oktopus entpuppte. Noch undurchschaubarer war sein Tun, wenn er nicht mit Stahl, sondern mit der Zeit hantierte. Nur wer ihn sehr gut kannte, entdeckte eventuell, dass er etwas arrangierte, und erspähte die Umrisse der Tentakel. Einem derart geschulten Blick wäre womöglich nicht entgangen, dass am letzten Oktobertag des Jahres 1888 in Sankt Petersburg ein solcher Tentakel Gestalt anzunehmen begann.

• • •

Pjotr Kusnezow war überrascht, als ihm Mori, den er fünf Jahre nicht gesehen hatte, eine Einladung zum Kaffee im Hotel Angleterre zukommen ließ.

»Ausgerechnet das Scheiß-Angleterre«, knurrte Pjotr, als er die Straße überquerte, und erschreckte damit einen dort Schnee schippenden Jungen.

Auf der offiziellen Ebene hasste Japan alle anderen. Es war eines jener verlockend reichen und zugleich unterentwickelten Länder, in die sie alle – Großbritannien, Russland, Amerika – unbedingt einmarschieren wollten; doch da Russland am nächsten dran war, rangierte es auf der Tokyoter Feindesliste auf Platz eins. Pjotr und Mori hätten niemals miteinander befreundet sein dürfen – davon ging man bei Geheimdienstoffizieren verfeindeter Staaten einfach aus. Sie waren allerdings ihre ganze Laufbahn hindurch gewissermaßen Amtskollegen gewesen. Mit einem Bein hatten sie stets in oft unangenehmen oder öden Dienstpflichten gesteckt, während sie mit dem jeweils anderen auf schicken Botschaftsempfängen herumstanden. Beide hegten sie eine Abneigung gegen das Fahnenschwenken und gegen Amerikaner. Mori konnte einiges an Alkohol vertragen, und Pjotr kannte sich mit den Sumo-Regeln aus. Sie hatten viel mehr miteinander gemein als die mit den Fahnen schwenkenden Minister, für die sie arbeiteten.

Ein kleines Hemmnis in ihrem ansonsten harmonischen Verhältnis war, dass es sich bei Mori – und daran kam man nicht vorbei – um einen reichen Mann handelte. Er tat so scheußliche Dinge wie, Pjotr in Nobelhotels einzuladen – ein normaler Mensch wäre gar nicht so ohne Weiteres auch nur am Portier des Angleterre vorbeigekommen. Tolstoi logierte dort gegenwärtig. Pjotr hatte seine instinktive Scheu vor Etablissements mit vergoldeten Fresken und Schriftstellern als Dauergästen nie gänzlich abgelegt.

Mori war einige Jahre zuvor auf eigenen Wunsch aus dem japanischen Staatsdienst ausgeschieden – behauptete er zumindest. Seit einem halben Jahr bewohnte er nun eine Suite im Angleterre und fertigte dort Uhren und ähnliche Gegenstände für die Zarin. Das war die erstaunlichste Tarngeschichte, die Pjotr je gehört hatte, denn Mori fertigte dort tatsächlich Uhren und ähnliche Gegenstände für die Zarin. Sie hatte dem Innenminister einige Monate zuvor eine Taschenuhr geschenkt, und der hatte sie allen gezeigt, auch Pjotr. Es war ein Prachtstück.

Pjotr hätte sich herzlich gern ein ganzes Jahr lang Katharina nennen lassen, wenn Mori wirklich nur der Uhrenfertigung wegen in Sankt Petersburg war.

Vor dem Hotel angelangt, blieb er stehen. Es war erst zehn vor elf; er war extra früh losgegangen für den Fall, dass es am Eingang zu Scherereien kam. Anständigerweise hätte er nun warten müssen, doch es war so kalt, dass er es nicht ertrug, draußen herumzustehen. Seit vier Tagen schon schneite es fast ununterbrochen, und an den Gehsteigrändern war der Schnee schon übermannshoch aufgeschippt. Er war pulvrig und fein wie Puderzucker, und die vorbeifahrenden Kutschen zogen glitzernde Fahnen davon hinter sich her. In der Nähe des Hotels waren einige Männer damit beschäftigt, eine Telegrafenleitung zu reparieren, die in der Kälte gerissen sein musste. Und dabei war es erst Oktober; es stand ein harter Winter bevor.

Der Portier ließ Pjotr dann jedoch ganz ohne Umstände herein. Er musste nicht einmal seinen Ochrana-Ausweis zücken.

Im Hotelcafé herrschte reger Betrieb, der Saal war erfüllt vom verheißungsvollen Klirren der aufgetragenen Gebäck-Etageren und dem Geplauder der Damen – man wusste, man war in gut betuchter Gesellschaft, wenn die Männer leiser sprachen als die Frauen –, doch Pjotr erspähte Mori fast augenblicklich am Fenster, da das Gewirr der mechanischen Teile auf seinem Tisch das Licht einfing. Er baute einen Spielzeugkraken. Gerade justierte er etwas in dessen Innern. Der kleine Krake versuchte indessen, sich den Silberlöffel aus der Zuckerschale zu schnappen.

»Ist der etwa lebendig?«, fragte Pjotr, vor allem, um sich den Ausruf zu verkneifen, dass Mori keinen Tag älter aussehe als bei ihrer letzten Begegnung. Er selbst war in der Zwischenzeit ergraut.

»Nein«, sagte Mori in seinem vornehmen Russisch. Er hatte die eigenartigste Stimme, die Pjotr je untergekommen war. Obwohl er ein geradezu nymphenhaft zierlicher Mann war, klang er so dunkel, wie sprechende Petroleumdämpfe geklungen hätten. »Er tut nur so.«

Der Krake hatte einen fast vollkommen runden, schimmernden Leib mit kleinen silbernen und gläsernen Einsätzen darin. Pjotr reichte ihm den Löffel. Daraufhin gab das kleine Ding einen freudigen mechanischen Laut von sich, der wie Wob-Wob-Wob-Wob klang, glitt dann unter den Tisch und schmiegte sich an Pjotrs Knöchel. Der beugte sich hinab und streichelte es, wobei er sich sehr zusammenreißen musste, um keine peinlichen Koselaute von sich zu geben. Der Krake besaß nur sieben Beine. An der Stelle des achten ragte lediglich ein bronzefarbenes Rädchen hervor.

Ihm gegenüber krempelte sich Mori nun die Ärmel herunter. Pjotr erhaschte einen Blick auf eine Tätowierung an seinem Unterarm, die aus japanischen Schriftzeichen bestand. Sie musste frisch sein, denn sie sah noch nicht verheilt aus. Widerstrebend beschloss er, nicht danach zu fragen.

»Also«, sagte Pjotr, »was machen Sie hier? Muss ich nun damit rechnen, dass im Schlafgemach des Zaren eine Bombe mit Zeitzünder auftaucht?«

Mori lächelte. Es ging ihm sichtlich so gut, dass er förmlich von innen heraus strahlte. Er hätte mindestens eine Besenkammer damit erhellen können. Pjotr verspürte kurz Lust, ihn in eine zu schubsen. »Sie wissen doch, dass ich den Dienst quittiert habe. Ich habe in den letzten Jahren in London gelebt. Tokyo wäre gar nicht in der Lage, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Hatten Sie mal mit der Royal Mail zu tun?«

»London könnte sich mit Ihnen in Verbindung setzen. Sind Sie übergelaufen?« Es klang deutlich gekränkter, als es sollte. Pjotr hatte insgeheim immer gehofft, dass Mori zu den Russen überlaufen würde.

»Nein, natürlich nicht. Ich habe eine Uhrmacherwerkstatt eröffnet. Wenn ich überlaufen würde, dann natürlich nur zu Ihnen, nicht wahr? Wie geht es Ihnen?« Er wirkte aufrichtig erfreut, ihn wiederzusehen.

Pjotr schmolz dahin. Sonst wirkte niemand je erfreut, ihn zu sehen. »Man tickt so vor sich hin …«, sagte er, und Mori war so höflich, darüber zu lachen. »Wie wär’s jetzt mit einem Kaffee?«, fragte Pjotr.

»Ja, gern«, sagte Mori, und wie gerufen kam eine Kellnerin mit zwei Tassen.

»Wie machen Sie das?«, fragte Pjotr. »Ich bin zehn Minuten zu früh.«

Wenn es eine Antwort gab, bekam er sie nicht mit. Drei Eulen hockten hinter Mori draußen auf dem Fenstersims und schmiegten sich aneinander. Sie schauten herein, als wären sie in einem Theater. Pjotr ertappte sich dabei, dass er den Kopf neigte, nur um zu sehen, ob eine von ihnen es ihm nachmachen würde.

»Hören Sie, ich habe aus Tokyo etwas erfahren, das Sie interessieren dürfte«, sagte Mori und verpasste Pjotr, als der seine Brieftasche zückte, um bei der Kellnerin zu zahlen, unterm Tisch einen leichten Tritt.

»Worum geht’s?«, fragte Pjotr, nun ganz Ohr.

»Ein Freund von mir wird dort demnächst zum Premierminister ernannt«, sagte Mori und ...

Erscheint lt. Verlag 14.10.2023
Übersetzer Jochen Schwarzer
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Abenteuer • Alternative Geschichtsschreibung • benedict jacka • Buch • England • Erin Morgenstern • Fantasy • Filigree Street • historische Fantasy • Homosexualität • Japan • Katsu • keita mori • Lev Grossman • LGBTQ • Liebe • London • Magie • Magischer Realismus • Magisches London • Neue Bücher Herbst 2023 • Neue Fantasy 2023 • Neuerscheinung 2023 • Neuerscheinung Fantasy • Queer • queere Liebe • Romantische Fantasy • Spannung • Steampunk • Thaniel Steepleton • Uhrmacher • Urban Fantasy • Weihnachtsgeschenk • Zeitreise
ISBN-10 3-608-12191-9 / 3608121919
ISBN-13 978-3-608-12191-9 / 9783608121919
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