Die Kyphorer im Nacken: Straße ins All 47 -  Miguel de Torres

Die Kyphorer im Nacken: Straße ins All 47 (eBook)

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2023 | 1. Auflage
200 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7529-1 (ISBN)
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Ein großer Teil des bekannten Universums wird von der Zivilisation der Kyphorer beherrscht. Die Kyphorer betreiben ein gigantisches Transmitternetz. Ihr Machtbereich dehnt sich scheinbar unaufhaltsam aus. Welten, die nicht in ihr Transmitternetzwerk integriert werden wollen, betrachten sie als Feinde. Aber es gibt auch Sternenreiche, die sich dem Einfluss der Kyphorer bislang entziehen und ihre Freiheit bewahren konnten. Dieser Band enthält folgende SF-Abenteuer von Miguel de Torres: Der Verräter Tohuwabohu in Wohu Batohu Tanz am Tanzam Highway

Tohuwabohu in Wohu Batohu


Miguel de Torres








»Ungewöhnliche Ereignisse verlangen ungewöhnliche Maßnahmen!«



1.


Damals – 29. Juli 2063, Mbeya (ehemaliges Tansania):

»Tür zu!«

»Ist ja gut!«

Samuel Johnson, der schlanke, beinahe schmächtige Afroamerikaner, machte in personifizierter Lässigkeit auf dem Absatz kehrt und versetzte der Tür noch in der Bewegung einen Schwung, der sie zurück ins Schloss fallen ließ. Dann wandte er sich wieder um zu P’tu Eh Tángo, dem Gebietsleiter von Neue Welt. Doch der dunkelhäutige Riese mit der Statur eines Athleten hatte sich bereits in einen der dunkelbraunen Ledersessel fallen lassen, die den großen, runden Tisch umzingelten wie Zulus eine burische Wagenburg. Rechts neben P’tu Eh Tángo hatte Mathew Born Platz genommen, der drahtige Amerikaner, der zwei Tage zuvor von dem Gebietsleiter damit beauftragt worden war, mit Hilfe der vom Konzern Mechanics erbeuteten Pläne ein Star Gate für die Untergrundorganisation zu bauen 1 .

Ohne zu zögern setzte sich Johnson links neben P’tu Eh Tángo und sah dann, wie seine beiden Begleiter, erwartungsvoll auf die ihnen gegenübersitzende kleine und beinahe knabenhaft schlanke, doch unverkennbar weibliche Gestalt, die gerade einen Stoß Papiere aus einem dunklen Aktenkoffer nahm, der vor ihr auf dem Tisch stand. Die Frau trug eine große, verspiegelte Sonnenbrille, in der sich die drei Angehörigen der Untergrundorganisation, verkleinert und grotesk verzerrt, wiedererkannten.

»Sie wissen, warum ich Sie sprechen wollte«, begann die Frau mit kalter Stimme. »Sie haben etwas, das für uns von großem Nutzen wäre. Wir wollen es Ihnen abkaufen.«

P’tu Eh Tángo sah sich demonstrativ suchend um. »Wir...?«

Die Frau verzog spöttisch die Mundwinkel, und der Gebietsleiter von Neue Welt bedauerte, dass er ihre Augen nicht sehen konnte. Auf diese Weise war es viel schwieriger, sie einzuschätzen.

»Meine Auftraggeber und ich«, antwortete die Frau. »Genauer: Meine ungenannten Auftraggeber und ich!«

P’tu Eh Tángo schüttelte den Kopf. »Das, was Sie wollen, ist nicht zu verkaufen!«

»Das können Sie alleine entscheiden?«

»Ich habe nach Ihrem Anruf mit meinem Vorgesetzten konferiert«, erläuterte der Riese mit seiner rauchigen Stimme, »und er ist ganz meiner Meinung: Die Pläne des Star Gates sind unverkäuflich! Sie werden uns helfen, die Macht der Konzerne zu brechen! Wir werden die Menschheit aus der Knechtschaft des Kapitals...«

Sein Gegenüber winkte gelangweilt ab. »Ja, ja, die Weltrevolution! Sie wollen die Unterdrückung des Menschen durch den Menschen abschaffen und durch das Gegenteil ersetzen ...« Sie beugte sich leicht vor. »Was, glauben Sie, nützen Ihnen die Pläne? Sie denken doch wohl nicht im Ernst, dass Sie in der Lage sind, so ein hochkomplexes technisches Gebilde wie ein Star Gate einfach im Nullkommanichts aus dem Boden zu stampfen?«

»Nicht im Nullkommanichts«, warf P’tu Eh Tángo ein, »aber wir werden es schaffen! Die Macht der Arbeiterklasse...«

Ein verächtliches Lachen unterbrach ihn. »Mit der Arbeiterklasse kommen Sie hier nicht weiter! Was Sie brauchen, sind hochqualifizierte Experten – Ingenieure, erfahrene Maschinenbauer und so weiter. Und Sie brauchen Geld – viel Geld! Ganz abgesehen davon, dass eine Menge der Teile, die für das Star Gate benötigt werden, gewiss nur in großen, spezialisierten Fabriken hergestellt werden können! Also kommen Sie mir nicht mit der Arbeiterklasse! Sie brauchen Experten, Maschinen und Geld – und sie haben nichts von alldem!«

»Die Pläne sind nicht zu verkaufen«, erklärte der Gebietsleiter kategorisch. »Es wird nicht einfach sein und es wird vielleicht Jahre dauern, doch wir werden es schaffen – irgendwann verfügt Neue Welt über eigene Star Gates und dann...«

Mit einer Handbewegung schnitt ihm die Frau das Wort ab. »Also gut. Die Pläne sind nicht zu verkaufen, und es wird Jahre dauern. Möglicherweise – oder sogar wahrscheinlich – wird nichts dabei herauskommen! Meine Auftraggeber haben für den Fall Ihrer Weigerung ein Alternativangebot vorbereitet: Wir sind bereit, den Bau des Star Gates mit finanziellen Mitteln sowie den dazu benötigten Experten zu unterstützen. Mit dieser Unterstützung wird es nicht Jahre, sondern nur Monate dauern. Was halten Sie davon?«

P’tu Eh Tángo kniff die Augen zusammen. »Und was verlangen Sie dafür?«, fragte er misstrauisch.

»Nichts – nur das Recht, die in Zusammenarbeit gebauten Star Gates zu benutzen.«

»Völlig unmöglich!« Der Gebietsleiter schüttelte heftig den Kopf. »Die Star Gates gehören Neue Welt, und nur wir werden sie benutzen! Außerdem denke ich, dass Ihre ›Auftraggeber‹, wie Sie sie bezeichnen, einem jener Konzerne angehören, die Neue Welt bekämpft! Nein, wir sind nicht käuflich!«

»Ich denke, das sollten Sie mit Ihrem Vorgesetzten besprechen«, versetzte die Frau kalt, »meinen Sie nicht auch?«

P’tu Eh Tángo zögerte. Zum ersten Mal verlor er etwas von seiner zur Schau gestellten Selbstsicherheit. Er wusste, dass die Frau recht hatte – es lag nicht in seiner Macht, das überraschende Angebot abzulehnen oder anzunehmen. Das Star Gate war zu wichtig für Neue Welt; nur der Oberste Revolutionsrat konnte so eine Entscheidung treffen.

Der schwarze Riese senkte den Blick. »Ich muss telefonieren.«

Die Frau nickte; das Abbild der drei Männer in der Sonnenbrille tanzte auf und ab. Sie wies auf die Tür. »Bitte sehr!«

Beinahe widerstrebend erhob sich P’tu Eh Tángo und verschwand. Wenige Minuten später bereits kehrte er wieder zurück.

»Nun?«

Es war klar zu erkennen, dass sich der Riese nicht wohlfühlte. Sein Blick war auf die Tischplatte gerichtet, als er antwortete: »Wir ... sind einverstanden!«

Die Lippen der Frau verzogen sich zu der Andeutung eines Lächelns. »Ich habe das angenommen.« Sie öffnete den Aktenkoffer, entnahm ihm ein kleines, schwarzes Säckchen und warf es dem Gebietsleiter der Untergrundorganisation zu. Der fing es geschickt auf und wog es prüfend in der Hand. Es rasselte leise.

»Diamanten«, erklärte die Frau mit der verspiegelten Sonnenbrille. »Die erste Rate zur Deckung Ihrer Unkosten. In den nächsten Tagen bereits werden Sie weitere erhalten – und einen erfahrenen Ingenieur dazu, der einen ersten Prototypen konstruieren wird. Wir wollen keine Zeit verlieren!« Sie packte ihre Papiere wieder ein, auf die sie während der kurzen Unterredung keinen einzigen Blick geworfen hatte, und schloss den Koffer. Sie stand auf, nickte den drei Männern zu und verließ dann ohne ein weiteres Wort den Raum.

Mathew Born, der der Unterhaltung ebenso schweigend gefolgt war wie Samuel Johnson, kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Irgendetwas ist faul an der Sache! Sie ist so schnell umgeschwenkt, dass ich den Eindruck hatte, sie wäre nie an den Plänen interessiert gewesen! Aber warum?«

P’tu Eh Tángo zuckte mit den breiten Schultern. »Wenn sie einen Ingenieur schicken, bekommen sie die Pläne sowieso in die Hand, zumindest mittelbar. Aber warum bauen sie das Star Gate dann nicht selbst?«

»Und woher«, versetzte Born, »wissen sie überhaupt von der ganzen Geschichte?«

Samuel Johnson hob schüchtern den rechten Zeigefinger. »Nicht zu vergessen die größte Frage von allen: Wer sind ›sie‹?«

P’tu Eh Tángo stand auf; seine beiden Begleiter taten es ihm nach. »Wie dem auch sei – der Oberste Revolutionsrat hat die Entscheidung getroffen, auf das Angebot einzugehen.« Sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Zumindest zum Schein! Wenn das Star Gate erst einmal steht...«


*


Zurück in ihrem Hotelzimmer nahm die Frau die Sonnenbrille ab und enthüllte ein Paar blauer Augen, die triumphierend funkelten. Sie entnahm dem Aktenkoffer ein daumengroßes Satellitentelefon und drückte eine Taste. Nur Sekunden später meldete sich eine Stimme, so kristallklar, als stünde der Sprecher selbst im Raum.

»Wie ist es gelaufen?«

Die Frau lachte. »Genau, wie du es vorhergesehen hast! Sie konnten nicht ablehnen!«

»Ausgezeichnet! Das wird der größte Schlag, den Craudibmw Flibo jemals versetzt hat, und du, Cum...«

»Pst!«, fuhr die Frau ihren unsichtbaren Gesprächspartner an. »Keine Namen! Die Leitung ist zwar verschlüsselt, aber ich traue den Satelliten nicht; sie werden schließlich von Flibo betrieben!«

»Keine Sorge, die Leitung ist sicher«, beruhigte sie der Mann. »Es läuft also alles wie geplant ab? Ich schicke zunächst einen Ingenieur hinunter nach – wie heißt noch mal das Kaff?«

»Portsland, etwa fünfzig Kilometer von Mbeya, irgendwo im tiefsten Busch.« Die Frau seufzte. »Können wir ihnen nicht einfach die Pläne klauen und das ... das Gerät in München bauen? Das wäre hundertmal einfacher als hier, wo die komplette Infrastruktur fehlt!«

»Das Thema hatten wir schon mehrmals«, erklärte ihr Gesprächspartner ungeduldig. »Es ist...

Erscheint lt. Verlag 19.4.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-7389-7529-2 / 3738975292
ISBN-13 978-3-7389-7529-1 / 9783738975291
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