Die Drogenkammer (eBook)
311 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7575-3921-4 (ISBN)
Jan Spelunka, geboren in Geldern, lebt heute in Bad Münstereifel. Er erlernte den Beruf des Buchdruckers, später besuchte er die Fachoberschule für Sozialpädagogik und arbeitete in verschiedenen Druckereien in Düsseldorf und Aachen. Seit 2009 ist er als Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung in Euskirchen beschäftigt. 'Ende einer Lesereise' und 'Zwentibolds Wut' sind seine ersten Kriminalromane aus der Andy-Mücke-Reihe. Weitere werden folgen.
Jan Spelunka, geboren in Geldern, lebt heute in Bad Münstereifel. Er erlernte den Beruf des Buchdruckers, später besuchte er die Fachoberschule für Sozialpädagogik und arbeitete in verschiedenen Druckereien in Düsseldorf und Aachen. Seit 2009 ist er als Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung in Euskirchen beschäftigt. "Ende einer Lesereise" und "Zwentibolds Wut" sind seine ersten Kriminalromane aus der Andy-Mücke-Reihe. Weitere werden folgen.
1
Auch wenn solch ein Wohnmobil nichts für Andy Mücke war, konnte er sich durchaus vorstellen, dass es seinen Reiz hatte, damit durch die Gegend zu tuckern, so wie Heike Haibach es zurzeit tat. Seine ehemalige Schulfreundin war Ostermontag in Hamburg aufgebrochen, hatte zwei Nächte auf einem Campingplatz bei Vlotho und eine weitere in Xanten verbracht, bevor sie um die Mittagszeit in ihrer Heimatstadt Bad Münstereifel eingetroffen war. Morgen oder spätestens übermorgen sollte es dann in einer Tour weitergehen bis an den Bodensee.
Andy saß mit Heike am Tisch und fuhr einige Male mit der Hand über die glatte Fläche des rotbraunen Kirschbaumholzes. Er fragte sich, ob er sie nach all den Jahren in der Stadt wiedererkannt hätte. Wahrscheinlich nicht, so vertraut sie ihm einst auch gewesen sein mochte. Ihr Gesicht war runder geworden und ihre inzwischen so markant ausgeprägten Züge besaß Heike damals nur im Ansatz. Natürlich trugen die Kurzhaarfrisur und die leicht mollige Figur zu ihrem veränderten Aussehen bei. Gedankenverloren schaute er aus dem Seitenfenster. Draußen spiegelte sich die Aprilsonne in der gelben Rutschbahn des Münstereifeler Schwimmbades. Einhundertzwanzig Meter soll das geschlängelte Teil lang sein. Von der anderen Seite drang das heftiger gewordene Stimmengemurmel durch die geöffnete Tür zu ihnen ins Innere des Hymer-Eriba, begleitet vom sich abwechselnden Gebell einiger Hunde. Erkennen ließ sich nichts, weil ein abgestellter Wohnwagen den Blick in die Richtung unterbrach, aus der der Lärm kam.
»Ist das hier immer so laut?«, fragte Heike und nippte an ihrem Cappuccino.
»Woher soll ich das wissen? Für mich ist es das erste Mal, dass ich Gast auf dem Campingplatz bin und Kaffee trinke, und das auch erst seit etwas mehr als einer Stunde.«
»Logisch, nur weil du im Ort wohnst, musst du das nicht zwangsläufig wissen. Es sei denn, du hättest hier mal einige Nächte oder sogar eine längere Zeit verbracht. Aber dafür bist du viel zu solide, warst du damals schon.«
»Hm.« Andy überlegte, ob an Heikes seltsamer Schlussfolgerung etwas dran war. Konnte man ihn nach zwei Scheidungen tatsächlich als solide bezeichnen, noch dazu bei seinem unberechenbaren Leben als Privatdetektiv? Wohl kaum, er entschloss sich zum Gegenangriff: »Es ist mir neu, dass ausgerechnet eine Fachanwältin für Familien- und Arbeitsrecht das Gegenteil darstellt. Hältst du dich allen Ernstes für unsolider als mich?«
»Das habe ich doch gar nicht behauptet«, verteidigte sie sich.
»Es klang so!« Etwas schelmisch Anmutendes huschte über Andys Gesicht: »Jede Wette, du genießt die größere Kreditwürdigkeit.«
»Mag sein, aber was interessiert mich Geld – das ist doch nebensächlich, dem wird viel zu viel Bedeutung beigemessen. Vergiss das dumme Wort, ich bin ein wenig unkonzentriert.«
»Außerdem wäre ein längerer Aufenthalt auf dem Platz, wie du es damals nach dem Zoff mit deinen Eltern vorhattest, nicht unbedingt günstiger als eine Mietwohnung – wir befinden uns schließlich nicht in Hamburg.«
»Da sagst du was! Ach, es ist einfach toll, nach all den Jahren wieder in Bad Münstereifel zu sein. Nach Mutters Tod 2013 gab es dazu wenig Anlass.«
»Und was ist mit deiner Freundin? Ab und an sehe ich sie noch in der Stadt.«
»Tanja? Die Klassenqueen? Nein, unser Kontakt ist längst abgebrochen – sie wohnt in Kommern, sofern das noch aktuell ist.« Heikes in sich gekehrtes Lächeln war das alte geblieben: »Bei der Ankunft ist mir aufgefallen, dass sich hier einiges getan hat, und damit meine ich nicht nur das neu entstandene Einkaufszentrum. Wahnsinn, hoffentlich erkenne ich nachher in der City noch was wieder.«
»Da kann ich dich beruhigen – die Häuser haben sie nahezu unverändert gelassen.«
»Stehen die in der Kernstadt nicht sowieso unter Denkmalschutz?«
»Eben!«, antwortete Andreas knapp.
»Dann gibt es das Heino-Café also auch noch?«
»Nicht mehr am Rathaus, da ist jetzt ein Puma-Store drin.«
»Och nee – und Heino?«, stieß sie hervor.
»Man sagt, Heino lebt jetzt in Kitzbühel. Sein Café war zuletzt oben im Kurhaus.«
»Von dessen Wiese haben wir früher oft das Kirmesfeuerwerk beobachtet: Du, Eddy, Tanja, Steffi und ich, weißt du noch?«
»Und ob! Du hast Claudia mit ihrem verpeilten Hund vergessen«, murmelte Andy vor sich hin, »und den Stadtpirat mit der gewaltigen Lockenmähne.« Seine Stimme wurde ernst: »Eddy lebt übrigens nicht mehr – er wurde auf dem Hennesweg von einem zwielichtigen Spielerberater erschossen, dem er auf die Schliche gekommen war.«
»Ich weiß, die Geschichte habe ich selbst bei uns in den Medien verfolgen können. Das Gesicht kam mir gleich bekannt vor. Ich wusste vorher gar nicht, dass Eddy Journalist war.«
»Enthüllungsjournalist nannte er sich.«
Heike grübelte: »Es hatte wohl auch eine Zeit lang gedauert, bis der Fall geklärt war. So war das doch, oder?«
»Exakt!« Andreas hatte keine Absicht ins Detail zu gehen, zu schmerzhaft waren seine persönlichen Erinnerungen, die darin gipfelten, dass seine Freundin Jessica um ein Haar Geisel dieses holländischen Spielerberaters geworden wäre. Er hatte sie bereits in sein Auto gezerrt. Zwei Jahre war das nun her und noch immer kam es vor, dass Jess aus dem Schlaf mit entstellten Gesichtszügen aufschreckte. Zu allgegenwärtig waren die verstörenden Bilder, die seitdem auf sie einströmten und sie verfolgten – und nicht nur sie!
»War bestimmt ein Riesenthema in eurer verträumten Stadt …«
»Was?«
»Na, das mit Eddy natürlich!«
»Das kannst du laut sagen!«
»Etwas Oberschlaues hatte er schon damals an sich gehabt«, meinte Heike. »Er machte immer gerne einen auf dicke Hose.«
»Kann schon sein.«
»Gemocht habe ich ihn nie so richtig. War Eddy nicht auch schwul?«
»Der tat nur so.«
»Echt?«
»Hundertprozentig. In Paris hatte er mir die französische Freundin ausgespannt, danach war ich fertig mit ihm.«
»Er dir? Das glaub ich nicht!« Heike schüttelte ungläubig den Kopf.
»War aber so!« Andy erinnerte sich an Charlotte und den unglückseligen Sommer von 1990. Dann fiel ihm sein blauer Rucksack ein, den er bei ihr vergessen hatte und den er zu Schulzeiten bei jedem Feuerwerk mit Dosenbier und drittklassigen Frikadellen vom Discounter befüllt hatte.
»Die waren nur mit scharfem Senf essbar«, säuselte Andy vor sich hin. »Unsere Jugend war so unerträglich süß, dass wir sie ständig mit Senf, Zigaretten und Bitter Lemon neutralisieren mussten.«
»Wovon redest du?«
»Ich musste gerade an unsere legendären Feuerwerks-Frikadellen denken.«
»Stimmt, auf den Senf ließen wir nichts kommen!« Heikes Mundwinkel verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen, bevor ihre Augen zu leuchten begannen: »Was hältst du von einem Glas Wein, einem halbtrockenen Sauvignon Blanc, auch wenn es noch früh am Tag ist?«
»Okay, ich mag ihn jedoch nur kalt.«
»Selbstverständlich ist er das, exakt zehn Grad!«
»Sagt die Unsolide!«
»Fängst du schon wieder an?«, feixte sie und wischte sich einen Krümel vom Mund. »Erzähl mir lieber, warum du deine Freundin allein auf Korfu zurückgelassen hast. Habt ihr euch gestritten?«
»Quatsch, wir verstehen uns nach wie vor gut – bei meinen beiden Ehen begann es dagegen schon im sechsten Jahr zu kriseln.«
»Davon kann ich ein Lied singen«, meinte sie trocken.
»Vielleicht liegt es auch an den getrennten Wohnungen, dass das Feuer noch so brennt.«
»Da ist was dran – das höre ich häufig. Wie lange bist du jetzt mit ihr zusammen?«
»Seit Oktober 2015. Und wie sieht’s bei dir aus?«
»Keine Langstreckenliebe in Sicht! Trotz Parship, Single-Treffen und Chatrooms bin ich laufend nur unerwidert verliebt – das ist scheinbar meine Bestimmung. «
»Du übertreibst.«
»Garantiert nicht! Für die Liebe eines Mannes habe ich sogar zu beten angefangen.« Langsam zog ein Lächeln über ihre Lippen: »Echt, bis mir die Kniescheiben weh taten. Thomas hieß er.«
»Das tut mir leid, ehrlich.« Etwas Besseres als diese Floskel wollte ihm zu dem Gesagten gerade nicht einfallen.
»Tja, irgendwie hab ich kein Händchen für die richtigen Männer!« Es dauerte eine Weile, bis Heike fortfuhr: »Dann waren es also berufliche Gründe, die dich vorzeitig haben abreisen lassen?«
»Genau«, antwortete er leise. »Auch wenn du als Anwältin sicherlich andere Erfahrungen machst, komme ich den finanziellen Verpflichtungen gegenüber meinen Kindern nach.«
»Ich hatte nichts anderes von dir erwartet«, sagte Heike, »schieß los …«
Eigentlich war ihm nicht danach, über seine Arbeit und den trostlosen, aber immerhin gut bezahlten Auftrag zu reden. Andreas war erleichtert, dass er endlich abgeschlossen war. Hätte die lästige Unternehmerin ihm nicht diese lukrative Sonderprämie geboten, wäre aus dem Geschäft nichts geworden, und er wäre bei Jess und ihrem Vater auf Korfu geblieben und hätte die Einweihung des Pools am Ostersonntag miterlebt. So war er bereits am dritten Tag abgereist – das Geld hatte ihn rumgekriegt. Das mochte legitim sein. Dennoch sprach er nicht gern über Observierungsaufträge, die unzuverlässige Mitarbeiter oder untreue Partner ans Messer lieferten. Mücke hoffte auf den Tag, wo er es sich leisten konnte, derartige Arbeiten abzulehnen.
Er überlegte, ob er Heike stattdessen die Geschichte von dem Tierquäler erzählen sollte, den er im Vormonat nachts auf einem Ponyhof überführt hatte. Auch wenn mit den handfesten...
Erscheint lt. Verlag | 19.4.2023 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Bad Münstereifel • Camping • Frauenchor • Nordeifel • Operation Babylift • Partydrogen • Vietnam |
ISBN-10 | 3-7575-3921-4 / 3757539214 |
ISBN-13 | 978-3-7575-3921-4 / 9783757539214 |
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