Die Hexe von Nassau (eBook)

Historischer Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
640 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-3361-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Hexe von Nassau -  Nicole Steyer
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Ein verzweifelter Kampf gegen Aberglauben und Verfolgung.

Idstein, 1676: Katharina und ihre Mutter leben ein bescheidenes Leben in der Grafschaft Nassau in der Nähe der Stadt Idstein. Als Graf Johannes mit einer Hexenverfolgung beginnt, geraten die beiden in höchste Gefahr. Katharina muss miterleben, wie ihre Mutter grausam hingerichtet wird, und gerät danach selbst in das Visier des Henkers Leonhard Busch, der sie um jeden Preis in seine Gewalt bringen will ...

»Geschickt verwebt die Autorin historisch belegte Szenen mit fiktivem Stoff.« Wiesbadener Tagblatt.



Nicole Steyer ist in Rosenheim aufgewachsen und begann schon früh, sich die ersten Geschichten auszudenken und aufzuschreiben. Im Jahr 2001 zog sie der Liebe wegen in das Taunusstädtchen Idstein, beschäftigte sich mit der Geschichte ihrer neuen Heimat und verfasste »Die Hexe von Nassau«, ihren ersten Roman, der sich mit den Hexenverfolgungen in Idstein und Umgebung befasst. Im Aufbau Taschenbuch und bei Rütten & Loening sind unter ihrem Pseudonym Linda Winterberg zahlreiche historische Romane und Sagas erschienen: »Das Haus der verlorenen Kinder«, »Solange die Hoffnung uns gehört«, »Unsere Tage am Ende des Sees«, »Die verlorene Schwester«, »Für immer Weihnachten«, »Die Kinder des Nordlichts« sowie die große Hebammen-Saga: »Aufbruch in ein neues Leben«, »Jahre der Veränderung«, »Schicksalhafte Zeiten«, »Ein neuer Anfang« und die dreiteilige Winzerhof-Saga: »Das Prickeln einer neuen Zeit«, »Tage des perlenden Glücks«, »Die goldenen Jahre«.

1


Ein empfindlich kalter Wind wehte über den Marktplatz in Idstein und brachte bereits die ersten Regentropfen. Fröstelnd rieb sich Katharina über die Arme und blickte zum Himmel. Die Sonne, die noch vor Kurzem von einem wolkenlosen Himmel geschienen hatte, war urplötzlich verschwunden. Der Marktplatz versank in der Dunkelheit des herannahenden Unwetters. Um sie herum war ein heilloses Durcheinander ausgebrochen. Die Händler packten eilig ihre Waren ein. Klirrend ging irgendwo ein Tontopf zu Bruch, und die Töpfe und Pfannen, die an einem der Nachbarstände verkauft wurden, schepperten im Wind.

Eilig rannte eine Gruppe Schausteller an Katharina vorbei. Gerade hatten sie noch getanzt und musiziert, jetzt flatterten ihre bunten Gewänder im auffrischenden Wind, der einer jungen Tänzerin sogar eines der bunten Bänder aus dem Haar riss.

Wo war nur der schöne Tag geblieben? Die Sonne hatte sich in den sauber polierten Fenstern der Häuser, die den Marktplatz säumten, gespiegelt. Der Duft von frisch gebratenem Fleisch und leckerem Brot hatte in der Luft gehangen, und die Gesichter der Menschen hatten Zuversicht und Freude ausgestrahlt. Eine Schar Gänse lief schnatternd an Katharina vorbei, gefolgt von einigen Hühnern. Sie zuckte erschrocken zusammen. Ein junges Mädchen, nicht älter als fünfzehn Jahre, rannte den Tieren verzweifelt hinterher.

Katharinas Mutter packte bereits hastig ihre Waren zusammen. Blusen, Kleider, Stoffe und Nähgarn wanderten unordentlich in ihren alten Karren. Katharina rollte die Spitzenbordüren ein, die sie und die Mutter zuvor liebevoll an den Rand des Brettes gehängt hatten, auf dem sie immer ihre Kleidungsstücke ausstellten. Es regnete immer stärker. Dicke Tropfen wurden vom Wind über den Platz getrieben, der sich in ein Pfützenmeer verwandelte. Katharinas Haarknoten hatte sich gelöst, rote Locken klebten in ihrem Gesicht. Das dunkelblaue Leinenkleid, das sie heute Morgen extra für den Markttag angelegt hatte, war bereits vollständig mit Wasser vollgesogen und hing schwer und kalt an ihr herunter.

»So ein Unwetter aber auch. Es ist eine Katastrophe. Einige der Sachen können wir bestimmt nicht mehr verkaufen.« Ihre Mutter stöhnte. Eva Heinemann war etwas kleiner als ihre Tochter. Ihr Haar hatte aber dieselbe kupferrote Farbe, auch wenn es bereits von einigen grauen Strähnen durchzogen war. Mit vereinten Kräften schoben sie das Brett auf den Karren und schützten damit wenigstens ein wenig die darunterliegenden Kleidungsstücke und Stoffe. Katharina atmete erleichtert auf, als sie es endlich geschafft hatten. »Gott sei Dank. Das schwere Ding. Es ist bei der Nässe richtig rutschig.«

»So werde ich niemals fertig. Alles geht kaputt. Ich bin ruiniert.«

Als sie die Stimme hörten, drehten sich beide gleichzeitig um. Agnes stand verzweifelt zwischen ihren Stoffen. Die schöne Seide, der wunderbare Satin – alles war bereits völlig durchnässt. Wenn die wertvollen Stoffe nicht bald aus dem Regen kamen, konnte Agnes sie nicht mehr verkaufen. Die kleine, leicht untersetzte Frau sah verzweifelt auf die Unmengen von Stoffballen, die um sie herumlagen.

Eigentlich war die schwere Arbeit für Agnes allein viel zu viel. Aber der Stand war die einzige Einnahmequelle der Familie, da ihr Mann so sehr von der Gicht geplagt war, dass er längere Zeit nicht arbeiten konnte.

»Wir helfen dir, Agnes.« Eva ging zu ihr hinüber. Katharina folgte ihr nicht sofort, sondern blieb noch einen Moment bei ihrem Esel Albert stehen und strich dem Tier beruhigend über seine zottelige Mähne. Der kleine Esel war sehr eigenwillig. Er war um einiges schmächtiger und kleiner als seine Artgenossen, hatte dafür aber einen ordentlichen Dickkopf. Katharina wusste, dass er es nicht mochte, im Regen zu stehen. Das Tier stampfte in den Pfützen herum. Beruhigend sprach Katharina auf den Esel ein, strich ihm liebevoll über den Hals, drückte ihren Kopf an seine warme Haut und spürte seinen Puls. Nach einer Weile wurde der Esel etwas ruhiger und hörte auf, unruhig umherzutänzeln.

Katharina hob langsam den Kopf, löste sich vorsichtig von dem Tier und ging nun ebenfalls zu Agnes hinüber. Vor Agnes’ Planwagen war ein großes kräftiges Maultier gespannt. Es war fast doppelt so groß wie Albert. Das Tier stand ganz still, blickte sich gutmütig um und schien sich für all die Aufregung und Panik um sich herum nicht zu interessieren. Sie tätschelte ihm liebevoll den Hals, bewunderte mal wieder die starken Flanken und die großen Hufe des Tieres.

»Na, du Dicker? Dir macht der Regen nichts aus, oder? Wir helfen jetzt deiner Herrin. Dann kommst du bald in deinen warmen Stall.«

Katharina wandte sich seufzend von dem Tier ab. Eine Ewigkeit hätte sie noch bei ihm stehen können. Sie liebte Pferde, Esel und Maultiere und konnte Stunden damit zubringen, Albert zu striegeln und zu bürsten. Ab und an half sie im Gassenbacher Hof im Stall aus. Das waren für sie immer perfekte Tage. Dann versank sie in der Welt der Tiere und vergaß alles andere um sich herum.

Agnes’ Tisch war immer noch voller Stoffe. Eine große grüne Bahn Brokatstoff lag direkt vor Katharina. Ein Teil des dicken Stoffes hing vom Tisch herab und schwamm in einer Pfütze. Der wertvolle Stoff schien völlig ruiniert zu sein. Seufzend rollte ihn Katharina zusammen und versuchte, die Stoffbahn zum Karren zu bringen. Der Stoff war so schwer, dass sie ihn kaum tragen konnte. Triefend nass hing er in ihren Armen, die schrecklich wehtaten. Katharina schwankte, und Agnes, die gerade eine Bahn gelbe Seide im Wagen verstaut hatte, bemerkte aus dem Augenwinkel, dass Katharina Probleme hatte, und eilte ihr sofort zu Hilfe. Mit vereinten Kräften schafften sie es, den schweren Stoff auf den Wagen zu heben. Katharina blieb, die Hand auf dem Wagen aufgestützt und schwer atmend, stehen.

»Ach du meine Güte. Wie machst du das nur immer allein, Agnes?«

Die alte Frau zuckte mit den Schultern, während sie sich bereits dem nächsten Stoffballen zuwandte.

»Es muss eben gehen. Wenn ich nicht mit dem Wagen auf die Märkte fahre, dann verhungern wir. Die Stoffe sind doch alles, was wir haben.«

Katharina richtete sich auf. Besorgt sah sie noch einmal zu Albert hinüber. Der Esel schnaubte unruhig. Hoffentlich würde er nicht einfach davonlaufen, denn er hatte sie bereits einige Male sprichwörtlich im Regen stehen lassen.

Plötzlich sah sie ein kleines Mädchen vor dem Karren. Die Kleine schien nicht viel älter als ein Jahr zu sein. Sie trug ein hellbeiges Leinenkleidchen mit einem braunen Wolljäckchen darüber. Kleine blonde Locken klebten an ihrem Gesicht. Sie stolperte neben dem Karren und fiel in eine der großen Pfützen. Ihr Mund begann zu zucken. Trotz des Regens konnte Katharina erkennen, dass die Kleine weinte. Ihre Wangen waren rot vor Kälte. Verzweifelt patschte sie mit ihren kleinen Fingerchen in der Pfütze herum.

Katharina sah sich um, aber niemand schien sich für das Kind zu interessieren.

»Was ist denn nun, Katharina?«

Katharina zuckte zusammen und drehte sich zu ihrer Mutter um.

»Sieh nur, Mutter, das Kind hier scheint ganz allein zu sein.« Evas Blick wanderte zum Karren hinüber.

»Aber das ist ja die Kleine von Schobers aus der Obergasse. Wie kommt die denn hierher?«

»Du kennst das Mädchen?«

»Aber natürlich. Sie heißt Luise. Eleonore Schober ist ihre Mutter. Du kennst sie doch.«

Eleonore war fünf Jahre älter als Katharina und kam aus Dasbach. Katharina konnte sich noch gut an die Hochzeit mit Josef Schober erinnern. Die ganze Gasse war mit Blumengirlanden geschmückt gewesen. Es hatte einen großen Schweinebraten und die besten Würste gegeben, und bis tief in die Nacht hinein hatten Musikanten fröhliche Lieder gespielt.

Eva ging zu ihrem Karren hinüber und hob die kleine Luise hoch. Liebevoll tröstete sie das Mädchen.

»Jetzt ist ja alles gut, mein Kind. Du wirst doch der Mama nicht weggelaufen sein?«

Suchend wanderte ihr Blick über den Marktplatz. Katharina und Agnes sahen sich ebenfalls um. Doch zwischen den packenden Händlern, Ziegen, Kühen, Maultieren, Hühnern, Gänsen und halb abgebauten Ständen war keine Eleonore zu sehen.

»Anscheinend ist sie wirklich von zu Hause fortgelaufen«, mutmaßte Eva. »Bestimmt hat...

Erscheint lt. Verlag 10.10.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte der Winzerhof • Die Hebammen • Hebammen-Saga • Heilerin • Hessen • Hexe • Hexenprozesse • Idstein • Leonhard Busch • Linda Winterberg • Medizin • mutige Frauen • Nassau • Naturheilkunde
ISBN-10 3-8412-3361-9 / 3841233619
ISBN-13 978-3-8412-3361-5 / 9783841233615
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