Je dichter der Nebel (eBook)
240 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3322-6 (ISBN)
Sommer, Sandwich und Schrecken der Vergangenheit.
Juni in Cornwall. Mags Blake erreicht ein Hilferuf ihrer Freundin Mary Shifter. Ihr Partner, der Pilot Tim Robinson, ist nach einer Schlägerei verhaftet worden. Die Anklage lautet auf Mord. Mags kann das nicht glauben. Mit der ihr eigenen Hartnäckigkeit versucht sie, Tim zu entlasten. Was ist wirklich in der Nacht vor dem Pub geschehen? Und was hat Tims Vergangenheit bei der Royal Air Force damit zu tun? Gelingt es Mags und ihre Freunden auch diesmal, den Nebel zu lichten und die Wahrheit aufzudecken?
Ein neuer, sehr persönlicher Fall für die liebenswerteste Ermittlerin Südenglands.
Mary Ann Fox, Jahrgang 1978, verdiente sich ihr erstes Geld in einer Gärtnerei. Der Liebe wegen ging sie nach dem Studium nach England und arbeitete dort als Fremdenführerin, als Deutschlehrerin und dann im Botanischen Garten in Oxford. Sie arbeitet und lebt mittlerweile in Hamburg- Altona. Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Kriminalromane »Je tiefer man gräbt«, »Je dunkler das Grab«, »Je kälter die Asche«, »Je länger die Nacht«, »Je höher die Flut«, »Je lauter der Sturm«, »Je stiller der Tod« und »Je süßer das Gift« lieferbar.
1
Mags Blake stieg mit einem großen Schritt über die vor der hellgrün lackierten Küchentür liegenden Gummistiefel hinweg und ging barfuß hinaus in den Garten ihres Cottages.
Jetzt, Mitte Juni, war die vom nahen Meer kommende Morgenluft zwar noch kühl und das Gras feucht, aber das Versprechen von Wärme und Sonne lag schon in der Luft. Die Natur hatte das Werk, das sie im Mai begonnen hatte, zu voller Pracht geführt, und um Mags herum öffneten sich die Blüten der Pfingstrosen und Schwertlilien.
In einigen Wochen würden sie abgelöst werden durch dunklere Farben, die Kletterrosen würden ihre schweren Blütenköpfe öffnen und ihren süßen Duft über den Garten legen.
Mags blieb einen Moment in der Morgensonne stehen und atmete tief ein. Ihr Garten, oder besser, Sams und ihr Garten, denn mittlerweile war ihr Mann fast ebenso oft mit einem Strohhut auf dem Kopf in den Beeten zu sehen wie sie, ließ sie jedes Mal voller Demut innehalten. Sie hatten das alte Cottage erst vor zwei Jahren gekauft und waren unter wild wuchernden Brombeersträuchern und Unkraut nur noch auf wenige Spuren des ursprünglichen Gartens gestoßen. Aber mit viel Arbeit und der tatkräftigen Hilfe ihrer Freunde war es ihnen gelungen, in zwei Jahren die Grundlage für das zu schaffen, was sie nun hoffentlich für den Rest ihres Lebens jeden Morgen sehen würden.
Vielleicht war es genau das, was Mags an ihrer Arbeit so faszinierte. Ihr Garten war einem immerwährenden Wandel unterworfen. Pflanzen blühten und verblühten, Licht hob und senkte sich, Schatten wanderten im Lauf des Tages, der Monate und des Jahres im immer gleichen Rhythmus über Pflanzen, Wege und Steine. Die Hecken und Sträucher, die nun in vollem Grün vor ihr standen, waren erst wenige Monate zuvor von einer Schicht aus Eis und Schnee bedeckt gewesen. Es waren Veränderungen, die sich aber so stetig vollzogen, dass sie gleichzeitig Ruhe und eine merkwürdige Art von Zeitlosigkeit ausstrahlten. Mags schaute über ihren Garten und dann auf ihre Hände, die trotz aller Pflege sofort verrieten, was sie war. Es waren Hände, die in Erde wühlten, die von kleinen Kratzern und Wunden übersät waren und deren Haut rau und fest war. Gärtnerinnenhände. Noch waren sie nicht von Falten durchzogen, und die kleinen Flecken auf der hellen Haut waren der Sonne und nicht dem Alter geschuldet. Aber auch das würde sich irgendwann ändern. Alles änderte sich.
Sie wurde von einem lauten Schnattern aus ihren Gedanken gerissen. Sie blickte auf und sah, dass ihre Gans Agatha, die die Nacht zusammen mit dem Gänserich Arthur in ihrem gegen Füchse und Marder gesicherten Stall verbracht hatte, wieder einmal auf geheimnisvolle Art und Weise den Riegel des Tors geöffnet hatte und auf sie zugewatschelt kam.
Mags ging in die Hocke und erlaubte der Gans, ihr mit dem Schnabel durch die von der Nacht noch wuscheligen Haare zu fahren. Mags revanchierte sich, indem sie mit der Hand über das weiche Gefieder strich.
»Hast du gut geschlafen, meine Schöne?«
Agatha schnatterte leise, und Mags meinte Zustimmung zu hören.
»Möchtest du etwas Futter?«
Diesmal kniff ihr die Gans als Antwort sanft ins Ohrläppchen.
»Na, dann los.«
Mags richtete sich auf und begann mit ihrer Morgenroutine, die sie sich in der warmen Jahreszeit angewöhnt hatte. Sie gab Agatha und Arthur ihr Futter und frisches Wasser. Dann ging sie in einem Bogen am Rand des Gartens entlang in Richtung der alten Stallungen, in denen sich das Büro und das Lager ihrer eigenen, mittlerweile gar nicht mehr so kleinen Gartenfirma Evergreen befanden. Was als kleines Ein-Frau-Unternehmen begonnen hatte, das sich vor allem um die vielen Gärten der Ferienhäuser in der Abwesenheit der Besitzer kümmerte, war zu einem florierenden Betrieb mit fünf fest angestellten Mitarbeitern und zahlreichen Aushilfskräften geworden. Und Evergreen hatte mit Blake & Gull einen neuen Ableger bekommen, der für mehr Anfragen und Aufträge sorgte, als sie annehmen konnte. Mags grinste. Es gab sogar eine Warteliste, da es sich viele Hausbesitzer nicht nehmen lassen wollten, ihren Garten von Mags und ihrem Geschäftspartner C. C. Gull gestalten zu lassen. Mags hatte C. C. Gull unter seinem bürgerlichen Namen Gulliver kennengelernt, als der berühmte Landschaftsarchitekt sich vor einigen Jahren eigentlich in Rosehaven zur Ruhe setzen wollte. Gulliver hatte allerdings schnell zu viel von der Ruhe gehabt und nun arbeiteten sie zusammen. Doch ihr Partner war gerade in London, wo er versuchte, für sich und Mags einen Platz bei der Chelsea Flower Show zu gewinnen. Mags merkte, wie in ihr Freude und Panik miteinander kämpften, sobald sie sich vorstellte, wirklich und wahrhaftig mit einem eigenen Schaugarten dort zu sein. Die Chelsea Flower Show war für Gärtnerinnen das, was für Schauspielerinnen die Oscar-Verleihung war oder für Schriftsteller der Nobelpreis. Da war es nur normal, wenn sie bei aller freudiger Aufregung auch großen Respekt verspürte. Doch solange Gulliver mit ihrer Bewerbung nicht erfolgreich war, blieb die Flower Show ein schöner Traum.
Mags blieb regelmäßig stehen, um eine Schnecke aufzusammeln und über den Zaun auf die Weide zu werfen. Sie wusste, dass es nicht wirklich etwas nutzte. Sie würden zurückkommen. Und als Gärtnerin sollte sie wirklich kein Mitleid haben und kurzen Prozess mit den Plagegeistern machen, aber sie schaffte es einfach nicht. Im Frühjahr hatten Arthur und Agatha noch ab und an zu Mags Überraschung eine Schnecke verschlungen, wahrscheinlich, weil sie damals noch gewachsen waren, aber mittlerweile machten die beiden Gänse keine Versuche mehr, auf diesem Weg an Nahrung zu kommen. Hühner wären eine Lösung, die fraßen begeistert die Schneckeneier. Oder Enten. Aber ob Agatha irgendein anderes Federvieh in ihrem Revier dulden würde? Mags und Sam hatten schon mehrere Holzstapel aufgeschichtet, die Igeln ein Zuhause bieten sollten. Eine Igelfamilie konnte in einer Nacht eine nicht unerhebliche Menge von Schnecken vertilgen. Mit dem Gedanken an eine ganze Herde stacheliger Schneckenverschlinger ging Mags weiter in Richtung der ehemaligen Ställe und pflückte Kornblumen, Kamille, Nelken, Schafgarbe Margeriten, Arnika und Johanniskraut, die auf einem breiten Streifen neben der niedrigen Steinmauer im hohen Gras wuchsen. Nur die wunderschönen roten Blüten des Klatschmohns pflückte sie nicht, da diese innerhalb von wenigen Minuten verwelkten und nicht in einer Vase stehen konnten. Ihr Weg führte sie an dem Gewächshaus vorbei, ihrer neuesten Investition, in dem in diesem Jahr die ersten Blumen wuchsen. Wenn sie die Gärten ihrer Kunden zum Teil mit eigenen Pflanzen bestückte, könnte sie ihren Gewinn deutlich steigern. Im Büro angekommen fuhr sie den Computer hoch, stellte die Kaffeemaschine und den Wasserkocher an und kontrollierte, ob im Kühlschrank ausreichend Getränke lagen. Da heute Montag war, fingen ihre Mitarbeiter erst später an und fuhren zum Teil direkt zu ihren jeweiligen Einsatzorten. Dienstags und freitags begann der Arbeitstag für alle mit einem gemeinsamen Frühstück. Mags hatte am Anfang Sorgen gehabt, wie sie sich als Chefin machen würde, war aber mittlerweile entspannter. Sie verlangte von sich und ihren Leuten viel – ermöglichte aber im Gegenzug auch eine Menge. Sie war bereit, Arbeitszeiten anzupassen und auf individuelle Bedürfnisse einzugehen – und hatte so ein gutes und bisher zufriedenes Team auf die Beine gestellt.
Die größte Freude und auch Erleichterung hatte ihr dabei Miss Clara verschafft, die sich bereit erklärt hatte, die Buchhaltung zu übernehmen und für ein Mindestmaß an Ordnung im Büro zu sorgen. Mags holte eine Vase aus dem Schrank, säuberte mit geübten Griffen die Stängel der Blumen von Blättern, arrangierte alles zu einem bunten und fröhlichen Durcheinander und stellte die gefüllte Vase neben Miss Claras Schreibtisch auf die niedrige Fensterbank.
Dann trat sie wieder ins Freie und ging den mittlerweile von Schlaglöchern befreiten Weg hinauf bis an die Straße, wo sie die Tageszeitung und die Post aus dem in leuchtendem Blau gestrichenen Briefkasten zog.
Sie überflog im Gehen die Schlagzeilen der Cornwall Gazette und innerhalb von Sekunden verfinsterte sich ihre Miene. Sie ließ sich auf einen der Steine sinken, die den Weg zum Cottage begrenzten und las:
»Bei einem Treffen ehemaliger Royal Air...
Erscheint lt. Verlag | 8.12.2023 |
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Reihe/Serie | Mags Blake | Mags Blake |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Cornwall • Cozy Crime • Donnerstagsmordclub • Endlischer Krimi • England • Englischer Krimi • Gärtnerin • Geheimnis • Klassischer Kriminalroman • Mags Blake • Mordclub • Richard Osman • Südengland |
ISBN-10 | 3-8412-3322-8 / 3841233228 |
ISBN-13 | 978-3-8412-3322-6 / 9783841233226 |
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