Die Kriegerin – Tochter der Amazonen (eBook)
384 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3310-3 (ISBN)
Sie liebt einen griechischen Gott, doch ihre Bestimmung ist die Freiheit.
Otrere lernt als Amazone schon früh, zu kämpfen und zu reiten. Nach dem Tod ihres Vaters wird sie Herrscherin über die Skythen. Sie strebt danach, die freiheitliche Lebensweise ihres Volks zu bewahren - vor allem gegen die archaische Männerwelt der Griechen. Otreres Ideale werden auf eine harte Probe gestellt, als sie dem griechischen Gott Ares begegnet. Entgegen besserem Wissen lässt sie sich auf ihn ein, da er ein friedliches Miteinander beider Völker verspricht. Doch dann steht sie vor der größten Herausforderung im Leben einer Frau ...
Der große Saga-Auftakt über die aufregendste Kriegerinnen-Dynastie der griechischen Mythologie.
Julie Peters, geboren 1979, arbeitete als Buchhändlerin und studierte Geschichte, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Im Aufbau Taschenbuch sind bereits zahlreiche ihrer Romane erschienen, unter anderem historische Romane wie die erfolgreiche »Die Dorfärztin«-Saga sowie »Käthe Kruse und die Träume der Kinder« und »Käthe Kruse und das Glück der Kinder«.
3
Eine meiner frühesten Erinnerungen ist die an jenen Sommer, als ich sieben war. Schon seit zwei Jahren lebte ich mit meiner Schwester Melanippe im Zelt der Kriegerinnen, und meine Tage waren erfüllt vom Reiten, Bogenschießen und vom Raufen mit den Gleichaltrigen. Dass dieses Spiel, bei dem es darum ging, mein Gegenüber zu besiegen, allzu früh bitterer Ernst werden sollte, ahnte ich damals nicht. Ich liebte nur die Pferde und den kleinen Bogen, den ich sogar nachts an mich drückte.
In diesem Sommer durfte ich das erste Mal mit den Kriegern reiten.
Mein Vater nahm mich vor sich auf den Sattel. Sein Arm lag um meinen Bauch, während wir über die Ebene preschten. Ich hätte genauso gut selbst reiten können, doch der Falbe war damals erst zwei Jahre alt, und ich besaß kein anderes Pferd. Später begriff ich, dass ein reitendes Kind von sieben Jahren die Achaier vermutlich gehörig verwirrt, vielleicht auch beunruhigt hätte. Was hätten sie wohl dazu gesagt, wenn sie gewusst hätten, dass ich ein Mädchen bin?
Zu jener Zeit lebten wir noch weiter im Süden, näher an jenem Meer, das die Achaier Pontisches Meer nennen. Bis zur Küste war es ein halber Tagesritt. Ich juchzte, wenn mein Vater Mazjar seinem Braunen die Sporen gab. Aber ich spürte auch eine unerklärliche Anspannung, die alle unsere Krieger erfasst hatte. Sie waren auf der Hut. Sie fürchteten nicht direkt die Fremden, die an unserer Küste gelandet waren. Aber es waren Fremde, die sich auf unserem Land breitmachten, als gehörte es ihnen.
Die Achaier. Damals hörte ich auch das erste Mal von ihnen. Ich hörte meinen Vater und seine Berater über Tyras reden. So nannten die Fremden ihre Siedlung. Einer Siedlung einen Namen geben, das bedeutete, sie auf Dauer anzulegen. Nicht nur für einen Sommer an Land zu gehen und Handel zu treiben. Das sagte mein Onkel Arash eindringlich zu meinem Vater.
Wenn wir langsamer ritten, weil die Pferde eine Pause brauchten, sprachen sie leise über die Fremden. Vermutlich dachten sie, ich würde nicht verstehen, was sie sagten.
Was ich aber verstand, sobald wir das Ende unserer Reise erreichten, war die Beunruhigung meines Vaters. Weil wir nicht damit gerechnet hatten, dass diese Fremden, die aus dem Süden mit ihren Schiffen an unserer Küste gelandet waren, direkt nach ihrer Ankunft eine Festungsmauer bauen, Furchen in die fruchtbare Erde am Fluss graben und kleine Häuser errichten würden.
»Sieh dir nur an, wie sie den Boden aufreißen und ihn sich zu eigen machen«, murmelte mein Vater.
»Wer sind die, dass sie glauben, sie könnten ungestraft unser Land besetzen?«, zischte Arash neben uns. Sein Schimmel tänzelte unruhig unter dem Sattel.
Mein Vater atmete tief durch. Sein Arm um meinen Bauch verstärkte den Druck. »Sie glauben, ihnen gehört die Welt. Aber sie vergessen, dass die Götter bestimmen, wem welcher Teil der Welt gehört.«
»Und wenn ihre Götter ihnen gesagt haben, dieses Fleckchen gehöre nun ihnen?«
Mazjar kaute auf diesen Worten herum. »Ich muss mit ihnen reden.«
»Wir sind zu wenige. Zwanzig gegen … wie viele mögen es sein? Hundert? Hundertzwanzig?«
Wir standen auf einer Anhöhe. Zwanzig Reiter, die von den Menschen in der Ebene unter uns noch nicht bemerkt worden waren. Sie wuselten wie Ameisen herum, jeder wusste genau, was er zu tun hatte. Ich war fasziniert von ihrer Ordnung. Von den geraden Linien. Von den kleinen Häusern auch, denn ich hatte noch nie aus Stein errichtete Gebäude gesehen. Wir lebten in Zelten und auf den Karren, die von unseren Pferden gezogen wurden.
Mein Vater schnaubte. »Straßen. Sie bauen eine Siedlung. Die wollen bleiben, anders als jene vor ihnen.«
Arash runzelte die Stirn. »Und was gedenkst du zu tun?«
Mazjar gab sich einen Ruck. »Ich werde mit ihnen reden.«
»Aber wir sind zu wenige!«
»Dann sehen sie uns nicht als Bedrohung.« Er umfasste meine Brust fester. »Wir sind nur harmlose Nomaden, die mit ihren Kindern einen Ausritt machen, nicht wahr?«
Er ritt voran. Arash und drei weitere Reiter folgten uns. Der Braune schritt behutsam aus, erst nachdem wir die Ebene erreicht hatten, trabte er etwas zügiger. Ich spürte die Anspannung meines Vaters. Daran, wie er mich an sich drückte. Wie er versuchte, mit seinen Männern zu scherzen, obwohl ihm die Angst im Nacken hockte.
Fremde auf unserem Land. Was mussten die Achaier für mutige Menschen sein, dass sie dieses Meer überquerten! Wie sollten wir ihnen denn etwas entgegensetzen können?
Aber mein Vater vertraute darauf, dass wir nicht bedrohlich wirkten. Weil ich vor ihm im Sattel saß. Weil unsere Männer nur die Bögen auf dem Rücken trugen, die Dolche versteckt in einer Scheide am Stiefel. Ein paar Männer auf einem Ausritt. Allenfalls auf der Jagd nach einem Schneeleoparden oder wilden Mufflons.
»Sprichst du überhaupt ihre Sprache?«, fragte Arash.
»Nein. Aber sprechen sie unsere?«
»Und wie willst du dich mit ihnen verständigen?«
Mein Vater warf seinem Bruder einen Blick zu. Hob die Augenbrauen. Machte eine weit ausholende Bewegung mit dem freien Arm und neigte den Kopf.
Arash lachte. »Verstehe«, sagte er.
Schweigend legten wir den Rest des Wegs zurück. Inzwischen waren wir bemerkt worden. Rufe schallten über die Ebene; einige Männer hatten ihre Arbeit unterbrochen und sahen uns entgegen. Aus einer Gruppe lösten sich mehrere und kamen auf uns zu.
»Welcher ist der Anführer?«, fragte Arash.
»Na, welcher schon. Der mit diesem herausgeputzten Gewand, der vorwegschreitet.«
»Hübsches Kerlchen«, murmelte Arash, und die Männer lachten rau. Ich richtete mich etwas mehr auf und versuchte, diesen hübschen Kerl etwas besser zu erkennen.
Er trug eine weiße Tunika, die ihm bis zu den Knöcheln reichte. Später erfuhr ich, dass diese Tunika von den Achaiern Chiton genannt wurde. Dazu Sandalen, mit denen er bestimmt nicht reiten konnte. Und einen farbenprächtigen roten Mantel, um die Schultern drapiert wie bei einem König. Mit Königen kannte ich mich aus. Mein Vater war auch einer.
Der König der Siedlung breitete die Arme aus, er rief uns etwas entgegen. Wir blickten uns ratlos an, denn natürlich beherrschte keiner die Sprache eines Fremden, dessen Volk wir bisher nie begegnet waren. Er wirkte sogleich verärgert, rief etwas über die Schulter. Ein großer, breitschultriger Kerl schob sich nach vorn neben ihn. Mein Vater zügelte sein Pferd. Wir warteten ab.
»Willst du ihn nicht begrüßen?«, fragte ich.
»Na, der soll nur herkommen«, knurrte mein Vater. Er gab Arash ein Zeichen, und dieser ritt langsam an uns vorbei auf den hochgewachsenen Mann zu. Dieser trug einen Brustpanzer über seinem Chiton, der bronzen glänzte. Er schien sich vor uns nicht zu fürchten.
Wir beobachteten, wie mein Onkel sein Pferd zügelte. Er rief dem Fremden etwas zu. Dieser starrte ihn an, als müsste er seine Worte erst in eine sinnvolle Reihenfolge bringen, dann rief auch er ein paar Worte. Sie klangen entfernt vertraut.
Er schien derjenige der Fremden zu sein, der unserer Sprache mächtig war. Mein Onkel und er unterhielten sich eine Weile; beide wogen ihre Worte mit Bedacht ab, und einmal drehte sich der Fremde halb zu seinem Anführer um und rief etwas in seiner Sprache, das für große Heiterkeit sorgte. Inzwischen versammelten sich immer mehr Fremde um ihren Anführer. Mein Onkel nickte schließlich und kehrte zu uns zurück.
»Sie kommen von weit her. Nennen sich Achaier. Milet ist eine Stadt weit jenseits des Meers, aus der sie aufgebrochen sind.«
»Nie davon gehört.«
»Sie wollen dauerhaft hierbleiben. Sie fragen nicht um Erlaubnis, sondern sie behaupten, einer ihrer Götter habe sie angewiesen, sich hier niederzulassen und einen Palast für ihren König zu bauen.«
»Was soll das für ein Gott sein?«
»Sie haben viele Götter. Dieser soll Apollon heißen. Gott der Kolonisten.«
Mein Vater lachte auf. »Es klingt, als hätten sie sich das ausgedacht.«
»Er berichtete mir, es gebe ein Heiligtum in ihrer Heimat, zu dem jeder König geht, bevor er eine neue Siedlung gründet.«
»Und wie heißt ihr König?«
»Ihr Anführer ist kein...
Erscheint lt. Verlag | 15.1.2024 |
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Reihe/Serie | Kämpferische Frauen der Antike | Kämpferische Frauen der Antike |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Schlagworte | Amazonen • Antike Mythen • Circe • griechische Götter • griechische Sagen • Madeline Miller • Mythos • Re-Telling • Skyten |
ISBN-10 | 3-8412-3310-4 / 3841233104 |
ISBN-13 | 978-3-8412-3310-3 / 9783841233103 |
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