Adliger Wüstling auf Freiersfüßen (eBook)
264 Seiten
CORA Verlag
978-3-7515-1622-8 (ISBN)
Wie findet man als skandalumwitterter Wüstling eine ehrbare Gattin? Damit er sein Erbe nicht verliert, muss Kieran Ransome, dritter - und leichtlebiger - Sohn eines Earls, seiner Familie schnellstens eine standesgemäße Braut präsentieren. Dummerweise hat er sich von den tugendhaften Ladys bisher weit ferngehalten. Zum Glück ist die jüngere Schwester seines besten Freundes, die bezaubernde Celeste, ein wahrer Society-Liebling. Wenn sie für ihn bürgt, könnte Kieran sicher eine unschuldige Debütantin von sich überzeugen. Allerdings verlangt Celeste für diesen Gefallen etwas, das so gar nicht ladylike erscheint: Kieran soll ihr die skandalösen Seiten Londons zeigen! Ein prickelndes Abenteuer beginnt ...
Wenn Eva Leigh nicht an einer ihrer packenden Romances schreibt, in denen sie die Zeit des Regency lebendig werden lässt, widmet sie sich ihren Hobbys: Sie liebt es zu backen, zu viel Zeit im Internet zu verbringen und Musik aus den 80ern zu hören. Zusammen mit ihrem Ehemann lebt Eva Leigh in Kalifornien.
1. KAPITEL
London, England. 1818
Die Ehe war noch nicht einmal geschlossen, und schon erwies sie sich als Katastrophe.
Kieran Ransome und seine Familie standen unter dem Portikus von St George’s und waren im Begriff, das Vestibül der Kirche zu betreten. Als seine Mutter den Schleier seiner Schwester anhob, um ihr eine lose Haarsträhne aus der Stirn zu streichen, erhaschte er einen Blick auf Willas Gesicht. Ihre Wangen waren aschfahl, und ihre Lippen glichen einem dünnen Strich. Die Countess plauderte unbeirrt vor sich hin, während sie Willas Kleid zurechtzupfte, doch seine Schwester blieb ungewöhnlich still.
Schon beim gestrigen Dinner im Kreise der Familie hatte Willa kaum ein Wort von sich gegeben. Statt sich wie üblich auf ein Glas Wein zu beschränken, hatte sie zweieinhalb getrunken, und in ihrem Essen herumgestochert, statt den gewohnten Appetit an den Tag zu legen. Der Bräutigam hatte zusammengesunken auf seinem Stuhl gesessen und sich überwiegend in Grunzlauten geäußert. Kierans Angebot, den Abend in ihrer Lieblingsschänke ausklingen zu lassen, hatte er ausgeschlagen.
Hier stimmte etwas ganz und gar nicht.
„Hier stimmt etwas ganz und gar nicht“, flüsterte ihm sein Bruder Finn ins Ohr.
Kieran warf seinem Vater, dem Earl of Wingrave, der ins Gespräch mit seinem ältesten Sohn Simon vertieft war, einen flüchtigen Blick zu. Alice, Simons Gemahlin, hielt sich dicht an der Seite ihres Mannes. Der Earl und die Countess ignorierten einander, was nicht weiter verwunderlich war. Umso mehr erstaunte es Kieran, dass niemand das offensichtliche Unbehagen der Braut zu bemerken schien.
Für gewöhnlich war Willas Eifer kaum zu zügeln, und sie scheute sich nicht, ihre Meinung lautstark kundzutun. An diesem Morgen erschien sie jedoch wie ausgewechselt.
„Glaubst du, sie will einen Rückzieher machen?“, fragte Kieran leise.
„Es wäre ihr nicht zu verübeln“, erwiderte Finn. „Dom benimmt sich schon seit Wochen wie ein Esel. Wenn er sich weiter so aufführt, würde ich ihn auch nicht heiraten.“
„Und ihm in letzter Minute den Laufpass geben?“
Finn stieß einen Seufzer aus und ein sorgenvoller Ausdruck überschattete sein Gesicht. „Ich würde nicht drauf wetten, Bruderherz. Weißt du noch, wie wir sie davon abhalten wollten, eine Handvoll Sand zu essen? Das hat sie erst recht angespornt.“
„Damals war sie erst fünf Jahre alt.“
„Und seitdem ist sie nur noch eigensinniger geworden.“
Das konnte Kieran nicht bestreiten. Ursprünglich hatte er geglaubt, dass Willa und Dominic Kilburn wie füreinander geschaffen waren. In Sachen Starrköpfigkeit standen sie einander in nichts nach, und ihre Streitigkeiten gingen mit knallenden Türen und zerbrochenem Porzellan einher. Dennoch war kaum zu übersehen, wie Willa und Dom einander anhimmelten. Sie konnten sich nicht im selben Raum aufhalten, ohne die Nähe des Anderen zu suchen – fast, als bereite jeglicher Abstand ihnen körperliche Schmerzen. Gewiss würde ihre Ehe glücklich werden, wenn auch nicht minder stürmisch.
Nun spürte Kieran leise Zweifel in sich aufsteigen. Eines wusste er jedoch mit Sicherheit: In der Kirche war er komplett fehl am Platz. Kirchen waren Orte der Enthaltsamkeit, Andacht und stillen Einkehr – Dinge, mit denen er nicht viel anzufangen wusste. Schon im Schatten von St George’s zu stehen machte ihn rastlos, und es kostete ihn all seine Kraft, nicht auf eine vorbeifahrende Kutsche aufzuspringen, um sich ins Theater oder die nächste Taverne zu flüchten. Gotteshäuser waren ihm einfach nicht geheuer.
Er hatte beileibe nicht vor, sich jemals selbst als Bräutigam vor dem Altar wiederzufinden.
„Himmel“, murmelte er Finn zu. „Ich war seit Jahren nicht so früh auf den Beinen.“
„Tompkins schuldet mir fünf Pfund“, erwiderte sein Bruder. „Er dachte nicht, dass du es aus dem Bett schaffst, und schon gar nicht nüchtern. Aber ich wusste, dass du dich blicken lässt – und sei es nur, um dir beim Hochzeitsfrühstück den Bauch vollzuschlagen.“
„Dein Vertrauen ehrt mich“, entgegnete Kieran trocken. Lauter, an seine Familie gewandt, sagte er: „Ich sollte meine Pflicht als Trauzeuge tun und bei Dom nach dem Rechten sehen. Bei der Gelegenheit kann ich ihm dann auch gleich meine Glückwünsche aussprechen. Seine unglückselige Familie wird die Unsere vortrefflich ergänzen.“
„Gerade heute tätest du gut daran, uns mit deinem theatralischen Gehabe zu verschonen“, entgegnete sein Vater. Seine Mutter konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen, doch ob ihr Unmut ihrem Sohn oder ihrem Gatten galt ließ sich nur schwer beurteilen.
Kieran salutierte seinem Vater spöttisch und stieß die schweren Kirchentüren auf. Er warf Finn, der ihm dicht auf den Fersen folgte, einen fragenden Blick zu.
„Ich habe mit mir selbst gewettet, ob du vom Blitz getroffen wirst, sobald du einen Fuß in die Kirche setzt“, erklärte sein Bruder leichthin.
„In dem Fall würden wir wohl zwei verkohlte Flecken auf dem Boden hinterlassen.“
Finn bedachte ihn mit einer derben Geste, als sie über die Schwelle traten. Die Gäste in den umliegenden Bänken, die sich beim Geräusch der sich öffnenden Türen zu ihnen umgedreht hatten, schnappten empört nach Luft. Kieran und Finn grinsten sich an.
„Die Ransome-Brüder werden ihrem Ruf gerecht“, murmelte Finn, während sie sich ihren Weg zum Chorraum der Kirche bahnten. Jedenfalls glaubte Kieran, dass es sich um den Chorraum handelte, doch bei allen Bemühungen, ihn die Feinheiten des Glaubens zu lehren, hatte er diesen Dingen noch nie große Beachtung geschenkt.
Die gesamte Elite Londons war in St George’s versammelt. Die angesehensten Familien des Landes füllten die Kirchenbänke. Auf Seiten des Bräutigams versammelten sich namhafte Kaufleute, da Doms Familie in diesen Kreisen verkehrte. Ihre eleganten Gewänder konnten sich allemal mit denen des Hochadels messen. Doch egal von welchem Stand – die ebenso neugierigen wie misstrauischen Blicke der Hochzeitsgesellschaft folgten Finn und Kieran durch den gesamten Saal. Sicher hatten die Gäste, wie so viele in der Stadt, in den Klatschblättern vom abenteuerlichen Leben der Ransome-Brüder gelesen. Wer ergötzte sich nicht gern am ungebührlichen Betragen anderer, um sich in der eigenen, flatterhaften Sittlichkeit bestärkt zu fühlen?
Kieran quittierte die Blicke mit einem spitzbübischen Grinsen und beobachtete amüsiert, wie die Damen nervös den Blick senkten und die Herren sich indigniert aufplusterten. Was kümmerte ihn ihr Unbehagen?
Eine besonders reizende junge Dame auf der Seite der Braut fiel ihm ins Auge. Ihre Finger glitten über den Spitzenbesatz ihres Halstuchs, und ein amüsiertes Lächeln umspielte ihre Lippen. Kierans Zwinkern erwiderte sie mit einem koketten Blick.
„Meine Güte.“ Finn lachte leise. „Eine Tändelei in der Kirche ist auch nur dir zuzutrauen.“
„Wohl kaum. Ich bewahre eine lange und ehrwürdige Tradition. Aber die Schönheit da drüben führt mich noch viel mehr in Versuchung. Zweite Reihe, auf der Seite des Bräutigams.“
Ihr Hals hatte es Kieran besonders angetan. Er war zart und anmutig, und am Haaransatz kräuselte sich ein Hauch kastanienbraunen Flaums. Beim Gedanken daran, die weiche Haut zu küssen und der Unbekannten einen lustvollen Seufzer zu entlocken, lief ihm das Wasser im Mund zusammen.
Manche Männer reizte der Busen einer Frau, andere hatten eine Schwäche für lange Beine oder ein wohlgeformtes Gesäß. Doch wo die meisten dem Hals einer Frau wenig Beachtung schenkten, konnte Kieran seiner Anziehungskraft ganze Verse widmen.
Die junge Frau wandte sich ihrer Sitznachbarin zu, und Kieran entwich ein Fluch, der ihm strafende Blicke der Gäste in Hörweite einbrachte.
Verdammt, dachte er. Ich kenne sie.
Finn lachte erneut auf. „Gedanklich die Schwester unseres besten Freundes zu verführen ist selbst für dich ein neuer Tiefpunkt.“
„Verrat’s nicht Dom“, murmelte Kieran.
Wenngleich Dom die Brüder bei ihren nächtlichen Trinkgelagen begleitete, war es vor allem Kieran, der in London für sein lasterhaftes Treiben berüchtigt war. Dom war dem Glücksspiel zugeneigt und grölte Trinklieder, mied jedoch weibliche Gesellschaft und hielt sich – von der gelegentlichen Rauferei einmal abgesehen – bevorzugt im Hintergrund.
Dom kennt mich zu gut, dachte Kieran. Wenn er von meinen unzüchtigen Fantasien über seine Schwester wüsste, müsste ich mich auf etwas gefasst machen.
Fast, als spürte sie Kierans Aufmerksamkeit auf sich, drehte sich Celeste Kilburn zu ihm um und begegnete seinem Blick. Ihre Augen weiteten sich überrascht, und sie schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln, das er möglichst neutral zu erwidern versuchte. Er hoffte, dass ihm die anzüglichen Gedanken nicht auf die Stirn geschrieben standen. Celeste war als Mädchen aufs Töchterpensionat gegangen und als anmutige junge Frau zurückgekehrt. Seit ihrem Debüt war sie zudem ein Muster an Tugend. Einen weiten Bogen um sie zu machen war womöglich die einzig weise Entscheidung, die Kieran in den letzten Jahren getroffen hatte.
Celeste neigte den Kopf zum Altar und er folgte ihrem Blick, in der Erwartung, ihren Bruder dort stehen zu sehen. Obwohl es ihm an Erfahrung mit Hochzeiten – und anderen respektablen Anlässen – mangelte, war er sich recht sicher, dass dies für den Bräutigam so üblich war. Er versuchte sich heute zum ersten Mal...
Erscheint lt. Verlag | 2.5.2023 |
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Reihe/Serie | Historical Gold | Historical Gold |
Übersetzer | Laura Groeneveld |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
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ISBN-10 | 3-7515-1622-0 / 3751516220 |
ISBN-13 | 978-3-7515-1622-8 / 9783751516228 |
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