Das Schicksal Wallensteins (eBook)

Geschichten des Dreißigjährigen Krieges, Band 6
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
480 Seiten
Acabus Verlag
978-3-86282-846-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Schicksal Wallensteins -  Jörg Olbrich
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Der Dreißigjährige Krieg wütet in Europa. Nach Jahren des Kampfes sehnt sich Albrecht von Wallenstein nach Frieden. Doch während er Verhandlungen mit den Protestanten führt, entspinnt sich am Kaiserhof in Wien ein gefährliches Komplott gegen ihn. In Schweden bilden sich neue Allianzen und Intrigen nach dem Tod König Gustav Adolfs. Während sich die Heere neu formieren, versucht der Söldner Peter Hagendorf der schwedischen Gefangenschaft zu entkommen. Kann es ihm gelingen zu seiner Einheit zurückzukehren oder muss er für immer an der Seite des Feindes kämpfen? Verwüstung, Hungersnöte, Armut und Pest kosteten zwischen 1618 und 1648 rund sechs Millionen Menschen das Leben. Die Romanreihe 'Geschichten des Dreißigjährigen Krieges' überzeugt mit historischen Fakten und einer spannungsgeladenen Entwicklung.

Jörg Olbrich, Jahrgang 1970, lebt in Mittelhessen. Das Heimatdorf des Autors, das zwischen Wetzlar und Braunfels liegt, wurde während des Dreißigjährigen Krieges von spanischen Truppen verwüstet. Die Spanier wollten die Kirchenglocke einschmelzen, um Waffen herzustellen. Die Dorfbewohner versteckten die Glocke jedoch, woraufhin die feindlichen Truppen das Dorf niederbrannten. Nach der Veröffentlichung seiner ersten Kurzgeschichte 2003 folgten Beiträge in Anthologien. Die Kurzgeschichte Herz aus Stein wurde 2008 in der Kategorie 'Beste deutschsprachige Kurzgeschichte' mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. 2010 belegte sein Roman Das Erbe des Antipatros dort in der Kategorie 'Bestes Romandebüt, national' den 3. Platz.

Jörg Olbrich, Jahrgang 1970, lebt in Mittelhessen. Das Heimatdorf des Autors, das zwischen Wetzlar und Braunfels liegt, wurde während des Dreißigjährigen Krieges von spanischen Truppen verwüstet. Die Spanier wollten die Kirchenglocke einschmelzen, um Waffen herzustellen. Die Dorfbewohner versteckten die Glocke jedoch, woraufhin die feindlichen Truppen das Dorf niederbrannten. Nach der Veröffentlichung seiner ersten Kurzgeschichte 2003 folgten Beiträge in Anthologien. Die Kurzgeschichte Herz aus Stein wurde 2008 in der Kategorie "Beste deutschsprachige Kurzgeschichte" mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. 2010 belegte sein Roman Das Erbe des Antipatros dort in der Kategorie "Bestes Romandebüt, national" den 3. Platz.

Mainz,  22.  November  1632

Axel Oxenstierna riss das Fenster auf, streckte den Kopf ins Freie und zog die eiskalte Winterluft gierig in seine Lungen. Das Gefühl zu ersticken blieb. Er öffnete den Kragen seines Hemdes. Dann zwang er sich ruhig durchzuatmen.

Der Regen hatte seine wenigen Haare mittlerweile durchnässt. Dicke Wassertropfen liefen durch sein Gesicht. Der Reichskanzler bemerkte es nicht.

Die Kälte zwang ihn schließlich, das Fenster in seinem Amtszimmer im Rathaus von Mainz zu schließen. Er setzte sich an seinem Schreibtisch und nahm einen Weinkrug zur Hand. Beim Auffüllen seines Bechers lief mehr als die Hälfte daneben.

Die rote Flüssigkeit ließ auf den Brief, den Oxenstierna vor einigen Augenblicken gelesen hatte und vermischte sich dort mit dem Wasser, das von seiner Stirn tropfte.

Zitternd starrte der Reichskanzler auf das Schreiben des Herzogs von Sachsen-Weimar, das ihn überhaupt erst in diesen Zustand versetzt hatte.

Es erfüllt mich mit allergrößter Traurigkeit und tut mir in der Seele weh, Euch mitteilen zu müssen, dass Gott der Allmächtige unseren großen König und heldenmutigen Anführer Gustav Adolf von Schweden in einer Schlacht in der Nähe von Leipzig zu sich gerufen hat.

Seine Majestät geriet im dichten Nebel in ein Scharmützel und wurde feige von einem Gottlosen erschossen, der aus dem Nichts vor unserem König und seinem Gefolge auftauchte. Nach dieser schändlichen Tat haben unsere tapferen Soldaten nicht eher geruht, bis sie den Feind vom Schlachtfeld in Lützen vertrieben und in die Flucht geschlagen haben.

Jetzt sind die Männer vor größter Bekümmernis und Schmerz erstarrt. Die Trauer ist grenzenlos und lähmt unsere Gedanken.

Der Leichnam seiner geliebten Majestät wird für seine letzte Reise in die Heimat vorbereitet. Das Heer ist in guter Ordnung und sammelt seine Kraft. Ich ersuche Euch jedoch dringend, in größter Eile zu uns zu kommen und uns beizustehen.

Euer untertänigster Diener

Bernhard von Sachsen-Weimar

Ein Klopfen an der Tür riss den Reichskanzler aus seiner Lethargie.

»Habe ich nicht gesagt, dass ich nicht gestört werden will?«, fragte er ärgerlich, als eine Magd vorsichtig eintrat.

»Der König von Böhmen muss Euch dringend sprechen.«

»Der König von Böhmen sitzt in Wien«, entgegnete der Reichskanzler zornig.

»Ich verstehe nicht.«

»Schon gut. Richtet ihm aus, dass ich gleich bei ihm bin.« Oxenstierna rief sich zur Vernunft. Die Magd konnte nichts dafür, dass er den Winterkönig nicht sprechen wollte. Allein schon der Gedanke an den verweichlichten Adeligen, der nur Forderungen stellte und bisher keinen nennenswerten Beitrag zum Krieg leistete, sorgte für Magenschmerzen. Friedrich  V. sah sich als König von Böhmen an. Außer ihm tat dies vermutlich niemand mehr. Doch dieser Titel gehörte immer noch Kaiser Ferdinand  II. Nur ein Sieg der Schweden konnte daran etwas ändern, und der war in weite Ferne gerückt.

Auf dem Weg zu dem Pfälzer zwang sich der Reichskanzler zur Ruhe. Er musste einen klaren Kopf bewahren und durfte sich nicht reizen lassen. Die Wünsche des ehemaligen Kurfürsten der Pfalz waren noch bedeutungsloser als vor der Schlacht in Lützen. Das musste ihm Oxenstierna nun schonend beibringen.

Seit Monaten behelligte Friedrich  V. ihn: ›Wann lenkt seine Majestät die Truppen endlich in die Pfalz? Wann gelangt die Kurwürde zurück in meine Hände?‹

Oxenstierna und Gustav Adolf waren sich einig gewesen, dass dies geschehen sollte. Eilig gehabt hatten sie es aber beide nicht. Nach dem Tod seiner Majestät betrachtete der Reichskanzler die Pfalz als seine kleinste Sorge.

Oxenstierna ging nur zum Winterkönigs, weil er ihm leidtat. Bereits seit über einer Woche plagte ein starkes Fieber Friedrich  V. und er war kaum noch in der Lage, etwas zu essen.

Der Reichskanzler hatte eigens Peter de Spina  III. aus Darmstadt nach Mainz kommen lassen. Aber bisher half auch die Weisheit des berühmten Arztes nicht.

›Den Winterkönig plagt der Kummer. Er löscht den Lebenswillen, tötet aber nicht‹, hieß es im Vertrauen. Oxenstierna konnte sich aber nicht vorstellen, dass ein Mann aus diesem Grund sterben könnte.

Als der Reichskanzler die Gemächer Friedrichs  V. betrat, die sich ebenfalls im Rathaus befanden, und in das Gesicht des Pfälzers schaute, schrak er zusammen. Es ging ihm deutlich schlechter als vor drei Tagen.

»Ich muss Euch bitten, meinen Patienten nicht zu sehr aufzuregen«, sagte Peter Spina  III. spitz.

»Das habe ich nicht vor.« Oxenstierna verzichtete auf den Hinweis, dass der Winterkönig ihn hergebeten hatte. Er trat näher mit dem Gefühl, ins Gesicht eines Greises zu sehen. Dabei zählte Friedrich  V. die Dreißig noch nicht lange. »Ihr wolltet mich sprechen?«

»Ist es wahr, dass Gustav Adolf auf dem Schlachtfeld gefallen ist?« Die Stimme des Pfälzers klang brüchig.

»Das ist es.«

»Dann habe ich die Pfalz wohl endgültig verloren.«

»Es hat den Anschein«, gab Oxenstierna bissig zurück und musste sich beherrschen, den Kranken nicht härter anzugehen. Ohne ein Wort des Beileids sofort zu jammern, passte zu ihm. Dabei war längst nicht klar, wie es mit der Pfalz weitergehen würde. Solange der schwedische Feldzug im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation fortschritt, bestand auch für Friedrich  V. Hoffnung. Oxenstierna wollte aber jetzt nicht mit dem Winterkönig diskutieren. Sollte er denken, was er wollte, und sich dem Elend hingeben.

»Ich muss Euch wirklich bitten zu gehen«, sagte Peter Spina  III. »Mein Patient braucht Ruhe.«

»Ich hatte nicht vor, länger zu bleiben.«

***

Auf dem Weg ins Amtszimmer ärgerte sich Oxenstierna weiter über den Winterkönig. Was bildete sich der Pfälzer ein? Er selbst trug nicht einen Taler zur Finanzierung des schwedischen Krieges auf deutschem Boden bei und auch aus England war keine nennenswerte Hilfe gekommen. Bisher stellte Friedrich  V. nur Forderungen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen.

Oxenstierna hatte durchaus Mitleid mit ihm. Gerade jetzt, wo das Fieber einfach nicht zurückging, hätte es einer erfreulicheren Nachricht bedurft. Daran konnte aber der Reichskanzler nichts ändern. Er musste sich um die Ordnung der schwedischen Armee kümmern, die zu zerbrechen drohte.

Er setzte sich an den Schreibtisch, entzündete eine frische Kerze und nahm eine Schreibfeder zur Hand. Es lag eine lange Nacht vor ihm. Für den Fortbestand des schwedischen Feldzugs im Heiligen Römischen Reich war schnelles Handeln unabdingbar. Jeder verlorene Tag konnte verheerende Auswirkungen haben.

Bei ihrem letzten Treffen in Nürnberg hatte Gustav Adolf ihn zum wiederholten Male beschworen, dass ihr bisheriger gemeinsamer Weg auch dann fortzuführen sei, wenn seiner Majestät etwas zustoßen sollte. Beiden Männern war immer bewusst gewesen, dass der König seinen Kampf mit dem Leben bezahlen könnte. Und doch war der Schock kaum zu bewältigen.

An seinen Schwur fühlte Oxenstierna sich gebunden. Die Fortsetzung des Krieges auf deutschem Boden war wichtig. Schweden konnte nur so vor den Feinden in Europa geschützt werden.

Zunächst brauchte die Armee feste Strukturen, damit die Heerführer schnell auf feindliche Handlungen reagieren konnten. Daher schrieb der Reichskanzler jedem einen Brief mit klaren Vorgaben. Sie sollten sich auf ihn berufen, falls ein untergeordneter Offizier ihren Führungsanspruch infrage stellte.

Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar sollte Sachsen endgültig von den Kaiserlichen befreien und seine Truppen von dort aus nach Franken führen. General Johann Baner krankte noch an einer Verletzung, die er sich bei der Schlacht an der alten Veste vor Nürnberg zugezogen hatte. Dennoch sollte er die Streitkräfte von Schwaben aus in den Norden Deutschlands führen und dort die Stellung der Schweden verteidigen.

Seinen Schwiegersohn Gustav Horn, der sich im Elsass aufhielt, schickte Axel Oxenstierna zum Bodensee. Dort sollte er Herzog Maximilian von Bayern zurückschlagen und später gemeinsam mit Herzog Bernhard weiter in den Süden vordringen.

Der Reichskanzler unterdrückte ein Gähnen, stand auf und streckte den Rücken durch. Ein Blick zum Mond zeigte, dass die Tageswende kurz bevorstand. Noch durfte er sich aber keine Ruhe gönnen, wenn er die Boten gleich nach Sonnenaufgang mit den Briefen losschicken wollte.

Die schwierigste Aufgabe hob sich Oxenstierna bis zum Schluss auf. Er musste den schwedischen Rat umfassend über die Ereignisse informieren und den Männern gleichzeitig unmissverständlich klarmachen, wie sie zu entscheiden hatten.

Es war keine zehn Tage her, dass der Reichskanzler dem schwedischen Rat voller Stolz berichtet hatte, wie Gustav Adolf dem Feind bei der Belagerung von Nürnberg standgehalten und sich der Gegner unverrichteter Sache wieder zurückgezogen hatte. Der Vormarsch im Heiligen Römischen Reich wurde nur unterbrochen, um dem Bundesgenossen Johann Georg von Sachsen zu Hilfe zu eilen.

Die jetzige Lage zwang den Reichskanzler, einen deutlich bescheideneren Ton anzuschlagen, gleichzeitig wollte er den Rat bedingungslos auf seine Seite ziehen. Kurz dachte er darüber nach, selbst nach Schweden zu reisen und alles in seinem Sinne zu regeln. Damit würde er seine Heerführer im Heiligen Römischen Reich aber zu lange alleine lassen. Außerdem galt es, die Bündnisse mit den protestantischen Fürsten zu stärken. Oxenstiernas Anwesenheit in Deutschland war noch unerlässlicher...

Erscheint lt. Verlag 31.7.2023
Reihe/Serie Geschichten des Dreißigjährigen Krieges
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 1632 • 30jähriger Krieg • Glaubenskrieg • Katholiken • Protestanten • Religionskrieg • Schweden • Wien
ISBN-10 3-86282-846-8 / 3862828468
ISBN-13 978-3-86282-846-3 / 9783862828463
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