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Alfred Bekker
© Roman by Author /
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Der Fall mit dem Hass
von Alfred Bekker
1
»Herr Jörgensen, ich würde Sie gerne unter vier Augen sprechen«, sagte Kriminaldirektor Bock, mein direkter Vorgesetzter bei der Kripo Hamburg.
»Ich geh dann schonmal«, meinte mein Kollege Kriminalhauptkommissar Roy Müller.
»Okay«, meinte ich.
»Ich warte auf dem Flur.«
»Gut.«
»Bis gleich.«
»Bis gleich, Uwe.«
Herr Bock wartete, bis Roy Müller den Raum verlassen hatte. Was die Geheimniskrämerei sollte, wusste ich nicht. Roy und ich verbringen mehr Zeit miteinander als manche Ehepaare. Und viele Geheimnisse voreinander haben wir auch nicht. Herr Bock weiß das eigentlich auch. Aber sei’s drum. In diesem Moment legte Herr Bock nunmal Wert darauf, dass wir unter vier Augen waren.
»Herr Jörgensen, es geht nochmals um diesen sogenannten ‘Albaner’...«
»Ah ja…«
Der sogenannte ‘Albaner’ war ein Profi-Killer, den irgendjemand aus irgendeinem Grund auf mich angesetzt hatte und der seitdem versuchte, mich zu töten. Bislang ohne Erfolg. Sonst könnte ich darüber auch jetzt nichts berichten und sie könnten nun meinen Nachruf lesen.
Die Frage war nicht nur, wer sich hinter diesem Decknamen verbarg.
Die Frage war auch, wer den Albaner beauftragt hatte.
Bislang waren wir da einfach nicht weitergekommen.
Ich machte Dienst wie immer. Natürlich achtete ich darauf, ob irgendetwas Eigenartiges in meiner Umgebung geschah. Ich war ohnehin vorsichtig und hatte auch in letzter Zeit schon zweimal die Wohnung gewechselt. Aber jede Vorsicht hat eben auch ihre Grenzen. Man muss auch leben und man kann sich nicht vor lauter Angst in irgendeine Höhle am Ende der Welt zurückziehen. Die Frage wäre ohnehin, ob ich da denn überhaupt sicherer wäre.
»Was die kalabrische ‘Ndrangheta ist, brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen, Herr Jörgensen.«
»Die mächtigste Mafia-Organisation Europas.«
»Richtig. Ein Haupterwerbszweig ist die illegale Müllentsorgung.«
»Ja.«
»In letzter Zeit gibt es da allerdings Konkurrenz durch die sogenannte Shanghai-Connection, die auf diesen Markt drängt.«
»Habe ich auch von gehört.«
»In Stade wurde jetzt ein Mann gefunden, der für die ‘Ndrangheta gearbeitet hat. Erschossen. Wir nehmen an, dass es die Chinesen waren.«
»Der Spitzname dieses Mannes lautete ‘der Albaner’, wie wir jetzt erfahren haben.«
»Oh…»
»Wussten Sie, dass es seit den Türkenkriegen ein paar uralte albanische Sprachinseln in Kalabrien gibt?«
»Nein.«
»Das Albanisch, das die sprechen, ist natürlich noch auf einem quasi spätmittelalterlichen Stand und unterscheidet sich stark von dem Albanisch, dass man in Albanien und dem Kosovo spricht.«
»Hm.«
»Aber dieser tote Killer stammt aus einem dieser albanischen Dörfer. Daher seine Bezeichnung.«
»Denken Sie, dass das der Albaner sein könnte, der hinter mir her ist?«
Herr Bock hob die Schultern.
»Wäre möglich.«
»Das heißt, ich kann mich in Zukunft wieder beruhigt zurücklehnen und brauche nicht jedesmal nachzusehen, ob jemand einen Sprengsatz unter meinem Wagen angebracht hat…«
»Nein, das würde ich nicht empfehlen, Herr Jörgensen. Ich bleibe an der Sache dran. Aber wenn Sie Glück haben, dann hat irgendein Handlanger der sogenannten China-Connection oder Shanghai-Connection, ganz wie man will, Ihnen einen Gefallen getan.«
*
Das Geräusch einer gewaltigen Detonation drang durch die Nacht. Flammen schlugen aus dem Dach des großen Lagerhauses heraus. Teile des Mauerwerks brachen heraus und wurden regelrecht herausgeschleudert. Alarmsirenen schrillten, gingen aber im Lärm weiterer Detonationen unter. Es dauerte nur Augenblicke, und die Flammen griffen auf das nächste Lagerhaus über. Die Nacht wurde beinahe taghell.
Ein beißender Geruch hing in der Luft.
Schreie gellten.
Ein Mann rannte als lebende Fackel durch die Nacht, brüllte dabei vor Schmerz und wand sich verzweifelt.
Unweit der Einfahrt zum Firmengelände, in sicherem Abstand zu der lodernden Flammenhölle stand eine junge Frau. Das blonde Haar fiel ihr über die schmalen Schultern. Mitleidlos starrte sie auf den brennenden Mann, der sich jetzt zu Boden warf. Er rollte sich auf dem Asphalt herum, versuchte die brennende Kleidung zu löschen.
Ein weiteres Lagerhaus ging in diesem Augenblick mit einem lauten Knall in Flammen auf. Verglasungen barsten, Trümmerteile flogen durch die Luft. Ein Wellblechtor brach aus seinen Halterungen heraus. Eine Flammenfontäne schoss heraus. Brennende Flüssigkeit kroch wie ein heißer Lavastrom über den Asphalt bis zu einem abgestellten Tankwagen hin.
Ein kaltes Lächeln erschien in dem fein geschnittenen Gesicht der jungen Frau.
»Ja, brennen soll es ...«, flüsterte sie vor sich hin. »Es soll brennen, brennen, brennen ...«
Stakkatohaft wiederholte sie dieses eine Wort.
Sie atmete tief durch. Ihre Brüste drückten sich gegen den dünnen weißen Stoff ihrer Bluse. Und ihre Lippen formten immer wieder, wie in zwanghafter Wiederholung, dieses eine Wort.
»Brennen … brennen ...«
Schon züngelten die Flammen an der Fahrerkabine des Tankwagens empor. Der Kraftstofftank explodierte zuerst. Es wirkte wie eine Initialzündung für die nächste Detonation, bei der die Ladung in die Luft flog. Der Geruch war beinahe unerträglich.
Der Mann am Boden hatte es unterdessen geschafft, seine brennende Kleidung zu löschen. Er kam auf die Füße, taumelte vorwärts. Im Hintergrund waren die Sirenen der Einsatzwagen des Feuerwehr zu hören. Bis sie hier draußen im Gewerbegebiet ankamen, würden noch ein paar Minuten vergehen.
Nichts wird dann noch zu retten sein, ging es der jungen Frau mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck durch den Kopf. Nichts! Die werden noch Mühe haben, ein Übergreifen der Flammen auf andere Grundstücke zu verhindern.
Die Augen tränten ihr durch die beißenden Gase, die bei der Verbrennung der hier gelagerten Chemikalien entstanden waren. Als schmutzig brauner Qualm zogen sie in den Nachthimmel.
Der Mann taumelte auf sie zu.
»Hey, Sie ...« ächzte er, dann schüttelte ihn ein Hustenkrampf.
Seine Worte rissen die junge Frau aus der Erstarrung. Ein Ruck durchfuhr sie. Sie wich einen Schritt zurück.
»Bleiben Sie stehen!«, rief der Mann.
Er streckte die Hand in ihre Richtung aus, taumelte vorwärts. Die Augen waren weit aufgerissen, das vom Schein der Flammen beschienene Gesicht krebsrot. Die Flammen hatten ihn übel versengt. Von seinen Haaren war nicht viel übrig geblieben, die Kleidung war teilweise verkohlt.
»Bleiben Sie ...«, krächzte er noch einmal.
Ein Schuss krachte. Er fuhr dem Mann genau zwischen die Schulterblätter.
Ein zweiter folgte unmittelbar darauf. Sein Körper zuckte und fiel dann reglos zu Boden.
Die junge Frau starrte mit weit aufgerissenen Augen erst auf den Sterbenden, dann in die Flammenhölle. Jemand hatte den Mann von hinten erschossen.
Ein zufriedenes Lächeln erschien auf dem Gesicht der jungen Frau.
2
Als wir die Adresse Osterbrookweg in Schenefeld an der Grenze Hamburgs erreichten, war es noch sehr früh. Ich hatte meinen Kollegen Roy Müller an der bekannten Ecke abgeholt, um mit ihm zu unserem Dienstgebäude am Bruno-Georges-Platz zu fahren. In den Radionachrichten erfuhren wir von dem Brand im Industriepark Schenefeld, das am Rande von Hamburg lag.
Die Bewohner der Umgebung waren offenbar für einige Stunden angewiesen worden, Fenster und Türen geschlossen zu halten.
Dann hatte uns der Anruf von Kriminaldirektor Bock mit der Order erreicht, unverzüglich zum Industriepark Schenefeld zu fahren. Die örtliche Polizeidienststelle schloss einen Zusammenhang mit dem...