Unheilvolle Provence (eBook)
336 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491735-1 (ISBN)
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
5
Castel blickte in den Himmel und zog die Ray Ban aus der Brusttasche ihres Jeanshemds, das sie offen über einem T-Shirt trug. Sie setzte die Sonnenbrille auf und sah sich dann weiter um.
In der Seitentasche ihrer khakifarbenen Cargohose summte das Handy. Sie zog es hervor und sah, dass eine Nachricht eingegangen war. Im Moment nicht so wichtig. Sie würde sich später darum kümmern. Dann ließ sie den Blick ein weiteres Mal über das Weinfeld streifen.
Schwer zu schätzen, aber es mussten sicherlich sechzig Rebstöcke Schaden durch das Feuer genommen haben. Die Flammen hatten in der Mitte des Feldes eine Fläche von der Größe eines halben Fußballplatzes vernichtet. Das passierte nicht einfach so aus dem Nichts. Man konnte sicher von Brandstiftung ausgehen, weswegen sie und Theroux hier waren, der nur wenige Meter weiter am Wirtschaftsweg mit dem Eigentümer stand, der wild gestikulierend auf ihn einredete.
Auf Anhieb nahm Cat an, dass jemand Brandbeschleuniger verwendet haben musste. Das war die einfachste Erklärung, und die einfachen Erklärungen waren oft die besten und zutreffendsten.
Die Feuerwehr war noch in der Nacht vom Bereitschaftsdienst alarmiert worden, nachdem ein anonymer Anrufer das Feuer bei der Polizei gemeldet hatte. Die Einsatzkräfte hatten den Brand gelöscht, und eine Streifenwagenbesatzung hatte das Areal weiträumig mit Absperrband gesichert. Inzwischen war der Löschtrupp wieder abgerückt. Der Besitzer des Feldes war verständigt worden. Vom Feuer hatte er nach seinen eigenen Worten nichts mitbekommen, weil seine Domaine an anderer Stelle lag, etwa zwei Kilometer von hier entfernt.
Castel und Theroux waren eben erst eingetroffen und hatten sich bislang nur ein vages Bild von der Lage machen können. Das betraf vor allem die Beschreibungen des anonymen Anrufers über seine Beobachtungen. Dass jemand brennend in dem Feld hin und her gelaufen sei. Nach Einschätzung des Bereitschaftsdienstes war der Anrufer sehr aufgeregt gewesen und habe betrunken geklungen. Falls an seinen Beschreibungen etwas dran war, hätte es sich mit seiner Anonymität natürlich schnell erledigt, und die Polizei würde sich einen Gerichtsbeschluss besorgen, um den Anrufer zu ermitteln und zu befragen.
Aber noch war nichts klar. Die Streifenpolizisten hatten die Brandfläche zwar in Augenschein genommen, aber nicht im Detail, um keine Spuren zu verwischen beziehungsweise das Areal nicht mit den eigenen zu kontaminieren. Jedenfalls hatten sie oberflächlich nichts feststellen können außer verbrannter Erde, verbrannten Rebstöcken und einem großen, dampfenden Durcheinander. Von menschlichen Spuren hatten sie nichts gesehen und deswegen lieber das Areal abgesperrt und auf das spätere Eintreffen der Kriminalpolizei und der Spurensicherung gewartet, die sich sowieso alles ansehen und dann die weiteren Schritte einleiten würden. Jetzt parkten sie mit dem Streifenwagen am Eingang des Wirtschaftsweges, der ebenfalls von den Löschfahrzeugen in Mitleidenschaft gezogen worden war, neben einem Jeep der Feuerwehr, die das Areal zur Brandwache unter Beobachtung hielt: Manchmal entwickelten sich aus einzelnen Glutnestern neue Feuer.
Castel warf nochmals einen Blick zu Theroux, der nach wie vor mit dem aufgeregten Besitzer der Domaine la Fontaine debattierte. Er hieß François Mueller – ein rundlicher Mann in grauer Latzhose mit hochrotem Kopf, was an der Aufregung, zu viel Sonne, zu hohem Blutdruck oder einer Mischung aus allem liegen mochte. Castel machte mit dem Kopf eine Geste zu Theroux, die ihm bedeuten sollte, dass sie sich jetzt das Weinfeld genauer ansehen würde. Theroux antwortete mit einem Nicken, bevor er sich wieder dem Wortschwall von Mueller widmete.
Castel setzte sich in Bewegung. Die Luft roch nach Feuer und Asche. Die Erde war nass. Überall standen Pfützen. Die Reifen der Löschfahrzeuge hatten tiefe Furchen in die Erde gegraben und außerdem einige Rebstöcke beschädigt, denn die Einsatzkräfte hatten rund hundert Meter vordringen müssen, um an den Brand zu gelangen. So weit konnte kein Schlauch spritzen.
Sie wollte gerade unter der Absperrung mit rot-weiß gestreiftem Flatterband hindurchtauchen, als ihr ein silberner SUV auffiel, der an der Straße rechts ranfuhr und dort stoppte.
Castel wusste, wem der Wagen gehörte.
Sie hielt in der Bewegung inne, gab ein leises Seufzen von sich und entschied sich, noch einen Moment abzuwarten, bevor sie hin- und herlaufen müsste, denn es war ziemlich klar, was in den nächsten Minuten geschehen würde.
Zunächst sah sie einen großen, weißhaarigen Mann, der ausstieg, um den SUV herumging, den Kofferraum öffnete, seinen Hund heraushob und anleinte. Er sah sich kurz um, orientierte sich, dann ging er weiter und hob kurz die Hand in Richtung Theroux, der in Richtung des Mannes zu schimpfen schien und gestikulierte, was der Mann jedoch ignorierte. Wenige Momente später redete er mit den Streifenpolizisten und der Feuerwehr, zog irgendetwas aus der Hosentasche und hielt es ihnen vor die Nase, deutete dann in Richtung von Castel. Die Polizisten sahen sich zu ihr um, und sie erwiderte die fragenden Blicke mit einer abwinkenden »Schon gut«-Geste. Daraufhin setzte sich der Mann wieder in Bewegung und stand etwa eine Minute später vor Castel, die sich jedoch zunächst hinhockte und den kleinen Hund ausgiebig begrüßte.
Tyson freute sich fast ein Bein ab. Er war kürzlich für knapp zwei Wochen bei Castel in Pension gewesen, während die Leclercs zur Hochzeitsreise auf Martinique weilten. Er hatte sich blendend mit Mila verstanden. Mila war das schwarze Mopsmädchen, das Castels Lebensgefährten Jean Villeneuve gehörte, der Kunsthistoriker war und im Musée Granet in Aix-en-Provence arbeitete. Außerdem hatten Tyson und Mila, als Castel einmal nicht achtsam gewesen war …
Schwamm drüber. Besser, im Moment nicht drüber nachdenken.
»Hallo, Albin«, sagte Castel im Aufstehen.
»Castel«, erwiderte Albin trocken und nickte ihr zu. »Ich hörte von dem Brand, kam zufällig hier vorbei, weil ich gerade nach Avignon zum Einkaufen fahren wollte, und …«
»Avignon liegt in einer ganz anderen Richtung.«
»… dachte, ich fahre dann mal rasch über Pernes und schaue mich nach dem Brand um. Einer der Teilhaber hat mich in dieser Sache engagiert.«
»Teilhaber?«
»Sie haben richtig gehört.« Nach wie vor waren Castel und Albin nicht beim »Du«. Aus irgendwelchen Gründen wollte er weiterhin eine gewisse Distanz halten, während er Alain Theroux durchaus duzte. Die beiden kannten sich schon seit vielen Jahren, und Castel hatte Albin aus Respekt noch nicht das »Du« angeboten. Da war sie ganz oldschool – wenn, dann musste der Ältere das tun, in diesem Fall Albin, der es immerhin seit einiger Zeit hinnahm, von Castel beim Vornamen genannt zu werden.
»Wer ist denn der Teilhaber?«
»Matteo.«
Castel lachte auf. »Der ist Teilhaber der Domaine la Fontaine?«
»So sieht’s aus. Er hat vom Feuer gehört und mich als Privatermittler beauftragt, nach dem Rechten zu sehen.«
»Als Privatermittler? Was bezahlt er Ihnen denn?«
»Er hat mir einen Kaffee ausgegeben. Ich will die Leute ja nicht über den Tisch ziehen, Castel. Schon gar nicht welche, die ich kenne.«
»Mhm«, machte Castel und schmunzelte immer noch.
»Also«, sagte Leclerc, zog eine zerknautschte Gitanes-Schachtel aus der Hosentasche seiner Jeans und steckte sich eine Zigarette an, »was ist hier los? Brandstiftung, nehme ich an. Fahrlässig oder mutwillig? Ein paar dumme Jungen? Ein Feuerteufel?«
Castel bückte sich und tauchte nun unter der Absperrung hindurch. Albin tat es ihr gleich. Sie erklärte: »Es gab heute Nacht einen anonymen Anrufer, der das Feuer meldete. Dem Vernehmen nach betrunken und ziemlich aufgeregt.«
»Der Brandstifter, dem das Gewissen schlug?«
»Vielleicht«, erwiderte Castel. »Er hat behauptet, jemand würde brennend in dem Feld herumlaufen.«
»Hat sich das bestätigt?«
Castel wich einigen Löschwasserpfützen im schlammigen Boden aus, die sicher bald von der Sonne getrocknet sein würden. Die Erde war matschig. An den Sohlen ihrer Chucks hatte sich bereits eine Kruste gebildet.
»Bislang nicht«, erklärte sie. »Der Feuerwehr ist nichts aufgefallen. Allerdings haben die sich wegen des Verdachts auf Personenschaden damit zurückgehalten, sich umzusehen. Den Kollegen von der Streife ist ebenfalls nichts aufgefallen. Die haben sich ebenfalls nur oberflächlich umgeschaut und wollten den Ereignisort lieber so lassen und auf unser Eintreffen warten.«
»Verstehe«, antwortete Albin und folgte Castel.
Der Boden war dunkelgrau, voller Asche und dampfte an einigen Stellen. Überall stachen verkohlte Rebstöcke schwarz aus dem Boden. Der Geruch nach Feuer war sehr viel intensiver als eben, und die Luft war schwül, was von der durchnässten Erde herrühren musste. Von sechzig zerstörten Pflanzen war anfangs die Rede gewesen. Castel nahm an, dass es sehr viel mehr sein mussten. Sie wusste nicht, wie viel ein solcher Rebstock wert war. Aber angesichts der zerstörten Fläche würde der Schaden erheblich sein.
Sie blieb stehen, sah sich um und zwang sich, nicht durch die Nase zu atmen. Leclerc stoppte ebenfalls. Er hatte Tyson hochgehoben und ihn sich unter den Arm geklemmt – zur Vorsicht, damit er sich nicht die Pfoten verbrannte und sich außerdem nicht mit dem Matsch aus Asche und Schlamm besudelte.
Albin sah sich ebenfalls um, betrachtete einige Rebstöcke und deutete nach rechts.
»Das Zentrum dürfte eher dort...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2023 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Commissaire Leclerc | Ein Fall für Commissaire Leclerc |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Apokryphe Schriften • Carpentras • Commissaire Albin Leclerc • Frankreich • frankreich-krimi • Französischer Wein • Geschenk für Männer • Hund • mittelalterliche Foltermethoden • Mops Tyson • Pierre Lagrange • Provence-Krimi • Provence Krimis Neuerscheinungen 2023 • Urlaub • Urlaubskrimi • Urlaubslektüre • Urlaubslektüre Krimi • Urlaubsromane • Weihnachtsgeschenk • Wein • Weinernte in der Provence • Weinlese |
ISBN-10 | 3-10-491735-3 / 3104917353 |
ISBN-13 | 978-3-10-491735-1 / 9783104917351 |
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