Ein Fest zum Verlieben (eBook)
300 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491693-4 (ISBN)
Kristin Emilsson ist eine der erfolgreichsten schwedischen Autorinnen im Bereich Feel Good. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 2014. Ihr Weihnachtsroman »Ein Fest zum Verlieben« war 2021 auf der Shortlist für den schwedischen Feel-Good-Award. Sie ist Mutter von drei Töchtern und lebt in der Nähe von Stockholm.
Kristin Emilsson ist eine der erfolgreichsten schwedischen Autorinnen im Bereich Feel Good. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 2014. Ihr Weihnachtsroman »Ein Fest zum Verlieben« war 2021 auf der Shortlist für den schwedischen Feel-Good-Award. Sie ist Mutter von drei Töchtern und lebt in der Nähe von Stockholm. Stefanie Werner studierte Skandinavistik, Völkerkunde und Publizistik in Göttingen. Als freie Übersetzerin überträgt sie Belletristik und Sachbücher aus dem Schwedischen, hat u. a. Fredrik Backman, Maria Adolfsson, Mariette Lindstein und Gabriella Ullberg Westin übersetzt. Ihre Wahlheimat ist Dettingen am Fuße der Schwäbischen Alb.
[...] ein weihnachtlich-humorvoller Liebesroman [...].
16. Dezember
Julia
»Nur dass ihr Bescheid wisst – wir machen dieses Jahr von Weihnachten an den Laden dicht und öffnen erst nach dem Dreikönigswochenende wieder.«
Diese Worte kommen aus dem Munde des Diktators (oder Freddan, wie er lieber genannt werden möchte, obwohl er eigentlich Fredrik heißt und schon auf die vierzig zugeht) – Alleinherrscher und Besitzer des Restaurants Mohnblume, wo ich jeden Wochentag zwischen neun und halb sechs arbeite.
Direkt nach Feierabend hat er das Personal in die Küche zitiert. Also Mehmet, Lily und mich. Auf diese kalte Dusche reagieren wir alle gleich.
»Wie bitte?«
»Aber warum denn?«
»Das können Sie nicht machen!«
Der Diktator zuckt mit den Schultern. »Ihr könnt mir glauben, ausgesucht habe ich mir das nicht«, erwidert er und tut enttäuscht. »Aber was soll ich machen? Letztes Jahr hatten wir zwischen den Jahren geöffnet und konnten zwei Wochen lang kaum mehr als einen Tisch belegen. Das lohnt sich einfach nicht, deshalb werde ich in dieser Zeit komplett schließen.«
Und damit hat er tatsächlich recht. Letztes Jahr habe ich in der Zeit gearbeitet, und es herrschte gähnende Leere im Lokal.
»Aber was ist mit uns?«, fragt Mehmet. »Wie sollen wir die Miete bezahlen, wenn wir unsere Stunden nicht zusammenbekommen?«
Der Diktator zuckt wieder mit den Schultern und gibt uns zu verstehen, dass das sein geringstes Problem ist.
»Sorry«, sagt er und schielt auf die Uhr. »Echt!«
Und dann schiebt er eine Ausrede vor, um sich zu verdrücken. Er tut so, als habe er einen wichtigen Termin. Aber vermutlich ist er nur mit einer dieser Blondinen verabredet, die er im Internet aufreißt. Jede Woche eine andere.
Mehmet seufzt und geht zurück an den Grill. Lily und ich sehen uns wortlos an. Da gibt es nichts mehr zu sagen. Das wird ein mageres Weihnachtsfest werden. In vielerlei Hinsicht.
»Warum kommst du nicht einfach mit nach Finnland und feierst Weihnachten bei uns? Du weißt, dass du jederzeit herzlich willkommen bist. Und wenn du schon nicht arbeiten musst, gibt es doch nichts, was dich hier hält.« Satu legt Vilja an die Brust und zieht die Babydecke dabei routiniert über ihre Schulter und das Köpfchen der kleinen Tochter. Jetzt kann sie ganz diskret ihre Bluse aufknöpfen.
Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie perfekt sie das alles beherrscht. Als ob sie nie etwas anderes getan hätte. Dabei ist Vilja erst seit zwei Monaten auf der Welt, und die dreißigjährige Satu stillt, wechselt Windeln und schiebt den Kinderwagen, als sei es das Normalste der Welt. Davor war sie meine Lieblingskollegin und Verbündete im Kampf gegen den Diktator und nicht Supermum.
»Danke, das ist lieb, aber du weißt doch …«, sage ich und hoffe, dass sie es weiß, ohne dass ich es näher erklären muss. Ich habe wirklich keine Lust, ihr zu erklären, wie lächerlich deplatziert ich mir vorkommen würde, zu Hause bei Satus Eltern Weihnachten zu feiern, wo sich natürlich alles um das süßeste Enkelkind aller Zeiten drehen wird.
Satu schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt sie in ihrem niedlichen finnlandschwedischen Dialekt, »ich weiß es nicht.«
»Klar weißt du es …«, lege ich nach und suche nach den richtigen Worten, nach den Worten meiner Mutter. »Weihnachten ist das Fest der Familie. Das sind die Tage, die man mit denen verbringt, die einem am meisten am Herzen liegen.«
»Und warum feierst du dann Weihnachten nicht mit deiner eigenen Familie?«
Ich seufze schwer. »Weil es im letzten Jahr die reinste Katastrophe war.«
»Wegen der Weihnachtsmannpanne?«
»Ja, deswegen auch.«
»Hat deine Schwägerin dir das immer noch nicht verziehen? Die Narbe ist doch wirklich nicht groß, und wenn der Kleine älter ist, hat so was auch Charakter. Außerdem kann man die Zwillinge jetzt endlich auseinanderhalten. Hast du selbst gesagt.«
»Martin und Ylva sehen das leider nicht so locker.«
»Hast du denn keinen süßen Typen in der Pipeline, mit dem du Weihnachten feiern könntest? Zum Beispiel …« Satu legt die Stirn in Falten und überlegt angestrengt. »Alex? Oder dieser … Philip?«
»Die sind nicht mehr aktuell«, antworte ich kurz angebunden.
»Warum?«
»Beides Idioten, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Der eine hat nur angerufen, wenn er betrunken oder geil war, und der andere hat sich pausenlos gemeldet. Eine Zeitlang konnte ich kaum auf die Toilette, so sehr hat er mich mit seinen Anrufen genervt. Ich stand kurz davor, mir eine Blasenentzündung einzufangen.«
»Und hast du jetzt was Neues laufen?«
»Nee, im Moment date ich niemanden.«
»Echt jetzt?« Satu wirkt regelrecht entsetzt. »Was ist los? Seit ich dich kenne, hattest du immer jemanden. Bist du krank?«
»Nein, aber gerade brauche ich echt eine Pause. Außerdem gibt es keine vernünftigen Männer mehr.«
»So schlimm?«
»Ja, nach mindestens einer Billion erfolgloser Dates, bei denen ein Typ schlimmer war als der andere, gebe ich die Hoffnung langsam auf. Ich spiele schon mit dem Gedanken, Tinder zu löschen.«
Satu grinst. »Das sagst du nicht zum ersten Mal, aber es ist noch nie so weit gekommen.«
»Stimmt, aber diesmal meine ich es ernst. Ich habe die Hoffnung aufgegeben, im Internet einen tollen Mann zu finden. Wahrscheinlich klappt es auf die klassische Art besser.«
»Auf die klassische Art?«, fragt Satu und schmunzelt. »Wer macht so was heutzutage noch? Meinst du in einer Bar?«
Ich rutsche von einer Pobacke auf die andere. Meine Aufreißversuche in Bars waren alles andere als erfolgreich, und Satu weiß das.
»Vielleicht läuft mir einer zufällig über den Weg. Da, wo ich es am wenigsten erwarte. In den Kinofilmen passiert so was andauernd.«
Satu lacht. »Du meinst, er überschüttet dich mit Orangensaft?«
»Warum nicht? Spricht doch nichts gegen Orangensaft.«
»Und eine schnucklige kleine Buchhandlung hat er dann auch?«
Satu weiß natürlich genau, wie sehr ich romantische Komödien liebe.
»Vielleicht.«
»Und du bist ein international gefeierter Star mit den längsten Beinen der Filmgeschichte?«
Aber sie kapiert nie, wann sie einen Witz überstrapaziert.
Schweigend sehe ich aus dem Fenster. Es regnet nach wie vor. Derselbe hartnäckige Nieselregen, der die Hauptstadt seit einem Monat fest im Griff hat. Er trifft auf die dreckigen Fenster des Cafés und läuft in kleinen Bächlein die Scheibe hinab. Dahinter flitzen die Fußgänger auf der Odengatan mit hochgeschlagenen Mantelkragen vorüber – alle haben etwas Gehetztes im Blick. Eine Frau, die Hände voller Einkaufstüten, kämpft mit ihrem Schirm, den der Wind immer wieder umstülpt, und ein älterer Mann mit Rollator wird von einem vorbeifahrenden SUV nassgespritzt. So ist Winter in Stockholm am übelsten.
Satu folgt meinem Blick.
»So ein Mistwetter!«, sagt sie und seufzt. »Noch gut eine Woche bis Weihnachten und keine einzige Schneeflocke in Sicht. Bin ich froh, dass ich aus dieser Stadt rauskomme und bald richtigen Winter habe.«
»Liegt in Jakobstad denn Schnee?«
»Na sicher liegt da Schnee! Seit dem 1. Dezember schneit es da täglich. So wie es sich gehört.«
Ich muss lachen, denn wenn Weihnachten vor der Tür steht, wird Satu ganz sentimental und heimatverbunden. Die übrige Zeit im Jahr macht sie am liebsten einen großen Bogen um ihre Heimatstadt und jammert schon, wenn sie nur ein Wochenende dort verbringen soll, aber in den Wochen vor Weihnachten klingt sie auf einmal ganz anders, und dann hört die melancholische Finnlandschwedin bis zum Dreikönigstag Weihnachtslieder.
Satu knöpft ihre Bluse wieder zu, legt sich Vilja über die Schulter und klopft ihr leicht auf den Po.
»Wenn du mit uns Weihnachten feierst, begegnest du vielleicht dem richtigen Weihnachtsmann«, sagt sie. »Der wohnt nämlich in Finnland, egal, was die Schweden behaupten.«
»Ich glaube nicht an den Weihnachtsmann. Weder an den finnischen noch den schwe…«
Ich kann den Satz nicht zu Ende bringen, denn mein Smartphone unterbricht mich mit einem Signalton, und als ich es in die Hand nehme, sehe ich, dass ich einen Super-Like auf Tinder bekommen habe. Magnus, neununddreißig, aus Tyresö. Attraktiv, sportlich, ein bisschen dünnes Haar, dafür umso mehr Bizeps. Ich wische nach rechts. Als ich das Handy wieder ablege, sehe ich, wie Satu mich mit einem provokanten Grinsen mustert.
»Was ist denn?«, frage ich und versuche, ganz unschuldig auszusehen.
»Ich denke gerade über das nach, was du über den Weihnachtsmann gesagt hast.«
»Was denn?«
»Dass du nicht an ihn glaubst.«
»Nein, das tue ich nicht mehr, und zwar schon seit etwa fünfundzwanzig Jahren.«
»Und du glaubst auch nicht daran, auf Tinder einen vernünftigen Mann zu finden, was dich aber nicht davon abhält, nach rechts zu wischen.«
Und weil sie mich wieder mit diesem Blick ansieht, von dem sie weiß, dass ich dann sofort weich werde, kann ich nicht anders und lache.
»Okay«, sage ich und schüttele den Kopf. »Du hast mich durchschaut. Ich bin und bleibe eine...
Erscheint lt. Verlag | 27.9.2023 |
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Übersetzer | Stefanie Werner |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | enemies to lovers • Geschenke für den Adventskalender • Gotland • Kristin Emilsson • Liebesroman • love in the villa • romcom • Schwedische Bestseller-Autorin • Schwedischer Weihnachtsroman • Stockholm • Weihnachten • Weihnachtsgeschenk • Weihnachtsmuffel |
ISBN-10 | 3-10-491693-4 / 3104916934 |
ISBN-13 | 978-3-10-491693-4 / 9783104916934 |
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