Die Dolmetscherin - Ihre Übersetzung entscheidet über das Urteil (eBook)

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2023 | 1. Auflage
368 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46675-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Dolmetscherin - Ihre Übersetzung entscheidet über das Urteil -  Brooke Robinson
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Die gefährlichste Person im Saal ist nicht der Mörder! Mit Die Dolmetscherin liefert Brooke Robinson ein originelles Thriller-Debüt über die Macht der Sprache und eine sympathische Frau, die mit den falschen Mitteln für die richtige Sache kämpft. Revelle Lee spricht 11 Sprachen und dolmetscht am Old Bailey in London - für Zeugen, Opfer, Angeklagte. Als sie bei einem Mord-Prozess mitbekommt, wie sich der Angeklagte erfolgversprechend verteidigt, verstößt sie gegen ihren eigenen Codex und verfälscht seine Aussage, damit der vermeintlich Schuldige verurteilt wird. Bald stellt sich heraus: Revelle hat versehentlich einen Unschuldigen ins Gefängnis gebracht. Und nicht nur das. Zudem ist jemand hinter ihr und ihrem Pflegesohn Elliot her. Sowohl das laufende Adoptionsverfahren als auch Revelle und Elliot geraten immer weiter in Gefahr, denn jemand weiß, was sie getan hat, und will Gerechtigkeit. Während Revelle alles daran setzt, ihren Fehler wiedergutzumachen, holt ihre Vergangenheit sie ein. Was auch immer sie tut, um Elliot und sich zu schützen, die unsichtbare Bedrohung kommt immer näher ... Intelligent, weiblich, perfide! Die Dolmetscherin ist ein vielschichtiger und unblutiger Thriller der besonderen Art!

1


Ich zucke nicht immer zusammen, wenn das Telefon klingelt, aber als heute ELLIOT SCHULE im Display erscheint, fällt mir der noch unangetastete Kaffee aus der Hand. Mit einer Handvoll Servietten beseitige ich schnell die größte Sauerei, bevor ich den Anruf annehme.

»Elliot geht es gut, aber Sie müssen ihn abholen.« Der Kaffeeautomat der Barista keucht und spuckt, und ich verlasse das Café, um besser hören zu können. »Wie schnell können Sie hier sein?« Die Stimme gehört der Schulsekretärin.

»Als ich ihn vor einer Stunde zur Schule gebracht habe, ging es ihm gut. Ich verstehe nicht, wie es ihm so schnell schlecht gehen kann.« Es ist Elliots erster Tag in der zweiten Klasse. Er mag die Schule nicht, ist aber heute, ohne groß zu quengeln, hingegangen.

»Es tut mir leid, Revelle«, sagt die Sekretärin, und es klingt, als meinte sie es auch so. »Das kommt sicher ungelegen. Sind Sie bei der Arbeit?«

»So gut wie.«

»Es ist unsere Regelung, für den Fall, dass er etwas Ansteckendes hat, wissen Sie?«

Durch die Scheibe winke ich der Kellnerin entschuldigend zu. »Ich komme«, sage ich und gehe im Eilschritt die Fleet Street entlang, halte ein Black Cab, ein klassisches Londoner Taxi, an und nenne dem Fahrer die Adresse von Elliots Schule. Lydia, der Sozialarbeiterin, zufolge hat er schon dreimal die Grundschule gewechselt – bei jeder neuen Pflegefamilie ein neues Klassenzimmer mit unvertrauten Gesichtern. Ich hätte sie um Erlaubnis bitten können, ihn auf die Schule bei mir in der Nähe zu schicken, aber ich beschloss zu warten, bis die Adoption abgeschlossen ist. Ich wollte nicht vermessen sein, wollte das Schicksal nicht herausfordern. Wenn die Adoption durch ist, muss ich Lydia bei einem Schulwechsel – oder sonst etwas – nicht mehr um Erlaubnis bitten.

Unterwegs durchsuche ich rasch die Kontakte in meinem Telefon nach jemandem, der an einem Montagmorgen nicht im Büro ist. Andere würden ihren Partner anrufen und fragen, ob er heute von zu Hause arbeiten könnte. Sonst würden sie es bei den Großeltern probieren. Ich habe keinen Plan B.

Als wir in Greenwich sind, bitte ich den Fahrer, das Taxameter laufen zu lassen. Elliot und die Schulsekretärin stehen schon da und warten, mein Sohn mit aufgekrempelten Ärmeln und dem Schulrucksack auf dem Rücken. Mein Sohn. Diese Worte stellen sich von selbst ein; nicht erzwungen, ausnahmsweise nicht befremdlich. Unwillkürlich lächle ich. »Hey, Batman, dir geht’s nicht gut?« Ich gehe vor ihm in die Hocke.

»Mir tut ein bisschen der Hals weh.« Elliot klammert sich an mein Bein.

»Ehrlich, heute Morgen war noch alles in Ordnung«, sage ich und erinnere mich an seine letzte Sommererkältung vergangenen Monat, aber seitdem ging es ihm gut. »Stimmt doch, Schatz?«

Elliot zuckt die Achseln und holt Draggie, den noch nie gewaschenen Drachen, aus seinem Rucksack – eine Krücke, für die er wahrscheinlich zu alt ist. Sollte ich darauf bestehen, ihn zu waschen? Tun Eltern so etwas? Ich habe keine Zeit, darüber nachzudenken, während ich ihn ins Taxi setze. 9:27 Uhr.

Elliot liebt diese Taxis. Er möchte vorn sitzen, und ich versuche, ihm zu erklären, dass das gefährlich ist, ohne mich in grausigen Details über Autounfälle und was da passieren kann zu ergehen, während mir grässliche Bilder durch den Kopf schießen. Elliot neben mir blickt unverwandt aus dem Fenster, und ich scrolle noch einmal durch meine Kontakte.

»Der Gurkenturm. Draggie wird den Gurkenturm besiegen!«, erklärt Elliot dem Wolkenkratzer mit dem Beinamen The Gherkin den Krieg.

Jetzt bin ich bei L, dann M, und als ich ganz unten bei T ankomme, weiß ich immer noch nicht, wer Elliot nehmen könnte.

»Bestimmt wird er das.« Es gibt absolut niemanden, den ich anrufen könnte.

9:53 Uhr. Der Wagen biegt in die Newgate Street ein. Während wir an einer Ampel warten, schaltet der Fahrer das Radio ein, und nach drei Worten ist mir klar, worüber die Sprecher diskutieren.

»Verzeihung, könnten Sie das ausschalten?« Unmittelbar vor der Gerichtsverhandlung möchte ich keine Kommentare und Meinungen zum Fall hören. Nicht bei diesem Fall, es ist zu deprimierend.

Der Fahrer mustert mich im Rückspiegel und schaltet das Radio mit einem Knurren wieder aus. Dieser Strafprozess beherrscht den Londoner Äther. Seine Moleküle haben in diesem Monat die Lkw-Abgase und die sonstige Luftverschmutzung verdrängt, sodass die Menschen ihn mit jedem Atemzug in sich aufnehmen.

»Batman«, sage ich und ziehe ihn sanft vom Fenster weg. »Hättest du Lust, heute mit mir zur Arbeit zu kommen?«

Er ist unsicher.

»Oh, schau, da drüben, da ist ein Schwogelvarm«, sage ich und deute aus dem Fenster.

Elliot schnaubt. »Ein Vogelschwarm!«

»Du bist zu gut darin«, sage ich. Heute Morgen blieb uns beim Frühstück keine Zeit für die von mir vorbereitete Runde Spoonerismen.

»Du …« Gespielt angewidert lasse ich den Mund offen stehen. »Du nohrst doch nicht etwa in der Base?«

»Ich bohre nicht in der Nase.« Er lacht.

Vor drei Monaten kaufte ich an dem Wochenende, bevor er zu mir kam, ein Buch mit Kinderwitzen. Ich lernte so viele wie möglich auswendig, vergaß dann aber, sie mir einzuteilen, und hatte sie am Ende unserer ersten gemeinsamen achtundvierzig Stunden alle aufgebraucht. Vielleicht war das ganz gut so. Kinder merken es, wenn man sich zu sehr bemüht.

Als wir uns Old Bailey, dem Zentralen Strafgerichtshof, nähern, wird das Taxi durch Menschentrauben auf der Straße aufgehalten. »Verdammter Zirkus«, sagt der Fahrer. »Sie steigen wohl besser hier aus.«

Presseleute, Schaulustige, Kameras, Übertragungswagen und Zelte verdecken den Eingang des Gerichts. Als ich die Taxitür öffne, dringt sofort der Lärm der Menschenansammlung herein.

Warum musstest du dir ausgerechnet heute was einfangen?, denke ich bei mir und streiche Elliot eine Locke hinters Ohr. 9:57 Uhr. Das Team der Verteidigung sucht sicher schon nach mir. Als wir zur Tür gehen, schiebt Elliot seine Hand in meine.

Vier ehrenamtliche Zeugenbegleitpersonen drücken sich am Eingang herum. Alle Mann an Deck am letzten Tag eines nervenaufreibenden Prozesses. »Ich bin die Dolmetscherin«, sage ich zu einer von ihnen. »Gerichtssaal dreizehn.«

»Eine der Geschworenen steckt im Verkehr fest«, sagt sie. »Es herrscht mal wieder Old-Bailey-Zeit, Sie haben also noch etwa zehn Minuten.«

»Danke«, sage ich.

»Ist das Ihr Sohn?«

»Normalerweise montags in der Schule.« Könnte sie sich um ihn kümmern, während ich im Gerichtssaal bin? Wenn sie nicht gerade nervöse Zeugen beruhigt – nein, das geht nicht. »Keine Sorge, er kommt nicht mit rein«, sage ich.

»Bisschen jung für Berufserfahrung.«

Ich zwinge mich zu lachen.

Sie schlägt einen anderen Ton an. »Kinder dürfen nicht ins Gebäude.«

»Ich weiß. Ich habe jemanden benachrichtigt. Sie werden zusammen draußen warten«, sage ich. Sie nickt zustimmend, während mir allmählich die Knie weich werden. »Eine Freundin«, sage ich und deute auf mein Mobiltelefon, als wäre das ein Beweis, als stammten die angenommenen Anrufe nicht von Elliots Arzt und seiner Schule; als wären die Textnachrichten persönlich und nicht automatische Benachrichtigungen meiner Bank. Was soll ich nur mit ihm machen?

Zwei Minuten bis zum Beginn der Verhandlung. Ich habe mir schon gedacht, dass das irgendwann passiert, aber nicht bei meinem ersten Einsatz, seit ich Elliot in Pflege habe, nicht bei einem so bedeutsamen Fall. Bei einem Fall, der vertagt werden könnte, wenn ich nicht komme. Dieses Verbrechen hält die Nation in Atem mit seinen Themen »Klasse« und »Privilegien«, der Luxuskarosse und dem toten Baby. Sie brauchen die beste Dolmetscherin. Sie brauchen mich.

Wieder sehe ich auf mein Telefon, hoffe auf ein Wunder, auf einen Anruf seiner Lehrerin, die sich für ihren Irrtum entschuldigt und sagt, dass sie jeden Moment hier ist und ihn wieder mit in die Schule nimmt.

»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sage ich der Ehrenamtlichen.

»Ihre Freundin ist nicht hier?«

»Ich müsste schon drin sein. Aber mein Sohn wurde heute aus der Schule nach Hause geschickt.« Mein flehentlicher Tonfall sagt ihr, dass diese Freundin niemals kommen wollte.

»Guten Morgen, Fremde«, höre ich hinter mir eine vertraute Stimme.

»Arkam«, sage ich und drehe mich um. »Hallo.« Er ist einer der wenigen Wachmänner bei Gericht, deren Namen ich kenne.

»Multitasking heute Morgen, was?« Er grinst Elliot an.

»Ich versuch’s, aber …«

»Keine Kinder im Gebäude«, sagt er sanft.

»Genau.«

»Ich kann eine Weile auf ihn aufpassen. Aber nicht weitererzählen.« Arkam zwinkert.

Unmittelbar vor Elliot habe ich hier bei einem dreimonatigen Mordprozess gearbeitet. Bei so langen Einsätzen fühlt sich das Dolmetschen vorübergehend fast wie eine normale Arbeit an; man geht jeden Morgen in dasselbe Gebäude und sieht dieselben Menschen.

»Danke. Sie sind meine Rettung.«

»Kein Problem.«

»Ich weiß nicht, was ich sonst gemacht hätte. Das ist Elliot. In seinem Rucksack hat er ein paar Sachen, mit denen er sich beschäftigen kann.« Ich stecke Elliot mein Telefon in die Tasche.

»Danach gibt’s einen Cupcake, versprochen«, sage ich zu ihm. Dann in ernsterem Ton: »Sei brav, ja?« Das elterliche Bedürfnis, Grenzen zu setzen und Manieren zu lehren, obwohl ich eigentlich nur will, dass er mich mag. »Hab dich lieb.«

»Hab dich lieb«, erwidert...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2023
Übersetzer Alice Jakubeit
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Adoption • Adoptiv-Mutter • Adoptivsohn Thriller • Alleinerziehende Mutter • bösartiger Familienroman • Brooke Robinson • Dolmetscherin bei Gericht • Dolmetscherin Polizei • dramatische Familienromane • dramatische vergangenheit • ellery lloyd • englische Psychospannung • Erpressung • Familientragödie • gefährdete Adoption • Gerichtsthriller • Herbst 2023 • Jugendamt • Justizirrtum • Macht der Sprache • Michaelides • Moralisches Dilemma • moralisches Verhalten • Mord in London • multilinguale Figuren • Old Bailey • Pflegekinder • Psychologischer Thriller • Psychothriller • Psychothriller 2023 • Psychothriller bücher • Psychothriller England • Psychothriller Familie • Psychothriller Romane • Revelle Lee • spannender Thriller • spannungsromane • The Interpreter • The Interpreter deutsch • Thriller Adoption • Thriller Autorinnen • Thriller-Debüt • Thriller Dolmetscherin • Thriller England • Thriller Frauen • Thriller Gericht • Thriller Justizirrtum • thriller london • thriller neuerscheinung • Thriller Old Bailey • Thriller originell • Thriller unblutig • Thriller und Psychothriller • Thriller weiblich • Übersertzerin Polizei • Übersetzerin • Übersetzerin Gericht • Underdog • Verurteilung
ISBN-10 3-426-46675-9 / 3426466759
ISBN-13 978-3-426-46675-9 / 9783426466759
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