Himmelfahrt (eBook)

Mission in den Tod | Thriller | Wo ist die Grenze des menschlichen Verstandes?

***

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
420 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3037-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Himmelfahrt -  Nicholas Binge
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Um zu überleben, musst du den Gipfel bezwingen. Doch erträgt dein Verstand, was deine Augen sehen? Ein Berg gigantischer Ausmaße, der plötzlich mitten im Pazifik auftaucht: Der brillante Wissenschaftler Harold Tunmore steht vor dem größten Rätsel seiner Karriere. Nur zwei Personen kehrten von der ersten Expedition zurück, einer davon nimmt sich im Anschluss vor Harolds Augen das Leben. Die andere ist seine Exfrau, die Harold vor vielen Jahren im Stich ließ, als sie ihn am dringendsten brauchte. Um sie zu retten, unternimmt er mit anderen nicht weniger brillanten Geistern einen neuen Versuch, dem Geheimnis des Berges auf die Spur zu kommen. Was er erlebt, erschüttert jedoch die Grundfesten der Welt, und dem Aufstieg auf dem Gipfel folgt ein Absturz ins Bodenlose ... Wo ist die Grenze des menschlichen Verstandes? Nicholas Binge erzählt rasant und technisch versiert einen originellen Thriller. Dieser innovative Wissenschaftsthriller ist für Fans von Denis Villeneuves Arrival. Wer sich von einer tödlichen Mission, die über die Evolution der Menschheit entscheiden könnte, um den Schlaf bringen lassen will, wird hier fündig. Innovativ, aufregend und zwischenmenschlich berührend. 

Nicholas Binge wurde in Singapur geboren und ist zwischen der Schweiz, Hong Kong und Großbritannien aufgewachsen. Sein Herz gehört allem, was in irgendeiner Form seltsam ist, Grenzen überschreitet oder ihn zum Weinen bringt. Er lebt mit seiner Familie in Edinburgh, wo er nicht nur schreibt, sondern auch Literatur unterrichtet.

Nicholas Binge wurde in Singapur geboren und ist zwischen der Schweiz, Hong Kong und Großbritannien aufgewachsen. Sein Herz gehört allem, was in irgendeiner Form seltsam ist, Grenzen überschreitet oder ihn zum Weinen bringt. Er lebt mit seiner Familie in Edinburgh, wo er nicht nur schreibt, sondern auch Literatur unterrichtet.

Dienstag, 22. Januar 1991


Abend

1

Meine liebste Harriet,

vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt.

Erinnerst du dich an diese Worte, Hattie? Ich gehe nicht davon aus, dass Ben dich ihnen ausgesetzt hat. Er war nie besonders gläubig. Großvater hingegen zeigte jeden Sonntag, wenn er uns als Kinder mit in die Kirche nahm, auf den kleinen Kasten in der Ecke. »Dort geht man hin, um zu beichten«, sagte Großvater. »Dort findet man Erlösung.«

Es war nie leicht, mit dem Priester zu sprechen. Erlösung ist für Kinder nicht einfach zu verstehen. Ich glaube nicht, dass wir als Sünder geboren werden, keiner von uns. Wir müssen erst herausfinden, was Sünde eigentlich ist. Ich weiß noch, wie ich in diesem kleinen Raum im Dunkeln saß und mein Herz nach einer Verfehlung durchforstete.

»Ich war in der Schule gemein zu meiner Schwester«, sagte ich. »Ich habe Geld aus dem Portemonnaie meiner Mutter gestohlen.«

Nichts davon ist wirklich passiert – ich habe eigentlich niemals wirklich Regeln gebrochen –, aber ich verstand genug, um zu wissen, was ich sagen musste. Und obwohl ich sein Gesicht nicht sehen und daran ablesen konnte, ob ich es richtig machte, gab er mir meine Vaterunser und Ave-Marias auf und schickte mich meiner Wege. Und dann lächelte Dad. Ich denke, das war es vielleicht, worauf ich wirklich aus war. Dieses kleine, anerkennende Lächeln auf seinem Gesicht.

Als wir älter wurden, wurde alles schwieriger. Die Pubertät sorgte dafür, dass ich mich unbeholfen fühlte, mich bis zum Erbrechen selbst reflektierte. Echte Sünden brodelten irgendwo unterhalb der Oberfläche, nebulös und unverständlich, und ich wusste nicht recht, was ich mit ihnen anfangen sollte.

Ben hörte auf mitzugehen, aber ich nicht.

Eines Tages saß ich in diesem Kasten und sagte nichts. Mein Platz in der Welt begann, auf mir zu lasten, ich wusste nicht, wie ich ihn ausfüllen sollte. Mir fehlten die Worte, um das Schweigen in diesem kleinen Raum zu brechen, bis Pater Michaels – der mit den roten Haaren, bist du ihm je begegnet? – zu mir sagte: »Weißt du was, mein Sohn, ich kann dich nicht zwingen, etwas zu sagen. Du kommst hier jede Woche her, seit du ein kleiner Junge warst, und ich glaube, ich habe dich noch nie etwas sagen hören, was wahr war.«

»Ich …« Mein Kopf war leer. »Es tut mir leid.«

»Es muss dir nicht leidtun. Jeder hat seine eigene Beziehung zu Gott. Die Beichte hier soll dir helfen, genauso wie ich, aber ich bin nur ein Übersetzer.«

»Ein Übersetzer für Gott?«

Er kicherte. »Nein, mein lieber Junge. Dazu ist keiner von uns in der Lage. Ein Übersetzer für dich. Manchmal braucht ein Mensch Hilfe, um seinen Gedanken Leben einzuhauchen, um seinen Worten eine Bedeutung zu geben, sodass er diese Bedeutung Gott anvertrauen kann. Dein Problem, glaube ich, ist vielleicht das umgekehrte.«

Ich rutschte unbehaglich auf meinem Sitz hin und her.

»Wenn ich dir einen kleinen Rat geben darf, würde ich dir vorschlagen, Tagebuch zu führen«, sagte er. »Schreib deine Gedanken auf. Nicht für mich. Nur für dich selbst. Einfach die Ereignisse des Tages, in klarer, einfacher Form.«

»Warum?«

»Manchmal ist das, was die Seele braucht, nicht, leeren Worten eine Bedeutung abzuringen: Gebeten und Bekenntnissen, an die du nicht wirklich glaubst. Stattdessen müssen wir die Seele Worte finden lassen für die unausgesprochenen Bedeutungen in uns. Um das zu tun, musst du ihr eine Stimme geben. Das ist nicht einfach, mein Sohn. Nicht am Anfang. Es ist keine leichte Aufgabe, aber … schreib alles auf. Streiche nichts durch. Lüg nicht und erklär nicht und verdreh nicht die Tatsachen. Es gibt außer dir selbst niemanden, vor dem du etwas zu verbergen hast.«

Ich folgte seinen Anweisungen. Ich glaube, davon habe ich dir nie erzählt. Es kam mir nie passend vor – trotz all unserer gemeinsamen Ausflüge ist mein Glaube für mich immer etwas sehr Persönliches gewesen, genau wie für deinen Vater sein pragmatischer Atheismus. Viele Jahre lang wurde mein Tagebuch zu einer Kommunikationsform – die mir erlaubte, mit einem anderen zu sprechen. Es war Pater Michaels, der mir beigebracht hat, dass man dafür nicht auf die Knie oder in die Kirche gehen muss.

Seite um Seite floss damals Tinte aus mir heraus wie Blut aus tausend Schnittwunden. Das Bedürfnis zu beichten hat mich nie verlassen: die heilende, kathartische Kraft, die darin liegt, sich der Welt und anderen mitzuteilen. Ich war besessen davon. Aber die Wahrheit ist, mit der Zeit wurde es zu viel. Als das mit Santi und dem Krankenhaus passierte, musste ich Abstand gewinnen, mich davon entwöhnen, mich wieder aufrappeln. Zu genau hinzusehen, hätte mich in den Wahnsinn getrieben.

Und doch geschehen jetzt zum ersten Mal seit sehr langer Zeit Dinge, die ich nicht verstehe. Ich habe das Gefühl, dass ich sie jemandem mitteilen muss, und wenn es nur dazu dient, mir selbst einen Reim darauf zu machen. Das ist ja schließlich mein erklärtes Ziel, nicht wahr, Hattie? Den Dingen einen Sinn zu geben.

Aber ich stelle fest, dass ich mein Tagebuch jetzt nicht einfach weiterführen kann, nicht so wie früher. Die Worte sind falsch. In ihnen hallt eine kalte Leere.

Ich schreibe diesen Brief in der Hoffnung, dass du auf gewisse Weise meine Übersetzerin sein kannst. Es tut mir leid, dass ich dir das aufbürde, aber du bist die Einzige, die ich noch habe. Du musst jetzt – was, vierzehn sein? Es war doch dein vierzehnter Geburtstag, an dem ich mit dir zum Stand-up-Paddling gegangen bin, oder? Dann bist du vielleicht alt genug, um zu verstehen, was eine Beichte bedeutet. Aber in Wirklichkeit hofft ein Teil von mir, dass Ben das hier verstecken oder verbrennen wird. Tatsächlich gehe ich davon aus, dass es vermutlich verbrannt werden wird. Aber mir fällt niemand anderes ein, niemand, den ich nicht bereits weggestoßen habe.

Ich glaube nicht mehr, dass Gott mir zuhört.

Ich habe heute einen alten Freund sterben sehen. Ich wollte das hier frühzeitig gesagt haben, damit es für dich nicht als Schock kommt. Ich verspüre nicht den Wunsch, dich zu erschrecken, aber ich sitze hier, starre auf die Kameras und ringe verzweifelt um eine Erklärung. Ich bin nicht sicher, ob ich das schreiben darf. Ich habe keine Ahnung, wie ich dir diese Zeilen überhaupt zukommen lassen soll. Ich musste es nur einfach mit jemandem teilen, mit irgendjemandem.

Gestern kam ich in New Mexico an, um hier meiner Arbeit nachzugehen. Meiner eigenen Arbeit – es ist keine Auftragsarbeit, eher eine persönliche Erkundung, auf die mich bizarre und widersprüchliche Berichte über Vogelwanderungen in dieser Region gebracht haben. Es scheint, dass plötzlich alle Schwalben, die normalerweise über den Winter nach Süden ziehen, vorzeitig zurückkehren.

Als würden sie vor etwas fliehen.

Das mag eine seltsame Spur sein, der ich da nachgehe, aber du weißt ja, wie gerne ich reise. Allein in meiner staubigen Londoner Wohnung zu leben, ist ermüdend und anstrengend, manchmal spüre ich förmlich, wie mein Gehirn schrumpft. Und letztes Jahr beim Hubble-Start in Florida – dem Weltraumteleskop, von dem ich dir erzählt habe – habe ich genug verdient, um es mir leisten zu können, eine Zeit lang meinen eigenen Interessen nachzugehen.

Ich checkte im Historic Taos Inn ein, einer originellen Unterkunft, die sich über mehrere Lehmziegelhäuser erstreckt, und war dankbar, im Januar hergekommen zu sein. Ich war schon einmal im Sommer in New Mexico – erinnerst du dich an diesen furchtbaren Physikerkongress? –, und da war ich klatschnass vor Schweiß, sobald ich auch nur einen Fuß aus dem Flugzeug gesetzt hatte. Im Winter ist es merklich kühler, und trotz der leeren, wüstenartigen Landschaft erinnern mich die kalten Winde ein wenig an London.

Als ich zu meinem Zimmer geführt wurde, musste ich darüber lächeln, wie stolz die Inhaber auf die Geschichte ihres Gasthauses waren. Alte Bilder und Plakate an den Wänden schrien einem förmlich entgegen, dass dieser Ort über hundert Jahre alt war.

»Das Hauptgebäude stammt aus dem neunzehnten Jahrhundert«, berichtete mir der Portier mit geschwellter Brust. »Es ist voll von Geschichte.«

Vor meinem Zimmer stellte er meinen schweren Koffer an die Tür und wünschte mir einen schönen Abend. Ich stand mit dem Schlüssel in der Hand da und lächelte ihn an, und er blieb stehen und lächelte zurück. Wie dämlich ich gewirkt haben muss, als ich ihn da so anstrahlte. Ich brauchte gute zehn Sekunden, bis mir einfiel, dass in diesem Land Trinkgeld zum guten Ton gehörte. Ich wühlte planlos in meinen Taschen und murmelte eine armselige Mischung aus einer Entschuldigung und einer Ausrede über unterschiedliche Sitten. Es gelang mir, einen steifen Zehndollarschein herauszuziehen, und der Mann verschwand prompt.

Mit einem Seufzen drehte ich den Schlüssel im Schloss meiner Tür, einfach erleichtert darüber, ein wenig Zeit für mich zu haben.

Das Zimmer war nicht leer.

Zwei Männer warteten auf...

Erscheint lt. Verlag 19.10.2023
Übersetzer Katharina Naumann, Silke Jellinghaus
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte action • Arzt • Berge • Briefe • Buch • Evolution • Expedition • Film • Forscher • Geheimnis • Kampf • Menschheit • Militär • Mission • Mount Everest • Nervenkitzel • Nichte • Schuld • Science • Sci-fi • spannend • Thriller • Überleben • Wandern • Wissen • Wissenschaft
ISBN-10 3-8437-3037-7 / 3843730377
ISBN-13 978-3-8437-3037-2 / 9783843730372
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