Trevellian und die Teufelin mit den Mandelaugen: Kriminalroman -  Pete Hackett

Trevellian und die Teufelin mit den Mandelaugen: Kriminalroman (eBook)

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
250 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7460-7 (ISBN)
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von Pete Hackett Chu Li will nicht mehr. Sie will zurück nach China, aber die Männer, für die sie anschaffen muss, haben viel Geld in sie investiert. Sie wollen sie nicht gehen lassen. Mit einer Spritze Heroin soll das Problem gelöst werden. Denn, so glauben die Männer, wenn Chu Li abhängig ist, wird sie sich schon fügen. Doch die Dosis ist zu hoch. Das Mädchen stirbt. Als sie im Park gefunden wird, weiß niemand, wer sie ist. Bis eine anonyme Anruferin nicht nur den Namen, sondern auch Hinweise auf die Lebensumstände der Toten preisgibt.

Prolog


Die Fahrt ging über eine holprige Straße. Verstaubtes Gebüsch säumte sie. Im Westen buckelten die Felsbastionen der Sierra de la Amargosa. Unter den Rädern des Transporters quoll dicht der Staub empor und markierte den Weg, den der Wagen genommen hatte.

Fünf junge Frauen befanden sich in dem Fahrzeug. Es handelte sich um Chinesinnen. Am Steuer saß ein Mexikaner. Es ging durch Schlaglöcher und die Insassen wurden durch und durch geschüttelt. Eine der jungen Frauen hieß Chu Li. Sie stammte aus Tschungking. Eine Agentur in Chihuahua hatte sie vermittelt und mit Papieren ausgestattet. Der Agent in Chihuahua arbeitete eng mit einem Vermittler in Lojang zusammen.

Chu Li war zweiundzwanzig Jahre alt und hatte vier jüngere Geschwister. Ihr Vater war vor einem halben Jahr überraschend gestorben, die Mutter litt an unheilbarem Rheuma. Chu Li musste für den Unterhalt der Familie sorgen. Sie hatte sich an die Agentur in Lojang gewandt und man hatte ihr einen lukrativen Job in den Vereinigten Staaten in Aussicht gestellt. Allerdings hatte sie den Umweg über Mexiko nehmen müssen.

Die junge, hübsche Frau wusste nicht, was sie erwartete. Ihre Gefühle waren zwiegespalten. Irgendwie fürchtete sie sich vor der Zukunft. Chu Li war klar, dass sie illegal in die Vereinigten Staaten einreisen würde. Aber sie musste Geld verdienen. So schnell und so viel wie möglich.

Eine der jungen Frauen beobachtete Chu Li. Es blieb Chu Li nicht verborgen. Sie lächelte ihr zu. »Wie heißt du?«, fragte sie.

»Hi Wong.«

Hi Wong war rassig und hatte Feuer in den Augen. Sie war noch keine zwanzig.

»Wo kommst du her?«, fragte Chu Li.

»Aus Pingyáo.«

»Weißt du, wohin man dich bringt?«

»Ich bekomme einen Job in New York«, sagte Hi Wong. »Als Bedienung in einem großen Club. Wo wirst du arbeiten?«

»Ebenfalls in New York.«

»Sie bringen uns alle nach New York«, mischte sich eine der anderen jungen Frauen ein. »Seid ihr auch von Sancho Santiago vermittelt worden?«

»Si«, erwiderte Chu Li und nickte.

Das Gespräch zwischen den jungen Frauen schlief wieder ein. Chu Lis Gedanken arbeiteten. Sie wusste nicht, ob es richtig war, was sie tat, tröstete sich aber damit, dass sie eine von vielen sein würde, die sich illegal in den USA aufhielten.

Der Gedanke an das Geld, das sie verdienen würde, ließ Chu Li alle Bedenken über Bord werfen. Sie schaute zum Fenster hinaus. Ödes, von der Sonne verbranntes Land dehnte sich, so weit das Auge reichte. Es sah aus wie eine Mondlandschaft. Hier und dort erhob sich ein Kaktus.

Der Himmel war blau. Die Sonne stand hoch im Zenit und brachte die Luft zum Kochen. Sie flirrte in der Hitze.

Es war ein wildes, aber auch ein schönes Land. In dem Gebiet, durch das sie fuhren, trieben nur Klapperschlangen, Skorpione und Eidechsen ihr Unwesen. Menschen lebten hier nicht.

Die Fahrt ging in eine Schlucht hinein. Die Straße wand sich wie der riesige, graue Leib einer Schlange zwischen den Felsen hindurch. Dornige Comasträucher fristeten am Straßenrand zwischen Geröll ihr kümmerliches Dasein.

Der Transporter wurde angehalten. Die Bremsen quietschten. Es war ein altes Modell. Die Karosserie wies viele rostige Stellen auf. Amerikanischen Sicherheitsvorschriften hätte das Vehikel lange nicht mehr genügt.

»Pause, Señoritas!«, rief der Fahrer und stieg aus. Er öffnete die Tür zum Passagierraum und die jungen Frauen kletterten der Reihe nach ins Freie. Ein glühender Hauch streifte die Gesichter. Der laue Wind, der von Süden kam, brachte keine Linderung. Paco, der Fahrer, öffnete die Heckklappe. Da stand eine Kiste voller Flaschen. »Hier gibt es Wasser, Señoritas«, rief Paco.

Sie gingen zu ihm hin. Jede erhielt eine Plastikflasche. Chu Li schraubte den Verschluss auf. Ihre Mundhöhle und ihre Kehle waren ausgetrocknet. Sie trank einen Schluck. Das Wasser war warm, dennoch belebte es die junge Frau. Sie blickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Aufgewirbelter Staub senkte sich langsam auf die Erde zurück.

Die Sonne stand senkrecht über ihnen. Sie mutete an wie eine Scheibe aus zerfließendem Weißgold. Vögel zwitscherten. Chu Li ging ein wenig zur Seite. Hi Wong folgte ihr. Unter ihren Schuhsohlen knirschte feiner Sand. »Du bist so nachdenklich«, sagte Hi Wong. »Freust du dich nicht auf Amerika?«

»Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll«, murmelte Chu Li. »Wir werden ständig auf der Flucht vor der Polizei sein.« Ihre Stimme senkte sich. »Mach dir nur keine falschen Hoffnungen. Die Illegalen werden in den Staaten oftmals bis aufs Blut ausgenutzt. Was ist, wenn man auch uns ausnutzt? Wir können nichts dagegen tun. Wenn man uns der Polizei ausliefert, werden wir eingesperrt und abgeschoben.«

»Du siehst das alles viel zu schwarz«, murmelte Hi Wong.

Chu Li trank einen Schluck. Sie schaute zwei der jungen Frauen hinterher, die in einer Felsspalte verschwanden. Paco hatte sich eine Zigarette angezündet und sog gierig an dem Glimmstängel. Tief inhalierte er den Rauch. Seine Gestalt warf einen kurzen Schatten. Auch er blickte den beiden Frauen nach, die zwischen den Felsen verschwanden.

Chu Li sagte: »Ich bin eben skeptisch.« Ergeben zuckte sie mit den Schultern. Ihre Stimme hob sich ein wenig, als sie weiter sprach. »Aber ich muss Geld verdienen, sonst verhungert meine Familie. Und ich werde Geld verdienen – egal wie.«

Die letzten Worte stieß sie mit Bestimmtheit und Entschiedenheit hervor.

Kurze Zeit verstrich, dann kamen die beiden Frauen wieder aus dem Felsspalt zurück. Paco warf die Zigarettenkippe auf den Boden und trat die Glut aus. »Es geht weiter, Señoritas«, rief er und klatschte in die Hände. »Ins Auto, presto, presto!«

Chu Li ging zum Transporter hin. »Wie lange werden wir noch unterwegs sein?«, fragte sie den Fahrer. Ihr englisch war ziemlich holprig.

Paco verzog den Mund. »Etwa zwei Stunden. Für euch wird die Fahrt aber noch lange nicht enden.« Er grinste. »In eurer Haut möchte ich nicht stecken.«

Die Frauen stiegen ein.

Die Fahrt ging weiter. Die Schlucht endete und vor ihnen lag eine tafelflache Ebene, die von Hügeln und Felsen begrenzt wurde. Der Weg führte mitten durch sie hindurch.

Chu Li schloss die Augen. Sie verspürte Müdigkeit. Es war fast eine Art von Erschöpfung. Seit dem frühen Morgen waren sie unterwegs. Irgendwann hatten sie die Straße, die von Chihuahua direkt nach Ciudad Juarez führte, verlassen. Seitdem fuhren sie durch die menschenfeindliche Wildnis.

»Maledito!«, fluchte Paco plötzlich. »Das hat uns gerade noch gefehlt!«

Ein Jeep kam ihnen entgegen. Vier Uniformierte saßen drin. Als sich die Fahrzeuge fast berührten, kamen sie zum Stehen. Drei der Polizisten sprangen aus dem Jeep. Paco ließ die Seitenscheibe nach unten.

Während einer der Polizisten an die Fahrertür herantrat, öffnete ein anderer die Tür des Fahrgastraumes. »Aussteigen!«, kommandierte er.

»Wo wollen Sie hin?«, fragte der Polizist, der neben der Fahrertür stand.

»Nach Ciudad Juarez«, erklärte Paco. »Bei den Señoritas handelt es sich um Auswanderinnen. Sie wollen in die Staaten, um dort zu arbeiten. Ich bringe Sie zur Grenze.«

»Warum benutzen Sie nicht die Autobahn?«

»Die Señoritas mussten austreten«, erwiderte Paco grinsend. »Darum wählte ich diesen Umweg.«

»Wo kommen Sie her?«

»Aus Chihuahua. Ich arbeite für die Agentur Santiago.«

Währenddessen waren die jungen Frauen ausgestiegen.

»Ich will Ihre Ausweise sehen«, sagte einer der Uniformierten. »Besitzen Sie Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen für die Staaten?«

Chu Lis Herz schlug bis zum Hals hinauf. Sollte ihr Bemühen, in den USA Fuß zu fassen, schon gescheitert sein, ehe sie das Land überhaupt betreten hatte? Mit zitternden Händen öffnete sie die kleine Tasche, die sie bei sich trug, und holte die geforderten Dokumente heraus.

Die Polizisten kontrollierten die Papiere der Frauen. Einer, ein Sargento, sagte: »Sie sind mit einem Touristenvisum nach Mexiko eingereist. Das ist legal. Die Unterlagen scheinen in Ordnung zu sein. - Ihr könnt wieder einsteigen und weiterfahren.«

Chu Li atmete auf. Den Polizisten war nicht aufgefallen, dass Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen gefälscht waren. Vielleicht interessierte sie es auch gar nicht.

Sie verstaute ihre Papiere in der Tasche.

Der Jeep wurde zur Seite gefahren.

Die Frauen stiegen ein. Gleich darauf waren sie wieder unterwegs.

Meile um Meile legten sie zurück. Niemand begegnete ihnen mehr. Das Land wurde etwas fruchtbarer. An Stelle der Sand- und Steinwüsten dehnte sich nun braunverbrannte Prärie mit kniehohem Gras. Die Sonne befand sich im Südwesten. Am westlichen Horizont ballten sich weiße Wolken. Ein lang gezogener Buschgürtel schälte sich aus der wabernden Luft. Dazwischen erhoben sich hohe Pappeln.

»Wir sind da!«, rief Paco.

Sie erreichten den Rio Grande. Es gab einen hölzernen Bootssteg. Der Grenzfluss war nicht sehr breit. Auf der anderen Seite lag das gelobte Land.

Paco und die Frauen stiegen aus. Im Ufergebüsch summten Bienen und Hummeln. Leises Rauschen erfüllte die Luft. Die schmutzigbraunen Fluten des Flusses wälzten sich nach Südosten, dem Golf von...

Erscheint lt. Verlag 3.4.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7389-7460-1 / 3738974601
ISBN-13 978-3-7389-7460-7 / 9783738974607
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