Ein Mann von Ehre (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
480 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-21795-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Mann von Ehre -  Jeffrey Archer
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Adam Scott hat nie den wahren Grund erfahren, warum sein Vater unehrenhaft aus der British Army entlassen wurde - bis zu dessen Tod. Teil des übersichtlichen Erbes ist ein vergilbter Brief. Als Adam ihn öffnet, setzt er damit eine Kette tödlicher Ereignisse in Gang, die die Grundfesten der freien Welt erschüttern könnte. Adams Wissen darf auf keinen Fall in die falschen Hände gelangen. Ehe er sich's versieht sind KGB, CIA und selbst seine eigenen Landsleuten hinter ihm her. Quer durch Europa führt die Jagd. Adam sieht die Chance gekommen, den Namen seiner Familie reinzuwaschen. Er muss nur lange genug am Leben bleibt ...

Jeffrey Archer, geboren 1940 in London, verbrachte seine Kindheit in Weston-super-Mare und studierte in Oxford. Archer schlug zunächst eine bewegte Politiker-Karriere ein. Weltberühmt wurde er als Schriftsteller, »Kain und Abel« war sein Durchbruch. Mittlerweile zählt Jeffrey Archer zu den erfolgreichsten Autoren Englands. Seine historischen Reihen »Die Clifton-Saga« und »Die Warwick-Saga« begeistern eine stetig wachsende Leserschar. Archer ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in London, Cambridge und auf Mallorca.

3


Als die schwarze Tschaika-Limousine vom Spasskaja Baschnja kommend auf den Roten Platz fuhr, standen zwei Kreml-Wachtposten in Khakiuniform stramm und präsentierten das Gewehr. Ein schrilles Pfeifen ertönte; es sicherte Juri Efimowitsch Zaborski auf der Rückfahrt zum Dscherschinskij-Platz freie Fahrt.

Mit einem kräftigen Antippen der Krempe seines Filzhuts erwiderte Zaborski mechanisch den Gruß; in seinen Gedanken war er ganz woanders. Während der rumpeligen Fahrt über das Kopfsteinpflaster warf er nicht einen Blick auf die lange Menschenschlange, die sich vom Lenin-Mausoleum bis an den Rand des Roten Platzes erstreckte. Er hatte eine erste Entscheidung zu treffen, und sie war zweifelsohne auch die wichtigste: Welchem seiner führenden Mitarbeiter sollte er die Aufgabe anvertrauen, die Suche nach der Zaren-Ikone zu leiten? Sein Wagen überquerte den Roten Platz, fuhr an der grauen Fassade des GUM-Kaufhauses und die Ulica Kujbyschewa entlang, während er darüber nachdachte.

Dass überhaupt nur zwei Kandidaten in Frage kamen, hatte für den Vorsitzenden des Staatssicherheitsdienstes bereits wenige Augenblicke nach dem Abschied von seinem Vorgesetzten festgestanden. Zu schaffen machte ihm die Entscheidung, welchen von beiden er bevorzugen sollte. Waltschek oder Romanow? Unter normalen Umständen hätte er sich damit mindestens eine Woche Zeit gelassen, doch für Breschnew musste die Sache bis spätestens am 20. Juni abgeschlossen sein, und da war keine Zeit zu verlieren. Er musste seine Entscheidung treffen, bevor er sein Büro erreichte. Der Wagen fuhr unter einer weiteren grünen Ampel durch, ließ das Kultusministerium hinter sich zurück und bog in den Tscherkassij Bolschoi Perjulok mit seinen imposanten grauen Blocks ein. Er hielt sich auf der Innenspur, die eigens für hohe Parteifunktionäre reserviert war. In England, so hatte Zaborski gehört – und der Gedanke amüsierte ihn –, sei eine ähnliche Extraspur für Omnibusse in Planung.

Vor dem Hauptplatz des KGB blieb der Wagen ruckartig stehen. Es hatte Zaborski keineswegs geholfen, dass sie drei Kilometer in weniger als vier Minuten bewältigt hatten. Der Fahrer sprang aus dem Wagen, lief auf die andere Seite und öffnete für seinen Chef die hintere Tür, aber Zaborski rührte sich nicht. Der Mann, der sonst nie seine Meinung änderte, hatte diese während der Fahrt zum Dscherschinskij-Platz bereits zweimal geändert. Für die aufwendigen, mühevollen Kleinarbeiten konnte er sich auf zahllose Bürokraten und Akademiker stützen, doch er brauchte jemanden mit einem besonderen Gespür, um sie zu leiten und ihm Bericht zu erstatten.

Sein Berufsinstinkt riet ihm zu Juri Waltschek, der sich seit Jahren als verlässlicher und vertrauenswürdiger Diener des Staates bewährt hatte. Waltschek war außerdem einer der dienstältesten Abteilungschefs im KGB. Langsam, aber systematisch und zuverlässig, war er ein volles Jahrzehnt erfolgreich als Agent im Außendienst tätig gewesen, bevor er sich schließlich auf einen Schreibtischposten zurückgezogen hatte.

Alex Romanow, der erst vor Kurzem Abteilungschef geworden war, hatte dagegen im Außendienst immer wieder Ansätze zu wahrer Brillanz gezeigt, sie aber oft genug durch mangelndes persönliches Urteilsvermögen zunichtegemacht. Mit seinen neunundzwanzig Jahren war er nicht nur der Jüngste, sondern fraglos auch der Ehrgeizigste unter den Favoriten des KGB-Vorsitzenden.

Zaborski stieg aus, ging über den Gehsteig zum Tor, das bereits für ihn geöffnet worden war, und begab sich gemessenen Schrittes über den Marmorfußboden zu den Fahrstühlen. Am Lift warteten schweigend einige Männer und Frauen, die aber keine Anstalten machten, dem KGB-Vorsitzenden zu folgen, als er den kleinen Fahrkorb betrat, der ihn ruhig und langsam zu seinem Büro hinauffuhr. Wie immer musste er auch diesmal an den unvergleichlich schnelleren amerikanischen Lift denken, den er kennengelernt hatte. »Die Amis können ihre Raketen starten, bevor Sie überhaupt Ihr Büro erreichen«, hatte ihn schon sein Vorgänger gewarnt. Als im obersten Stockwerk vor ihm das Gitter hochgezogen wurde, hatte er sich entschieden: Waltschek war der richtige Mann.

Ein Sekretär half ihm aus dem langen, schwarzen Mantel und nahm ihm den Hut ab. Zaborski trat entschlossen an seinen Schreibtisch. Die zwei angeforderten Akten lagen schon für ihn bereit. Er setzte sich und begann mit der Lektüre von Waltscheks Akte. Kaum hatte er sie abgeschlossen, herrschte er seinen Sekretär an, der diensteifrig neben ihm stand: »Holen Sie Romanow.«

Genosse Romanow lag flach auf dem Rücken, den linken Arm unter dem Kopf, den Trainer und Gegner über sich, der, die Rechte an Romanows Kehle, zu einem Kniehebel ansetzte. Der Trainer führte ihn makellos aus. Romanow stöhnte, als er dumpf auf dem Boden aufschlug.

Ein Aufseher eilte auf die beiden zu und beugte sich flüsternd zum Trainer, der daraufhin widerstrebend seinen Schüler losließ. Leicht benommen richtete sich Romanow auf, verneigte sich vor seinem Lehrer, zog ihm mit einer einzigen raschen Bewegung des linken Beins und des rechten Arms urplötzlich die Beine unter dem Leib weg, sodass der Mann im Nu flach auf dem Boden der Sporthalle lag, und sauste ins Büro zum Telefon. Der Hörer lag neben dem Apparat.

Die junge Frau, die den Anruf entgegengenommen hatte und ihm den Hörer reichte, ignorierte er. »Ich bin nach dem Duschen gleich bei ihm«, hörte sie ihn nur sagen. Sie fragte sich oft, wie Romanow wohl unter der Dusche aussähe. Wie alle jungen Frauen im Büro hatte sie ihn im Turnsaal immer wieder bewundert. Über ein Meter achtzig groß, mit langem, wehendem blondem Haar – er sah aus wie ein Filmstar aus dem Westen. Und dann diese Augen. »Durchdringend blau«, hatte die Freundin geschwärmt, mit der sie den Schreibtisch teilte.

»Er hat eine Narbe auf seinem …«, hatte ihr dieselbe Freundin einmal anvertraut.

»Woher weißt du das?«, hatte sie wissen wollen, aber daraufhin hatte die Freundin nur gekichert.

Der KGB-Vorsitzende hatte Romanows Personalakte inzwischen zum zweiten Mal aufgeschlagen, um erneut sorgfältig alle Details zu prüfen. Nach der Lektüre verschiedener Eintragungen vertiefte er sich in die abschließende Zusammenfassung – ein Resümee, das Romanow sicher nie zu sehen bekäme, falls er nicht selbst einmal KGB-Vorsitzender würde.

Alexander Petrowitsch Romanow, geboren am 12. März 1937 in Leningrad. Vollmitglied der Partei seit 1958. Vater: Peter Nikolajewitsch Romanow, diente 1942 an der Ostfront, lehnte es nach seiner Heimkehr im Jahr 1945 ab, der Kommunistischen Partei beizutreten. Aufgrund verschiedener Berichte über staatsfeindliche Aktivitäten, die von seinem Sohn geliefert wurden, zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Am 20. Oktober 1948 im Gefängnis gestorben.

Zaborski blickte auf und lächelte; ja, Alex Romanow war ein Kind des Staates.

Großvater: Nikolai Alexandrowitsch Romanow, Großkaufmann und einer der reichsten Grundbesitzer von Petrograd. Am 11. Mai 1918 erschossen bei dem Versuch, vor den Truppen der Roten Armee zu fliehen.

Zwischen dem aristokratischen Großvater und dem Vater, der nicht Parteigenosse werden wollte, hatte die Revolution stattgefunden.

Den Romanowschen Ehrgeiz hatte Alex, wie er sich gern nennen ließ, freilich geerbt. Mit neun Jahren war er der Pionierorganisation der Partei beigetreten. Mit elf war er an einer Fachschule in Smolensk aufgenommen worden – sehr zum Missvergnügen einiger unterer Parteifunktionäre, die der Meinung waren, derartige Privilegien sollten einzig und allein den Söhnen treuer Parteimitglieder vorbehalten bleiben. Im Unterricht zeichnete sich Romanow von Anfang an aus – zur Bestürzung des Direktors, der gehofft hatte, am Beispiel Romanows die Darwinschen Theorien über die natürliche Auslese widerlegen zu können. Mit vierzehn Jahren gehörte Alex bereits zur Parteielite und wurde Komsomol-Mitglied. Mit sechzehn gewann er die Lenin-Medaille für Sprachen und den Jugendsportpreis, und trotz aller Versuche des Direktors, die Leistungen des jungen Romanow herabzusetzen, war der Mehrheit des Schulausschusses klar, was in Romanow steckte; man sorgte dafür, dass er auch die Universität besuchen durfte. Als Student zeichnete er sich weiterhin vor allem in den Fremdsprachen aus. Er spezialisierte sich auf Englisch, Französisch und Deutsch. Natürliches Talent und harte Arbeit sicherten ihm erste Plätze in praktisch allen Fächern, die er belegte.

Zaborski griff nach dem Telefon. »Wo bleibt Romanow?«, fragte er barsch.

»Er hat sein Morgentraining in der Sporthalle absolviert, Genosse Vorsitzender«, antwortete der Sekretär. »Aber er ging sich sofort umziehen, als er hörte, dass Sie ihn sprechen wollen.«

Der Vorsitzende hängte ein. Sein Blick kehrte zur Akte zurück. Dass man Romanow zu jeder Tageszeit in der Sporthalle antreffen konnte, war nicht verwunderlich: Die überragenden sportlichen Fähigkeiten dieses Mannes waren weit über den Geheimdienst hinaus bekannt.

In seinem ersten Studienjahr hatte Romanow mit Feuereifer sein sportliches Training fortgesetzt; er wäre sogar für die UdSSR bei den Olympischen Spielen angetreten, hätte der Trainer nicht quer über einen seiner Berichte mit dicken Lettern geschrieben: »Dieser Student ist zu groß, um für olympische Wettkämpfe ernsthaft in Betracht gezogen zu werden.« Romanow hörte auf seinen Trainer, wechselte zu Judo über und wurde bereits zwei Jahre später, 1958, für die COMECON-Spiele in Budapest nominiert;...

Erscheint lt. Verlag 13.12.2023
Sprache deutsch
Original-Titel A Matter of Honour
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2023 • 2024 • Agententhriller • eBooks • Frankreich • London • Neuausgabe • Neuerscheinung • neuerscheinung 2024 • Politthriller • Robert Ludlum • Roman • Romane • Spiegel Bestsellerautor • Spionagethriller • Thriller • Verschwörung
ISBN-10 3-641-21795-4 / 3641217954
ISBN-13 978-3-641-21795-2 / 9783641217952
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