Absturz (eBook)
416 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-29922-4 (ISBN)
Ein gesunkenes Flugzeug, eingeschlossene Passagiere und eine fast aussichtslose Rettungsaktion ...
Sechs Minuten nach dem Start stürzt Flug 1421 ins Meer. Die Überlebenden des Crashs glauben für einen kurzen Moment an ein Wunder - sie haben es geschafft! Dann sinkt die Maschine vor Hawaii auf den Grund des Ozeans. Und es gibt es kein Entkommen. Obwohl die Chancen auf Rettung minimal sind, wird sofort ein Großeinsatz geplant. Doch die Zeit läuft gegen die im Flugzeug eingeschlossenen Passagiere. Denn bald wird auch die Luft knapp ...
»?Absturz? ist Adrenalin pur und reinste Emotion. Man ist von der ersten Seite an gebannt, wenn Crew und Passagiere eines gesunkenen Flugzeugs um ihr Überleben kämpfen und Rettungskräfte einen Wettlauf gegen die Zeit gewinnen müssen. Schnallen Sie sich an, nehmen Sie die Sicherheitsposition ein, und vergessen Sie das Atmen nicht!« Meg Gardiner
T. J. Newman, eine ehemalige Buchhändlerin und langjährige Flugbegleiterin, arbeitete von 2011 bis 2021 für Virgin America und Alaska Airlines. Ihren Debütroman »Flug 416« verfasste sie größtenteils, während ihre Passagiere auf Nachtflügen schliefen. Das Werk wurde zum internationalen Bestseller wie auch »Absturz« und »Worst Case«. Die Autorin lebt in Phoenix, Arizona.
1
Will Kent öffnete die Augen genau in dem Moment, in dem das Triebwerk explodierte.
Er riss den Arm nach oben, um seine Tochter Shannon zu schützen, die am Fenster saß. Das elfjährige Mädchen schien das gar nicht zu bemerken, sondern starrte nur die Flammen an, die hinten aus der Schubdüse des Triebwerks schossen, und stieß ein banges »Boah« aus.
Will setzte sich auf und blickte über die Sitzlehnen. Der Notausgang befand sich zwei Reihen vor ihnen. Eine Flugbegleiterin saß dort entgegen der Flugrichtung mit dem Gesicht zu den Passagieren auf einem Notsitz. Will konnte ihr Namensschild mit Mühe entziffern: Molly. Er versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Molly sagte kein Wort. Das war auch nicht nötig.
Das Flugzeug wurde durchgeschüttelt. In der Kabine kam Panik auf. Alle reckten die Köpfe, um einen Blick nach draußen zu werfen. Flammen. Abgerissene Metallteile, die an den Fenstern vorbeiflogen.
Will beugte sich über Shannon, um besser sehen zu können. Das Triebwerk brannte. Die Tragfläche war zum Teil beschädigt. Unter dem Flugzeug kristallklares türkisfarbenes Wasser.
Shannon sah ihren Vater an. »Warum kehren wir nicht nach Honolulu um?«
Diese Frage hatte Will sich auch schon gestellt.
Im Cockpit wurde der schlimmste Albtraum jedes Piloten wahr.
»Wir haben keinen Schub mehr auf Triebwerk eins«, teilte Co-Pilotin Kit Callaghan über Funk der Flugsicherung mit. Sie sprach ungewollt lauter, als das Flugzeug absackte. »Und kein Hydrauliköl mehr in allen drei Systemen.«
»Wiederholen Sie das bitte, Vierzehn-Einundzwanzig.«
Der Fluglotse klang skeptisch. Auch der Kapitän warf einen kurzen Blick auf das Display, um sich selbst davon zu überzeugen. An jedem anderen Tag hätten Kit die Zweifel der beiden ziemlich genervt.
Heute nicht.
Sie kontrollierte dreimal die Triebwerksparameter, da sie selbst kaum glauben konnte, was sie auf dem Display sah. Die Systemfehler waren ihrer Schwere nach aufgelistet. Die kritischsten Fehler, die der Kategorie drei, standen ganz oben, in Rot. Das ganze Display leuchtete rot. Jedes Mal, wenn sie eine Fehlermeldung löschte, erschien eine neue. Alle gehörten der Kategorie drei an. Das Display sah aus, als würde es ausbluten.
Sie befanden sich noch nicht einmal zwei Minuten in der Luft. Triebwerk eins war ausgefallen. Die Hydraulik ebenfalls. Das ging über ihre Pilotenausbildung hinaus. Solche Situationen wurden im Simulator nicht geprobt.
Das hätte keinen Sinn gehabt.
»Vierzehn-Einundzwanzig, äh, alle drei, sagen Sie? Alle drei Hydraulik…«
»Verdammt, der Steuerknüppel ist ohne Funktion!«, sagte Kapitän Miller.
Kein Hydrauliköl. Keine Hydraulikleistung.
Das Flugzeug ließ sich nicht mehr steuern.
Grün. Blau. Gelb. Die drei Hydraulikleitungen des Flugzeugs. Zwei davon waren Ersatzleitungen für den Fall einer Störung. So wichtig war das System. Das Display hätte drei Leitungen mit einem Druck von 3000 PSI in Grün zeigen sollen. Kit hatte jedoch drei orangegelbe Leitungen mit 0 PSI vor Augen. Sie vermutete, dass bei der Explosion des Triebwerks Metallteile die Hydraulikleitungen wie Schrotmunition durchsiebt hatten und das Hydrauliköl komplett ausgelaufen war. Sämtliche beweglichen Teile des Flugzeugs – Querruder, Landeklappen, Störklappen, Seitenruder –, die zur Steuerung der Maschine dienten, waren blockiert.
Die Piloten konnten dem Airbus A321 keine Befehle mehr erteilen. Sie hatten die Kontrolle über ihn verloren.
»Wir können nicht umkehren«, teilte Kit dem Fluglotsen mit. »Wir brauchen eine Ausweichlandemöglichkeit vor uns.«
Will riss einen der Plastikbeutel auf, die er gerade aus dem Fach unter ihren Sitzen geholt hatte, und drückte ihn Shannon in die Hand.
Sie drehte den Beutel hin und her und betrachtete die zusammengefaltete gelbe Rettungsweste, die sich darin befand.
»Stürzen wir ab?«
Mehrere Passagiere sahen sie an. Sie hatte ihre schlimmsten Befürchtungen laut ausgesprochen.
»Shannon«, sagte Will und drehte sich auf seinem Sitz zu ihr. »Wir haben ein Triebwerk verloren. Ich habe keine Ahnung, warum wir nicht umkehren. Vielleicht können wir nicht.«
Will zog die Weste heraus, schüttelte sie auf und streifte sie Shannon über den Kopf. Dann nahm er ihr Gesicht in beide Hände.
»Ich weiß, dass du Angst hast, aber was auch immer passiert, ich bin hier bei dir.«
Will hörte, wie ein Gurt geöffnet wurde, und wartete auf das Klicken, mit dem er wieder geschlossen werden würde, wenn dem fraglichen Passagier bewusst wurde, dass es kein Entkommen gab. Stattdessen waren schwere Schritte zu hören. Als Will aufblickte, sah er einen Mann mittleren Alters mit gerötetem Gesicht und einem blauen Polohemd auf dem Weg nach hinten an ihrer Reihe vorbeistürmen. Im hinteren Bereich des Flugzeugs ertönten verärgerte Männerstimmen, als der Typ im blauen Polohemd einen Flugbegleiter anschrie, der in der Mitte des Gangs auf einem ausklappbaren Notsitz saß.
»Sir!«, brüllte der Flugbegleiter. »Setzen Sie sich hin! Sir!«
Plötzlich sackte das Flugzeug ab. Mit allem ging es abwärts, nur mit dem Typen im blauen Polohemd ging es nach oben.
Er prallte mit dem Kopf gegen die Decke. Will wandte sich ab, als der Mann wieder auf dem Boden aufschlug – gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Molly ihren Gurt öffnete und in Richtung Heck des Flugzeugs losrannte. Das Flugzeug wurde noch einmal heftig umhergeworfen. Molly flog nach vorn und rammte mit dem Kopf eine Armlehne, wobei ihr Kinn das meiste abbekam. Sie kroch auf allen vieren zurück zu ihrem Notsitz und schnallte sich an. Von ihrer geplatzten Lippe tropfte Blut.
Will wandte sich wieder seiner Tochter zu. »Shannon. Wir bleiben zusammen. Hast du verstanden? Was auch immer passiert, wir bleiben zusammen.«
Doch Shannon hörte ihrem Vater nicht zu. Will folgte ihrem Blick. Der Typ im blauen Polohemd war wieder auf den Beinen und taumelte inmitten der Turbulenzen vor Schmerzen stöhnend zurück zu seinem Sitz. Er hielt sich den Kopf, und Blut strömte ihm übers Gesicht. Als er an ihrer Reihe vorbeikam, neigte sich das Flugzeug. Er stützte sich ab, dann setzte er seinen Weg fort und hinterließ einen knallroten Handabdruck auf dem weißen Gepäckfach.
Shannon starrte das Blut unverwandt an.
»Wir bleiben zusammen«, wiederholte sie.
Molly Hernandez zuckte zusammen, als sie sich mit dem Ärmel ihres Uniform-Pullovers das Blut vom Kinn wischte. Sie gab sich Mühe, ruhig zu wirken, als sie die Passagiere unter ihrem Pony hindurch ansah, doch ihre Hände wollten einfach nicht aufhören zu zittern.
Ein weiterer Sicherheitsgurt wurde geöffnet. Molly drehte sich um. Eine Frau im langen Blumenkleid stand auf, um den Typen mit dem blauen Polohemd wieder in ihre Sitzreihe zu lassen, als das Flugzeug abermals ruckelte. Die Frau im Blumenkleid verlor das Gleichgewicht und fiel gegen den Mann. Beide prallten mit den Köpfen gegeneinander. Die Frau verzog vor Schmerz das Gesicht. Auf ihrer Stirn befand sich jetzt ein Fleck von seinem Blut. Der Typ setzte sich unbeholfen hin. Als noch einmal ein Ruck durch das Flugzeug ging, fiel die Frau nach hinten auf ihren Sitz.
»Ma’am?«
So ein Scheißkerl, dachte Molly wütend. Drei Leute sind verletzt und voller Blut für nichts und wieder nichts.
»Entschuldigung …«
Molly war nur deshalb überhaupt aufgestanden, weil sie sich Sorgen um das ohne Begleitung reisende Mädchen machte. Es flog ganz allein. Saß im Flugzeug in der letzten Reihe. Das arme Kind hatte beste Sicht auf das ganze Chaos, auf das ganze Blut …
Ein Teil des Triebwerks wurde mit voller Wucht gegen den Flugzeugrumpf geschleudert. Alle zuckten von den Fenstern zurück, und Molly jaulte auf. Ein paar Leute schrien. Verdammt, die Passagiere wirkten völlig verängstigt. Alles passierte so schnell.
Molly schloss die Augen. Sie war im Begriff, die Nerven zu verlieren. Beruhig dich, sagte sie sich und atmete tief durch. Geh einfach noch mal deine Kommandos durch. Kopf runter, unten bleiben. Kopf runter, unten bleiben. Sicherheitsgurt lösen. Verlassen Sie …
»Entschuldigung! Ma’am!«
»Was wollen Sie?«, fuhr Molly die Frau an, die ihr gegenübersaß, bereute es aber prompt. »Tut mir leid.«
»Wo ist denn die Rettungsweste?«
»Unter Ihrem Sitz.«
Als die Frau sich vorbeugte, berührten ihre taillenlangen Zöpfe den Boden. Sie kämpfte mit der Plastikverriegelung des Fachs unter ihrem Sitz, bis diese mit einem Knacken abbrach. Die Frau setzte sich mit einem Beutel in der Hand wieder gerade hin, riss die Verpackung auf, schüttelte die knallgelbe Weste heraus und streifte sie sich über den Kopf.
»Aber ziehen Sie nicht …«
Die Frau packte die roten T-Griffe und riss daran, als handle es sich bei der Weste um einen Fallschirm, worauf sich diese mit einem lauten Zischen aufblies. Alle sahen zu, wie die Frau versuchte, sich in ihrem Sitz zurückzulehnen. Sie hatte jetzt mehr Ähnlichkeit mit einem Schlauchboot als mit einer Passagierin.
Im Cockpit warf Kim einen Blick auf die Anzeigen über ihr. Die gesamte Instrumententafel war erleuchtet. Auf jedem Knopf in der Hydraulik-Sektion schimmerte orangegelb das Wort »Störung«. Darüber leuchtete ein mit »Triebwerk 1« bezeichneter Druckknopf, dessen Plastikabdeckung mit »Feuer« beschriftet war, knallrot. Sie...
Erscheint lt. Verlag | 1.2.2024 |
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Übersetzer | Thomas Bauer |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Drowning |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Schlagworte | 2024 • Drowning • eBooks • Erstmals auf Deutsch • flug 416 • Flugkatastrophe • Katastrophenthriller • Neuerscheinung • New-York-Times-Bestseller • Rettungsaktion • spannende Bücher • Spiegel Bestseller Autorin • Tauchen • Thriller • Unterwasser |
ISBN-10 | 3-641-29922-5 / 3641299225 |
ISBN-13 | 978-3-641-29922-4 / 9783641299224 |
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