Artifact Space (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
672 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-30918-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Artifact Space - Miles Cameron
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Die Galaxis ist besiedelt. Großschiffe bringen Passagiere und Fracht von einem Sternsystem zum anderen, und ihre Handelsrouten sind die Adern der menschlichen Zivilisation. All das wäre jedoch nicht möglich ohne den kostbarsten Rohstoff von allen: Xenoglas. Es ist nur auf City erhältlich, einer riesigen Orbitalstation - und genau dorthin ist Marca Nbaro unterwegs. Dass sie allerdings gar keine Offiziersanwärterin ist, sondern auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit, das darf niemand wissen ...

Miles Cameron hat mittelalterliche Geschichte studiert und als Soldat selbst an vielen Kriegsschauplätzen gekämpft. Inzwischen widmet er sich jedoch ganz dem Schreiben und dem historischen Schwertkampf. Miles Cameron ist verheiratet und lebt in Kanada.

1


»Ihr gutes Recht«, sagte der Pfandleiher, jedoch ohne Verurteilung oder moralischen Vorwurf im Tonfall. Er sagte es einfach nur und rieb sich den Kopf. »Ist das echt?«

Marca Nbaro musste sich zwingen, nicht zu knurren. »Ja.«

»Als könnte ich einem Junkie vertrauen«, sagte der Mann, aber wieder ohne besonderen Tonfall. Er hatte einen schlimmen Cerisus, und sein spärliches Haar war strähnig, die Folge einer gescheiterten Verjüngung.

Nbaro war nicht klar gewesen, dass ihre gestohlene »Sozialhilfe«-Kleidung einen so schlechten Eindruck machte.

Der Mann drückte auf einen Knopf in der kleinen Statuette. Es war ein geflügelter Löwe in Gold und Emaille. Ein holografisches Wappen erschien.

»Nun gut«, sagte er. »Ich denke, ich könnte Ihnen zweitausend leihen. Oder ich könnte es jetzt für drei kaufen, in bar.« Er nickte gelassen, doch zum ersten Mal hatte sich eine Spur von Emotion in seinen Tonfall geschlichen, und dabei handelte es sich um Gier. »Jemand würde hierfür töten.«

Ach wirklich?, dachte Nbaro.

»Nur Leihe. Ich werde wiederkommen.«

Er zuckte mit den Schultern. »Wie Sie meinen. Es gibt nicht viele Junkies mit patrizischen Patenten, oder?«

Sie hielt ihm ihren Tab hin – ein billiges Ding, aber das beste, das sie sich leisten konnte und das nicht kontrolliert wurde.

»Leihe«, sagte sie.

Er sah sie an. »Mit Netzhautscan. Oder die halbe Summe in bar.«

Ein Netzhautscan würde eine reale Spur hinterlassen. Doch falls man sie bis in dieses Pfandleihgeschäft zurückverfolgen konnte, war Nbaro sowieso erledigt.

»Netzhautscan«, sagte sie.

Der Hacker war der Nächste. Eine ehemalige Klassenkameradin …

Sarah kam ihr in den Sinn, und Nbaro musste schlucken.

Eine ehemalige Klassenkameradin hatte den Hacker für sie ausfindig gemacht. Eine ehemalige Klassenkameradin, die an ein Bordell verkauft worden war und nicht daran zerbrochen war. Noch nicht.

Nbaro lief zügig zwischen den gotischen Säulen des restaurierten Palazzo unter der Xenoglaskuppel hindurch. Es war der allerschönste Ort der Welt, zumindest ihrer Welt, und das war City, das größte Orbital in der Menschheitssphäre. Sie war hier völlig fehl am Platz in ihrer schlampigen Recyclingkleidung, die Art von Kleidung, die von den Fürsorgezentren ausgegeben wurde, durch die Sozialhilfe für Nichtbürger, Obdachlose und Bettler, die von allen als SNOB bezeichnet wurde. Sie lief schnell und zielstrebig, weil das ihr einziger Schutz war.

Wenn ich schon eine Bettlerin bin, dann will ich wenigstens wie eine geschäftige Bettlerin aussehen.

Nbaro ging unter einer Leuchte mit eingebetteten PTZ-Kameras und Audiolink hindurch. Sie zog sich die Kapuze ihrer Recyclingjacke über den Kopf und fragte sich, ob alle Bettler, die sie jemals gesehen hatte, vor irgendwem auf der Flucht waren.

Falls der Dominus bereits nach mir sucht, werde ich auf sämtlichen Kameras von City auftauchen.

Sie hätte genauso gut ihre Uniform tragen können. Sie befand sich in der Einwegtasche für einen Raumfahrerhelm, die sie dabeihatte. Ihre Waisenhaus-Uniform. Eigentlich war es die »Akademie der Klinik für staatliche Waisen«, aber jeder sprach nur vom »Waisenhaus«. Angeblich sollte die Einrichtung Kindern, die durch den Dienst ihrer Eltern im DMK verwaist waren, einen Schulabschluss verschaffen.

In Wirklichkeit war es die Hölle.

Vielleicht bin ich ein Dummkopf, dachte Nbaro.

Aber im Weiß ihrer Waisenhaus-Uniform wäre sie noch viel auffälliger.

Ein Sicherheitsbeamter warf ihr einen Blick zu und drehte sich dann herum, damit er sie besser betrachten konnte. Er trug einen dunkelblauen Raumfahreranzug, ähnlich wie die des Raumdienstes, und ein Abzeichen in Form eines geflügelten Löwen.

Er hob lässig eine Hand und kam auf sie zu, worauf sie stehen blieb.

Er lächelte. »Betteln ist hier nicht erlaubt, ja?« Seine Stimme war angenehm und tief.

Nbaro nickte.

»Soll ich Sie irgendwohin begleiten?«, fragte er.

Sie ließ sich nicht von seinem Anschein der Freundlichkeit täuschen. Sie zog den Kopf ein, schüttelte ihn und entfernte sich. Sie blickte nicht zurück, und er folgte ihr nicht.

Und dort am Ende der Piazza war ihr Mann. Er war klein und wirkte irgendwie zu alt und zu … dumm … um ein berüchtigter krimineller Hacker sein zu können. Aber er saß am richtigen Tisch, und neben seinem Kaffee lag eine altkatholische Bibel.

Er schaute auf, als Nbaro sich setzte.

»Scheiße, Mädchen, du bist so auffällig wie ein verdammter Starliner in einem militärischen Raumdock.« Er blickte sich um. »Ich sollte einfach gehen.«

»Ich habe das Geld.«

Er hob seinen Tab.

Nbaro aktivierte ihren, und das Geld wurde überwiesen. Einfach so – zweitausend Dukaten. Ihr Tab piepte.

Er stand auf. »Ich habe es in der Orbitalniederlassung gemacht«, sagte er zu ihr. »Dieses Schiff hat eine verdammte KI. Ein kleiner Rat? Leg dich nicht mit KIs an, Schwester. Eine Schiffs-KI wird ihre Leute wie eine Mutter mit einem verlorenen Kind beschützen. Wenn sie dich in die Mangel nimmt, bist du praktisch tot. Also habe ich das Schiff nicht angerührt. Katalavenis?«, fragte er auf Griechisch. »Verstanden?«

»Ich habe verstanden.« Noch etwas, wovor ich mich in Acht nehmen sollte.

»Gut. Hiermit tue ich deiner Freundin einen Gefallen. Die Sache ist erledigt. Ciao

Von wegen Gefallen! Ich habe dich dafür bezahlt.

Orbitalniederlassung?

Das machte ihr Sorgen. Der Raumdienst hatte ein riesiges Hauptquartier, ein eigenes kleines Orbital, nahe den Schiffswerften von New London. Wie …?

Er drehte sich um und verschwand in der großen Menschenmenge.

In glücklicheren Zeiten hatten Nbaro und Sarah hier in ihren Uniformen gesessen und die Leute beobachtet. Patrizier, Raumfahrer, Soldaten. Alle möglichen Leute, die einkauften und plauderten und flirteten …

Bevor der Dominus Sarah an ein Bordell verkauft hatte.

Bevor …

Scheiße.

Nbaro sah die zwei Männer aus dem Netzwerk der Lifte und Gassen hinter der Fassade des alten Venedig auf der anderen Seite des Platzes kommen. Sie kannte beide. Sie gehörten zur »Sicherheit« des Waisenhauses, Schläger, die durch die Korridore streiften und machten, wonach ihnen der Sinn stand.

War es ein dummer Zufall? Oder waren sie ihr seit dem Pfandhaus gefolgt?

Nbaro ließ ihren Tab zu Boden fallen und bückte sich, um ihn aufzuheben. Doch statt wieder aufzustehen, kroch sie zwischen den Tischen auf die Säulenhalle zu. Eine Touristin bemerkte sie und griff nach ihrem modischen kleinen Rucksack, aus Angst, dass die Bettlerin ihn mitnahm. Ein anderer, ein Gyne aus den Stationen, legte siese Hand auf siesen Tab.

Nbaro kroch einfach weiter.

Ich bin so verdammt nahe.

Wenn der Hacker seinen Job gemacht hatte …

Es war völlig verrückt. Das Risiko war irrsinnig, aber …

Niemand wird es mir wegnehmen. Ich werde bis zum Tod darum kämpfen.

Nbaro musste bis zum Hauptzylinder von Old City gelangen, bis zum weltraumseitigen Ende. Das war noch eine lange Liftfahrt entfernt. So hatte sie es geplant. Und in der Kabine konnte sie sich umziehen.

Aber nun standen diese zwei Drecksäcke zwischen ihr und den Liften.

Die Kuppel, in der sich die Piazza San Marco sowie die meisten der ursprünglichen Gebäude befanden, die den Platz umgaben, befand sich in einer eigenen Xenoglasblase an der Außenwand des Zylinders, der Old City war. Dort war die Rotationsschwerkraft am höchsten gewesen, in den alten Tagen, bevor man künstliche Gravitation in größerem Ausmaß genutzt hatte. Jeder Lift und jede Bahn von den zwei Docks an den Enden des Zylinders führten nach San Marco, weil dort alle Raumfahrer und Touristen sein wollten. Underside mit den schäbigen Bars, Bordellen und sonstigem Nachtleben lag fast genau unter ihren Füßen und war bereit, sie auf unterschiedlichste Weise um ihre digitalen Dukaten zu erleichtern.

Nbaro erreichte die Arkaden und erhob sich hinter einer Säule. Keine Sicherheit, keine Schläger. Ein paar neugierige Touristen. Und natürlich die Kameras.

Sie lief durch die Säulenhalle, den Kopf eingezogen, und bemühte sich, in der Menge unterzutauchen. Sie warf einen Seitenblick zu den zwei Waisenhaus-Offizieren und ging weiter.

Die beiden schauten sich auf der Piazza um. Das bedeutete … dass sie Nbaro nicht auf dem Schirm hatten und sie auch nicht aus der Ferne oder über die Kameras beobachteten.

Immer noch im Spiel.

Nbaro änderte ihren Plan. Sie konnte den ganzen Weg durch den Säulengang bis zum anderen Ende zurücklegen und dann einen Touristenlift nach Underside nehmen. Dort konnte sie in einen Lift zum Dock steigen und sie einfach …

Scheiße.

Beide sahen sie fast gleichzeitig, und beide lächelten.

Nbaro wusste, was dieses Lächeln bedeutete.

So will ich auf gar keinen Fall sterben.

Sie gab jede Vorsicht auf und rannte los.

Sie rannte an den Ladengeschäften und Kaffeehäusern der Arkaden vorbei auf die alte Kathedrale zu, deren eigenartige Kuppeln sich im Flutlicht als Silhouetten vor der Dunkelheit des Alls abzeichneten. Der Planet...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2024
Übersetzer Bernhard Kempen
Sprache deutsch
Original-Titel Artifact Space
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2024 • Adrian Tchaikovsky • Aliens • eBooks • Iain Banks • interstellare Konflikte • John Scalzi • marca nbaro • Military SF • Neuerscheinung • Raumschiff • Space Opera • weibliche Heldin
ISBN-10 3-641-30918-2 / 3641309182
ISBN-13 978-3-641-30918-3 / 9783641309183
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 3,2 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Jo Koren

eBook Download (2024)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99

von Jo Koren

eBook Download (2024)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99