Der Spielmacher (eBook)
452 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0612-3 (ISBN)
Wenn du nicht mitspielst, wird deine Familie sterben. Wenn du verlierst, stirbst du.
Ein Killer, der seine Opfer als Schachfiguren nutzt, in einem Spiel um Leben und Tod. Auch Detective Norris und seine Kollegin Rose sind nicht mehr als Spielfiguren, welche einem abartigen Regelwerk ausgeliefert sind. Können sie den Killer mit seinen eigenen Waffen schlagen, bevor eine neue Runde des Spiels beginnt und noch mehr unschuldige Leben genommen werden?
Nach »Ein Freund«, der neue packende Thriller von Charlie Gallagher
Ein absolut fesselnder, spannungsgeladener Krimi, der Ihnen den Atem raubt.
<p>Charlie Gallagher war 13 Jahre lang Polizist in Großbritannien. Während dieser Zeit durchlief er verschiedenen Stellen in der Polizei bis hin zum Detectiv. Er schreibt Thriller, die wenig immer einen großen Anteil von Polizeiarbeit enthalten. Zusammen mit seiner Familie lebt er an der Südküste von Kent.</p>
PROLOG
Shannon drängte sich wieder an die Wand, so fest, dass der hervorstehende Ziegelstein in ihren Rücken drückte. Sie hielt den Hintern oben und die Füße nach vorn gestreckt. Sie scharrte damit im Stroh und schob es in Richtung der schlammbedeckten Stiefel, die sie unter der verwitterten Tür hindurch sehen konnte. Mit angehaltenem Atem betete sie stumm, dass diese Stiefel sich wegdrehen mögen, egal wohin, und dann weitergingen. Ihre Hände zuckten unkontrolliert, als würde jemand anderes sie lenken, und ihre Finger streiften den Draht, der seit ihrer Ankunft um ihre Taille gewickelt war und sie an die Wand fesselte.
Die Tür klapperte. In der Akustik der leeren Scheune klang es fast wie eine Kugel, die zwischen den offenen Stahlpfosten hin- und herschlug. Die Tür erzitterte, nur ein bisschen, aber genug, um zu wissen, dass sie entriegelt wurde. Shannon hielt immer noch den Atem an und starrte so konzentriert auf die Tür, dass sie halb erwartete, sie in Flammen aufgehen zu sehen.
Dann drehten sich die Stiefel weg und verschwanden aus ihrem Sichtfeld. Schlurfend und kratzend entfernten sie sich, ein Geräusch, das verriet, dass sie dem Träger zu groß waren. Er würde nicht reinkommen. Es würde keine weiteren Anweisungen geben, keine weiteren Drohungen oder Versprechungen.
Der letzte Teil hatte begonnen.
Der erste Klang der Glocke bestätigte das. Die Glocke war sogar noch lauter als das Schloss, und ihr Widerhall machte es unmöglich, die Quelle des Geräuschs zu erkennen. Shannon rappelte sich auf die Füße, und es fiel ihr unerwartet schwerer als sonst. Der Draht um ihre Mitte hing plötzlich leicht durch, und sie konnte sich nicht länger dagegenstemmen. Dafür konnte sie einige Schritte gehen, bevor er sie wieder zurückhielt und sich schmerzhaft um ihre Taille spannte. Sie war einen Meter näher an der Tür. Einen Meter Boden, der irgendetwas Nützliches enthalten musste.
Sie ging auf die Knie und begann, wie wild das trockene Stroh zu zerpflücken, das den Boden der Stallbox bedeckte. Sie suchte irgendetwas, das ihr die Arbeit erleichterte. Mit nackten Händen warf sie Brocken getrockneten Tierdungs zur Seite und stieß mit den Fingern wieder so fest hinein, dass ihre Nägel und Fingerkuppen über den Betonboden kratzten. Nichts.
Die Glocke ertönte erneut. Zwei von fünf. Waren das wirklich schon zehn Sekunden? Der Draht wurde wieder schlaffer und erlaubte ihr erneut ein paar Schritte. Sie warf sich der Tür entgegen und stolperte in ihrer Hast. Sie wäre nach vorne gestürzt, doch der Draht hielt sie auf, presste die Luft aus ihren Lungen und grub sich diesmal in ihren Magen. Sie begann wieder, den Boden abzusuchen, bog in ihrer Eile die Finger durch, spürte den Schmerz, doch ihr blieb keine Zeit innezuhalten. Ihre Fingerkuppen stießen gegen etwas. Sie zog daran, und es wurde immer länger: ein Gürtel. Leder, mit einer kleinen Schnalle. Nicht, was sie sich gewünscht hätte, aber möglicherweise nützlich. Sie legte ihn um ihre Hüften und versuchte, ihn mit tauben, unsicheren Fingern zu schließen, während sie mit ihren Blicken schon wieder den Boden nach etwas anderem absuchte. Der dritte Klang der Glocke ließ sie aufwimmern, und Verzweiflung übermannte sie. Sie kratzte an den Kanten der Stallbox entlang, dort, wo das Stroh fester und plattgetrampelt war und sich mit mehr Dung zu einer dichten Masse verbunden hatte. Da war noch etwas. Mit den Nägeln kratzte und scharrte sie daran, bis sie es herausziehen konnte. Ein Hammer! Dieses Mal wimmerte sie vor Erleichterung. Das war etwas, was sie benutzen konnte. Das ihr eine Chance gab. Er war klein, ein Glashammer für Notfälle, wie man sie in Bussen hängen sah. Egal. Er war immer noch besser als ihre Fäuste. Sie rappelte sich wieder auf die Füße und strauchelte vorwärts, erst einen Schritt, dann zwei. Der dritte war nur ein Halbschritt, dann stoppte sie der Draht wieder so abrupt, dass sie auf einem Fuß balancierend dastand, das andere Knie angehoben und die Arme wild nach vorne zur Tür wedelnd.
Die Glocke erklang zum vierten Mal.
Noch zehn Sekunden.
Die Zeit für ihre Suche war vorbei. Der Draht, der sie festgehalten hatte, fiel schlaff zu Boden. Sie trat einen Schritt zurück, und diesmal wurde ihr bewusst, wie schwer sie atmete, wie tief sie ihre Lungen füllte. Sie musste das unter Kontrolle kriegen. Sie keuchte nicht so sehr vor Anstrengung, sondern vor Angst und Anspannung vor dem, was als Nächstes kam. Mit schmerzenden Fingern löste sie die Drahtschlinge, die auf ihre Füße fiel. Sie stieg darüber hinweg und löste den Blick nicht von der geschlossenen Tür. Sie wusste, was geschehen würde, wenn sie vor der letzten Glocke die Box verließ. Mit dem nackten Fuß tastete sie nach der Wand, benutzte sie als festen Grund, um sich davon abzustoßen und sich den besten Start zu ermöglichen. Sie beugte sich vor, die Hände auf dem Boden und den rechten Fuß angezogen, wie eine Sprinterin im Startblock. Sie hatte noch einen Augenblick, um an ihrem angespannten Körper hinabzuschauen, zu dem Gürtel, der locker an ihrer Hüfte baumelte, und auf den Hammer, der unbequem in ihrer rechten Hand lag, während die Knöchel darum sich in den Boden drückten, aber sie wagte nicht, ihn loszulassen, nicht mal für eine Sekunde. Sie trug ein lockeres rotes Kleid aus einem rauen Stoff, das sichtlich schmutzig war. Auch ihr angezogener Schenkel war mit Tierexkrementen und Dreck überzogen.
Sie hob den Kopf für einen letzten Blick auf den soliden steinernen Balken über der Tür. Sie war überzeugt, dass sich das Muster und die Reihe von Zahlen, die darin eingekratzt waren, auch in ihren Verstand geritzt hatten, und zwar so tief, dass sie sie niemals wieder vergessen könnte. Aber was, wenn sie ihr genau dann nicht einfielen, wenn sie sie brauchte? Was, wenn sie sie vergaß? Sie schüttelte den Kopf und versuchte, den Gedanken zu verdrängen. Es waren nicht nur ihre Gedanken, die vor Zweifel und Anspannung kopfstanden, sondern auch ihr Magen, während ihre Brust von der Anstrengung brannte. Sie sank auf ein Knie, ruhte sich einen Augenblick aus. Das letzte Klingen der Glocke brauchte länger, da war sie sicher – die Zeit hätte längst abgelaufen sein sollen. Man spielte mit ihr.
Dann erfüllte der fünfte Glockenlaut den Raum.
Shannon stieß sich ab und sprintete los, die rechte Hand fest um den Hammer geschlungen. Zwei Schritte, dann ein Sprung und zur Seite drehen, und die Tür sprang so kraftvoll auf, dass sie unwillkürlich die Augen schloss und fast das Gleichgewicht verloren hätte. Mit gesenktem Kopf preschte sie aus ihrer Box, gerade als der Lärm einer zweiten auffliegenden Tür erschallte, die ihr gegenüber gegen die Wand krachte. Sie hob den Blick und sah eine andere zu Tode verängstigte junge Frau, die aus ihrer Box herauspreschte. Für einen Augenblick stand die Zeit für beide still. Stumm tauschten sie Blicke, dann wandte sich die andere Frau nach links und hetzte auf den Eingang zu, der grellweiß leuchtete: Tageslicht.
»Scheiße!« Shannon lag jetzt schon hinten. Sie sprintete hinterher. Die andere Frau trat als Erste ins helle Sonnenlicht, das ihr weißes Kleid verschwimmen ließ, während sie davonjagte. Und sie war unglaublich schnell. »Scheiße, scheiße!« Sobald Shannon aus der Scheune kam, veränderte sich der Boden. Er war immer noch aus Beton, aber rissig, und immer noch schmutzig, aber befleckt von etwas, das ihn rutschig machte. Steinchen stachen in ihre Fußsohlen, und als sie diesmal stolperte, gab es nichts, das sie zurückhielt, und sie stürzte auf Knie und Handflächen. Sie hatte keine Zeit für die Schmerzen. Sie sprang wieder auf die Füße, senkte den Blick, suchte nach Stellen, an die sie treten konnte. Die Frau in Weiß war immer noch vor ihr und kam besser voran. Sie war bereits auf einem Pfad, der sich einen steilen Hügel hinaufschlängelte. Und sie rannte immer noch.
Shannon erreichte ebenfalls den Pfad. Er war weniger rau unter ihren Füßen, da Autos zwei Spuren zwischen den Steinen geschaffen hatten. An der Spitze des Hügels veränderte sich der Boden wieder zu glattem Asphalt. Sie sah zwei Landstraßen, die fünfzig Meter vor ihr in einer Kreuzung zusammentrafen. Die Frau in Weiß war schon dort. Aber sie zögerte, war sogar stehen geblieben – lange genug, um zurückzuschauen. Dann schien sie eine Entscheidung zu treffen und sprintete weiter, schnurgeradeaus.
Shannon wurde an der Kreuzung ebenfalls langsamer. Die Entscheidung der anderen Frau warf Zweifel und Verwirrung in ihr auf. Der eingeritzte Plan hatte eine Abbiegung nach links gezeigt. Oder doch nicht? Sie blieb stehen, ihre Lungen brannten von dem Aufstieg am Hügel. Ihr Mund war voller Speichel, und sie beugte sich vor, um ihn auszuspucken. Sie ging ein paar Schritte nach links. Sie war ohnehin zu weit hinter der Frau in Weiß, um denselben Weg zu nehmen. Sie musste daran glauben, dass sie richtiglag, dass die andere Frau einen Fehler begangen hatte. Es war ihre einzige Hoffnung.
Shannon rannte weiter. Wenigstens war es hier flacher, die Straße dehnte sich vor ihr aus, zu beiden Seiten von festen Schlammstreifen begrenzt. Als sie den Wald vor sich erreichte, veränderten sich die Geräusche, ihre Schritte hallten vom Blätterdach über ihr wider. Als Nächstes müsste eine Schikane kommen, die sie zwang, langsamer zu laufen, erst scharf rechts, dann links. Die eingeritzte Karte hatte nicht deutlich gemacht, wann die Kurve kommen sollte. Aber sie sollte kommen. Kam keine, dann war sie falsch gelaufen. Und das durfte nicht sein.
Die Rechtskurve kam als brutaler Schnitt in den Wald und durchdrang den Schlammstreifen in einem spitzen Winkel. Sie...
Erscheint lt. Verlag | 23.1.2024 |
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Sprache | deutsch |
Original-Titel | Lethal Game |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | blutige Taten • ermittlungsarbeit • Krimi • Lebensgefahr • Neues Buch von Charlie Gallagher • Polizeithriller • Spiel um Leben und Tod • Thriller • tödliches Spiel |
ISBN-10 | 3-7499-0612-2 / 3749906122 |
ISBN-13 | 978-3-7499-0612-3 / 9783749906123 |
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