Dead Poison (eBook)

Wen rächst du, wenn du alles weißt?
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2023 | 1. Auflage
346 Seiten
Papierfresserchens MTM-Verlag
978-3-96074-693-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dead Poison -  Celina Weithaas
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Glaubst du noch an Hoffnung? Cathrin kehrt an den Ort zurück, an dem ihr Leben geprägt wurde: Madames Waisenhaus. In dem festen Glauben, von allen verlassen worden zu sein, bäumt sie sich ein letztes Mal gegen ihre Feinde auf und schwört Rache. Diesen finstersten Weg beschreitet sie nicht allein. Eine verloren geglaubte Liebe steht ihr zur Seite und lehrt Cathrin, mit ihren übernatürlichen Fähigkeiten Frieden zu schließen. Vielleicht sogar mit ihrem Schicksal ...

Celina Weithaas wurde 1999 in Berlin geboren und 2004 in Teltow eingeschult. Seit 2017 studiert sie Germanistik und Geschichte auf Lehramt.

Celina Weithaas wurde 1999 in Berlin geboren und 2004 in Teltow eingeschult. Seit 2017 studiert sie Germanistik und Geschichte auf Lehramt.

*

Kapitel 1


Wie oft stand ich schon an diesem verfluchten Tisch und starrte an die hellgraue Wand? Zu oft, als dass ich es noch zählen könnte. Tatsächlich ist mir die Möblierung hier vertrauter als die meines alten Zimmers in der Zentrale. Der Mahagonitisch am Fenster, dahinter Madames Stuhl. Für mich gibt es keinen Sitzplatz und auch für sonst niemanden hier. Die Regale, überquellend von Papieren. Wenige eingetrocknete Blutflecken auf Holz und Boden, für die jemand büßen musste.

Früher hätte ich vor Furcht stramm gestanden, den Blick gen Boden gesenkt. Aber seitdem ist viel Zeit vergangen. Seitdem habe ich mehr als alles verloren und muss keine Angst mehr empfinden. Wenn man es genau nimmt, habe ich mehr als alles aufgegeben. Nicht nur Timothy und meine möglichen Perspektiven. Mich. Ich habe mich selbst verloren. Das Mädchen, das ich hätte sein können. Diese Gewissheit lässt mich zwei Schritte nach hinten machen und auf Madames Schreibtisch Platz nehmen. Desinteressiert blättere ich durch die Papiere, die sich auf der Platte häufen. Rechnungen, uninteressant bis zum Gehtnichtmehr. Egal. Hier geht es um das eiskalte Prinzip. Hier geht es darum, Madame zu beweisen, dass sie mir egal geworden ist. Dass es sich dabei um die größte Lüge von allen handelt, kann ihr jetzt einfach mal egal sein.

Es macht mich etwas wütend, dass meine Füße nicht einmal den Boden berühren, wenn ich auf dem Schreibtisch sitze. Blöde Körpergröße. Blöde Nervosität. Blödes Zittern. Blöde Schuldgefühle, die aus dem Nichts kamen und mich jetzt auffressen wollen.

Doch als Madame den Raum betritt, bin ich ruhig, sitze auf ihrem Schreibtisch und schlenkere nicht länger mit den Beinen wie ein kleines Kind, das auf sein Eis wartet. Stattdessen sehe ich aus dem Fenster, den Zopf ordentlich über der Schulter drapiert, die Beine übereinandergeschlagen.

Madame ist nichts weiter als ein dunkler Schatten im Türrahmen, der mich abwartend ansieht und darauf beharrt, dass ich ihren stummen Befehl befolge. Ich weigere mich und verziehe die Lippen zu einem strahlenden Lächeln.

Sie zeigt keinerlei Regung, während sie auf mich zukommt. „Du warst meine beste Schülerin, Cathrin. Dein aktuelles Verhalten übersteigt meinen Horizont“, sagt sie gefährlich ruhig, verringert den Abstand zwischen uns weiter und lässt dabei die Hand über das Sideboard an der linken Wand gleiten. Eine hauchdünne Staubschicht wirbelt auf. Missbilligend reibt sie die Fingerspitzen aneinander, bis die kleinen Flocken zu Boden rieseln.

„Und Sie meine beste Lehrerin. Die einzige sind Sie aber nicht geblieben“, antworte ich seelenruhig. Bei jedem Atemzug höre ich meinen Puls in den Ohren hämmern. Angst, pure Angst. Sie wird immer diese Wirkung auf mich haben, solange mein Körper sich an die Schmerzen erinnert, die sie zufügen kann.

Madame zuckt nicht einmal überrascht mit der Wimper. Hat sie mit dieser Antwort gerechnet? Ich will darauf wetten, dass ich hier Thema war nach dieser Nacht, die Ella zum Verhängnis wurde. Denn Grotian war dort, vergoss Blut und wurde schwer verletzt. Wer könnte das schon gewesen sein – außer mir?

„Stell dich hin, Cathrin!“

Für einen Moment bilde ich mir ein, dass die Temperaturen im Raum rapide absinken. Dann erinnere ich mich daran, dass sie vielleicht grausam und kalt ist, aber nicht die Schneekönigin. Trotzdem wird mein Lächeln eher verbindlich und ich gleite auf die Füße, verschränke die Hände schon beinahe spottend hinter dem Rücken. Es ist unmöglich, ihren direkten Befehlen vollständig zu widerstehen. Madames Missbilligung wird stärker, als ich es über mich bringe, sie anzusehen. Die ganze Zeit über. Ohne zu blinzeln oder zu zittern. Zugegeben, es ist verdammt anstrengend. Nicht, weil sie unheimlich ist oder ihr Blick zu durchdringlich. Einfach, weil ich lernte, ihr nicht in die Augen zu sehen. Über Stunden, über Jahre. Über Tode.

„Blick nach unten!“

Das Bild, wie Silent reagierte, als ich Madames Tonfall gegen ihn verwendete, hat sich in meinen Kopf gefressen. Wie offensichtlich sein Widerwillen war und wie er doch nichts tun konnte, als zu gehorchen. Genauso geht es mir. Mein Kopf neigt sich ohne mein Zutun, ich nehme automatisch diese unterwürfige, geschlagene Haltung ein, während mein Körper sich an höllische Schmerzen zu erinnern beginnt, die niemand vergessen könnte. Sich davor schützen will.

„Es ist eine Überraschung, dass du gekommen bist, Cathrin. Als wäre eine verlorene Tochter heimgekommen.“

Ich weiß, dass sie nicht lügt. Es ist beunruhigender, als täte sie es. Will ich ihre Tochter sein? Eher nicht. Eigentlich will ich nur … ich will nur, dass sie dafür sorgt, dass es nicht mehr wehtut. Dass ich diese Erinnerungen an die Zeit mit Timothy nicht vergifte, dass Silent mich nicht endgültig vernichtet. Ich will, dass sie ihr Versprechen endlich erfüllt und es beendet. Einen Monat mehr bei ihr und ich wäre die Beste gewesen. Tödlich, vollkommen gewissenlos, unfehlbar. Ein Monat mehr und ich hätte niemals auf dem Weg hierher Tausende Tränen vergossen.

„Wo hast du die letzten Jahre gesteckt?“

Ist das Neugierde in ihrer Stimme? Ich versuche, weniger befremdet auszusehen, als ich mich fühle, hebe den Blick und kämpfe dagegen an, ihn augenblicklich wieder gen Boden zu richten. „Hier und dort. Eine Zeit lang habe ich als Agentin gearbeitet, dann als Tänzerin. Was halt so kommt“, erwidere ich nahezu wegwerfend.

So, als hätte diese Zeit mich nicht ausgemacht.

Madame nickt nachdenklich und tritt endlich hinter ihren Tisch, setzt sich. Sie sitzt absolut gerade, den Rücken durchgestreckt, das Kinn gehoben. Eine Königin über ihr eigenes, dunkles Reich. „Und irgendwann in der Zeit hast du deine Manieren vergessen“, sagt sie unterkühlt.

Noch ein Schulterzucken. „Die einen sagen so, die anderen so.“

Keine Regung zeichnet sich auf ihrem schönen Gesicht ab. Scheint, als überrasche sie überhaupt nichts mehr. Als wäre es ihr egal, solange sie am Ende die Oberhand behält.

„Keine Sorge, wir werden sie dir wieder beibringen.“

Daran zweifle ich nicht eine Sekunde. Für einen Moment scheint Madame abzuschweifen, dann sind ihre Augen wieder klar und stechend wie eh und je. „Vorher wirst du mir lediglich ein paar wenige Fragen beantworten müssen.“

Widerwillig versteife ich mich. Klar. Gratis bekommt man hier nichts. Nicht einmal ein paar Foltereinheiten, die den Kopf wieder zurechtrücken. „Nein“, sage ich in Erinnerung an das Mädchen, das ich geworden bin. Mir vornehme, weiterhin zu sein. Irgendwo. Bis Madame es umbringt. Meine Antwort verärgert sie nicht, belustigt sie nicht, berührt sie nicht.

„Ich war immer von deinen Fähigkeiten überzeugt, Cathrin. Beweise mir, dass ich mich nicht verkalkulierte.“

Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Mit nach oben gezogener Augenbraue sehe ich sie an. „Was meinen Sie?“

Madame seufzt leise auf und erhebt sich wieder. Wäre sie doch bloß sitzen geblieben. Es gibt nichts Unheimlicheres, als sie dabei zu beobachten, wie sie im Raum umherläuft. Jeder Schritt ist genauso energisch und lang wie der vorherige, sie bewegt die Arme immer exakt gleich, setzt den Atemzug stets zur gleichen Sekunde. Sie ist auch nach all der Zeit noch der Inbegriff von Perfektion. Selbst wenn erste silberne Strähnen Strahlen in ihre pechschwarzen Haare zaubern. „Deine Fähigkeit, alles zu sehen. Ich will sie perfektionieren.“

Meine Gabe spitzt die Ohren und linst erwartungsvoll durch meine Mauer, während ich mich versteife und auf den Boden starre. Das ist ganz und gar nicht gut. Ich wusste, dass es nicht für immer so sein würde, dass meine Fähigkeiten nicht ewig vergraben werden können. Doch auf ein paar Jahre mehr hätte ich doch gehofft. So sehr, dass es mich selbst überrascht. Weil ich weiß, dass sie nur darauf warten, mich in der Luft zu zerfetzen? „Was geschieht, wenn ich mich weigere?“

Wieder lässt Madame die Finger über die glatte Oberfläche des dunklen Sideboards gleiten, ehe sie schweigend den Raum durchquert und zu den überquellenden Regalen schreitet. Sie zieht einen Ordner heraus, vergleichsweise dick. 2879. Mit gemessenem Schritt kommt sie zurück zu mir, geht auf ihre Seite des Tisches und öffnet den Ordner. Das Blut gefriert mir in den Adern, als sie mir bedeutet, einen Blick auf die erste Seite zu werfen. Mit exakten, kleinen Buchstaben wurde der Name auf die erste Zeile eingetragen. Es ist nicht meiner. Es ist Silents. Mit präzisen, raschen Bewegungen schlägt sie die letzte Seite auf und deutet auf das unten stehende Bild. Das, auf dem Silent reglos und jung auf dem Boden liegt, in seinem eigenen Blut. Galle sammelt sich in meinem Mundraum. Nicht einmal hier kann ich vor ihm fliehen. Selbst hier ist er allgegenwärtig.

„Heißt das, Sie ließen mich erschießen?“ Bei dem Gedanken muss ich beinahe lachen. Man hat mich hier schon so oft verletzt, aber lange hielt keine Wunde, egal ob tödlich oder nicht. Denkt sie, dass sich das geändert hat? Für so dumm halte ich Madame eigentlich nicht.

„Nein, Cathrin. Ich finde nur das, was du nicht erschossen sehen willst“, sagt...

Erscheint lt. Verlag 22.3.2023
Reihe/Serie Poison-Trilogie
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Dämon • Dämonen • Kampfmaschine • Seelenreich • Teufel • teuflisch • Totenreich • tote Untote • untote Tote • Zombie
ISBN-10 3-96074-693-8 / 3960746938
ISBN-13 978-3-96074-693-5 / 9783960746935
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