Zwei Morde in Manhattan: Zwei dicke Krimis -  Thomas West

Zwei Morde in Manhattan: Zwei dicke Krimis (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
600 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7296-2 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
3,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
von Thomas West Dieses Buch enthält folgende Romane: Thomas West: Rächer ohne Namen Thomas West: Gangster Rapper Es war einer von diesen nasskalten Apriltagen, an denen man am liebsten im Bett bleiben würde, um bei einem guten Buch auf den Frühling zu warten. Doch der schien noch so weit entfernt zu sein wie meine Beförderung zum FBI-Direktor. Und auf irgend etwas zu warten kam sowieso nicht in Frage: Seit Wochen ermittelten wir in Chinatown. Action war angesagt, und harte Arbeit. Die kriminellen Organisationen des Viertels breiteten sich aus wie gefräßige Moloche. Bis nach Little Italy hinein. Ein Artikel in der New York Times hatte den Bürgermeister alarmiert. Darin hatte sich ein Redakteur besorgt über die Zukunft des italienischen Viertels geäußert. Wann werden wir den Namen Little Italy aus unserem Stadtplan streichen müssen? Blödsinn. Die Cosa Nostra würde schon dafür sorgen, dass die Schlitzaugen ihr ureigenes Revier nicht schluckten. Uns interessierten andere Dinge, als städtische Traditionen. Frauenhandel, Menschenschmuggel, dunkle Bank- und Immobiliengeschäfte und vor allem der expandierende Drogenhandel - das hatte unser District Office auf den Plan gerufen. Und uns lagen Hinweise vor, dass die japanische Yakuza mit den ansässigen chinesischen Bruderschaften zusammenarbeitete. Die Schaltzentralen dieser kriminellen Zusammenarbeit schienen keineswegs nur in Chinatown zu liegen. Die ganz großen Häuptlinge saßen irgendwo in Hongkong, auf Nippon und in Singapur.

Thomas West: Gangster Rapper


Sommer und Herbst 1983

Lower East Side


Sie hatten schwarze Hautfarbe. Beide. Das war aber auch schon alles, was sie verband. Jedenfalls damals, als sie sich am Tompkins Square zum ersten Mal begegneten. Einen Tag vor ihrem ersten Tod, wie Jerome das später immer nannte.

Jerome war ein großer, damals schon unglaublich fetter Kerl. Trotz seiner zwölf Jahre hielt ihn jeder für mindestens sechzehn.

Leonard dagegen war ein Strich in der Landschaft. Ein ziemlich kurzer Strich dazu. So kurz, dass er noch Monate nach diesem Tag, an dem die beiden sich zum ersten Mal begegneten, die Metro völlig unbeanstandet mit einem Kinderbutton benutzen konnte - falls er überhaupt in der Stimmung war, einen Button aus dem Automaten zu ziehen. Dabei war Leonard immerhin schon fast elf. Damals, an jenem Tag vor seinem ersten Tod.

Leonard Russel war in der Lower East Side aufgewachsen und gehörte den Masters of the Lower East Side an - einer großen Jugendgang, deren Mitglieder sich ausnahmslos durch Personalakten im Fünften Polizeirevier unsterblich gemacht hatten.Und vorübergehend sollte das auch so bleiben.

Jerome Grace dagegen war in New Orleans groß geworden und erst wenige Wochen vor seinem ersten Tod nach Manhattan gezogen. Und Jerome Grace war allein. Schon in New Orleans war er fast immer allein durch die Straßen gezogen.

Leonard galt schlauer Bursche. Preise und Gewinnspannen beim Handel mit Crack, geklauten Kassettenrekorden und Fahrrädern rechnete er in Sekundenschnelle im Kopf aus.

Und wenn es darum, ging die Bullen auf eine falsche Fährte zu locken oder irgendeinen Tabak- oder Schnapshändler mit nettem Gesicht und harmlosem Small Talk von der Kasse oder seiner Ware abzulenken, wurde Leonard von seiner Gang immer gern in Anspruch genommen.

General G. nannte man ihn in der Gang. Und G. stand dabei für Genie. Kurz: Man hielt ihn für ein ausgesprochen helles Köpfchen.

Das sollte sich im Laufe seines kurzen Lebens auch bestätigen.

Jerome dagegen hatte Mühe, die Cents, die er für Schokolade, Hamburger und Eis zusammengeklaut hatte, einigermaßen korrekt auf den Ladentisch zu zählen.

Seine Lehrer in New Orleans hatten es aufgegeben, sich mit ihm zu befassen. Sie hatten ihn so gut wie nie ein fehlerfreies Wort schreiben sehen.

Zu der Zeit, als er Leonard begegnete, galt er auch den Lehrern an der Public School in der Lower East Side bereits als Hohlkopf, der einen zusammenhängenden Satz nicht einmal aussprechen geschweige denn schreiben konnte.

Das allerdings sollte sich als großer Irrtum erweisen.


Es war brütend heiß an jenem Tag, als die beiden sich zum ersten Mal begegneten. August in Manhattan - ein kleiner Vorgeschmack auf die Hölle. Die Luft flimmerte und floss wie geschmolzenes Gummi durch die Straßen. Kaum ein Abend, an dem sich nicht ein Gewitter über dem Big Apple zusammenbraute.

Die großen Ferien waren noch nicht zur Hälfte herum. Jerome Grace strich wie ein herrenloser Hund durch die Straßen. Er hatte eine Menge Zeit, die irgendwie totgeschlagen werden musste.

Auch wenn er erst wenige Wochen in Manhattan wohnte - die Ecken, an denen ein paar Dollars zu machen waren, kannte er schon. Er hatte einen Instinkt für solche Ecken.

An der Metrostation Ecke First Avenue, vierzehnte Straße war er mit einem Mann in die Toiletten gehuscht und hatte für zwanzig Dollar die Hosen 'runtergelassen.

Von dem Geld hatte er sich mit dem eingedeckt, was er schon damals für das wichtigste im Leben hielt: Mit Essen - Schokolade, saure Drops, Hot Dogs und Gummibären.

Am Tompkins Square Eingang St. Marks Place fiel ihm am frühen Abend eine Gruppe von gut zwanzig Leuten auf. Neugierig und vorsichtig zugleich näherte er sich. Größere Menschenansammlungen in dieser Gegend - auch das hatte er in den letzten Tagen schon gelernt - bedeuteten entweder Brände, oder Schlägereien oder sonst irgendwelche Abwechslungen, die unvermeidlich mit der Anwesenheit von Bullen verbunden waren.

Polizei war für Jerome das, was für andere Leute ein Pitbull, oder eine Gruppe besoffener Schläger war. Eine gefährliche Erscheinung im Straßenbild jedenfalls, bei der man tunlichst kehrt machte, oder wenigstens die Straßenseite wechselte.

Schon in seinem vierten Lebensjahr hatte Jerome gelernt, dass Polizei Gefahr bedeutet. An dem Tag, als die Cops seinen Dad abgeholt hatten. Er saß seither im Staatsgefängnis von Louisiana. Wegen Raubüberfalls und Totschlags. Jerome hatte ausgerechnet, dass er neunzehn sein würde, wenn sein Dad aus dem Knast kam. Er hasste nichts so sehr wie die Cops.

Jerome konnte keine Patrol Cars entdecken. Auch keinen Löschzug. Und die Leute vor dem Eingang des Parks schlugen sich nicht. Sie standen mit wiegenden Hüften und wippenden Schuhspitzen um eine Gruppe schwarzer Jugendlicher herum.

Drei von ihnen - schwarze Burschen kaum älter als Jerome - hatten sich hinter einem Ghetto Blaster aufgestellt, steckten die Köpfe zusammen und bellten einen Sprechstakkato zu den Rhythmen ihres Kassettenrekorders.

Den Text der Rapper konnte Jerome auf die Entfernung nicht verstehen, aber der monotone Electric-Sound aus dem Ghetto Blaster war ihm vertraut. Es gab damals kaum einen Schwarzen unter dreißig, der Trans-Europe Express von Kraftwerk nicht kannte. Jedenfalls in den großen Städten nicht.

Auf einem plattgetretenen Pappkarton vor dem dröhnenden Ghetto Blaster und den drei Rappern, tanzte ein kleiner Kerl. Im Rhythmus des laut aufgedrehten Basses schmiss er die Arme hoch, wirbelte mit den nackten Füßen auf dem Pappkarton und drehte halsbrecherische Pirouetten. Sein weites rotes Hemd flatterte wie eine Fahne bei Windstärke 9.

Der Zwerg hieß Leonard Russel.

Die Szene zog den dicken Jerome magisch an. Seinen letzten Hamburger mampfend schaukelte er über die Straße und gesellte sich unter die Zuschauer.

Die meisten waren ebenfalls Jugendliche. Fast ausschließlich Schwarze. Aber auch vier Schlitzaugen waren dabei. Sie fotografierten die Rap-Jam. Japaner oder Koreaner - Jerome machte da keine Unterschiede. Für ihn sahen diese Fernöstler alle gleich aus.

Der Sprechgesang unterschied sich nicht groß von dem, den Jerome auch in New Orleans schon gehört hatte. Sicher - hier in New York City rappten sie schon länger, als in jeder anderen gottverdammten Stadt der Staaten.

Aus der südlichen Bronx und zum Teil auch aus Harlem kommend, hatte diese Masche zunächst die Down Town, dann New Jersey und schließlich das ganze Land elektrisiert. Jedenfalls die Leute im Land, die cool waren. Also - bis auf ein paar Ausnahmen - die schwarzen Kids auf den Straßen. Und ihre großen Brüder.

Es sollte noch ein Jahr vergehen, bis HipHop den kommerziellen Musikrummel auf dem gesamten Globus aufmischen würde.

Die drei Burschen krähten ihre Reime zu den abgehobenen Rhythmen der deutschen Band - Es brennt das Dach, es brennt das Haus, hier kommt kein Schwanz mehr lebend 'raus... Der Kurze auf dem Pappkarton verrenkte sich die Glieder, und Jerome fand es einfach nur geil.

Schließ die Tür ab, wirf den Schlüssel in den River, hau die Bullen auf den Rüssel, es soll brennen, es soll brennen...

Der kleine Breakdancer warf sich auf die Pappe, drehte sich auf den Bauch und wieder auf den Rücken und wieder auf den Bauch, und drehte sich und drehte sich.

Es soll brennen, es soll brennen, lass die Motherfucker flennen, wir brauchen keine Feuerwehr, wir wollen dieses Haus nicht mehr, lass die Motherfucker brennen...

Und so weiter, und so weiter. Lauter Hassreime und Fuck the Police-Verse, lauter Wut, die auch Jerome an so vielen Abenden in sein Kissen heulte oder seiner Mutter entgegenschleuderte, wenn sie ausnahmsweise einmal zu Hause war.

Er stopfte sich saure Drops in den Mund, schob die Gummibären hinterher und starrte mit glänzenden Augen auf die Rapper und vor allem auf den kleinen Tänzer - sein Körper schien das Gewicht einer Feder zu haben. Was er wollte, konnte der Zwerg mit seinen Gliedern machen. Jerome bewunderte Leonard vom ersten Augenblick an.

Dann war die Show zu Ende. Die Leute gingen. Die Kid-Crew packte ihre Sachen zusammen und zählte die Quarters, die ihre Zuhörer in die Turnschuhe des kleinen Tänzers geworfen hatten. Jerome stand immer noch und schob sich saure Drops in den Mund.

"Verpiss dich!", raunzte ihn einer der Rapper an. Jerome zuckte zusammen und machte ein erschrockenes Gesicht.

Der kleine Tänzer, Leonard Russel also, baute sich vor ihm auf und stemmte die Fäuste in die Hüften. "Zieh Leine, Fleischkloß." Er sah zu Jerome auf, und es schien ihn nicht die Bohne zu kümmern, dass er fast drei Köpfe kleiner war als der Dicke. "Mach, dass du verschwindest, sonst geb' ich dir Scheiße zu fressen!"

Die dunklen, stechenden Augen des Zwerges trafen Jerome wie ein Faustschlag. Er schluckte, machte kehrt und schaukelte davon.

So spielte sich die erste Begegnung zwischen den beiden ab. Nicht besonders lustig. Und trotzdem erzählten sie später davon, als würden sie einen Witz erzählen. Und irgendwie hatte es auch etwas von einem Witz.


Dann kam...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7389-7296-X / 373897296X
ISBN-13 978-3-7389-7296-2 / 9783738972962
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 1,1 MB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Anne Freytag

eBook Download (2023)
dtv (Verlag)
14,99
Band 1: Lebe den Moment

von Elenay Christine van Lind

eBook Download (2023)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
9,49
Ein Provinzkrimi | Endlich ist er wieder da: der Eberhofer Franz mit …

von Rita Falk

eBook Download (2023)
dtv (Verlag)
14,99