Die UFO-AKTEN 39 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4585-7 (ISBN)
Sind Träume Schnittstellen in eine andere Realität? Und beeinflussen sie unser diesseitiges Leben?
Auf drei verschiedenen Kontinenten durchleben drei Menschen Nacht für Nacht denselben Albtraum: Sie werden von Männern in Schwarz gejagt und von UFOs entführt.
Unabhängig voneinander forschen sie nach der Bedeutung des Traums - und stoßen im kalifornischen San Diego auf das 'Dream Research Center'. Dort werden sie von einem mexikanischen Schamanen in der metaphysischen Kunst des Träumens unterwiesen.
Eine faszinierende Entdeckungsreise beginnt, eine Reise entlang urbaner Abgründe. Und nicht alle Wege führen zurück in die Realität ...
Logan Dee
Der Abgrund
Praxis für Allgemeinmedizin Dr. Thrus
Starnberg, Deutschland,
02. März 2023, 08:32 Uhr Ortszeit
Das Wunder kam aus heiterem Himmel – und doch so beiläufig, auf ganz leisen Sohlen, dass sie noch nicht einmal Zeit hatte, wirklich darüber nachzudenken.
Im gleichen Moment, da ihr erster Patient an diesem Morgen das Behandlungszimmer betrat, wusste Dr. Barbara Thrus, dass ihr Leben eine entscheidende Wendung genommen hatte.
Sie konnte die Krankheit ihres Patienten sehen!
Nicht wie auf einem Diagnosebildschirm oder Röntgenbild. Auch nicht an äußeren Anzeichen wie Veränderungen der Haut oder der Iris. Der Mann trug seine Krankheit wie ein flammendes Fanal vor sich her. Es waren irisierende, in Bewegung befindliche Farben, die ein psychedelisches Muster bildeten ...
Und Barbara Thrus wusste, was diese Farben und Muster bedeuteten. Es war, als hätte der Blitz der Erkenntnis einen Säugling getroffen, der plötzlich staunend registrierte, dass er nicht nur lesen und schreiben konnte, sondern auch verstand, was an neuem Wissen in ihm war.
Genauso verhielt es sich bei ihr: Nie hatte ihr jemand beigebracht, auf diese Weise die Krankheiten ihrer Patienten zu lesen – wie in einem magischen Buch gewissermaßen –, noch hatte sie jemals von solch einem Phänomen gehört.
Und dennoch wusste sie, was mit Peter Lossau los war.
Sein gewinnendes Lächeln gefror ihm auf den Lippen, als er ihren entgeisterten Ausdruck sah.
»Mein Gott, Barbara!«, sagte er. »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen!«
Das Gespenst bist du, dachte sie, während sie noch immer zu begreifen versuchte, was da vor sich ging.
Sie kannte Peter Lossau, seitdem sie gemeinsam die Schulbank in München gedrückt hatten. Einige Wochen lang waren sie damals sogar mehr oder weniger fest zusammen gewesen. Erst nach dem Abitur hatten sich ihre Wege getrennt. Er hatte Architektur studiert, während sie sich für das Medizinstudium entschlossen hatte. Zufällig waren sie sich vor drei Jahren wieder über den Weg gelaufen und hatten festgestellt, dass sie beide mittlerweile in Starnberg wohnten. Peter Lossau hatte das florierende Architekturbüro seines Vaters übernommen. Barbara dagegen hatte es schwerer: Ihre Praxis musste sie von Grund auf aufbauen. Sie hatte sich für Starnberg entschieden, weil es nicht so überlaufen wie München, aber gleichzeitig die Wahlheimat einer gut betuchten, internationalen Klientel war.
Am Anfang hatte sie um jeden Patienten kämpfen müssen, aber nun, nach drei Jahren, konnte sie sich über mangelnden Zulauf nicht beklagen. Die Praxis hatte sich rasch etabliert, nicht zuletzt, weil die Patienten ihre warmherzige, kompetente Art zu schätzen pflegten. Jung wie alt.
Peter Lossau hatte sie seit ihrem ersten Wiedersehen einige Male zum Abendessen eingeladen, aber um ihre Praxis hatte er bislang einen großen Bogen gemacht.
Bis zum heutigen Morgen!
Noch immer brachte sie keinen Ton heraus. Langsam wurde es ihm mulmig.
»Habe ich irgendeinen Ausschlag im Gesicht, oder was ist los?«, fragte er irritiert.
Er hatte Krebs! Das war es, was Barbara Thrus in den Farben und Mustern sah. Sie konnte in ihnen sogar die Art und den Aufenthaltsort des Krebses erkennen: Die Metastasen hatten sich bereits in seinem ganzen Unterleib ausgebreitet.
Sie schluckte einen Kloß herunter, um endlich antworten zu können: »Ich musste gerade nur an etwas anderes denken, Peter. Setz dich einfach schon mal!«
Sie drehte sich um und schüttete sich ein Glas Mineralwasser ein. Wertvolle Sekunden, die ihr halfen, sich zu sammeln.
Sie konnte ihm nicht einfach sagen, was mit ihr – und ihm – los war. Er würde sie für verrückt halten.
»Rück endlich raus mit der Sprache! Was ist mit dir?«, bedrängte er sie.
Sie sah ihn wieder an. Hätte sie nicht plötzlich gewusst, dass er Krebs hatte, hätte sie ihn für kerngesund gehalten. Er war wie sie Mitte dreißig, hatte ein gebräuntes Sunnyboygesicht und trug noch immer die schwarzen Haare so lang wie damals während des Abiturs.
Ihr wurde bewusst, dass es nicht nur schwierig sein würde, ihm begreiflich zu machen, was mit ihr geschehen war, sondern mindestens ebenso schwierig, ihn mit seiner Krankheit zu konfrontieren. Sie musste ihn ablenken – wenigstens so lange, bis sie selbst wusste, was es mit ihrer plötzlichen Hellseherei auf sich hatte.
Sie setzte sich ihm gegenüber. Zwischen ihnen bildete der Tisch eine beruhigende Barriere vor den pulsierenden Farben. Zugleich half ihr die gewohnte Perspektive, das Ritual zwischen Ärztin und Patientin, sich zusammenzureißen.
»Was führt dich zu mir?«, fragte sie. Obwohl es unverkrampft klingen sollte, spürte sie selbst, wie gepresst die Worte aus ihrem Mund kamen.
»Bist du dir wirklich sicher, dass du okay bist?«, fragte er besorgt zurück.
Barbara Thrus versuchte, ein beruhigendes Lächeln aufzusetzen, aber es misslang ebenso.
»Du bist hergekommen, weil du dich untersuchen lassen willst«, sagte sie knapp und zwang sich, den Blick von ihm und den irisierenden Farben abzuwenden. Stur starrte sie auf das Formularblatt, das ihre Sprechstundenhilfe ihr zuvor hereingereicht hatte. Peter Lossau hatte es ausgefüllt. In der Sparte Beschwerden hatte er keine angegeben.
»Jetzt mal ehrlich«, fuhr sie fort. »Du kommst in meine Praxis, trägst dich als Patient ein und hast keine Beschwerden?«
Er sah sie verblüfft an. »Muss ich das? Ich dachte einfach, dass es mal wieder Zeit für eine kleine Routineuntersuchung sei. Früher waren die Ärzte dafür da, Gesunde bei Gesundheit zu halten, heute scheinen sie zu erwarten, dass man halbtot zu ihnen hingekrochen kommt.«
Barbara war nicht zum Scherzen zumute.
»Du siehst einfach nicht gut aus«, sagte sie. Es war noch nicht einmal gelogen – wenn sie sich von seiner äußeren Erscheinung nicht ablenken ließ und einfach der Sprache der Farben vertraute.
Er sah sie noch eine Spur erstaunter an. »Jetzt behaupte nur noch, dass du mir die Krankheit vom Gesicht ablesen kannst!«
Ganz heiß, dachte sie. Wenn du noch ein wenig weiterrätst, triffst du den Nagel auf den Kopf.
Sie entschloss sich für eine Notlüge: »Ich habe in letzter Zeit einige Krebspatienten gehabt. Es tut mir leid, dir sagen zu müssen, dass du ... ihnen sehr ähnlich siehst.«
Sein Gesicht wurde blass. Dann sprudelte es aus ihm heraus: »Ich habe keine Ahnung, wieso du mir das ansiehst, aber du könntest recht haben. Eigentlich wollte ich gar keinen Arzt aufsuchen. Ich dachte mir, dass du mir eher ein paar freundschaftliche Ratschläge geben kannst ...«
»Du hast bereits seit ein paar Monaten starke Unterleibsschmerzen«, sagte Barbara. Sie las es in den Farben. »Dein Urin ist seit einer Woche mit Blut vermischt. Es wird jeden Tag schlimmer. Ich kann dir nur raten, dich so schnell wie möglich zu einer Operation zu entschließen ...« Sie vertiefte sich in die Muster, die ihn umgaben. »Du hast noch eine Chance!«, fuhr sie fort. »Aber es muss in den nächsten Tagen passieren!« Automatisch griff sie zu einem Überweisungsblock. »Du solltest mit Dr. Hardt von der Medizinischen Hochschule sprechen. Er wird einen Termin für dich einräumen, wenn ich ihn heute noch anrufe.«
Peter stand langsam auf. Er schien noch immer nicht zu begreifen, was eigentlich mit seiner langjährigen Freundin los war.
Aber sie hatte recht! Sie hatte ihm auf den Kopf zugesagt, was mit ihm los war. Und auch, wann es begonnen hatte. Dass es wirklich Krebs war, hatte er zwar befürchtet, aber er hatte es verdrängen wollen.
Krebs! Nicht er, Peter Lossau, der noch keine vierzig war und mitten im Leben stand. Mein Gott, er wollte noch so viel erreichen! Karriere, Frau, Kinder ... Seine Träume zerplatzten in diesem Moment wie Seifenblasen.
Aber nein, Barbara hielt ihm den rettenden Strohhalm hin. Er griff nach dem Überweisungsformular.
»Irgendetwas stimmt nicht mit dir«, sagte er verunsichert. »Aber ich muss akzeptieren, was du sagst. Vielleicht wirst du mir später irgendwann verraten, woher du es wusstest ...«
Barbara brachte nur ein Nicken zustande. Sie spürte, dass sie den Anblick der Farben und Muster, die seinen Körper umtanzten, nicht mehr lange würde ertragen können. Es war, als würde ihr Geist immer weitere Einzelheiten darin entdecken und tiefer und tiefer darin versinken.
Peter Lossau erhob sich, während er das Formular einsteckte. Dann ging er zur Tür. Es schien, als hätte er es plötzlich eilig, aus ihrer Praxis zu verschwinden.
»Ich rufe dich an!«, versprach er noch, dann schloss er die Tür hinter sich.
Barbara atmete auf.
Gott sei Dank!
Lange hätte sie den Anblick nicht mehr ertragen! Der Tod, der ihr von Angesicht zu Angesicht aus den Farben entgegengegrinst hatte, hatte ihr innerstes Wesen gestreift. Sie spürte, wie sie am ganzen Körper zu zittern begann.
Die...
Erscheint lt. Verlag | 21.3.2023 |
---|---|
Reihe/Serie | Die UFO-AKTEN |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Akte X, Mulder, Scully, Aliens, Unbekannte Flug Objekte, Mystery, Timothy Stahl, Wolfgang Hohlbein • Science Fiction Romane |
ISBN-10 | 3-7517-4585-8 / 3751745858 |
ISBN-13 | 978-3-7517-4585-7 / 9783751745857 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 1,4 MB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich