Lassiter 2643 (eBook)

Julie und die Galgenvögel

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4522-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lassiter 2643 - Katja Martens
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Julie Caldwell schickt ihre Cowboys mit zweitausend Rindern nach Cheyenne und hofft auf ein gutes Geschäft. Ihre Ranch hat den Erlös aus dem Verkauf bitter nötig. Doch die Tiere kommen nie an ihrem Ziel an. Und die Cowboys? Spurlos verschwunden!
Gerüchte über ein Konsortium aus dem Osten machen die Runde. Es hat die Geschäfte in der Rinderstadt übernommen und die kleineren Viehhändler verdrängt. Wer sich weigert, ihre Schleuderpreise anzunehmen, lebt meistens nicht mehr lange.
Julie ahnt nichts Gutes. In ihrer Not heuert sie drei fremde Reiter an, um ihre Herde zu finden. Doch die drei haben andere Pläne...


Julie
und die
Galgenvögel

von Katja Martens

Der süßliche Geruch des Todes waberte den Besuchern schon zwei Meilen vor den Union Stock Yards entgegen. Er kroch in die Atemwege und die Kleidung und biss sich tagelang dort fest.

Die Schlachthöfe am Rande von Chicago lieferten mehr als Fleisch und Wurst. Sie waren auch eine Touristenattraktion. Schaulustigen wurde Einblick gewährt in die weitläufigen Viehpferche, die hochmodernen Schlachtanlagen und die Brühräume. Nach der Besichtigung nahmen die Menschen Vorräte an Dosenfleisch mit nach Hause, überzeugt davon, Qualität erstanden zu haben. Schließlich hatten sie sich mit eigenen Augen vergewissert, wie effizient in den Yards gearbeitet wurde. Sie ahnten nicht, dass sie nur gesehen hatten, was ihnen erlaubt wurde zu sehen...

»Der Kerl macht mehr Ärger, als er wert ist, Boss.« Der rotgesichtige Ire zerrte seine Mütze vom Kopf und strich sich glättend über die Haare. Er wusste genau, wie viel Wert sein Arbeitgeber auf ein gepflegtes Erscheinungsbild legte. Hastig schloss er den obersten Knopf seiner schwarzen Weste, um die Blutspritzer auf seinem Hemd zu verbergen. Dann trat er einen Schritt näher an Vito Muratori heran.

Der gebürtige Sizilianer würdigte ihn keines Blickes. Der teure Wollstoff seines Anzugs machte kein Geräusch, als er sich an das Stahlgeländer lehnte, eine Hand über das kühle Metall gleiten ließ wie über die Haut einer Geliebten, und den Blick über die lang gestreckte Halle unter sich schweifen ließ. Seine Augen unter den buschigen schwarzen Brauen waren dunkel wie Kohlestücke. Es lag jedoch keine Wärme darin, nur Finsternis.

Seine erhöhte Position auf der Empore erlaubte ihm eine ungehinderte Sicht auf die Besuchergalerie. Schweine irrten in ihrem Pferch umher, bis sie gepackt und lebendig an einem Bein aufgehängt und in die Luft gerissen wurden. Hilflos baumelten sie an der Kette. Das vielstimmige Quieken und Wimmern der verängstigten Tiere bohrte sich schmerzhaft wie Klingen in die Trommelfelle.

Für Vito Muratori war es jedoch Musik in seinen Ohren.

Im Geiste sah er die Dollars strömen – wie das Blut, das aus einem Leib nach dem anderen floss, als die Arbeiter ungerührt ihren Job erledigten, die Tiere eines nach dem anderen packten und abstachen. Blitzschnell ging das. Dank des Hurford Wheels, mit dem die Tiere effizient aufgehängt und für die Verarbeitung weitertransportiert werden konnten. Eine lange Reihe von Schweinen bewegte sich über eine Schiene voran. Und eines nach dem anderen verstummte jäh.

Die Zuschauer auf der Besuchergalerie reagierten verhalten auf den Anblick. Die Männer schauten betreten zur Seite oder lächelten verkrampft, die Frauen pressten die Hände vor der Brust zusammen, während sie mit den Tränen kämpften. Einige warfen flehende Blicke zu ihrem Führer, Mr. Chase, und wollten offenbar nichts sehnlicher, als mit der Besichtigung fortfahren, um die blutigen Details nicht länger betrachten zu müssen. Sie ahnten offenbar nicht, was noch vor ihnen lag.

Die Schweine wurden zu einem riesigen Kessel mit kochendem Wasser befördert, plumpsten hinein und verschwanden darin, bevor sie weiter zum Entborsten transportiert wurden. In einer Rekordzeit, die Vito Muratori die Brust schwellen ließ. Unter keinem Geschäftsführer hatten die Schlachthöfe so produktiv gearbeitet unter ihm.

Unter seiner Leitung waren die Stock Yards von Chicago größer und rentabler als jemals zuvor. Seinen Berechnungen zufolge lieferten sie mehr als achtzig Prozent des Fleischs, das in der Neuen Welt verzehrt wurde. Nicht schlecht für einen Einwanderer, der vor zwölf Jahren mit leeren Taschen in dieses Land gekommen war, wie er fand. Muratori hatte schnell begriffen, dass man sich nehmen musste, was man haben wollte, wenn man es zu etwas bringen wollte. Und er scheute sich nicht, zuzugreifen, wann immer sich die Gelegenheit bot.

Effizienz wurde in seinem Unternehmen großgeschrieben.

Jeder Arbeiter hatte genau eine Aufgabe zu erledigen. So schabte einer die Borsten an der Außenseite der Beine ab, einer erledigte das an der Innenseite. Wieder ein anderer schlug den Schweinen den Kopf ab. So ging das von früh bis spät. Wie die Rädchen eines Uhrwerks funktionierten sie alle zusammen. Durch die Spezialisierung saß jeder Handgriff perfekt und ging schneller, als wenn sich ein Arbeiter um mehrere Aufgaben zu kümmern hatte. Die Arbeiter stammten oft aus Osteuropa und sprachen kein Wort Englisch, aber das machte nichts, solange sie nur anpacken konnten.

Die lange Reihe von Schweinen bewegte sich am Band vorwärts. Alle paar Yards stand ein Arbeiter, der arbeitete wie vom Leibhaftigen persönlich gehetzt. Körperlich gezeichnet waren sie alle, hatten Arme voller Schnitte, abgewetzte Fingernägel und eine verkrümmte Haltung von der eintönigen Arbeit. Sie legten ein atemberaubendes Tempo vor, weil sie wussten: Wer nicht mithalten konnte, war raus aus dem Job. Für jeden, der ausfiel, warteten schließlich zwanzig andere, um seinen Posten zu übernehmen. Und wen kümmerte es, wie er fortan seine Familie ernähren sollte? Jeder musste zusehen, wie er selbst durchkam, dachte Muratori. Und der Erfolg gab ihm recht. Täglich wurden in den Stock Yards zehntausend Rinder und ebenso viele Schweine geschlachtet. Dazu kam eine vierstellige Anzahl von Schafen.

Natürlich wurden die Schlachtungen überwacht. Inspektoren schauten den Arbeitern genau auf die Finger – und auch wieder weg, wenn sie nur gut genug bezahlt wurden. So ahnten die arglosen Besucher nicht einmal, was sie während der Führung durch das Werk alles nicht sahen.

Zum Beispiel die Arbeiter, die im Kühlraum mit den bloßen Füßen in den noch warmen Gedärmen standen, weil sie sich sonst früher oder später ein paar Zehen abfroren oder das Reißen holten.

Oder den Wursttrichter, in den alles gestopft wurde, was wegmusste. Seien es nun Fleischreste, vergiftete Ratten, Unrat oder fauliges Wasser. Es war auch schon vorgekommen, dass ein Arbeiter zu nah an den Rand des Bottichs geraten und vor Schwäche gestrauchelt war. Man hatte nie wieder von ihm gehört.

Kollateralschäden. Tragisch, aber nicht zu vermeiden. Große Aufgaben erforderten große Opfer. Und ein ganzes Land, ach was, einen ganzen Kontinent zu ernähren, war eine verdammt große Aufgabe. Die Inspektoren wussten das und drückten beide Augen zu, solange der Geldstrom nicht abriss.

Einer jedoch war anders.

Ein Tierarzt.

Der Stachel in Muratoris Fleisch.

Die schwelende Wunde an seinem Hintern.

Daniel Elmer Salmon. Seines Zeichens Doktor der Veterinärmedizin und vom Staat mit der Erforschung und Bekämpfung von Seuchen bei Nutztieren betraut. Salmon vergrub sich in keinem Labor. Nein, er forschte dort, wo die Tiere waren: in Ställen, auf Schlachthöfen und bei Tiertransporten.

Muratori knirschte mit den Zähnen.

»... dieser Rinderdoktor könnte uns noch reichlich Ärger bescheren«, brachte sich der Ire in Erinnerung. »Ich fürchte, er hat Verdacht geschöpft.«

»Nicht hier«, zischte Murator und blickte sich nach allen Seiten um. Es war unwahrscheinlich, dass die Besucher bei dem Lärm, den die sterbenden Schweine machten, ihrer Unterhaltung folgen konnten.

Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Er war nicht der Leiter eines der größten Unternehmen des ganzen Landes geworden, weil er unbedacht handelte. So warf er dem Iren auch jetzt einen finsteren Blick zu und murmelte: »Gehen wir in mein Büro. Dort können wir reden.«

Der Rotbart nickte und folgte ihm aus der langen Halle in das darüber liegende Büro. Muratori nahm hinter dem langen, massiven Schreibtisch Platz und zündete sich eine Zigarre an. Sie hatte mehr gekostet, als seine Arbeiter in einer ganzen Woche verdienten, aber an diesen Umstand verschwendete er keinen Gedanken.

Sich in eine Wolke Tabakrauch hüllend, fasste er den Iren scharf in den Blick. »Was haben Sie mir zu sagen?«

»Dieser Mr. Salmon hat den Raum mit den aussortierten Tieren inspiziert. Ich habe ihm erklärt, dass das überflüssig ist. Dort werden Tiere aufbewahrt, die von Krankheiten befallen sind und nicht verarbeitet werden dürfen.«

Zumindest nicht tagsüber und unter den wachsamen Augen der Inspekteure, präzisierte Muratori in Gedanken. Fleisch war ein begehrtes Gut angesichts der rasant wachsenden Bevölkerung. Die Umsätze der fleischverarbeitenden Industrie waren enorm, und sie ließen sich immer noch steigern. Besonders, wenn kaum sichtbare Erkrankungen bei dem Schlachtvieh ignoriert wurden.

Es ist schade um jedes Tier, das nicht verwertet wird. Wozu gutes Fleisch vergeuden? Solche Albernheiten hätte es früher nicht gegeben. Fleisch ist Fleisch. Ob das Schwein nun gehustet hat oder nicht. Was spielt das noch für eine Rolle? Es ist schließlich tot!

Muratori zog eine Braue hoch. »Bericht!«

Der Ire trat von einem Fuß auf den anderen, ehe er mit der Sprache herausrückte.

»Doc Salmon verlangt, dass kranke Tiere getötet und verbrannt werden sollen. Darüber soll exakt Buch...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2023
Reihe/Serie Lassiter
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g-f • GF • g f barner • g f unger • Indianer • jack-slade • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • lucky-luke • Männer • martin-wachter • Nackt • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • sonder-edition • Unger • Western • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-4522-X / 375174522X
ISBN-13 978-3-7517-4522-2 / 9783751745222
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