Die 50er in unserer Siedlung -  Wolfgang Ising

Die 50er in unserer Siedlung (eBook)

Selbstversorger in den Nachkriegsjahren
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2023 | 1. Auflage
Kadera-Verlag
978-3-948218-61-4 (ISBN)
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Siedlungsleben in den 50er Jahren: Junge Erbsen direkt aus der Schote gepalt - lecker! Knackfrische Radieschen aus dem Gemüsebeet. Eier aus dem Hühnerstall. Den Sonntagsbraten, Wurst und Schinken vom eigenen Schwein. Die Selbstversorger haben keinen Hunger - aber sehr viel und harte Arbeit. Hilfe gibt es auf Gegenseitigkeit aus der Nachbarschaft und durch Oma und Opa. Hausschlachtung und Plumpsklo sind die dominanten Schlagwörter der Siedlungen dieser Zeit. Milchmann und Bäcker kommen mit Verkaufswagen in die Straßen, die eher als Spielplätze der Kinder genutzt werden. Wolfgang Ising, dessen Geburt amtlich mit einem Sack Kohle belohnt wurde, schildert die später als »Wirtschaftswunder « bezeichnete Zeit detailliert und aus kindlicher Perspektive - mit Ballspielen und Klingelstreichen und atemberaubenden Mutproben, mit Jahrmärkten, Familienfeiern, Schulzeit und Ferien, Landverschickung und was sonst noch geschah. Ein Buch, das Erinnerungen einer vergangenen Epoche lebendig zurückholt und eigene weckt.

Er wuchs in Hamburg auf, wo er 1950 geboren wurde. Nach einer Handwerkslehre und dem absolvierten Grundwehrdienst folgte er seinem Jugendtraum und wurde Feuerwehrmann bei der Hamburger Berufsfeuerwehr. Als Wolfgang Ising nach 38 Jahren Einsatzdienst in den Ruhestand wechselte, machte er seine außergewöhnlichsten Einsätze unter dem Titel »Für immer im Kopf« zu einem Buch, das 2016 zu den Spiegel-Bestsellern gehörte. Dabei hatte er für sich das Schreiben entdeckt. Und da er auch seine außergewöhnliche Kindheit im Kopf hatte, war das Thema für das nächste Buch gesetzt. Wolfgang Ising wuchs in einer Selbstversorger-Siedlung am östlichen Stadtrand von Hamburg auf. Humorvoll und detailliert erzählt er aus den 50er Jahren, die ganz anders waren als unsere heutige Zeit mit Globalisierung, Digitalisierung, Terminstress und Burnout im Karriereknick. »Irgendwie lief damals alles etwas ruhiger ab, obwohl wir es später Wirtschaftswunder nannten«, empfindet der Autor und lädt ein, darüber nachzudenken.

Ein Sack Kohlen zur Geburt Es war bitterkalt, als ich das Licht der Welt erblickte, damals, am 17. Januar 1950. Eine Hausgeburt, wie es üblich war, eine Geburt ist ja keine Krankheit. Mein Geburtsgewicht wurde nicht dokumentiert, doch mittels einer Sackwaage wurde festgestellt, dass ich kaum mehr oder weniger wog als andere Babys. Eingewickelt in sauberes Linnen, dessen Enden fest zusammenknotet waren, hing ich laut krakeelend am Haken dieser Waage und die Anwesenden lasen an der Skala ab, wie viel Kilo Lebendgewicht von diesem Tag an ebenfalls zur Familie gehörten. Damit im Haus niemand frieren musste, vor allem nicht ich, sorgten mehrere Kohleöfen für wohlige Wärme und damit für ein behagliches Umfeld. In einem gut gefüllten Vorratskeller lagerte haltbar zubereitet in Gläsern, Flaschen und Bottichen alles, was unser Garten dafür hergab und jede Menge Wurst, Braten, Speck und Schinken aus der hauseigenen Schlachtung. Zu Weihnachten hatte meine Großmutter von ihren Verwandten in den USA ein großes Care-Paket bekommen, das die gesamte Familie glücklich machte. Unter den Köstlichkeiten waren auch einige Pakete echter Bohnenkaffee. Das war eine begehrte Rarität knapp fünf Jahre nach Kriegsende, als es manches nur rationiert auf Lebensmittelkarten zu kaufen gab. Die Hebamme wusste das sehr zu schätzen. Sie kam jeden Tag und kümmerte sich fürsorglich um mich. Als Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Alliierten in Zonen aufgeteilt wurde, fiel meine Geburtsstadt Hamburg in die sogenannte Britische Zone. Dementsprechend gestaltete sich auch der Personalausweis, der von der damals zuständigen Meldebehörde anlässlich meiner Geburt ausgestellt wurde. Ein kleines gefaltetes Dokument aus festem Papier, welches für Personen unter 15 Jahre bindend war und mich ab sofort als Bewohner eben dieser britischen Zone auswies. Bei der Vorderseite des Ausweises fehlte die rechte untere Ecke. Sie war abgeschnitten worden, als meine Eltern den Sack Kohlen abholten, der ihnen nach der Geburt eines Kindes von Amts wegen zustand. Ein Stempel des abgebenden Kohlenhändlers dokumentierte die Auslieferung. All dies (bis auf den Ausweis, der Bestandteil meines Fotoalbums ist) wurde mir mündlich überliefert. Insbesondere durch meinen Vater, zu dessen Lieblingsanekdoten die geschilderten Umstände meiner Geburt zählten, und der nicht müde wurde, sie auf jedem meiner späteren Geburtstage zum Besten zu geben. Jetzt aber zu meinen eigenen Erinnerungen an die fünfziger Jahre und damit an eine Zeit, die so gänzlich anders war als die heutige. Das Haus, in dem ich aufwuchs, Baujahr 1939, war Teil eines kleinen Siedlungsgebietes (und ist es noch heute) am südöstlichen Stadtrand von Hamburg. Es lag damals, idyllisch umgeben von Wiesen und Feldern, in einer von Landwirtschaft geprägten Gegend. Im Haus teilten meine Großeltern väterlicherseits, meine Eltern und ich uns die insgesamt 75 Quadratmeter Wohnfläche. Das Erdgeschoss hatte ein gemeinsam genutztes Wohnzimmer, das Schlafzimmer meiner Eltern, eine Küche nebst Speisekammer und ein Klo. Im Obergeschoss, welches man über eine 180 Grad gewinkelte Holztreppe erreichte, gab es eine kleine Wohnküche mit separatem Abstellraum und das Schlafzimmer der Großeltern. Und genau dort, am Fußende ihres großen, knarrenden Doppelbettes, stand mein Bett.

Erscheint lt. Verlag 20.2.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-948218-61-7 / 3948218617
ISBN-13 978-3-948218-61-4 / 9783948218614
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